Schlagwort: Rennrad fahren

Autoschubsdienst in den Dolomiten

Autoschubsdienst in den Dolomiten

Mit Adrenalin vollgepumpt und mit einem Puls jenseits meiner Maximalzone krabble ich auf allen Vieren samt Rad ein paar Meter wieder zurück auf die Straße. Eine Dame ruft mir zu “Ich habe alles gesehen. Der Bus wurde absichtlich nach rechts gelenkt und hat sie in den Graben geschubst. Dann ist der Bus einfach weitergefahren.” Ich überlege nicht zweimal. Schnell noch die Kette zurück auf das Kettenblatt und dem Bus hinterher. In der Hoffnung, er würde oben am Würzjoch stehen bleiben. Vergebens. Oben angekommen, war der Täter verschwunden. Was als Autobusdienst gedacht war, entpuppte sich als Autoschubsdienst in den Dolomiten. Unglaublich aber wahr.

Mörderische Absichten.

Rennradfahren in den Dolomiten ist herrlich. Atemberaubende Kulissen, kulinarische Highlights und eine Idylle, die ihresgleichen sucht. Ein Platz für alle, wo aber nicht alle gleichzeitig Platz haben können. Aber wollen. Wer schon einmal auf das Würzjoch gefahren ist, weiß, dass die Straße dort eng ist. Einspurig. Bei Gegenverkehr wird es lustig. Bei großen Autos gefährlich. Und bei Autobussen mörderisch. Irgendwann wirds knapp, denn Platz ist hier keine unendliche Ressource.

Wir schreiben den 9. Juni 2023. Es ist kurz von 15 Uhr. Das ist wichtig, um das ganze auch rekonstruieren zu können. Meine Gruppe fährt aufgesplittet den Pass hoch. Von Afers kommend. Die Schnelleren vorne weg, die Gemütlicheren hinter mir. Auf dem letzten Kilometer ist die Straße eine lange gerade und eigentlich mehr als übersichtlich. Vor mit schiebt eine Dame ihr Fahrrad am Straßenrad nach oben. Von Oben kommt ein Motorradfahrer entgegen. Plötzlich steht ein Bus neben mir. Er versucht, sich vorbeizudrängen. Muss aber stehen bleiben, da der Weg von der Dame und vom Motorradfahrer versperrt ist. Drei Zentimeter rechts von mir die Böschung, 20 Zentimeter links von mir (großzügig geschätzt) ein Bus. Farbe grün und grau. Um nicht umzufallen (man weiß nie) fahre ich weiter und vorbei am stehenden Bus. Nicht ohne meinen Unmut über die Aktion des Busfahrer (der Busfahrerin) Ausdruck zu verleihen. Ich habe mich durch Klopfen auf die Karosserie bemerkbar gemacht.

Kein Platz haben, aber Platz haben wollen.

Ich schaffe es, ohne größeren Schwierigkeiten am Bus und an der Dame vorbeizufahren. Die Straße vor mir jetzt komplett frei. Ein paar Meter später drehe ich mich um, und sehe den Bus. Der Busfahrer (die Busfahrerin) gestikuliert wild und will mir anscheinend etwas mitteilen. Für mich war das Geschehene eigentlich erledigt. Der Bus verlangsamt nicht und drängt sich erneut an mir vorbei. Die Straße ist hier nicht breiter als vorher. Auf gleicher Höhe lenkt der Bus plötzlich aus dem Nichts nach rechts und mir bleibt nichts anderes übrig, als mich in die Botanik zu verabschieden.

Ob ich mit dem Bus touchiert bin, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass es mich mehrmals überschlagen hat und mein geliebter, kaum 3 Wochen alter maßgefertigter Esel mit mir. Ich komme mit dem Kopf nach unten und dem Holzrahmen auf mir zum Stehen. Der Rest ist wie oben beschrieben. Die Worte der Frau im Ohr krabble ich zurück auf die Straße. Wäre der Bus oben stehen geblieben, hätte die Geschichte mit Sicherheit eine andere Dramaturgie bekommen.

