27. Mai 2012. 9.00 Uhr. Ich stehe zum zweiten Mal am Start des Kärntner Radmarathon in Bad Kleinkirchheim. Ohne meiner geliebten Princessin. Darüber habe ich ja schon berichtet. Auf meinem Ersatzrad eine GoPro. Montiert und befestigt am Vorbau. Ich hatte vor, ein paar interessante Szenen vom Rennen festzuhalten. Allen voran die Abfahrten. Für die Aufnahme eines gesamten Rennens reicht der Akku nicht. Die Videos sind auf meiner Facebook Seite zu sehen. Liken erlaubt.
Der Kärntner Radmarathon ist für mich sicher einer der interessantesten Marathons ist Österreich. Auch wenn die Veranstaltung noch sehr jung ist. 106 km sind nicht lang. Aber die 2.140 Höhenmeter sind eine echte Herausforderung. Auch weil knapp 1.500 Höhenmeter auf den ersten 33 km des Rennens zu bewältigen sind. Ich bin in den letzten 18 Jahren fast alle Marathons in Österreich gefahren. Vom Ötztaler, über den 3 Länder Giro, Klassiker im Salzburger Land (Amadè, Samson Man, Salzburg Radmarathon), sowie die Speedrennen im Osten (Neusiederlseemarathon). Den Kärntner Radmarathon kann man mit diesen Rennen nicht vergleichen. Zu den Gründen komme ich noch.
Kernstück des Kärntner Radmarathon ist die Nockalmstraße mit ihren zwei Pässen. Da ist einmal die Schiestlscharte und dann noch die Eisentalhöhe. Beide knapp über 2.000 Meter. Landschaftlich echt ein Traum. Denn oben sieht man – sofern man das Auge und die Luft hat – den Alpenhauptkamm im Norden und die Ausläufer der Voralpen im Süden. Das Meer habe ich zwar nicht gesehen, aber mit etwas Fantasie wäre das auch gegangen. Mittlerweile bin ich die Nockalmstraße bereits ein paar Mal gefahren, so dass ich die Tücken und die Schönheiten dieser Straße kenne. Erinnern kann ich mich noch an meine erste Befahrung. Das ist lange her. „Damals“ noch im Zuge des Tauern Total Extrem Radmarathon. Leider gibt es diesen nicht mehr. Immerhin galt es 260 km und 6.000 Höhenmeter zu bewältigen. Ein Pendant zum Ötzteler Radmarathon sollte es sein. Nichts ist daraus geworden. Start und Ziel in Wagrain. Die Strecke: Wagrein, Radstadt, Obertauern, St. Michael im Lungau, Katschberg, Kremsbrücke, Innerkrems, Nockalmstraße (mit der Eisentalhöhe und der Schiestlscharte), dann die Trurracher Höhe (auf der alten Strecke mit 23% Steigung), Tamsweg, Obertauern (zum zweiten Mal an diesem Tag), Radstadt und zurück nach Wagrain. Ich kann mich noch genau an meine Zeit damals erinnern: 12 Stunden und 3 Minuten. Mit einer Übersetzung von 39/23! Ein Alu Rad Marke Selbstbau, Campagnolo Veloce 9fach, Spinergy Carbonlaufräder und Cinelli Spinace Aufsatz. Dass es den ganzen Tag geregnet hatte, machte das Abendteuer nicht einfacher.
Der 4. Kärntner Radmarathon: Die Organisation ist perfekt. Nennung, Nachnennung und Startnummerabholung am Tag zuvor funktionierten reibungslos. Moderates Startgeld und ein prall gefülltes Startersackerl (und ich meine hier nicht die ca. 3 kg Prospekte, sondern die Geschenke wie Villacher Bier Radler, Kärntner Milch Kakao, Corny Müsli Riegel, Pago Fruchsaft) sind ein wichtiger Pluspunkt. Weiteres Highlight sind die doppelten Gutscheine für ein Essen und ein Getränk. Sowohl für Samstag vor dem Rennen, als auch Sonntag nach dem Rennen. Das habe ich bis dato nirgends gesehen. Detail am Rande: Die Nudeln beim Kärntner Radmarathon sind essbar! Und ich rede hier als Italiener. Genial auch der riesige Laib an Parmesankäse, der aus Nudeln mit Parmesan, Parmesan mit Nudeln zaubert.
Ich bin bereits am Freitag angereist und habe am Nachmittag an der Trainingsfahrt mit Paco Wrohlich teilgenommen. Diese war offizielle ausgeschrieben. Gefahren wurde die B Strecke des Marathons. Mit dabei fast ausschließlich Mitglieder des Radclubs Feld am See. Das ganze sicher auch einmalig. Lockeres einrollen in der Gruppe. Samt Schlussfahrzeug. Wobei der letzten Ansteig nach Bad Kleinkirchheim, dann nicht mehr so locker war. Ich denke, dass so mancher dem Herrn Paco Wrohlich zeigen wollte. Die Labstation im Landhotel Lindenhof mit Kaffee und Kuchen bekommt von mir hier maximale Punktezahl.
