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Campagnolo Disc Brake – die schönste Nutzlosigkeit.

Campagnolo Disc Brake

Wie immer hat es bei den Italienern aus Vicenza etwas länger gedauert. Während Shimano seine Bremsscheiben für Rennräder bereits im Einsatz hatte, sind die Campagnolo Disc Brake erst letzte Woche der Öffentlichkeit präsentiert worden. Live durfte ich sie beim Colnago Cycling Festival 2017 vergangenes Wochenende in Desenzano del Garda begutachten. Die ersten Eindrücke von den Fotos aus diversen Fachmagazinen wurden bestätigt. Campagnolo hat die schönste Nutzlosigkeit der Welt geschaffen.

Schön, aber für wen? Campagnolo Disc Brake.

Stolz stand es da. Das Colnago C60. Carbongrau mit blauen Muffen. Typisch für den Mailänder Rahmenbauer. Es war ein Rennrad unter vielen, die auf der Expo ausgestellt waren. Trotzdem war es speziell. So speziell, dass es kaum möglich war, es genauer unter die Lupe zu nehmen. Zu groß war das Interesse für die nagelneuen Campagnolo Disc Brake.

Ich musste mich anstellen und ich habe mich angestellt. Meine Neugier war genau so groß. Als ich dann an der Reihe war, rang ich mit mir selber. So viel Schön. Ganz viel Schön. Aber gleichzeitig so viel Nutzlosigkeit. Scheibenbremsen am Rennrad. Nicht schon wieder dieses Thema. Beim Crosser habe ich mich damit abgefunden. Auch wenn der Ruf besser ist als die Scheibenbremse selber. Aber beim Rennrad? Warum zerstört man damit die Grazilität eines perfekten Ganzen. Jemand ganz weit oben will das offensichtlich. Und er scheint sich durchzusetzen.

Widerstand ist wohl zwecklos.

Dunkle Wolken ziehen auf. Als Vorzeichen für den Sturm, den wir auf der Eurobike Ende August erleben werden. Die Hersteller blasen zum Generalangriff. Mobilisieren alles was ihnen zur Verfügung steht. Sämtliche Modelle werden diese Nutzlosigkeit verbaut haben. Auch Campagnolo wird dabei sein. Mit dem Modell H11. Italienisches Design und italienische Technik der Extraklasse, wenn man dem Glauben schenken darf, was man liest. Carbon EPS oder Carbon mechanisch für die Brems- und Schalthebel der gehobenen Klasse und Potenza-Alu für die Mittelschicht.

Man könnte jetzt fast glauben, ich sei ein Gegner von Bremsscheiben am Rennrad. Verständlich. Es ist aber nicht so. Dagegen ja, aber nicht so militant, wie es vielleicht der Eindruck erweckt. Ich finde, dass derzeit nicht genug dafür steht. Was ich belegen kann. Als ich mich gestern mit ein paar Tausend Gleichgesinnten am Gardasee über die steilen, teilweise sehr schlechten Abfahrten mit jeder Menge Spitzkehren gewagt habe, hatte ich ständig so ein Geräusch in den Ohren. Unangenehm. Ziemlich unangenehm. Metallisches Schleifen. Links vor mir. Rechts vor mir. Und einmal fast unter mir. Kaum vergleichbar mit dem melodischen Quitschen, welches ich gewohnt war. Ist dieses Schleifen jetzt der heiß ersehnte Fortschritt?

Ich hatte jedenfalls kein Problem mit meinen roten Campagnolo Bremsgummis auf Bora Carbonflanken. Und wenn es geregnet hätte, wohl auch nicht.

ktrchts

PS: das technische Datenblatt und was die H11 alles können soll hier.

Radservice in Wien. Ich war dabei.

Radservice in Wien

“Saisonstart: Top Radservice in Wien ab nur 75,- Euro. Die Temperaturen steigen und die ersten Frühlingsausfahrten stehen an!  Zum Saisonstart bieten wir Dir unser Basic Service für nur 75,- statt 84,- Euro an. Unser Chefmechaniker Gino bietet Dir aber selbstverständlich auch das Full Service Paket. Das gibt es jetzt zum Saisonstart als Testangebot statt um 249,- Euro um nur 199,- Euro”. Da kann man ja nicht nein sagen, oder? Das ganze bei Ghisallo – dem neuen Restaurant mit Rennradshop und Rennradwerkstatt. Unter anderem mit und für Marken wie Pinarello, Bianchi und Colnago. Kommt mir mehr als gelegen. Ich musst das ausprobieren.

Für mein Radservice in Wien war ich viel zu motiviert.