Was folgte, war neben Fassungslosigkeit auch ein bürokratischer Hürdenlauf. Zuerst die Polizei gerufen. Diese wollte (konnte) nicht kommen. Dann mehrmals von einem Kommissariat zum anderen verbunden und weitergeleitet worden. Mörderische Absichten sind anscheinend kein Delikt oder die Lust freitagnachmittags zu arbeiten gering. Die Zeugin habe ich dann auch noch getroffen und mir alles nochmals schildern lassen. Ihre Aussage wird Goldes wert sein.

Am nächsten Tag nochmals zu den Carabinieri in La Villa. Unfall zu Protokoll geben. Der Maresciallo erklärt mir, dass man seitens der Carabinieri nichts unternehmen werde. Ich sei ja nicht verletzt. Mir bleibt nur noch der zivilrechtliche Weg. Rahmen kaputt, Powermeter-Kurberl zerkratzt und eine beim Sturz verloren gegangene Insta360 Go2 wollen eingeklagt werden.

Zerosbatti – Italien ist Vorreiter

Ich gebe nicht gerne auf. Und wo ich mich in meinen Rechten als Mensch (nicht unbedingt als Radfahrer) verletzt fühle, erst recht nicht. Vorsatz ist etwas, was mich triggert. Wissend, dass das ein langer Prozess werden würde, bin ich tätig geworden. Zuerst habe ich den Bus bzw. die Busnummer ausfindig gemacht. Es kann sich nur um den Bus 339 gehandelt haben. Wer ihn operiert hat, bleibt offen. Es fährt für Südtirol Mobil unter der Schirmherrschaft (oder Flagge) der Autonomen Provinz Südtirol. Ein Schreiben an die zuständigen Ämter fiel fehl. Auch ein Schreiben an die Tageszeitung Dolomiten blieb ohne Antwort. Ich dachte mir, die Omertà gäbe es nur in Süditalien.

Dann stoße ich in meinen Recherchen auf zerosbatti.it. Ein ehemaliger Rennradfahrer und Jurist hat diese Idee ins Leben gerufen. Eine rechtliche Assistenz für genau solche Fälle. Gilt europaweit. Und das für nur € 15,-. Gültig 12 Monate. Italien als Vorreiter. Kurz korrespondiert, Fall akzeptiert. Alle Dokumente sind schon vor Ort. Fehlt noch die schriftliche Aussage der Zeugin. Dann geht’s los. Schauen wir, was herauskommt.

Meine persönliche Meinung zählt da nicht. Zu viele Gesetze, bürokratische Hürden, Versteck-Spielchen … Ein Mensch, der vorsätzlich (eine Zeugin kann das bestätigen) einem anderen einen Schaden zufügen will, hat im Straßenverkehr gar nichts zu suchen. Wenn ich was zu sagen hätte, dann Führerschein weg. Tut mir leid. Wo kein Platz ist, kann man sich keinen Platz verschaffen. Alles andere ist nicht die Diskussion wert.

#ktrchts

Richtig Rennrad fahren.

Richtig Rennrad fahren

Rennrad fahren kommt vom Rennrad fahren. Deshalb sind wir Rennrad gefahren. Und wir haben Urlaub gemacht. Am schönen Neusiedlersee im Burgenland. Die Sonnenseite Österreichs. Vier Tage lang haben wir geübt, sehr viel geübt, theoretisch wie auch praktisch. Dabei immer gelacht, sehr gut gegessen und die burgenländische Sonne genossen. Wir sind sogar mit den Rennrädern über den Neusiedlersee gefahren. Wir haben uns die Hände schmutzig gemacht, Ketten gereinigt, Sitzpostionen verbessert, wir sind gekreiselt, geklettert und haben uns in den Kurven stark verbessert. Auch wissen wir jetzt, den Windschatten zu finden und richtig zu nutzen.

Blind Date mit Mensch und Rennrad.

