Zuletzt aktualisiert am 25. August 2018 um 17:07
Rennwochenende. Noch ein paar Mal schlafen und der Wecker wird uns kommenden Sonntag zeitig in der Früh wecken. Es ist endlich Ötztaler Radmarathon Zeit. Für viele unter uns der Höhepunkt der Saison. Für die einen schon wieder, für andere zum allerersten Mal. Der Ötztaler Radmarathon ist und bleibt etwas ganz Besonderes. Da brauchen wir nicht lange herumreden. Organisation, Flair, Zuschauer, Strecke und das Wetter. Alles eigen. Die vielen Fragen in den diversen Facebook Gruppen und Foren zeigen, dass Frau und Mann sich schon sehr damit beschäftigen und der Tag X kein Tag wie jeder andere ist. Darum hier noch ein paar Last Minute Tipps, um die kommenden Nächte mehr als nur ein Auge zudrücken zu können.
Last Minute Tipps für den Ötztaler Radmarathon
Vom Training selber, die Anreise nach Sölden, die Tage zuvor, das Rennen im Detail, die Verpflegung rundherum, die Bekleidung, die Übersetzung, die Rennstrategie. Jedes dieser Themen würde einen eigenen Schwerpunkt verdienen. Aber in der letzten Woche vor dem Rennen ist es wohl zu spät damit. So wie es zu spät ist, jetzt noch für den Ötztaler zu trainieren.
Zügeln ist die Kunst des Wartens.
Klingt hart. Ist es auch. Wer es jetzt nicht drauf hat, wird wohl vergeblich nach der Form oder nach den fehlenden Watt suchen. Auch wenn wir Zweifel haben, genug getan zu haben. Das beste Ötztaler Training sind die 50 Wochen zuvor. Nicht die letzten 10 bis 14 Tage. Jetzt ist es viel wichtiger, den Körper die nötige Erholung zu geben. Und wenn ich das einmal behaupte, dann steckt viel Selbstkritik dahinter. Denn eine Regenerationswoche bzw. ein vernünftiges Tapering halte ich einfach nicht aus. Mein Motto ist „aus dem Training heraus“. Das geht gut. Selten – nein, eigentlich nie, ist das aber beim Ötztaler Radmarathon aufgegangen. Zügeln ist die Kunst des Wartens. Sich zurückhalten. Kurze und doch intensive Einheiten, halten den Körper auf Spannung und reizen die Muskeln. Es geht darum, Spritzigkeit zu gewinnen und das Verlangen nach Berge zu erhöhen.
Wer zuletzt kommt, hat kaum zu lachen.
Die Anreise nach Sölden ist und war für mich immer nur Stress. Entweder Freitag oder sogar erst Samstags bin ich recht gechillt von zu Hause weggefahren. Je näher Sölden kam, desto größer wurde das Kribbeln in mir. Habe ich dann noch beim Reinfahren ins Ötztal Rennradfahrer gesehen, war es aus mit dem gechillt sein. Ich muss auch. Ich will auch. Rennrad fahren! Die sind sonst besser. Davor aber noch das gebuchte Hotel suchen. Parkplatz finden. Einchecken. Rennrad zusammenbauen. Startunterlagen holen. Was? Die fahren alle mit Ärmlinge und Überschuhe! Ich habe keine Überschuhe mit. Wo ist das nächste Sportgeschäft. Und meine Gels brauche ich auch noch. Wo bitte kann ich hier in Sölden Enervit Gels kaufen?
Wer zuletzt kommt, hat kaum zu lachen. Mein Tipp: In Ruhe und rechtzeitig anreisen. Heuer insbesondere. Es gibt wegen des Pro Ötztaler 5500 einige Straßensperren am Freitag.
Rush Hour in der Ötztal Arena.
