Schlagwort: Pannenmilch

Schlauchreifenwechsel – die Kunst sauber zu bleiben

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog und Eventliveblogger
Laufräder mit Schlauchreifen nach getaner Arbeit.

War das ein Wochenende. Ich hatte zwei ganze Regenerationstage ohne Rennrad. Zwar sofort zunichte gemacht mit der gestrigen Ausfahrt bei starkem Wind. Aber immerhin. Somit hatte ich auch Zeit. Zeit, die sinnvoll genutzt werden musste. Mit dem Wechsel meiner alten Schlauchreifen. Der vordere hatte schon länger einen spürbaren Höhenschlag, der hintere war bereits mit mehreren Ladungen Pit-Stop von Vittoria gefüllt und nicht mehr vertrauenswürdig. Dass der Wechsel eines Schlauchreifens eine zähe und lange Prozedur sei, war mit bewusst. Die Tatsache, dass ich aber Zeit hatte, bekräftigte mich im Unterfangen dieses Abenteuer wieder einmal und noch einmal selbst zu erleben.

Gewissenhaft wie immer bin ich die Sache angegangen. Im Voraus mussten zwei neue Schlauchreifen her. Ich suchte mehrere Händler in der Gegend auf, doch niemand hatte den von mir ins Visier genommenen Vittoria Corsa Evo Classic Schlauchreifen 28×23 mm Servizio Corse. Warum genau diesen? Weil ich ihn schon seit 3 Jahren fahre und er hat mir feine Dienste erwiesen. Dieses Modell wird von Vittoria nicht mehr geführt. Seit heuer setzt man dort auf Graphene Technologie. So musste wieder einmal das Internet her. Und siehe da, ich fand den Reifen bei bike-palast.com – für € 40,- das Stück. Graphene Reifen kosten im Vergleich das Doppelte. Zusammen mit den Schlauchreifen bezog ich dieses Mal auch Magic Mastik, einen Wunderkleber aus dem Hause Vittoria. Kleber, der nur mehr auf der Felge aufgetragen werden muss und nach 12h einsatzbereit ist. Das Video auf Youtube hat mich neugierig gemacht. Eine Portion Pannenmilch rundete die Bestellung ab. Damit war wohl der einfachste Teil erledigt. Der schwierigste stand bevor. Das Reinigen der alten Laufräder. Von alten Kleberresten. Warum? Weil das Vittoria empfiehlt und weil ich diesess Mal Kleber wechsle. Die letzten Male habe ich das nicht so gründlich gemacht. Ein frischer Kleber der gleichen Sorte verträgt sich nämlich serh gut mit seinem Vorgänger. Durch die Hitze verflüssigt sich dieser sogar und sorgt für noch besseren Halt.

Foto von ketterechts - dem Rennradblog und Eventliveblogger
Kleberreste müssen entfernt werden.

Hier stand ich vor einer sehr großen Herausforderung. Das übliche Reinigen mit Waschbenzin funktionierte diesmal leider nicht. Deshalb suchte ich nach der Zauberformel im Internet. Weit hat mich das nicht gebracht. Zu viele Meinungen und Gegenmeinungen. Was mir da alles angeboten wurde, ließ meine Sorgen um das Carbon wachsen und wachsen. Am logischsten erschien mir die Variante mit Aceton zu arbeiten. Auch weil im offiziellem Video von Vittoria damit auch hantiert wurde. Also, ab zum Baumarkt.

Ein alter Putzfetzen, das Aceton und ein Schraubenzieher waren dann meine Begleiter für die nächsten Stunden. Zentimeter für Zentimeter weichte ich die Klebereste mit Aceton ein. Dann löste ich diese vorsichtig und behutsam mit der flachen und breiten Spitze eines herkömmlichen Schraubenziehers. Reine Nervensache. Es galt ja, die Carbonfläche nicht zu beschädigen. Ich musste teilweise mit massivem Druck arbeiten, um zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen. Im Wechselspiel Aceton, Putzfetzen, Schraubenzieher und das Ablösen mit dem Finger verging die Zeit. Nach vier Stunden Arbeit, Blasen in den Finger und rheumaänliche Schmerzen im Rücken war ich bei einem akzeptablem Ergebnis angelangt. Nicht ganz sauber, aber für mich rein genug. Es war Knochenarbeit. Die Erkenntnis, dass der Umfang eines Laufrades fast unendlich war, hat mich mehrmals mental gebrochen. Ich bin aber mit der Aufgabe gewachsen. An ein Aufgeben habe ich nie wirklich gedacht. An Clicher erst recht nicht.