Der Samstag, Tag vor der Rennen, bietet ein Paar Zeitfahren am Samstag. Für einen wohltätigen Zwek. Die Initiative bike4dreams sammelte Gelder. Daumen hoch. Das Paar Zeitfarhen selber hätte sicher mehr Zuschauer verdient. So war es eher eine geschlossene Gesellschaft. Gut gemeint. Gut moderiert und mit Prominenz aus Sport gespickt. Gleichzeitig fand die Pasta Party im Festzelt direkt am Parkplatz der Kaiserburgbahn ab.
Der Sonntag. Das Rennen. Ich startete vom Startblock A aus und war in illustrer Gesellschaft. Gerrit Glomser, Hans Peter Obwaller, Armin Assinger … Die ersten Kilometern waren echt anstrengend und ich war mitten in wichtigen Positionskämpfen der Favoriten und jener, die sich zutrauten, mit diesen mithalten zu können. Mit dabei, meine GoPro.
Von Bad Kleinkirchheim ging es hinunter nach Patergassen. Nicht ungefährlich. Schlechte Straßen und und eine nervöse Meute. Keine beruhigende Kombination. Von Patergassen nach Ebene Reichenau dann ein Feld von mehr als hundert Radfahrern. Vorne die Spitze, welche es dieses Mal eher „gemütlich“ anging, so dass von hinten immer wieder neue Gruppen aufschließen konten.
Dieses kompakte Feld überlebte aber den ersten Anstieg Richtung Nockalmstraße nicht. Denn hier zeigte sich, wer am Berg gut ist und wer nicht. Wahnsinn, wie schnell sich hier die Spreu vom Weizen trennt. Die Schnellsten nehmen einen am Berg (ca. 28 km und 1.500 Höhenmeter) gute 20
Minuten ab. Das ist schon stark. Ich blieb in der Masse und nutze die Gelegenheit zu Fotografieren und in den Abfahren zu filmen. Herausgekommen sind aus meiner Sicht recht interessante Videos. Sie zeigen, dass so ein Rennen eigentlich höchste Konzentration braucht. Denn man ist selbst eine Gefahr für sich und für die anderen und andere sind auch nicht ungefährlich.
Auf dem Video ist zu sehen, dass der Gegenverkehr mit Bussen und Motorrädern (nein, die Strecke ist nicht komplett gesperrt; das will die GROHAG – Großglockner Hochalpenstraßen AG) nicht. Umsatzbringende motorisierte Fahrzeuge haben Vorrrang. Leider. Das kommt, davon, wenn man Mautstraßen nutzen will. Sonst muss ich sagen, dass die Straßen sehr gut gesichert sind. Und der Gegenverkehr – außegenommena auf der Nockalmstraße, nicht stört.
Ein paar Minuspunkte bekommt der teil schlechte Straßenbelag. Ich rede da von der Abfahrt nach Patergassen und die Straße im Liesertal zwischen Gmünd und Spital. Das Fahren in der Gruppe erfordert hier bestes Zusammenspiel, welches manche nicht beherrschen. Die klassischen Handzeichen, um andere zu „warnen“ blieben da und dort aus. Damit wurde das eine oder andere Schlagloch voll gefahren. Die Nockalmstraße selber hatte Abschnitte mit neuen frischen Belag. Bergab ein Traum. Danke liebe Motorradfahrer für die Mautgebühren.
Zurück zu den Abfahrten. Hier ist jeder für sich selbstverantwortlich. Doch auch die Verantwortung für die anderen, darf nicht vergessen werden. Kurven schneiden war an der Tagesordnung. Statt Linie zu halten, wurde Linie gefahren. Nicht einmal bei Profirennen ist das der Fall.
Ich bin glücklicherweise heil heimgekommen. Zwei Fahrern ist es nicht so gut ergangen. Beide sind auf der Abfahrt zur Kremsbrücke gestürzt. Eigenverschulden. Der eine mit Brüchen, der andere mit Bremsspuren im Gesicht (an dieser Stelle gute Besserung an Peter W.). Beide Unfälle zeigen mir, dass die Zeiten der Bestzeitenjagd zu Ende sind. Für mich. Ein Radmarathon muss Spass machen. Mehr nicht.
Der Kärntner Radmarathon hat Spass gemacht (das Rennen zumindest, Stichwort organisierter Raddiebstahl). Ich komme wieder. So wie hunderte andere Italiener. Denn diese Veranstaltung hat sich weit über die südlichen Grenzen (ja, ich weiß, diese gibt es nicht mehr) beleibt gemacht.
Zusammenfassung:
+ gute Organisation
+ volles Startersackerl
+ Anspruchsvolle Strecke
+ traumhafte Landschaft
+ vorbildliche Absicherung
+ Durschmöglichkeit im Römerbad (1 h freier Eintritt)
– teils der Straßenbelag/Schlaglöcher
– Gegenverkehr auf der Nockalmstraße
– Geschlossens Römerbad am Freitag
– Radarkontrolle am Sonntag nach dem Rennen Richtung Patergassen
Fazit: Gute 7 von 10 #ketterechts Zähne.
@ketterechts.