Unmittelbar nach Pannonia 400 ging es schon am Tag danach weiter zum Monte Grappa und den Prosecco Hills. Die Rennradreise ist mittlerweile ein Fixpunkt im Programm und scheint auch sehr beliebt zu sein. Schon zum wiederholten Male, waren wir auch dieses Jahr mehr oder weniger ausgebucht. Zu Recht, denn viel ist schon über den Monte Grappa geschrieben und geschwärmt worden. Auch von mir. Ich liebe diesen Berg. Nicht immer. Dafür umso mehr. Die Gegend rund um Bassano del Grappa ist ein Muss auf jeder „Bucket List“. Termin für 2026? Steht noch nicht fest. Aber es wird wohl wieder im Juni sein. Voraussichtlich vom 20. bis 27. Juni. To be confirmed! Fix ist, dass ich im nächsten Jahr sicher nicht ohne Steckachse anreisen werde. Damit erspare ich mir den Radverleih am Monte Grappa. So, wie ich ihn erlebt habe.
Vom Packprofi zum Pannenpilger
Ganz genau. Ich habe zum ersten (und hoffentlich zum letzten Mal) die Steckachse für das Vorderrad einfach nicht mitgenommen. Warum auch immer. Üblicherweise nehme ich diese ab und schraube sie gleich wieder in die Gabel ein (ab und zu geht die Steckachse auch in die Laufradtasche). Dieses Mal aber war mein Prozedere ein anderes. Ich bückte mich, schraubte die Steckachse aus und legte diese auf den Boden. Danach habe ich mein Fahrrad ins Auto eingeladen. Die Steckachse war zu diesem Zeitpunkt schon vergessen. Als Last-Minute-Packer hatte ich ganz andere Dinge zu tun. Wie zum Beispiel mehrmals zwischen trautem Heim und Radkeller hin und her zu rennen. Dinge finden bei mir nicht immer sofort und geballt den Weg ins Auto. Irgendwann bin ich losgefahren. Voller Vorfreude auf meinen gliebten Berg.
600 Kilometer später schießt mir wie aus dem Nichts ein Gedanke in den Sinn. Habe ich die Steckachse eingepackt oder ist zum ersten Mal dieser Anfängerfehler passiert? Mein Gefühlszustand wechselte jetzt in Sekundenschnelle zwischen Panik und Hoffnung. Das Herz raste, der Magen zog sich zusammen – als hätte ich gerade erfahren, dass mein Rennradleben sich dem Ende zuneigt. Doch im nächsten Moment klammerte ich mich an die Möglichkeit, dass alles gut ist, dass die Achse irgendwo verstaut ist, vielleicht dort, wo sie immer liegt. Ich riskierte einen Blick auf die Rückbank, während das Auto weiterrollte. Konnte aber nichts erkennen. Mein Kopfkino malte bereits verschiedene Szenarien aus. Umdrehen? Das wären 600 + 600 + weitere 600 Kilometer! Würde sich bis zum Abendessen nicht ausgehen. Strava-Bekannte aus der Gegend kontaktieren? Ich entschied mich vorerst einmal dafür, bei der nächsten Raststation anzuhalten und der harten Realität direkt in die Augen zu schauen.

Die Hoffnung starb beim Kofferraum-Check
Langsam stieg ich aus dem Auto. Näherte mich der hinteren Tür. Öffnete sie langsam. Immer in der Hoffnung, sanft und unbeschadet von diesem Alptraum aufzuwachen. Ich suchte, schaute, blickte mehrmals unter allem, was so herumgelegen ist. Von der Steckachse keine Spur. Fast hätte ich geweint. Aber nur fast. Schnell habe ich mich mit der bitteren Wahrheit auseinandergesetzt und noch Google um Hilfe gebeten. Mein Flehen galt offenen Sportgeschäften. Anmerkung: Es war Sonntag. Und alle mir bekannten Sportgeschäfte hätten am Montagnachmittag wieder geöffnet. Bis auf eines nicht. Das Bassano Club House. Sonntags geöffnet. Eine letzte Rettung? Vielleicht die einzige. Ich sollte es noch bis vor der Schließung schaffen.




Bassano Club House ist ein Cafè, ein Shop, eine Werkstatt und Zimmervermietung in einem. Stylisch, fast direkt am Ponte degli Alpini direkt in Bassane del Grappa gelegen. In der Auslage Basso Räder und das teuerste, was es an Radbekleidung und Zubehör so gibt. Ich war guter Hoffnung. Ich betrat diese heiligen Hallen vorerst einmal ohne Rad und schilderte mein Problem. Eine Steckachse musste her. 100 x 12 mm. Selbstverständlich mit perfektem italienisch. Sprache, die der Mitarbeiter leider nicht verstand. Schnell musste ich auf Englisch umswitchen. Und auf den Mechaniker warten. Der Mitarbeiter hat mich auf ihn verwiesen. Wenig später war der Mechaniker vor Ort. Auch er konnte sich mit mir nicht in italienischer Sprache verständigen. In einem Mix aus englisch und spanisch wurde das Problem analysiert. Die Lösung gab es erst, nachdem ich den Patienten vorgeführt hatte. Es gab keine Steckachse, die in meine 3T-Gabel passten konnte. Das Wort „konisch“ wurde zum unüberwindbarem Hindernis.