Die nächste Überraschung erreichte mich in dem Moment, in dem ich die neuen Schlauchreifen zum Dehnen aufziehen wollte. Der gelieferte Vittoria hatte – wieder einmal – das hauseigene Ventilsystem. Also ein integriertes, abschraubbares Ventil. Eines welches mit den eigens von Vittoria erhältlichen Verlängerungen erweitert werden kann. Das hat alles ein wenig verkompliziert. Mit meinem Lager an Verlängerungen konnte ich mir dann zum Glück aushelfen. Verschlusskappen runter, drehen, wenden und der Vittoria konnte am Laufrad seine Dehnübungen machen. Der Samstag ging zu Ende.

Montagmorgen. Zwei gedehnte Vittoria Schrauben wollten jetzt mit Pannenmilch gefüllt werden. Aber da war ja dieses Ventil. Wie kriege ich die Pannenmilch da rein? Mit einem Stanley Messer richtig. Denn damit schnippte ich einfach die Öffnung des Tufo Fläschchen auf die richtige Größe auf. Angedockt und auf sechs Uhr gedreht, floss Tufo Milch in den Schlauchreifen. Die Welt war wieder in Ordnung. Mein Schlauchreien wurde vorexerziert. Vorbeugen ist immer besser als alles danach. 

Foto von ketterechts - dem Rennradblog und Eventliveblogger
Magic Mastik statt Tufoband oder herkömmlichem Kleber

Nun war die Zeit des Klebens gekommen. Mit Waschbenzin reinigte ich nochmals die Klebeflächen am Laufrad und am Reifen. Dann wurde eine Schicht Magic Mastik aufgetragen. Nur am Carbon. Genau nach Anleitung. Die Dosierung ist Gefühlssache. Beim Vorderrad brauchte ich nicht die ganze Tube. Beim Hinterrad habe ich dann noch was benötigt. In Summe genau zwei Tuben. Mit dem Finger habe ich dann den Kleber schön verteilt. Im Vergleich zum herkömmlchen Kleber (Continental oder Vittoria selber), ist Magic Mastik durchsichtig und sehr schmierig. Fast flüssig. Das erleichtert die Arbeit enorm. Kurz darauf konnte ich schon die Schlauchreifen aufziehen. Zuerst Ventil in die Öffnung, dann seitlich schön nach unten anziehen und zum Schluss dann den Rest über die Felge kippen. Mit der Vordehnung ein Kinderspiel.  Das geniale dabei: Ich bin sauber geblieben. Da am Reifen kein Kleber mehr notwendig ist, verschmiert dieser die Hände, die Hosen, das T-Shirt und die Seitenwänder der Läufräder nicht mehr. Feine Sache.

Zum Schluss noch ordentlich aufpumpen und den restlichen Kleber, der jetzt durch den Druck nach außen gepresst wird, wegwischen. Et voilà. Fertig. In 12 Stunden könnte ich wieder fahren. Was ich auch machen werden.

Fazit: Was das Kleben betrifft hat mich Magic Mastik überzeut. Saubere Sache. Ob es hält, kann ich noch nicht sagen. Aber ich werde darüber berichten.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Mehr Schwalbe dafür Ärger.

Die allerletzte Rettung.

Alle Neune. Was beim Kegel als Erfolg gefeiert werden kann, ist in Sachen Defekten frustrierend. 5 Ausfahrten, 9  Defekte. Das ist meine traurige Bilanz der letzten Tage. Mein Mini-Trainingslager in heimischen Gefielden entpuppte sich als Training für den Ernstfall. Insgesamt 6x (fünf Mal Hinterrad und ein Mal Vorderrad) durfte ich meine Fähigkeiten einen Platten zu beheben unter Beweis stellen. Gestern bei meinem Frühjahrsklassiker von Wien nach Linz wieder drei Mal. Als ob ich es vorausgesehen hatte. Denn ich war voll von Ersatzteilen. 3x Schlauch, 2x Patrone, 1x Pannenspray. Self fullfilling prophecy? Lustig ist es nicht. Wenn du wegfährst und im Hinterkopf immer daran denkst, dass es dich bald wieder erwischen kann. Was dann auch passiert ist. Ursachenforschung ist angesagt. Ad Hoc würde ich jetzt den Schwalbe Ultremo verdammen und sehr lange nachsitzen lassen.