Wer Zeit hat und ungestresst angereist ist, genießt die Tage vor dem Ötztaler Radmarathon bei diversen offiziellen und inoffiziellen Rahmenveranstaltungen. Samstag zum Beispiel trifft man das halbe Teilnehmerfeld am Rennrad bummelnd hinein/ nach Vent oder von dort wieder retour. Locker, plaudernd und voller Träume. Mich trifft man am Freitag Vormittag am Weg zum Timmelsjoch und am Nachmittag im Ice Q am Gaislachkogel. Für Besuche in den diversen von der Sonne geküssten Kaffeehäusern im Ort selber, empfehle ich Platzreservierungen. Handtücher dafür gibt es im Hotel (Achtung: Satire!). Zum Abholen der Startnummer vermeidet die Stoßzeiten. Das ist vor allem am Samstag Nachmittag. Da geht es oft zu wie zur besten Rush-Hour in der Großstadt. Eine weitere Empfehlung ist das Aqua Dome in Längenfeld. Fahrerbesprechung, die Expo und ein Kaiserschmarrn ein weiteres Muss.
Nutzt auch diese „freie“ Zeit, um euer Material zu checken. Freitag und Samstag ist noch genügend Zeit für einen neuen Schlauch, einen neuen Mantel, eine neue Kette, ein sauberes Lenkerband, Umwerfer, Schaltwerk, Bremshebel, Sattelstütze, eine stabile Trinkflasche, Überschuhe, Ärmlinge, Beinlinge. Zum Beispiel in der Sporthütte Fiegl. Für den Fall, dass ihr letztere vergessen habt. Ich nehme sicherheitshalber ein paar mehr mit.
Das Rennen: Einzelzeitfahren mit Massenstart.
Der Ötztaler Radmarathon ist schnell erklärt. Ein Einzelzeitfahren mit Massenstart. Spätestens ab dem Jaufenpass ist jeder auf sich allein gestellt und fährt sein Rennen. Wer noch genug Kraftreserven hat ein schnelles, die anderen ein etwas längeres. Es bringt also nichts nach Ötz hinaus die Sau rauszulassen. Man gefährdet das eigene und das Rennen der anderen. Das gilt auch für die Abfahrt vom Kühtai. Und hinauf aufs Kühtai hat noch niemand den Ötztaler Radmarathon gewonnen. Nicht einmal Paul Lindner in seinen besten Zeiten. Mit den Kräften haushalten. Den eigenen Rhythmus fahren und nicht den, des Überholenden. Ich kann ein Lied davon singen. In Ötz, Kühtai, Innsbruck und am Brenner jedes mal deutlich unter Plan. Am Jaufen knapp noch im Plan und am Timmelsjoch elendig gestorben. Bis dahin hatte ich aber meinen Spass. Jedes Mal.
Iss oder stirb.
Das anstrengendste beim Ötztaler Radmarathon ist das Essen. Vor dem Rennen und im Rennen selber. Der Kaiserschmarrn bei der Pasta Party ist zu verlockend. Die verschiedenen Nudelgerichte auch. Und auf einen Teller passt so viel drauf. Dann noch die guten Mehlspeisen. Hier gilt es: Hände weg von Experimenten. Auch unterwegs. Esset und trinket. Aber nur, was ihr kennt und wo ihr sicher seid, es auch zu vertragen. Das gilt für die feste und auch für die flüssige Nahrung. Wer zuviel isst, der verschenkt auch Energie. Denn der Körper muss das alles ja auch verdauen. Ich zwinge mich beim Ötztaler regelmäßig zu essen. In den Abfahrten. Mannerschnitten mag ich am liebsten. Und Nüsse. Jede 1 1/2 Stunden fülle ich meine Speicher neu. Auch mit Gel. Enervitene, welche ich noch vor Ort besorgen muss. Je flüssiger, desto besser. Das schont den Magen und wirft meinen Fettstoffwechsel nicht in schiefe Bahnen. Last Minute Tipp: Salztabletten mitnehmen. Helfen viel mehr als jeder Iso-Drink.