Mittwoch Abend. Zu Beginn des Camps. Es ist wie ein Blind Date. Von den Teilnehmer*innen, die sich zu einer Rennradreise anmelden, auch zum Rennradcamp für Einsteiger*innen, ist anfangs nur der Name bekannt. Der Puls schlägt also noch bevor man sich aufs Rennrad setzt, anaerob hoch. Weil man nie weiß und nie wissen kann. Lampenfieber beim ersten Aufeinandertreffen. Neugierige Blicke. Gespitzte Ohren. Hohe Erwartungen. Die nächsten Tage werden mit Spannung erwartet. Es gilt, das Eis zu brechen. Aber wie. Die pädagogische Hochschule lässt grüßen. Eine Flasche Weißwein? Gute Idee. Die steht am Tisch. Bitte zugreifen. Und zuhören. Kurze Erklärung, Programmvorschau, Einverständniserklärungen einsammeln und essen gehen. Während es draußen auftrocknet.

Richtig Rennrad fahren

Der sichere Umgang mit dem Rennrad.

Donnerstag Morgen. Tag 1. Wie immer ist das Frühstück viel zu spät angesetzt. Halb acht ist keine Zeit für Frühaufsteher. Vorfreude ist nicht immer die schönste Freude. Speziell dann, wenn der Hunger groß ist. Der erste Cappuccino wird im menschenleeren Foyer eingenommen. Eine gefühlte Ewigkeit später öffnet sich der Frühstücksraum. Man trifft sich wieder. Die Spiele sind eröffnet. Treffpunkt halb zehn am Parkplatz des Hotels.

Die Teilnehmer*innen erscheinen. Mensch und Rennrad sind bereit. Der obligate Rennradcheck aller steht an. Ein fahrtaugliches Rennrad ist die Prämisse für sicheres Rennradfahren. Vor jeder Ausfahrt ist Kontrolle angesagt. Bremsen, Steuerlager, Luftdruck, Sattel, Sattelstütze … Reihenfolge frei wählbar. Wichtig ist nur, dass. Jede*r für sich. Und siehe da. Zwei werden auf frischer Tat ertappt. Lockeres Steuerlager. Es hat sich ausgezahlt. Über schmutzige und mit zu viel Öl beschmierte Ketten und Ritzel wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen. Das würde den Rahmen sprengen. Radpflege kann man lernen. Und soll man. Am besten gleich von Anfang an. Die ktrchts-Schule ist da kompromisslos. Die Velominati Rules lassen grüßen.

Es gibt keine Regeln. Außer, man befolgt sie nicht.

Auch die Praxis ist gnadenlos. Rennradfahrer*innen sind, wie sie sitzen. Die Ergonomie beeinflusst Optik, aber auch die Kraftübertragung. Zuerst schön sein, dann schnell und schmerzfrei. Es gibt keine Regeln. Außer man befolgt sie nicht. Alles wird besprochen und umgesetzt. Der Drehmomentschlüssel ist gegenwärtig. “Darf ich?” Die Unterschiede, wenn auch nur von ein paar Millimetern, dürfen gespürt werden. Und sie werden erklärt. Verständnis ist wichtig. Warum, weshalb, wieso? Das schon und das andere eher nicht? Jetzt sitzen einige anders. Die Sattelstütze ist nach oben gerutscht, der Sattel etwas nach vorne und der Lenker hat sich auch zum Boden hingedreht. Bremshebel sind jetzt keine Hörner mehr.

Natürlich wird auch gefahren. Vorsichtig. Es gilt, sich ein Bild von allen zu verschaffen. Die Pausen dienen dazu, Fragen zu stellen und Antworten zu geben. Es sind auch jede Menge Tipps dabei. Noch alles brav hintereinander aufgereiht und mit nötigem Abstand. Rennrad fahren, statt Radrennen fahren.

Richtig ist, was sich gut anfühlt.

Freitag. Tag 2. Es gibt schon sichtbare Unterschiede. Individuelle Fortschritte. Die Sicherheit steigt. Ratschläge werden befolgt und umgesetzt. Bergauf und bergab. Der Zugang ist ein anderer. Gruppenfahren wird nicht mehr als Gefahr gesehen, sondern als Chance. Weiter zu kommen, viel weiter und dabei Kraft zu sparen. Und weil das Wechseln zuerst im Gänsemarsch geübt und verinnerlicht wurde, funktioniert es in die Praxis umgesetzt noch unharmonisch, aber sicher. Zurückschauen, anzeigen, rausgehen, zurückfallen lassen und wieder hinten einfädeln während die Hinteren übernehmen und mit gleichem Tempo weiterfahren. Die Schwierigkeiten bei so einem Wechsel in Zweier- wie auch in Einser-Reihe kommen sowieso schnell an die Oberfläche und können gleich besprochen und verstanden werden.