Ein Rennradguide frisst in der Not alles
Kein Rad und 11 Gäste, die mich als Guide gebucht hatten. Keine alltägliche Situation. Meine letzte Chance? Ein Leihrad vor Ort. Ein Basso. Der Blick ins System offenbarte die Verfügbarkeit eines Astra Modells in RH 53 und Campagnolo Super Record Wireless 12fach. Bekanntlich frisst ein Rennradguide in der Not alles. Auch ein Basso Astra mit Campagnolo. Ich vereinbarte eine Leihdauer von 5 Tagen. Immer in einer englisch/spanisch Sprachkombination. Sollte ich eine passende Steckachse finden, würde ich das Rad frühzeitig zurückbringen können. Deal perfekt. Bei einem Funktionstest vor Ort fiel mir auf, dass die Bremsen einen späten Bremspunkt hatten. Der Mechaniker meinte, das sei bei Campa normal. Ich habe es im abgenommen. Ich musste zu meinen Gästen ins Hotel. Bezahlte also mein Leihgebür und verabschiedete mich.
Noch am selben Tag vor der Bettruhe wurde das Leihrad an meine Anforderungen angepasst. Soweit das möglich war. Sattel raus – Vorbau runter blieb mir verwehrt. Der Integrität aller Kabel wegen.
Natürlich habe ich versucht, mir meine Steckachse Express zukommen zu lassen. DHL Kosten? Overnight über € 150,-. Post? 2 – 4 Werktage für schlappe € 80,- Mit

Basso Astra – astrein oder nur fast?
Die erste Ausfahrt mit dem Basso Astra galt der Gewöhnung an das Gerät. Schaltung und Übersetzung waren mir fremd. 48/32 und 10/29 ungewohnt und die zwei Schalttasten pro Schalthebel sowieso. Weil diese entgegen meiner Shimano Ultegra Präferenz nicht nur anders gepolt (programmiert) waren, sondern auch anders angelegt. Oben/unten statt vorne/hinten. Unzählige falscher Schaltvorgänge später, hatte ich es immer noch nicht automatisiert. Der Mensch ist und bleibt ein Gewohnheitstier.
Positiv überrascht haben mich die Super Record Wireless Schaltgriffe. Die Form des Griffkörpers hat es mir speziell bei hohem und festen Griff angetan. Äußerst bequem und ergonomisch perfekt. Ganz zu schweigen von dem Bremsen. Auch wenn für mich zu weich: feine Dosierung und wahnsinnig griffig, bei genialem Surren während des Bremsvorganges. Da hat Shimano aus meiner Sicht das Nachsehen. Und das Rad an sich? Schnell habe ich mich an den kleinen Rahmen gewöhnt. Überhaupt kein Problem. Wendig war es auf alle Fälle. Ein feines Rennrad für alltägliche Zwecke. Wie zum Beispiel das Guiden. Vorne im Wind fahren, in der Abfahrt das Tempo und die Spur vorgeben und bergauf so schnell zu sein, dass man nicht von allen Gruppenteilnehmer:innen stehen gelassen wird. Perfekt also? Nicht ganz. Wäre da nicht diese große Kleinigkeit gewesen.
Wenn Radverleih zum Ohrenkrampf wird
Ich habe ein sensibles Ohr, was Geräusche am Rennrad betrifft. Ich höre alles. Oft auch zu viel. Was das Basso Astra aber bereits ab dem zweite Leihtag von sich gegeben hat, war kaum zu überhören. Ohne Übertreibung. Aber hört einfach selber, welches Konzert meine Ohren am dritten Tag ertragen mussten.
Dass das bei einem Leihrad nicht sein darf, ist klar. Auch, dass so etwas passieren kann. Unangenehmes Pech. Deshalb bin ich am dritten Tag ins Bassano Club House gefahren, um mein Fahrrad checken zu lassen. Hätte ich das nicht gemacht. Erstens lies man mich warten und zweitens teilte man mir nach mehrmaligen Nachfragen, was mit meinem Rad los sein, dass dieses morgen an jemanden anderen verliehen worden war. Mein Leihvertrag war auf 3 Tage ausgelegt. What? Keine Chance. Man hat mir das Rad entzogen und keinen Anstand gemacht, mir eine Alternative zu finden. Ja, ein Gravelbike in XL wäre frei gewesen. Nein danke. Und alles in Englisch. Ja, der Mitarbeiter des ersten Tages, nicht der Mechaniker, der hatte sich aus dem Staub gemacht. Ein anderer Mitarbeiter (perfekt Italienisch sprechend) auch. Man ließ mich einfach im Regen stehen, bei 35 Grad im Schatten. Kein Rad, und 10 Gäste, die mich als Guide gebucht hatten. Ein „Hope you will find a solution“ hätte mich fast dazu geführt, den Laden auseinanderzunehmen. Wundert mich, dass ich Kontenance bewahren konnte. Vielleicht weil Stefan und Christa (meine Gäste) auch im Shop waren. Dank ihnen bin ich dann auch zurück ins Hotel chauffiert worden. Radverleih am Monte Grappa – nicht immer ein Erlebnis.
Radlos? Frag ChatGPT
Am Weg dorthin habe ich mich schon im Auto sitzen gesehen. 13 Stunden lang, um meine Steckachse zu holen. Eine ganze Nacht. Ich war gewillt, es zu tun. Um 19:30 Uhr wäre ich losgefahren. Dann aber habe ich ChatGPT gefragt, wo man am Monte Grappa ein Rennrad ausleihen könnte. Die Antwort war prompt.