Kleider machen Leute. Und Gewicht.
Last Minute Tipps rund um die richtige Kleidung sind die heikelsten. Kälteempfindung ist eine subjektive Angelegenheit. Meine Devise lautet, lieber zu warm, als zu kalt. Was aber nicht heißt, dass ich mich jetzt für eine mehrtägige Radexpedition einkleiden werde. Am Vortag studiere ich das Wetter samt Regenradar und dann wird entschieden. Das vom Veranstalter angebotene Hinterlegungs-Servcie macht ja alles noch viel einfacher. In vier verschiedenen Beuteln kann man an vier verschiedenen Versorgungsstellen Kleidungsstücke und Verpflegung hinterlegen. Wenn es nicht regnen sollte, reichen mir Ärmlinge und eine Windweste für die Abfahrten. Für heuer schaut es einmal ganz gut aus. Ein Tipp noch: Falls ihr doch auf Expedition gehen wollt, dann entledigt euch eurer Kleider nicht gleich im Kreisverkehr von Ötz. Da ist so schon Stau genug, weil viele mit dem schwersten Gang in den Berg fahren.
Es gibt nur ein Ziel: Die Gesundheit.
Natürlich ist es jedem selbst zu überlassen, wie schnell er den Ötztaler Radmarathon beenden will. Und kann. Zeiten sind ja da, um ab und wann unterboten zu werden. Das will ich auch. Ohne aber dabei zu vergessen, dass das primäre Ziel die eigene Gesundheit sein muss. Es zahlt sich also nicht aus, für ein paar Minuten ein zu hohes Risiko einzugehen. Der Ötztaler Radmarathon fordert nicht nur die Beine, sondern auch das eigene Vermögen zu denken und zu reagieren. Bei Fortschreiten des Rennen sinkt auch die Konzentrationsfähigkeit. Passt einfach auf euch und die anderen ein klein wenig besser auf.
Schlau sein heißt übersetzt, hohe Gänge.
Wenn Zügeln die Kunst des Wartens ist, dann ist eine hohe Trittfrequenz die Kunst, im entscheidenden Moment zuzuschlagen. Idealerweise von St. Leonhard hinauf auf das Timmelsjoch. Hier schnell kurbelnd hochzukommen, das wär’s. Und das ist es. Genau hier herauf ist noch so viel drinnen. Wenn es die Kehren hinauf zum rettenden Tunnel geschmeidig läuft, dann ist das gut für die Psyche. Und gut für die angestrebte Endzeit. Das Timmelsjoch ist mehr Kopfsache. Glaubt es mir. Die Blicke jener, die erstmals oder wieder in der Schönau die letzten 11 Timmelsjoch-Kilometer in Gestalt einer sich aufstellenden Felswand sehen, sprechen Bände. Ich kann nur meinen Tipp wiederholen: Wer am Anfang etwas bremst, gibt am Ende mehr Gas.
Kette rechts und gute Beine allen Startern.
Zum Schluss noch ein letzter Tipp. Hört in euch hinein. Lasst euch von den vielen Tipps und Last Minute Tipps rundherum nicht verunsichern. Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist. Ihr habt euch so gut wie möglich auf diesen Tag vorbereitet. Ihr kennt euren Körper am besten und könnt jedes Signal auch richtig deuten. Genießt den Tag und freut euch auf alles was kommt. Es ist so oder so ein Geschenk. Ich bin mir sicher, das wird euer Tag.
ktrchts
[…] während des Ötztaler Radmarathons zu wenig auf meinen Natirum- und Salzhaushalt geachtet. Trotz Last-Minute-Tipps. Das sind jetzt keine Ausreden. Nur Vermutungen. Möglicherweise aber Ursachen. Eine letzte […]
[…] ist nicht alles schon über Tipps und Tricks zum erfolgreichen finishen geschrieben worden. Tipps, die begehrte […]