Handzeichen setzen – sich und die Gruppe schützen.

Ein wesentlicher Grundsatz muss immer dabei sein. Das Ziel jeder Ausfahrt ist, dass am Ende alle gesund wieder ankommen. Zusammen. Jeder passt auf sich und ein wenig auch auf die andere auf. Gelernt wird, was dazu wesentlich beitragen kann. Handzeichen setzen. Stopp, Hindernis, Richtung (Abbiegen), Aufstehen (in den Wiegetritt gehen) … Gelernt ist gelernt.

Samstag, Tag 3. Ein Punkt am Programm fehlt noch. Das Fahren mit dem Rennrad übers Wasser. Versprochen, gehalten. Eine feine Runde um den Neusiedlersee kann man mit einer Fähre abkürzen. Davor sind die vielen Hotspots rundherum mit dem Rad gut erreichbar. Am dritten Tag ist das auch kein großes Problem. Surf-Weltcup in Neusiedl am See, der Leuchtturm in Podersdorf, die Hölle in Illmitz, Schotterwege inklusive. Und dann war noch die Sache mit dem Wind. Solange dieser von hinten kommt, ist das kein Problem. Da fallen sogar durch lernwillige Teilnehmer*innen Strava Pokale vom Himmel.

Doch der Wind kommt nicht immer von hinten. Meistens von vorne. Oder noch gemeiner von vorne seitlich. Als Einsteiger*in eine Windkante zu kennen und fahren zu können, ist daher kein Nachteil. Übung macht den Windschattenmeister und die Windschattenmeisterin. Aus Fehlern lernt man am schnellsten. Mann (Frau) verliert den Anschluss.

Ende gut, alles sicher.

Es war unkonventionell, aber genial. Sogar der Vortrag über die Grundzüge der Trainingslehre von Mario wurden trotz später Stunde interessiert aufgesaugt. Ganz Mutige haben sich auch der Blackroll angenommen. Mit viel Autsch und somit einer Hausaufgabe. Schönheit und Geschmeidigkeit muss leiden.

Sonntag, Tag 4. Ende gut, alles sicher. Das Rookie-Rennradcamp endet im leichten Nieselregen. Inmitten neuer, wichtiger Erkenntnisse. Mit To-dos, neuer Motivation und neuem Style.

Rennrad fahren kommt vom Rennrad fahren. Diese Philosophie wird die zweite Auflage des Rookie-Rennradcamps bestärken und begleiten. Herbst 2022 und Frühjahr 2023. Dabei sein ist alles.

#ktrchts

PS: Alle Termine hier oder einfach Newsletter anmelden.

Urlaub machen und Rennrad fahren. Aber wo?

Urlaub machen. Rennrad fahren.

Vor ein paar Tagen wurde in Österreich die Einreiseverordnung bis 31. Mai 2021 verlängert. Im Klartext (Verordnungstext) heißt es, wer bis dahin von einer Auslandsreise nach Österreich zurückkehrt, muss verpflichtend eine 10-tägige Quarantäne antreten. “Freitesten” ist erst ab dem 5. Tag mit einem negativen Covid-Test möglich. Damit sind wohl organisierte Rennradreisen ins benachbarte Ausland bis dahin kaum durchzuführen. Das vorläufige Programm wird und muss nochmals auf den Kopf gestellt werden. Zum x-ten Mal bereits. Urlaub machen und Rennrad fahren trotz Pandemie?

Trotz Pandemie Rennradurlaub machen?