Aber schön der Reihe nach. Den Schwalbe Ultremo habe ich quasi als Mitgift zum Rad, welches ist derzeit fahren darf, mitbekommen. Die ersten Ausfahrten waren auch kein Problem. Dann letzte Woche der erste „Patschn“. Auch kein Problem. Austausch und weiter gehts. Noch am selben Tag ein zweiter. Ok. Pech. Austausch und weiter gehts. Der nächste Tag 100 km ohne Probleme. Frisur und Reifen halten. Doch dann beginnt die Serie. Meine Tour rund um den Neusiedlersee musste ich bei km 91 wegen eines 2. Defektes abbrechen. Ich hatte „nur“ 2 Patronen und 2 Schläuche mit. Gewechselt habe ich jeweils stets neue Schläuche. Auch habe ich die Innenseite des Reifens abgetastet und kontrolliert. So wie es halt üblich ist und wie ich in meiner Zeit bei Intersport und Sports Experts (dort habe ich in Haid die Radabteilung im Superstore geleitet) gelernt und gelehrt habe.

Als ich dann am 4. Tag wieder 2 Defekte hatte, konnte ich mir das Phänomen gleich nicht mehr erklären. Der Ultremo ist zwar etwas alt, doch die Lauffläche außen in sehr gutem Zustand. Abgesehen von ein paar kleinen Schnitzern aufgrund des Rollsplits der noch herumliegt. Diese Schnitzer habe ich auch jedes Mal brav mit Superkleber versiegelt. Ein Trick den ich mir beim weltbesten Campagnolo Mechaniker österreichweit abgeschaut habe.

Zu Hause habe ich mir die ganze Sache dann genauer angeschaut. Beide Räder vorne und hinten komplett auseinander genommen. Felgenband super gelegt. Reifen ohne jede Spuren von Eindringlingen. Und die Schläuche? Diese hatten jeweils einen kleinen Einstich. Also ein klassischer „Schleichender“. Nichts Verzwicktes (in diesem Fall hat man 2 kleine Löcher im Abstand von ca. 1 cm). Nichts Geplatzes. Und jeweils an unterschiedlichen Stellen. Natürlich habe ich die 6 kaputten Schläuche geflickt. Reserve ist Reserve! Dann die lange Ausfahrt gestern. Nach 70 km der erste Schleichende. So was spüre ich sofort. Mein Hintern ist eine Prinzessin auf der Erbse. Nach 140 km der Zweite. Wenig später dann der Dritte.

Das Interessante: Sämtliche Defekte sind nach Stops passiert. Pinkeln. Navigieren. Kurz darauf. Oder bei Volltreffern in Schlaglöchern bzw. Kopfsteinplastern. Kann jetzt das Laufrad Schuld sein? Shimano RS Eighty? Wohl nicht, oder? Mein Übergewicht? (*Scherz!). Keine Ahnung. Einen Zusammenhang mit dem Hinterrad, das im Rahmen nicht ganz zentriert Platz findet (Anm. Chinarello), sehe ich auch nicht.

Gestern bei km 151, hatte ich meinen 3. Schlauch und meine 2. Patrone verbraucht. Dank Hutchinson Pannenspray konnte ich die Fahrt fortsetzen. Bei Null Luft hat sich dieses Wunderding echt bewährt. Und mich hinter dem Triathlon Dog 15 km von Weins nach Grein mit knapp 4 Bar Druck bei 35 km/h Schnitt zur Rettung bei KFZ Krottenthaler geflogen. Dort habe ich den Reifen nochmals auf 8 Bar aufgepimpt. Mit einem weiteren neuen Schlauch und 2 neuen Patronen im Gepäck ging es dann noch 60 km bis nach Linz. Ohne Zwischenfälle. Aber die werden demnächst wohl wieder kommen.

Ich freue mich auf mein neues Rad. Mit Vittoria Corsa CX Schlauchreifen. Oder den Conti 4000s bei meinen Clincher Laufrändern. Bis dahin kann ich nur hoffen oder wieder üben.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#faceyourpassion