No Zwift. Keine Ahnung wie lange es Zwift schon gibt. Ich hatte es bis jetzt immer kategorisch abgelehnt. Mir war nie nach Computerspielen zumute. Ich wollte Radfahren. Draußen. In der Natur. Eine Software, die mir vorgibt wie und was ich fahren soll? Nein Danke. Heute bin ich nach wie vor gleicher Meinung. Auch weil ich, sagen wir endlich, Zwift probiert habe. Fazit: Zwift Indoor Training ist die lustigste Langweile der Welt. Oder die langweiligste Lustigkeit.
Smart trainieren mit Smarttrainer.
Eine 50-Stunden-Woche hat mich vergangenen November zu einem Paradigmenwechsel gezwungen. Plötzlich war Indoor Training angesagt und notwendig. Einen Smarttrainier konnte ich schnell finden. Die Wahl viel auf den Elite Suito. Das Einsteigermodell für knapp € 600 samt Kassette und Zwift Probemonat. Schon das Einspannen des Rades hat mich aus der Reserve gelockt und emotional ziemlich gereizt. Aus handwerklicher Sicht gesehen, bin ich von Haus aus nicht zwingend ein gelungerner Wurf. Dann stand er doch da. Der Smarttrainer mit meinem Rennrad, einer Decathlon Matte und einem Schweißüberzug vom selben Haus.
Zwift war immer noch kein Thema. Meine ersten Schweißversuche habe ich mit My E-Training von Elite über mich ergehen lassen. Langweilig. Wenig Spass. Auch das Herunterladen und Freischalten von Strecken hat keine wesentliche Zusatzfreude gebracht. Kostenpflichtige Trainingsprogramme? Muss ich nicht. Wo und sobald es möglich war, ging ich trotzdem ins Freie. Zwift Indoor Training war immer noch kein Thema
Sodom und Gomorrha in London, Watopia und New York.
Dann kam der große Schritt und der Verkauf meiner Seele. Ich habe mich bei Zwift angemeldet und bekam eine 7-Tage-Gratis-Mitgliedschaft. Die habe ich mit ein paar Ausfahrten ausgekostet. Danach nach weiterem Zögern und einigen Ausfahrten in der pannonischsen Kälte den Gratis-Monat draufgelgt.
Meine Erfahrungen mit Zwift.
Meine bisherigen Erkenntnisse mit Zwift Indoor Training fasse ich hier kurz zusammen. Vielleicht hilft es jemanden, mich zu verstehen und mit mir mitzufühlen.
- Bisher habe ich vielleicht 10% der Möglichkeiten von Zwift genutzt. App starten, Strecke wählen, losfahren, schwitzen, stehen bleiben, auf Strava hochladen. Das wars. Zu mehr bin ich nicht zu motivieren. Zwift soll aber viel mehr können. Habe ich gehört.
- Ride on! Wer zum Teufel hat noch Zeit, anderen einen „Daumen hoch“ zu geben? Und wie macht man das?
- An Kreuzungen, speziell in London, herrscht Anarchie. StVO? Kennt hier niemand. Es wird kreuz und quer gefahren. Und das sogar durch und durch. Es tut mir jedes Mal weh, wenn ich daherkommende niedermetzle. Vielleicht könnte man Zwift mit Assasin’s-Creed kombinieren.
- Warum fliegt mir einer regelmäßig durch die Lüfte? Harry Potter am Renrad.
- Mein Avatar trinkt regelmäßig, obwohl ich das mache. Ist das ein Wink.
- 15 Minuten Zwift und ich ertrinke im eigenen Schweiß. Ventilator? Habe ich noch keinen. Da müsste ich wieder zum Baumarkt.
- Duschen kannst du nach einer Indoo Trainingseinheit erst nachdem du gut 60 Minuten abgekühlt bist. Sonst musst du umgezogen gleich wieder duschen. Das Nachschwitzen ist nichts für eilige Menschen am Sprung zum nächsten Termin.
- KOMs am Berg? Der Schnellste ist um die Hälfte schneller als ich. So auch hinauf auf den Vulkan. Wie macht der das?
- Sprints im Flachen? Interessant. Da habe ich eine Top 10 Platzierung herausgefahren. War aber dann so fertig, dass ich nicht mehr weiterfahren wollte.
- Ich fahre zu Zeiten, da sind nur Japaner unterwegs.
- Für Rennen und Gruppenfahrten bin ich auch noch nicht gekommen. Ich fahre lieber allein und schließe Lücken. Einer der wenigen Höhepunkte, die ich erleben darf.
- Unterwasserfahrten in (oder sagt man auf) Watopia. Oder das Fahren über die Lava. Hat schon was. Das graphische Erlebnis ist anfangs schon sehr faszinierend.
- In New York hingegen habe ich Angst, wenn ich auf Glasbrücken zu schnell in die Kurven fahre. Was ist, wenn es nass ist? Autsch.
- Für Yorkshire hat es noch nie gereicht. Am Wochenende fahre ich viel lieber draußen.
- Für die Koppelung Laptop und TV Gerät habe ich zum Baumarkt müssen. Hätte dort gleich den Ventilator kaufen können.
- Ich habe keine Ahnung ob mein Renner die Zwifterei überlebt. Man liest so viel und man will es nicht glauben.
- Vielleicht traue ich mich demnächst auch einmal in den Wiegetritt. Hoffe ich lande dabei nicht auf der gegenüberliegenden Wand.
- Watt und Geschwindigkeiten traue ich nicht. Nicht einmal die gefahrene Distanz kann ich bestätigen. Einzig meinen Puls. Der wird auch so sein, als würde ich draußen fahren. Der Rest riecht eher nach Utopie und einigermaßen Schätzung.
- Wenn ich noch länger Zwift Indoor Training betreibe verlerne ich das Fahren am Oberlenker. Ich weiß nicht, aber freihändig und aufrecht sitzend tue ich mir leichter. Da vergeht die Zeit irgendwie schneller.
- Ich brauche ein Spotify Abo. Die Werbung zwischen den Liedern ist lästig und unterbricht meinen Rhythmus.
- Manchmal geht es zu wie im Cluburlaub. Einer gibt vor und alle anderen machen es nach. Und dann bin ich wieder bei Punkt 2. Wie kann man neben dem Zwiften auch noch tippen und den anderen erklären, was man machen muss?
Je länger ist darüber nachdenke, desto lustiger wird die Zwift Langweile und desto langweiliger wird diese Lustigkeit. Zum Glück wird es draußen schön langsam wärmer und abends heller. Der Probemonat ist glaube ich schon zu Ende und Zwift lässt sich problemlos kündigen.
ktrchts
PS: Es gibt welche, die zwiften ohne Helm. Ist das nicht gefährlich?