Ich würde gerne lieber über andere Dinge diskutieren. Zum Beispiel aktuell über das neue Garmin RALLY CX200 Powermeter SPD Pedal, dessen Fotos gerade durchs Netz gehen. Schaut gut aus und könnte mein gebrochenes Verhältnis zu Garmin möglicherweise kitten, auch wenn 1.200 USD ganz schön viel Geld sind. Geht aber nicht. Ich muss mich den Tatsachen stellen und auch das Thema Rennradeisen trotz Pandemie aufgreifen. Soll und darf man aber vor allem darf ich? Darf und soll ich für meine Partner Empfehlungen aussprechen und über spannende und Rennradreisen informieren? Niemand weiß wie und ob sie jemals stattfinden werden. Ist es angebracht, dann selbst vor Ort dabei zu sein, um Gästen meine Lieblingsstrecken zu zeigen und sie dabei zu begleiten? Natürlich mit entsprechendem Sicherheitskonzept, welches in der Schublade liegt (Testung, Abstand, Maske, Hygiene …). Keine einfache Sache, wenn sich Sicherheit und Gesundheit mit wirtschaftlichen Aspekten beißen. Soll ich einfach abwarten und Däumchen drehen? Bezahlen würde mir (uns) das niemand. Es ist unser Beruf und unsere Berufung. Rennradreiseveranstalter und Rennrad-Guides am Abstellgleis.

Dass es möglich wäre zeigt ja die Praxis. Verboten ist es ja auch nicht. Nur kompliziert. Nein komplex. Dort sind die Hotels geschlossen, anderswo darf man nicht in einer Gruppe Radfahren (Abstands- und Haushaltsregeln) und etwas weiter weg ist hingegen alles erlaubt. Nur dass man schwer hin und wieder zurückkommt. Rennradurlaub buchen heißt aktuell sieben Tage Urlaub und im worst case 24 Tage Quarantäne. Außer man ist Deutsche*r und fliegt nach Mallorca.

Gewissenskonflikt statt Urlaubsglück.

Alles wird gut. Nur noch nicht heuer. Das Frühjahr ist abgeschrieben. Die Aussicht auf einen unbeschwerten Sommer wie damals (vergangenes Jahr) sind düster. Waren wir 2020 noch etwas unbeholfen im Umgang mit der Pandemie, so werden wir aktuell von der Ratlosigkeit regiert. Und als Sicht eines Unternehmers perspektivlos. Vergleichbar wie das Gefühl das man als Radfahrer vor einem langem und steilen Berg hat, nachdem man schon mindestens drei davon überlebt hat.

Gesundheit geht vor. Trotzdem darf das Leben nicht stehen bleiben. Meine (unsere) Ideen sind da, die Konzepte fertig und wir warten nur auf die erlösenden Worte “Urlaub machen. Rennrad fahren.” Ich gebe dann gerne Bescheid, wann, wie, wo und ob es losgehen wird. Denn solange die Zahlen steigen, sinkt auch die Motivation weiterzumachen

ktrchts
#machurlaubfahrrennrad

Radfahren in der Gruppe – ganz allein.

Radfahren in der Gruppe

Es ist Sonntag. Es kann aber auch ein Samstag sein. Oder jeder beliebige Tag der Woche. Am beliebten Treffpunkt versammeln sich mehr oder weniger pünktlich die üblichen Radfahrer zu einer gemeinsamen Ausfahrt (der männliche Begriff wird hier absichtlich verwendet – auf ein Gendern wird ausdrücklich verzichtet). Am Oberrohr sitzend, den Oberkörper über den Lenker lehnend wartet man, bis der Letzte sich die Mühe macht zu erscheinen. Gemütlich soll das Tempo heute werden. Man will ja plaudern. Radfahren in der Gruppe fängt immer so an.  Und endet dann ganz anders.

Einzelsport in der Masse.

Wer kann (und wer hat) posiert mit seinen Muskeln. Ein deutliches Anzeichen, dass “gemütlich” wieder eine sehr große Bandbreite bedeuten kann. Körpersprache als Statement und als Ansage, was und wer den Ton angeben wird. Radsport ist Einzelsport in der Masse. Eine Theorie, welche auf den ersten Metern sofort praktisch umgesetzt wird. Einer gibt das Tempo vor. Und zwar jener, den es in der Gruppe zu langweilig wird. Das löst vielleicht nur Unbehagen aus. Meistens ist es aber eine nicht mehr kontrollierbare Kettenreaktion. Eine chemische Explosion bestehend aus Laktat und Schweiß.