Irgendwie habe ich mich auf den dritten Vorschlag konzentriert. Auch weil die ChatGPT Beschreibung/Gegenüberstellung der Anbieter sympathisch geklungen hatte. Auch war die Webseite ansprechender. Zwar nicht unbedingt modern. Aber moderner als jene von Veloce Bike Rental. Hier scheint Webdesign nocht in der Kindershcuhen zu steken. Also Via Roma Bike Rental Webseite geklickt, Telefonnummer herausgesucht und angerufen. Am anderen Ende eine männliche Stimme. „Che misura ti serve?“ klang vielversprechend. Mit Massimo schnell noch ein paar Details geklärt. Und ich soll die Ehefrau (Ivana) anrufen. Sie würde alles managen. Ivana angerufen, Ivana nicht erreicht, Ivana WhatsApp Nachricht geschickt, Mann informiert, dass Ivana WhatsApp Nachricht bekommen hat. Funkstille. Die 13 Stunden Autofahrt, waren jetzt schon kein Thema mehr. Mit mulmigem Gefühl, ob alles klappen könnte, Pizza genossen. Dann die erlösende Nachricht. Ein Rennrad würde mir am Morgen um 8 Uhr direkt ins Hotel geliefert. Ein Wilier, mit Scheibenbremsen und Shimano 105 Di2 12fach. Den ganzen Abend war das das Thema. Und die Gruppe litt mit mir mit. Radverleih am Monte Grappa kann auch ganz einfach sein.

Aus der Not eine Liebe gemacht
Am Nächten Morgen war das Rad da. Ein Wilier Garda RH 54 in Grün. Schnell unterschrieben, bezahlt und mit wenigen Handgriffen fahrfertig gemacht. Sattelhöhe eingestellt, Schalt/Bremshebel etwas nach unten gedreht, Garmin Halterung montiert, Pumpe entfernt und Ventilverschlüsse verschwinden lassen. Ich war ready to go.
Die Notlosung entpuppte sich schnell als perfekte Lösung. Das Rad war ideal für die restlichen zwei Tage. Vertraute Shimano Technik (auch wenn anders programmiert), Kompaktkurbel für die Steigungen und ein feines Handling. Ideal zum Im-Wind-Fahren, bergab zügig vorauszufahren und bergauf Tempo zu machen. Listenpreis € 2.700,- Fast hätte ich es mir gekauft. Fast nur. Ich war hellauf begeistert. Vom Rad selbst, vom Verleihangebot und vom Zustellservice. Preislich auch ok. € 50,- pro Tag. Für die Zustellung und Abholung wurden € 20,- verrechnet (im Umkreis). Link zum Verleih? Gerne hier.





Fazit: Keine Steckachse, zwei Verleiher, viele Erkenntnisse
Ende gut, alles gut? Jein. Es war ein teurer Anfängerfehler, der mir hoffentlich nicht mehr passieren wird. Eine zweite Steckachse ist jetzt im Werkzeugkoffer, den ich auch immer mit habe. Ein Plan B für alle Fälle. Und ich habe die Möglichkeit bekommen, Wilier und Basso, Shimano 105 und Campagnolo Super Record Wireless zu testen. Auch habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass ich auch kleine Rahmen (RH 53 und RH 54) gut fahren kann. Mein nächstes Rad wird mit Sicherheit einen kleinen Rahmen haben.
Und noch ein Gedanke: Viele glauben, dass nur das Teuerste gerade gut genug ist – vor allem, wenn es um Rennräder geht. Doch wer sich ausschließlich vom Preisschild leiten lässt, verpasst oft das Wesentliche: das Gefühl, das ein Rad vermittelt. Denn Glück auf zwei Rädern hat nicht zwingend mit Carbon, Wattmessung oder Wireless-Schaltung zu tun. Auch Low-Budget-Räder können überraschen – mit Fahrspaß, Komfort und einem breiten Grinsen nach der Abfahrt. Manchmal ist weniger einfach mehr. Und das Beste? Meistens völlig überbewertet.
#machurlaubfahrrennrad
Cristian
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