Obwohl ich im Winter meine Diva kaum benutzt hatte, wollte ich ihr ein großes Service nicht vorenthalten. Nach den guten Diensten im letzten Jahr, hat sie sich das auch mehr als verdient. Das Nachfetten der Lager ist etwas, was ich selber nicht machen will. Oder auch nicht machen kann. Tretlager und Steuerlager überlasse ich lieber den Profis. Die haben das Händchen und das Werkzeug dazu. Vor allem das Campagnolo Ultra Torque Innenlager ist nicht ohne. Geile Sache, aber für jemanden mit zwei linken Händen wie mich zu kompliziert. Bei mir würden zum Schluss ein paar Federn und Schrauben fehlen oder sogar übrig bleiben. So ließ ich Ghisallo Chefmechaniker Gino frei walten. Schenkte ihm blind mein vollstes Vertrauen und gewährte ihm meine “furia rossa”.

Was dann passiert ist, bohrte ein tiefes Loch in meine Brieftasche. Die Vorahnung war groß. Die Realität übertraf dann alles noch schlimmer. Logisch. Bei meinen gefahrenen Kilometern letztes Jahr. Da hilft auch kein Hegen und Pflegen. Verschleißteile verschleißen. Sie müssen ab und wann erneuert werden. War zuerst nur die Kette geplant, folgte prompt darauf das hintere Ritzelpaket. Denn die neue Kette wollte unter Zug mit dem alten 11er und 12er Ritzel nicht mehr kombinieren. Ein klarer Fall von Kausalität.

So ein Ritzelpaket macht bei Campagnolo die Angelegenheit gleich einmal etwas teurer. Ein Super Record Titan Ritzelpaket (11-25) kostet laut Listenpreis € 292,-. Das 11-29er sogar über € 350,- Nein danke! Muss nicht sein. Die paar Gramm Gewichtsersparnis kann meine Wampe locker wettmachen. Ich musste recherchieren, improvisieren und kalkulieren. Einzelteile? Das 11er Ritzel allein kostet € 70,-, das 12er auch. Das sind € 140. Ok – zahlt sich niemals aus. Also ein Chorus Paket 11-25 für € 149,-. Und zwar flott. Schneller als der Versandhandel erlaubt. Normalerweise sind sämtliche Campagnolo Ersatzteile bei RIH in der Wiener Praterstraße erhältlich. Normalerweise. Diesmal leider nicht. Dafür ein paar Häuser weiter bei Veletage. Radservice in Wien bedeutet auch Flexibilität. Und Mobilität.

Ein Unheil kommt selten allein.

Vom neuen Ritzelpaket habe ich mir das 11er, 12er, 13er, 14er und 15er genommen und mit den (doppelt) vorhandenen 17-19-21 und 23-25-27 Paketen kombiniert. Das macht 11-27. Meine älteren Titanpakete 16-17-19 sowie 21-23-25 sind noch gut und warten zu Hause brav auf auf den King of the Lake Ende September.

Neue Kette und neues Ritzelpaket bedeuten einen komplett neuen Antrieb, wenn man auch die Kettenblätter tauscht. Nicht irgendwann, sondern gleich. Was ich auch gemacht habe. Nach mehr als ca 70.000 km in gut 5 Jarhen keine schlechte Idee. Kosten für beide € 178,95.

War’s das? Nein. Natürlich nicht. Ich war ja beim großen Service. Da kommt ganz viel ans Tageslicht. So viel auch das Steuerlager durch die Qualitätskontrolle. Es musste getuscht werden. Zuerst aber musste es besorgt werden. Pinarello baut da was ganz eigenes ein und ein nomales Industrielager passt um ein paar verdammte Millimeter nicht hinien. Also bei Radsport Grassinger in Lambach anrufen und bestellen – 3 Tage Postweg abwarten und dann finalisieren. Kosten für das Steuerlager € 59,-

Wenn ich jetzt alles zusammenrechne komme ich auf einen stolzen Menüpreis von € 672,95. Wobei das Dessert noch nicht einmal serviert worden ist. Da fehlen noch die Tretlager. Es war zwar ein leichtes Spiel diese zu öffnen, zu putzen und neu zu fetten. Aber dieses leichte Spiel hat das leichte Spiel nicht behoben. Ich muss nochmals zurück an der Start. Davor müssen die Dinger erst bestellt werden, weil sie  – dreimal darf man raten, Pinarello Spezialteile sind.

Spezialteile haben eben Spezialpreise.

Fazit: Wer viel Rad fährt, fährt viel Rad kaputt. So ist es. Wer Campagnolo fährt, fährt dabei etwas mehr Geld kaputt. So ist es leider auch. Lustig wird es erst dann, wenn alles zusammenkommt. Zum Glück gibt es beim Radservice in Wien genügend Rennradshops und Rennradwerkstätten wo man sich im Bedarfsfall das holen kann, was man braucht. Auch ganz ohne Versandhandel. Dafür mit fähigen und guten Mechanikern. Grazie Gino.

ktrchts