Radfahren in der Gruppe heißt nicht selten allein unterwegs zu sein. Allein im Wind, den Rest der Gruppe demütigend. Oder allein ganz hinten, den Rest der Gruppe aus den Augend verlierend. Wenn Testosteoron den Verstand überlsitet, dann sind die Folgen ganz klar. Krieg. Am Berg, an der Ortstafel, im Kreisverkehr, an der Kreuzung und selbstverständlich beim Wegfahren an jeder Ampel oder Abzweigung.

Wetteifern im Kurbeltakt.

Wer so den Ton angibt, gibt sich meist verwundert über diese Vorwürfe. Warum? War man doch ganz gemütlich unterwegs und hätte doch oben gewartet. Und darüber hinaus seien doch alle wieder gemeinsam angekommen. Das Wetteifern im Kurbeltakt ist eine Sucht und wird gerne verdrängt.

Radfahren bleibt ein Einzelsport, der gerne in der Masse ausgeübt wird. Nirgendwo anders kommen so viele unterschiedliche Voraussetzungen auf einem Haufen zusammen. Tagesform, Gewicht, Wille, Egoismus, Leidensdruck, Charakter, Übersetzung – all das spielt eine entscheidende Rolle und bestimmt was für jeden Einzelnen gemütlich bedeuten wird.

Wenn viele gemeisam fahren, leiden einige.

Wenn so viele auf einem Haufen zusammenkommen ist die seelische und körperliche Harmonie gefährdet. Es ist doch (fast) immer so. Viele fahren gemeinsam weg und einige leiden darunter. Unterwegs. Meistens nehmen sich nur jene zurück, die sich zurücknehmen müssen. Weil sie nicht anders können. Und jene, die es nicht müssen, tun es auch nicht. Weil sie nicht anders wollen. Während die einen die Landschaft genießen, himmeln die anderen die Wattangaben auf ihrem Radcomputer an. Wer seinen persönlichen Trainingsplan, insbesondere die Intervalle oder das anaerobe Training, in der Gruppe abspult, der spielt mit dieser. Er hetzt sie, benützt sie, überfordert sie

Naürlich gehts auch anders. Keine Ahnung wo. Ich bin jedenfalls dort nicht dabei. Nicht sonntags, nicht samstags und auch nicht an irgend einem anderen Wochentag. Außer ich fahre allein. In der Gruppe.

ktrchts

PS: Gemeinsam wegfahren und gemeinsam ankommen gibt es mit Garantie bei den ketterechts Rennradreisen. Versprochen

Rennrad fahren im Winter – meine Bekleidungstipps.

Rennradfahren im Winter

140 km. 5h45 Minuten. -5° Durchschnittstemperatur. -10° Tiefsttemperatur. Das ist Rennradfahren im Winter. Die letzte Ausfahrt war grenzwertig. Ich habe sie aber überlebt. Gesundheitlich überlebt. Kein Schnupfen. Kein Halsweh. Kein Ohrenweh. Keine Atembeschwerden. Glück gehabt? Möglicherweise. Gut, dass ich dieses Kälteerlebnis nicht so schnell wiederholen darf. Erst am 27.1.2017. Bei den 24 Stunden Burgenland. Bis zur triplen Seeumrundung ist ja noch Zeit. Vielleicht haben wir heuer im Jänner einen Jahrhundertsommer.

Rennradfahren im Winter.

Viele Leser meiner Einträge haben mich danach gefragt, was ich bei dieser Ausfahrt im Speziellen und sonst so generell im Winter anziehe, um nicht zu erfrieren. Zeit also, euch einen Blick in meinen Kasten zu gewähren. In Worten. Ohne Bilder. Diesen Anblick möchte ich jedem ersparen. Um es kurz zu halten gehe ich logistisch von innen nach außen vor. Genau so, wie ich mich anziehe. Eigentlich wollte ich mich dabei fotografieren. Ein noch nicht 100%ig erreichtes Kampfgewicht – eine Weihnachtskekse-Frühform, hat mich aber davon abgehalten. Stellt euch einfach eine bestens durchtrainierte ketterechts vor.

