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Die 24 Stunden Burgenland Extrem Tour – die Nachwehen.

Burgenland Extrem

Im Schatten der Geher und Läufer aber unter der Sonne Pannoniens machten sich vergangenen Donnerstag irgendwann kurz vor Mittag 115 heroische Radfahrer auf den Weg ins Ungewisse. Es war kein Start im herkömmlichen Sinn, sondern ein kollektives, in eine Richtung, miteinander Losfahren. Befehl von oben. Die Behörde hatte es so gewollt. Gestartert wird ein Rennen. Und die 24 Stunden Burgenland Extrem Tour Lakemania ist kein Rennen. Eine ausführlichere Erklärung dieses Umstandes, würde die Länge dieses Beitrages in unendliche Sphären katapultieren. Die Biker hatten an diesem Tag zwar das Recht den Neusiedler See bis zu drei Mal zu umrunden, gleichzeitig aber auch die Pflicht, exakte Anweisungen zu befolgen. Jener der Polizei.

Ein Abenteuer für Lycra-Masochisten.

Was treibt 115 Biker dazu, im Winter 360 offizielle Kilometer gegen den Uhrzeigersinn rund um den größten Steppensee Mitteleuropas zu drehen? Diese Frage können wohl nur genau diese 115 Biker beantworten. Das Lakemania Abenteuer für Lycra-Masochisten ist eine extreme Herausforderung. Das Magazin Bergwelten hat diese Veranstaltung in die illustre Runde der 9 ultimativen Outdoor Events aufgenommen, die man sich 2018 einfach nicht entgehen lassen soll. Weitere Fragen erübrigen sich damit wohl von selbst.

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Pannonia Riders.

Es sind ein paar wenige. Die dafür mit richtig großen Eiern. Sorry, liebe Damen. Meine Hochachtung gilt natürlich auch euch. Hut ab. Chapeau. Alle TeilnehmerInnen haben sich soeben noch die Henkersmahlzeit gegönnt. Tee, Kaffee, Kuchen, Milchbrot, Butter, Marmelade, Kekse – kalorienreich, zuckersüß. Michael und Josef geben die letzten Anweisungen und appellieren an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen als mündige Person. Der Biker Room platzt aus allen Nähten. Elektrosmog und Schweißgeruch in einem. Ein derb herrliches Luftgemisch. Es herrscht große Nachfrage nach Stromverteilern und Verlängerungskabeln. Die Teekanne rinnt im Dauereinsatz. Bei der Wahl der Teebeuteln hat man seitens der Organisation mehr auf Entschleunigung gesetzt. Warum auch immer.

Burgenland Extrem – Nightlife am See.

Es ist der wärmste Winter seit es Wetter-Aufzeichnugnen gibt. Der Original Trial rund um den Neusiedler See präsentiert sich eis- und schneefrei. Der Wind bläst freundschaftlich aus südostlichen Richtungen. Deutliche Plusgrade mindern die Sorgen vieler Burgenland Extrem Starter um die bevorstehende Übernachtung am Rad. Lumen es Omen. Nightlife am See gibt es heute nur gegen gutes Licht. Ab Runde zwei wird das Licht abgedreht. Radfahren unterm freien Sternenhimmel im 3-Dritteltakt. Das ganze im Hochwinter. Eigentlich ein extrem light – aber wen interessiert das schon. Bei Freiluftveranstaltungen kann man Glück oder Pech haben. Dieses Jahr war uns das Glück hold.

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Official Board University of Extreme

Ansprüche und Ziele scheinen von FahrerIn zu FahrerIn unterschiedlich zu sein. Das macht sich primär an der Wahl des Velos erkennbar, die zum Einsatz kommen. Schmalspurige Rennräder, grobstollige Crosser, magere und fette Mountainbikes besiedlen an diesem Tag die Tiefebene des Burgenlandes. Sogar ein seltenes Exemplar eines Stepprades hat sich hierher verlaufen. Von Selbstversorgern bis hin zu Vollpensionisten, Rücksackträger und  Trikottaschenfüller – persönliche Strategien sind nicht schwer zu erkennen.

Radwandeln durch die Nacht.

Dass man an einem schönen Frühlingstag im Jänner genüsslich Radfahren kann steht außer Frage. Was aber, wenn dieser Tag in den Abend und in die Nacht übergeht? Dann heißt es Radwandeln durch die Nacht. Von einer Dunkelkammer in die andere. Unterbrochen von den gelblichen Lichtern in die Jahre gekommener Straßenbeleuchtungen. Knapp unter und über dem Gefrierpunkt. Ein scharfes Auge, versteckt hinter einer Sportbrille ohne Tönung kann zwischen Finishermedaille und Krankenhausbett entscheiden. Katze müsste man sein. Die ungarischen Straßen sind ein Martyrium für Handgelenke und Bandscheiben und verzeihen keine Unachtsamkeit. Der Horizont verschwindet. Jeder Kilometer fühlt sich elend lang an. Der einzige Bezugspunkt ist der Halbmond am sternenklaren Himmel. Einmal links, einmal rechts und am Ende sogar weg. Entschleunigung trotz hohem Tempo. Der ruhigste Ort der Welt ist jeweils der aktuelle Standort rund um den See. Die mittlerweile quietschende Kette ist das einzige wahrzunehmende Lebenszeichen. Selbst ist man sowieso bereits todmüde.

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Lumen est Omen.

115 Losfahrer sind 115 glückliche Sieger.

Ganze 360 Kilometer dauert die Aufführung in 3 Akten. Diese 360 Kilometer schreiben interessante Geschichten. Jede sehr persönlich. Jede sehr speziell. Das sind die 115 Geschichten der Losgefahrenen, die Geschichten der 115 glücklichen Sieger, die Geschichten der vielen freiwilligen Helfer und die Geschichten der Veranstalter, welche trotz Schwierigkeiten und Schikanen seitens der Behörden an diesem Format festgehalten haben und hoffentlich festhalten werden. 35 der 115 Doktoren of Extreme haben am Freitag zwischen halb ein Uhr früh und 12 Uhr Mittags ihre goldfarbene Metallauszeichnung am Hals. Der Rest hatte den Mut rechtzeitig aufzuhören. So was nennt man Eigenverantwortung.

Die Möglichkeit an der University of Extrem zu promovieren darf im kommenden Jahr nicht fehlen.

ktrchts

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Promotion an University of Extreme – mit Kilometer cume laude