  • Oberkörper I: hier kommt ein klassischer baselayer zum Zug. Je nach Temperatur eine Skinfit Klima Vest und/oder ein B’twin Langarm Funktionsshirt von Decathlon. Ersteres hält die Haut super trocken, zweiteres ist angenehm zum Tragen und auch halbwegs warm.
  • Beine: jetzt kommt meine eigene lange ketterechts Thermo-Radhose zum Einsatz. Diese ist an den empfindlichsten Stellen (Knie, Rücken) extra-wattiert und an den Oberschenkeln und im Schritt, sowie am Rücken mit einem windabweisenden Material beschichtet.
  • Füße: Merino Socken oder hundsnormale dickere Wandersocken. Je höher, desto besser.
  • Oberkörper II: jetzt kommt der Schmäh. Über dem baselayer trage ich bei Temperaturen unter Null eine 1,5 mm dünne Neoprenweste von Keepersport. Diese Weste ist eigentlich für Tormänner gedacht, die ab und wann “nur” herumstehen. Diese Weste ist Sommerregen erprobt und im Winter ein Hit. Sie lässt keine Kälte nach innen. Die angestaute Feuchtigkeit durch’s Schwitzen nehme ich in Kauf, da ich sie gar nicht spüre.
  • Oberkörper III: Obendrauf das ketterechts Langarmtrikot wattiert oder die dünnere Version. Je nach Temperatur oder Dauer der Ausfahrt, helfe ich bei den Armen mit ketterechts Ärmlingen “dick” nach.
  • Oberkörper IV: eine ketterechts Windweste kommt aus psychologischen Gründen zum Einsatz. Die Gewissheit diese zu tragen, lässt Kälte ertragen. Reine Kopfsache.
  • Beine II: Noch ein Schmäh. Um mich im Leistenbereich vor der Kälte zu schützen, trage über der langen Hose eine Endura Superlight Überhose kurz. Wasserdicht und auch windabweisend. Damit sie gut sitzt und nicht rutscht, trage ich eine in Größe “S”. Macht das Anziehen zur Tortur, aber wenn sie über die Hüftknochen gezogen wird, dann passt sie wie angegossen. Am Crosser kein seltenes Bild – am Rennrad bekomme ich dafür Styling-Minuspunkte und eine Anzeige bei der Stylingpolizei.
  • Schuhe: Derzeit bin ich noch ohne Winterschuhe unterwegs. Dafür schütze ich meine Zehen mit den Castelli Toe Tighty und meine Füße mit den BBB-Ultrawear Winter Überschuhen. Die -10° haben sich so gar nicht arg angefühlt. Natürlich war es kalt – hauptsächlich rechts. Aber durch die Bewegung erträglich
  • Finger: Hier muss ich noch üben. Bis jetzt bin ich auch im Winter mit Sealskinz Ultra Grip ausgekommen. Manchmal mit Doppelschicht. Leichte Seidenhandschuhe darunter. zB. von Skinfit oder dünne Wollhandschuhe (Werbegeschenk von Raiffeisen). Bei -10° habe ich in den Handschuhen geschwitzt (die Sealskinz haben eine Nylonschicht – ideal im Sommer für den Regen) und die Nässe ist sofort gefroren, so dass ich Eisfinger an den Handschuhen hatte. Musste dann die Fäuste ballen. Ein Bremsen und Schalten war somit schwer. Ich denke, dass ich mir für den 27.1.17 richtige Winterhandschuhe besorge.
  • Nacken: den Nacken und den Hals schütze ich mit einem Buff Nackenwärmer oder Tubular. Kann man so auch über den Mund und über die Nase ziehen. Wobei ich das so nicht mag. Der Hauch feuchtet alles an. Und bei tiefen Temperaturen friert das. Dann hast einen Eisklotz am Hals.
  • Kopf: Unterm Helm trage ich ein Skinfit Stirnband und eine Buff Mütze. Doppelt Schutz für die Ohren.
  • Brillen: Die Augen schütze ich vor Kälte und Fahrtwind mit einer uvex variotronic Brille. Sowohl bei Nacht als auch bei Tag.

Das nächste Mal werde ich mir das Gesicht auch mit einer Fettcreme oder mit Tapes schützen. Denn unter den Augen und an den Backen haben sich die -10° samt windchill ganz schön bissig angefühlt

Es gilt wie immer einen Kompromiss zwischen Zweckmäßigkeit und Tragekomfort zu finden. Das Anziehen allein kostet im Winter viel Kraft und Überwindung. Wer sich das antut, der hat schon mal die halbe Ausfahrt hinter sich. Meine Empfehlung allgemein ist, für sich zu entscheiden, wann man was anzieht und schön langsam mehr Schichten zu verwenden. Wer gleich bei 5 Grad Plus in den arktischen Mode kippt, der hat bei Minusgraden keinen Spielraum mehr und wird frieren. Ich habe meine “Pakete”. Für -5°, 0°, +5°, +15° … Seit letztem Wochenende auch ein -10° Paket.

Wobei letztes Wochenende eine angenehme trockene Kälte alles sehr erleichtert hat. Möchte nicht wissen, wie es aussieht, wenn es feucht und kalt ist. Aber das wäre ein anderer Blogbeitrag.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#ketterechts #livelovemove #lakemania

PS: Am Ende noch ein Tipp: Noch nicht probiert, aber bestellt. Fußwärmer von heatcompany.

15 gute Gründe das Trainingslager zu beenden.

Gedanken von ketterechts - dem Rennradblog und Eventliveblogger.
Alle Jahre Mallorca.

Irgendwann ist immer Schluss. Immer? Nicht, wenn man im Trainingslager ist. Sieben oder zehn Tage müssen bis aufs Letzte ausgenutzt werden. Es geht ja darum, den Daheimgebliebenen von erstrampelten Heldentaten zu erzählen. 1000 Kilometer sind das mindeste. Von den Höhenmetern will ich hier gar nicht schreiben. Die müssen schon fünfstellig sein – mit einer zwei davor.

Je länger so ein Trainingslager dauert, desto größer ist die Anstrengung sich Tag für Tag erneut aufs Velo zu schwingen. Es bedarf ausgeklügelter Motivationskünste, dies wieder und immer wieder zu tun. Ich habe es ja schon erwähnt. 100 km pro Tag sind das mindeste fürs Ego. Die Beine werden hier nicht gefragt.

Wann ist jetzt aber der richtige Zeitpunkt, das Trainingslager zu beenden? Hier die 10 stärksten Anzeichen dafür, dass der Rückflug angetreten werden muss.

  1. Strava löscht dein Profil, wegen zu hohen Datenaufkommens.
  2. Der Restaurantleiter spricht ein Betretungsverbot aus. Für das Frühstücks- und das Abendbuffet.
  3. Hürzeler bekommt Angst um den Zeitwert des ausgegebenen Miet-Rennrades.
  4. Die Strasse zum Cap de Formentor muss wegen dir nochmals neu asphaltiert werden. Das könnte aber wieder 20 Jahre dauern.
  5. In Petra gibt es deinetwegen eine Orangen mehr.
  6. Toursiten bleiben wegen deines Schweißgeruches von der Insel fern.
  7. Dein Handy kann dich beim Selfie nicht mehr schärfen, weil du zu dünn bis.
  8. Der Seitenwind bläst dich deshalb von von der Westküste direkt zu Ostküste. Das bringt einen Strava COM. Unerlaubterweise.
  9. Du kannst dann im Flieger auch gleich auf der Armlehne zwischen Platz A, B und C sowie D, E und F Platz nehmen.
  10. Beim Betrachten des Fotos deines Partners hast du Erinnerungslücken.
  11. Der Betreiber an der Tankstelle Lluc hält bei bestem Kaiserwetter seinen Stammtisch für dich frei.
  12. Du sprichst fließend mallorquinisch.
  13. VOX will dich für die Sendung “Goodbye Deutschland! Die Auswanderer” engagieren. 
  14. In Palma steht ein Denkmal mit deinem Konterfei.
  15. Deine Gesichtshaut ist trockener als die Dörrrzwetschgen am Wochenmarkt von Alcudia.

Ich wünsche eine gute Heimreise.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts