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Der Ötztaler Radmarathon 2024

Der Ötztaler Radmarathon 2024

Eigentlich wollte ich in den Tiefen meines Kellers graben, um alle Finisher Trikots des Ötztaler Radmarathons vom Staub und den Motten zu befreien. Dazu bin ich noch nicht gekommen. Ich habe nämlich ein großes persönliches Interesse herauszufinden, wie oft ich bisher tatsächlich beim Ötztaler Radmarathon am Start gewesen bin. Die Rechnung mit dem Erinnern und Aufzählen geht nicht auf. Wahrscheinlich die Rechnung mit den Finisher Trikots auch nicht. Denn ich kann mich leider nicht mehr erinnern, ob solche damals Ende der 90er Jahre schon vergeben wurden. Ich weiß nur, dass ich mindestens zweimal von Steinach am Brenner aus, den Ötztaler Radmarathon in Angriff genommen habe. Digitale Statistiken sind wohl auch schwer zu finden. In den 2000er Jahren war ich regelmäßig dabei. Auch bei den Sauwetter-Editionen 2003 und 2013. Egal. Der Ötztaler Radmarathon 2024 sollte (dürfte) meine 19. Teilnahme gewesen sein. Und alles kam so, wie von mir nicht geplant. Weil ich nie einen Plan habe.

Das Rennen Anfang September – back to the roots.

Was gab es im vergangenen Jahr für ein Tohuwabohu! Einen Ötztaler Radmarathon Anfang Juli. Ein neuer Termin. Gekommen, um gleich wieder zu gehen. Zu heiß und zu früh. Das wohl gängigste Resümee der Teilnehmer. Der Ötztaler Radmarathon 2024 bekam dann doch wieder seinen traditionellen Platz am Ende des Sommers. Oder zu Beginn des Herbstes. Zu spät und vielleicht zu kalt. Die Angst vieler konnte man Wochen und Tage in den diversen Foren spüren. Eines vorweg – das Wetter hat gepasst. Bis auf den obligaten Regenguss am Timmelsjoch und hinunter nach Sölden, einfach perfekt. Die Frage, was wäre gewesen, wenn wir den aktuellen Wetterumschwung gehabt hätten (Schnee sogar in Sölden möglich), stellt sich nicht. Aber es wäre interessant zu wissen, was dann passiert wäre.

Fakt ist. 12 Grad zum Start, dann gutes Wetter und nicht allzu heiß (Ausnahme St. Leonhard – Anmerkung: War es in St. Leonhard jemals kühl?) und ein mächtiger Regenguss zwischen 15 und 16 Uhr rund um Sölden. Viel Vorsicht umsonst. Ein Durchfahren ohne Windweste und Ärmlinge vom Start weg wäre machbar gewesen. Auch wenn das Kälteempfinden eine subjektive Wahrnehmung ist.

Die üblichen Verdächtigen: Küthai, Brenner, Jaufen und Timmelsjoch.

Bei jeder Teilnahme überlege ich mir schon während der Fahrt, worüber ich einen Beitrag schreiben könnte. Einige Erlebnisse, wandle ich dabei beim Fahren schnell in Überschriften und Absätze um. Leider vergesse ich diese ziemlich rasch, denn erleben kann man beim Ötztaler Radmarathon einiges. Mir wurde heuer beispielsweise live Übertragungszeit geschenkt. Ein Interview mit Christoph Sumann am Küthai und zwei Einblendungen während der Übertragung haben mir die Möglichkeit gegeben, zwei ans Herz gewachsene Begleiter (My Esel und BlacksheepEyewear) als Produkt zu platzieren. Dass ich beim Ötztaler Radmarathon einen Prototyp am Kopf getragen habe, hätte nicht besser inszeniert werden können.

Wie ich schon des Öfteren erwähnt und geschrieben habe, verlaufen beim Ötztaler Radmarathon in etwa 100 Kilometer bergab. Das kam mir auch dieses Mal sehr entgegen. Mit etwas überhöhtem Systemgewicht habe ich die Bergauf-Passagen weniger interessant empfunden. Die Abfahrten dagegen umso mehr. PR auf allen Abschnitten und Segmenten. Erstaunlicherweise auch den gesamten Teilabschnitt Küthai Passhöhe – Brenner. Liegt wohl an der großen Gruppe von Kematen bis zur Labe am Brenner. Die 105,5 km/h in der Abfahrt vom Küthai eventuell auch.

Mein Ötztaler Radmarathon kann wie folgt zusammengefasst werden: Abfahrt nach Ötz kontrolliert (samt Plauderei mit Thomas Dressen), Anstieg zum Küthai dosiert, Downhill nach Kematen teleportiert, längster Anstieg zum Brenner übertrainiert, Schuss nach Sterzing motiviert, hinauf zum Jaufenpass stimuliert, kurvenreich nach St. Leonhard in Passeier frustriert, erster Teil Timmelsjoch bis Moos kollabiert, zweiter Teil Timmelsjoch bis Schönau paralysiert, ab Schönau nach ein paar (vielen) Schweden Tabletten revitalisiert, auf der Passhöhe reinkarniert und die Abfahrt nach Sölden unkontrolliert auf nasser Fahrbahn. Alles in allem ein lustiger, wenn auch langer Tag am Rad.

Viel Geld für noch mehr Leid.

Allen, die das Ziel erreicht haben, ein Chapeau aus tiefstem Herzen. Von den ersten bis zu den Nachzüglern. Speziell jenen, die sich mit letzter Kraft das Timmelsjoch hochgeschraubt und dann hinuntertreiben haben lassen. Sie sind die wahren Helden dieser Veranstaltung. Wie Anton Palzer passend gesagt hat: 13 Stunden leidend Rennrad fahren und dafür auch noch bezahlen. Chapeau, natürlich auch jenen, die irgendwo entlang der Strecke nicht mehr weiter konnten oder durften. Ja, die Zeitlimits sind brutal. Speziell jenes am Jaufenpass. Hier glaubt jeder, es noch schaffen zu können. Aber der Rennleiter 3 ist oben am Pass ohne Erbarmen. Um 1430 Uhr ist hier Ende. Kopf hoch. Dankbar sein für die Erfahrung, daraus lernen und schnell einen neuen Anlauf nehmen.

Rennradfahrer sind echte Schweine.

Kommen wir aber jetzt zu den Schattenseiten des Ötztaler Radmarathons – das Littering. Man muss schon ein echtes Schweinderl sein, um den Müll einfach auf die Straße oder den Straßenrand zu werfen. Und das, obwohl beim Fahrerbriefing explizit darauf hingewiesen wurde. “Das Wegwerfen von Müll ist außerhalb der dafür vorgesehenen Zonen verboten und wird mit einem Ausschluss aus dem Rennen geahndet.” Und was machen wir (einige von uns)? Werfen den Müll einfach weg. Gels, alte Kleidung, Trinkflaschen … Sogar live im TV bei der Übertragung. Ein Führender wirft beim Anstieg zum Küthai seine Flasche weg. Ungeniert. Verkorkste Kinderstube würde ich sagen (um politisch korrekt zu bleiben – mir würden ganz andere Sachen dazu einfallen). Absichtlich die Natur verschandeln. Dummheit, die jemand anderer ausmerzen muss. Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Traurig.

Da war auch noch eine Dame hinauf aufs Küthai. Wirft die einfach ihr Gel weg. Obwohl ein hinter ihr fahrender sie darauf aufmerksam macht, fährt sie mir nichts, dir nichts einfach weiter. Arroganz auf zwei Rädern. Ich (ja ich!) bin am Brenner sogar nach dem Pinkeln zurückgefahren, um meinen Müll in die nicht übersehbare Tonne bei der Labestation einzuwerfen. Aus meiner Sicht gehört da viel mehr Härte seitens der Veranstalter. Mit Eigenverantwortung kommt man nicht weit – so ist der Mensch. So sind auch die RadfahrerInnen.

Kein Rennen, wie jedes andere.

Der Ötztaler Radmarathon 2024 war wieder einmal kein Rennen wie jedes andere. Das kann der Ötztaler Radmarathon nicht. Und will es auch nicht. Man spürt das Spezielle an jedem Eck und sieht dies auch jedem Gesicht an. Von den TeilnehmerInnen, über die HelferInnen, die Damen und Herren auf der Expo und auch in den Unterkünften. Der Ötztaler Radmarathon fesselt dich schon Monate davor und lässt dich Wochen danach immer noch nicht los. Schon jetzt wird darüber diskutiert, wie das Wetter am 31. August 2025 sein könnte. So etwas kann nur der Ötztaler Radmarathon. Zurecht.

Es ist diese Wärme, die man als TeilnehmerIn empfängt. Auch an der Strecke. Vom Start weg über die vielen Hotspots entlang der 227 Kilometer. Beste Stimmung und Unterstützung für alle. Das ist der Spirit des Ötztaler Radmarathons.

Und dann kommen noch die vielen BegleiterInnen, die ein ganzes Jahr die Launen der Partnerin oder des Partners ertragen müssen und mit ihnen sogar nach Sölden fahren dürfen (müssen?). Respekt und Danke. Für eure Zeit, eure Geduld, eure Aufopferung. Der Ötztaler Radmarathon ist ein teures Hobby. Eines, das jede Beziehung, wenn nicht beide vom Ötzi-Virus infiziert sind, schwer auf die Probe stellt und das ganze Familienleben rundherum organisiert. Das muss auch einmal gesagt und festgehalten werden. Für den Ötztaler Radmarathon lebt man ein ganzes Jahr lang. Vielleicht sogar ein Leben lang.

Ungewisse Zukunft – dasselbe Procedere.

Der 44. Ötztaler Radmarathon im nächsten Jahr, wirft jetzt schon seine Schatten voraus. Die Zukunft der heimlichen Weltmeisterschaft für HobbyfahrerInnen ist noch offen. Aufgrund der Baustelle auf der Brennerautobahn (Luegbrücke) gibt es derzeit noch keine Genehmigungen. Das OK-Team rund um Heike Klotz und Dominic Kuen haben alle Hände voll zu tun, das Event zu sichern, um am 31. August 2024 über 4.000 TeilnehmerInnen erneut auf Traumfang zu schicken. Auch wenn die Zukunft (noch) ungewiss ist – das Procedere ist dasselbe. Träumen, anmelden, Startplatz sichern, Familie informieren, trainieren, kalte Füße bekommen und dann einfach in die Pedale treten, um sein persönliches Ziel zu erreichen. Als Belohnung wartet die schönste Rechtskurve der Welt. Jene von der Dorfstraße direkt vor die Ötztal Arena. Hier gibt es den Lohn für alle Strapazen.

Cristian G.
#ktrchts

PS: Sollte die Gesundheit und die Glücksfee mitspielen, wäre 2025 meine 20. Teilnahme. Den Rekord hält Martin Strobl (heuer 79 in einer Zeit von 11 1/2 Stunden) mit 34 Teilnahmen. Jetzt habe auch ich einen Traum.

Ein paar Ideen für 2025.

Viel wurde heuer über zwei Themen diskutiert. Die über Nachhaltigkeit und über die Frauen vor den Vorhang. Beide Themen gehören noch stärker inszeniert. Frau eine andersfarbige Startnummer zu geben, ist zu wenig.

Ich wünsche mir einen eigenen Startblock für Frauen. Für jene, die nicht vorne starten dürfen (!) und nicht weit hinten starten wollen. (weil zB. der Partner/die Partnerin mitfahrt). Ein eigener Bereich vor dem 2. Startblock zum Beispiel. Mit Zugang von vorne. So hätten die Damen auch das Privileg, später an den Start gehen zu müssen. Wenn es dann noch im Zielbereich einen “Womans only” Bereich geben würde, mit speziellen Services für Frauen, umso besser.

Und wer bei der Abholung der Startnummer ein gültiges Zugticket vorlegen kann, soll auch Vorteile haben. Ich denke da auch einen vorderen Startblock.

Was meint ihr dazu?

Danke Ötztaler Radmarathon. Einmal und immer wieder.

Ötztaler Radmarathon

Endlich ist die Mautstelle erreicht. Die letzte Hürde ist geschafft. Das Ziel in Sölden nur mehr wenige Kilometer entfernt. Noch einmal klein machen, ducken und laufen lassen. Aber Achtung. Die Straße ist nass. Die Kurven rutschig. Immer wieder verlege ich meine Bremspunkte in den Kehren auf die wenigen trockenen Stellen. Hier noch abzufliegen, wäre eine absolute Dummheit. Es ist erstaunlich, wie gut die Beine auf einmal wieder laufen. Alle Schmerzen lösen sich auf. Der Druck auf die Pedale katapultiert mich und den Rennesel nach vorne. Sölden zieht mich magisch an. Ein Solo wird vorbereitet. Ruhm und Ehre im Ziel wollen allein genossen werden. Der Windschatten wird negiert. Nix da. Lutschen verboten. Gegenwind? Egal. Vollgas. Unterlenker. Finisher kommen mir entgehen. Menschen entlang der Straße applaudieren. Vorgeschmack auf die Einfahrt ins Ziel. Noch eine letzte Kurve. Die Zeitmatte wird überfahren. Offizielles Ende. Jetzt kommt die Kür. Ab durch den RedBull-Bogen hinein in die Menge. Zum Schluss noch irgendwas für Publikum. Genau „the Dab“ und aus. Danke Ötztaler Radmarathon. Ich bin dein Finisher.

Ötztaler Radmarathon Timmelsjoch
Super Tuck.

Ötztaler Leiden.

Zigfaches Finish. Solide und routinemäßig. Doch es wird von Jahr zu Jahr nicht einfacher. Zumindest für mich. Die Guillotine am Jaufenpass rückt immer näher. Der Spielraum wird jedes Mal enger. Das Zeitlimit ist greifbar nahe. Der Blick auf die Zwischenzeiten der letzten Jahre zeigt es schwarz auf weiß. Und das ist nicht nur den Umleitungen zu schulden. Die Zeit zehrt. Das Alter nagt. Das Gewicht bremst. Mein Gott war ich früher jung. Schnell. Und vor allem leichter. Danke Ötztaler Radmarathon, dass du mir deinen Spiegel vorhältst.

Ötztaler Übersetzungen.

Die Technik ist ein Hund. Meinen ersten Ötztaler bin ich noch mit Heldenkurbel 39/23 gekrochen. Heute reicht meine 36/32 nicht mehr aus, halbwegs schnell kurbelnd über die Berge zu kommen. Ich plagte mich und muckste mich irgendwie nach oben. Meine Stehzeiten sind nicht jene an den Labestationen. Es sind viel mehr die Versuche, in den steilsten Passagen nicht vom Rennrad zu fallen und von der Physik besiegt zu werden. Beim Anblick der leichtfüßig kletternden MitstreiterInnen weichte die anfängliche Anerkennung purem Neid, je fortgeschrittener der Radmarathon war. Wie wär’s mit einer 34/34 beim nächsten Mal?

Ötztaler Linien.

RadfahrerInnen sind gute Zeichner. Das erkennt man an den Linien, die bergab in den vielen Kurven gezirkelt werden. Teilweise. Die Kehren sind aber auch ein Tohuwabohu. Der Ötztaler Radmarathon ist nicht nur Bergfahren. Um in den Steigungen nicht zu sterben, muss man zuerst einmal die gut 100 Kilometer Abfahrten überleben. Mitten in der Meute. Wo Einlenken, Steuern und Antreten in Kurven und aus diesen nicht immer im Einklang und stilistisch einwandfrei aufeinanderfolgen. RadfahrerInnen sind nicht alle gute ZeichnerInnen. Einige mit großem Faible zu abstrakter Kunst und Linieninterpretation.

Hold the line.

Ötztaler Strategien.

Überleben. Nachdem ich es 2021 vergeigt hatte, war die Strategie für 2022 das nackte Überleben. Einfach ins Ziel kommen und in die Geschichtsbücher eingehen. Siehe letzter Punkt. Natürlich habe ich mich die Tage zuvor mit Pansy’s Marschtabelle beschäftigt und mich so “ehrlich” wie möglich einer magischen Zielzeit zu nähern. Die zusätzlichen Kilometer und Höhenmeter der Ausgabe 2022 haben daraus aber reine und unnötige Spekulation gemacht. Danke Ötztaler Radmarathon, dass du kaum Strategien zulässt und immer einen Plan B, C, D … verlangst.

Schön auch, dass ich die Kraft gefunden habe, auch mehrmals stehenzubleiben und die Landschaft zu streamen. Man wird im Alter nicht schneller, aber klüger auf der Suche nach Ausreden, nicht mehr weiterfahren zu wollen, um eine Pause einzulegen.

Ötztaler Wetter.

Wie das Wetter werden sollte, das hatte bis zuletzt niemand gewusst. Am Ende war es aber gar nicht so schlecht, wie letztendlich vorausgesagt. Trotzdem war das Wetter am Renntag wie immer schlechter als die Tage zuvor und am Montag danach. Typisch und wie bestellt (verflucht). Dass es in der Früh Richtung Ötz trocken war, kann als Vorteil gewertet werden. Auch wenn bei nasser Fahrbahn viel mehr Vorsicht das Feld begleitet hätte. Bis Ötz war ich auf jeden Fall weder zu warm angezogen, noch musste ich frieren. Perfekt. Bis in den Anstieg zum Kühtai. Hier hat sich die Wärme zuerst und dann die Hitze an meinem Körper gestaut. Zum Leidwesen meines Flüssigkeitshaushaltes.

Kalt, warm, heiß. Danke Ötztaler Radmarathon, dass du so unberechenbar bist. Dass du den Geist forderst und Entscheidungen verlangst, die ich so nie treffen kann. Weil ich einfach nicht frieren will.

Kalt, warm, heiß … Ötztaler Wetter.

Ötztaler Weisheiten.

Immer kommt es anders als man denkt. Das ist eine ganz spezielle Weisheit beim Ötztaler Radmarathon. Diesmal durfte ich das am Weg zum Brenner erleben. Ich hatte mir vorgenommen, hier nicht zu übertreiben. Das mache ich üblicherweise. Gruppe um Gruppe ließ ich vorbeiziehen. Auch den Organisator des Istria 300. Statt weiter mit ihm zu plaudern. Mein Puls war zu hoch, meine Leistung zu niedrig. Keine gute Kombination. Irgendwas passte zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr). Eine unerwartete Systemstörung. Ich musste unter der Europabrücke brutal anhalten. 155 Pulsschläge im Stehen? Und es wurde nicht besser. Brauchte über 10 Minuten für ein Systemreset. Bis ich mich wieder auf den Weg machte, war das halbe Feld vorbeigerauscht. Richtung Brenner war ich dann meine eigene schnelle Gruppe. Einsam und langsam.

Ötztaler Emotionen.

Es sind immer wenige Sekunden. Ganz kurze Augenblicke. Jene Momente, die mich beim Ötztaler Radmarathon für alles entschädigen. Wahrscheinlich spreche ich da für viele. Diese Momente brennen sich ein. Sie gehen mir tief unter die Haut. Sie können sogar Tränen auslösen. Und tun es auch. Emotionen, die nur der Ötztaler Radmarathon hervorzaubern kann. Den Ötztaler Radmarathon fährt man nicht. Man spürt ihn. Er fesselt dich und lässt dich erst Tage später wieder los. Danke Ötztaler Radmarathon. Einmal und immer wieder.

Ötztaler Gänsehaut.

Ötztaler Regeln.

Die einzige Regel, die auf den Ötztaler Radmarathon zutrifft, ist, dass er sich an keine Regeln hält. Noch schlimmer. Er macht seine eigenen Regeln. Heuer neu eine Section Control und eine neutralisierte Zone am Radweg nach der Labe am Brenner. Mit all den damit zusammenhängenden Verboten. Kein Pinkeln, kein Stehenbleiben, keine Pausen, maximal 25 km/h. Ich habe mich daran gehalten (Durchschnittsgeschwindigkeit in diesem Segment 18,7 km/h). Andere weniger. Viel weniger. Viel Platz für Diskussionen gab es auf dem sehr engen Fahrstreifen sowieso nicht.

Eine weitere Regel ist, dass kein Müll weggeworfen werden soll (darf). Nur in den eigens dafür gekennzeichneten Zonen. Das Ende der Wegwerfzone, dürfte vielen nicht einen Hauch von Interesse abgewonnen haben. RadfahrerInnen sind Schweinderln. Leider.

Ötztaler Premieren.

Als erster Mensch überhaupt habe ich den Ötztaler Radmarathon auf einem Rennesel beendet. Mein Rennrad aus Holz verleiht mir diesen Eintrag in die Geschichtsbücher. Es war hart, es war härter und es war einfach Ötztaler Radmarathon.

Danke Ötztaler Radmarathon. Für all diese und jenes. Du gibst mir die Motivation, Jahr für Jahr an mich zu glauben. Solange ich dich schaffe, gehöre ich nicht zum alten Eisen. Ich komme wieder. 9. Juli 2023. Sei mir gnädig.

#ktrchts

Ötztaler Radmarathon 2022.

Ötztaler Radmarathon

Sag zum Abschied leise “Servus”. Der Ötztaler Radmarathon 2022 findet zum letzten Mal Ende August statt. Er verlässt den Pflichttermin für das alljährliche Familienfest im Ötztal. Bis auf ein paar wenigen Ausnahmen, so wie 2017, war der letzte Sonntag im August für viele RadsportlerInnen das Highlight ihres Radsommers. Und für das Wetter war Ende August die beste Gelegenheit, sich in und rund um Sölden vom Sommer- auf den Wintermodus umzustellen. Noch kann keiner genau sagen, was sich der Wettergott dieses Jahr einfallen hat lassen. Eines ist aber bestimmt. Der 28. August 2022 wird mit oder ohne Regen, Schnee und Hitze in die Geschichte eingehen. Es wird jener Tag sein, an dem wir uns alle zurückerinnern werden. Damals werden wir sagen. Damals wussten wir, dass es in der Höhe schneien würde. Dass alle Regenjacken im Ötztal vergriffen sein werden, die Expo laut “Sold Out” schreien würde für alles, was irgendwie mit Gore-Tex zu tun habe. Und eine Wetterfee nach der anderen, die Apokalypse bekannt geben musste. Wetterwarnungen vom Veranstalter inklusive. All das wussten wir im Voraus. 2023 wird alles gleich sein. Nur eben anders.

© Ötztal Tourismus/Fotograf Jürgen Skarwan

Das Wetter wird gleich sein. Nur anders.

Hochalpine Freiluftveranstaltungen bergen ein gewisses Risiko. Man kann sich dabei nie sicher sein. Das macht die Sache spannend bis zum Startschuss. Nicht nur im August. Womöglich, nein, ganz sicher auch Anfang Juli im nächsten Jahr. Der Reiz ist diese Ungewissheit und diese Ungewissheit reizt. Nein, sie triggert. Jahr für Jahr. Man will den Epos, scheut aber, Teil davon zu sein. Alle jene, die 2003 gestartet sind und all jene, die 2013 gelitten haben, wissen ein Lied davon zu singen. Auch wenn der Ötztaler Radmarathon Jahr für Jahr seine eigene Geschichte schreibt, diese zwei Jahre waren episch und kaum zu überbieten. Wenn, ja wenn nicht ein Jahrhundertwinter bevorsteht und das Timmelsjoch Anfang Juli noch im Restschnee versinkt. Dann wird ein ganz neues Kapitel geschrieben. Vom Mythos, von den Helden, von den Sonntagen Ende August, als es eigentlich doch ganz angenehm war.

Wir können es drehen und wenden wie wir wollen. Zu heiß, zu kühl, zu kalt, zu trocken, zu nass, zu lang und zu steil. Wir alle wissen, dass der Ötztaler Radmarathon kein Kindergeburtstag ist. Treten freiwillig an, um uns zu quälen. Haben es stets selbst in der Hand. Jede Entscheidung ist unsere eigene. Und doch suchen wir immer einen Schuldigen. Das Wetter, der Monat, die Umleitung … um nur ein paar zu nennen. Von den individuellen Ausreden und Missgeschicken wollen wir gar nicht anfangen. Dasselbe gilt für die Höhenmeter. Einmal sind es zu viele, dann wieder zu wenige. Heuer beispielsweise sind es auch wieder etwas mehr. Als erhofft.

© Ötztal Tourismus/Fotograf Rudi Wyhlidal

Der Mythos Ötztaler Radmarathon lebt.

Der Ötztaler Radmarathon wäre kein Mythos, gäbe es nicht das jährliche Murmeltier, das uns alle grüßt. Nicht nur zum Thema Wetter. Denn auch die Strecke wird schön langsam zur Diva, die gerne überrascht und sich nicht festlegen will. War es im letzten Jahr das Sattele, so beschert der Ötztaler Radmarathon 2022 allen TeilnehmerInnen gleich drei Umleitungen. Eine für immer (sofern es das gibt) und zwei temporäre. Im Sellrain schenkt eine Baustelle allen StarterInnen 5,7 Mehrkilometer und 182 Mehrhöhenmeter, die Umleitung am Brenner ist nicht der Rede wert und in Sterzing gibt es bei fast identer Streckenlänge jedoch noch einmal 111 Höhenmeter obendrauf. Das macht 2022 fast tatsächliche 5.500 Höhenmeter über die gesamte Strecke. Der Mythos lebt, denn obwohl es auf jeder offiziellen Ausschreibung steht, verursachen diese 5.500 Höhenmeter wieder einmal Chaos. Wir wollen die 5.500 Höhenmeter und prahlen damit. Fahren will sie aber niemand. So wie letztes Jahr war und so wie es die nächsten Jahre sein werden. Mitsamt dem Wetter. Warum eigentlich?

Eine Frage, die sich wohl kaum beantworten lässt. Mythen sind Mythen. Und der Ötztaler Radmarathon ist eben kein gewöhnlicher Radmarathon. Er fesselt dich, er verschlingt dich und spukt dich erst wieder aus, wenn du deine Leidensfähigkeit unter Beweis gestellt hast. Dann, wenn du am Timmelsjoch den rettenden Tunnel erreichst hast. Dich dann noch zur Passhöhe quälen konntest und mit den letzten Konzentrationstropfen die Abfahrt zum Gegenanstieg zur Mautstation überlebt hast. Diesen anschließend, egal wie, noch hochkommst, um dich dann frisch wie schon lange nicht mehr, mit den letzten freigewordenen Kräften im freien Fall nach Sölden hinunterwirfst.

Augen zu und durch, hinauf und hinunter.

Jeder Kilometer des Ötztaler Radmarathon ist es wert. Und wenn es mehr sind, gibt es eben mehr Kilometer zum selben Startgeld. Jeder Höhenmeter ist es auch wert. Und sind es mehr, dann hat man eben mehr davon zum selben Startgeld. Wenn das geklärt ist, dann können wir bitte wieder über das Wetter reden. Wie wird es am 28. August 2022 und vor allem am 9. Juli 2023?

#ktrchts

#ÖtztalerRadmarathon

40. Ötztaler Radmarathon. Jubiläum mit Hindernissen.

40. Ötztaler Radmarathon

Es ist wieder angerichtet. Das Ötztal ruft. Nach einem Jahr Pause findet in wenigen Tagen der Ötztaler Radmarathon statt. Zumindest darf man davon ausgehen. Die Pandemie schläft nicht und die Natur auch nicht. Ein Felssturz hat vergangenen Montag die Auffahrt zum Kühtai unpassierbar gemacht. Totale Straßensperre. Die gewohnte Ötzi-Strecke braucht eine Umleitung. Zwei Alternativen stehen zur Auswahl. Man kann 4.000 Teilnehmer*innen über das Inntal nach Innsbruck schicken oder sie über den Haimingerberg und den Silzer Sattel (das Sattele) Richtung Ochsengraben und dann weiter aufs Kühtai lotsen. Schon 1992 und 2002 war diese Routenführung Ersatzstrecke. Sie würde dem 40. Ötztaler Radmarathon wieder 10 Kilometer und ca. 300 Höhenmeter oben draufpacken. Damals wurde das aber nie und nimmer so kontrovers diskutiert wie heute in Zeiten, wo man gerne aus jeder noch so kleinen Mücke einen Elefanten macht. Auch in Radfahrerkreisen. Man hat anscheinend ja sonst keine Sorgen.

Endlich 238 Kilometer und 5.500 Höhenmeter.

Ganz egal was. Die Gesellschaft hat immer etwas zu meckern. Jetzt wo der Ötztaler Radmarathon durch die Umleitung endlich ehrliche 238 Kilometer und 5.500 Höhenmeter bekommt (sogar ein paar mehr), steht die Radfahrerwelt Kopf. Zu schwer, zu hoch, zu steil bei den einen, zu leicht bei den anderen. Der Haimingerberg wird zum Feinbild. Plötzlich sind angepeilte Bestzeiten in Gefahr oder Karenzzeiten zu knapp bemessen. Es werden Forderungen laut, früher starten zu dürfen und die Zeitlimits zu verlängern. Die vielen steilen Rampen (bis 14 %) würden Staus verursachen und so manchen zum Absteigen zwingen. Man kann in den Facebook-Gruppen einige solcher Absurditäten lesen.

Aber auch das Inntal bekommt sein Fett weg. Es sei zu gefährlich, 4.000 Starter*innen in einer Wurst nach Innsbruck zu schicken. Und außerdem wäre dann der Ötzi zu leicht, wenn einem das Kühtai abhandenkommen würde. All dies noch bevor seitens der Organisation ein Statement und eine offizielle Ersatzstrecke verlautbart wurde.

Ersatzstrecke Ötztaler Radmarathon

Jammern auf Rennradfahrer-Niveau.

Der 40. Ötztaler Radmarathon feiert wohl ein Jubiläum mit Hindernissen. Schade. Denn statt zu feiern und sich zu freuen, wird auf typischem Rennradfahrer-Niveau genörgelt. Das zeigt schon, wie verbissen manche in dieser Community sind. Nicht alle, das muss an dieser Stelle deutlich betont werden. Muss es wirklich immer nur um Bestzeiten gehen? Bestzeiten, die eine Straßensperre und die damit verbundene Umleitung möglicherweise verhindern werden. Aber auch das so wichtige Covid-Präventionskonzept wird vielen einen Strich durch die Bestzeiten-Rechnung machen. Zu lesen sind Beschwerden über Zeitverluste von fünf Minuten oder mehr pro Verpflegungsstelle, weil man sich eine Maske aufsetzen und sich einbahngeregelt und mit Abstand versorgen muss. Darüber hinaus, darf man das Rad nicht zur Essens- und Getränkeausgabe mitnehmen. Bei fünf Stopps sind das mindestens 25 Minuten, die man verliert. Verzweifelt werden in den Foren und Gruppen Möglichkeiten gesucht, sich da und dort bei “privaten” Verpflegungen anhängen zu können. Aufrufe dazu gibt es massenweise.

Auch der 40. Ötztaler Radmarathon ist eigentlich kein Rennen. Für einige wenige vielleicht. Sie fahren gegeneinander. Mit Taktik, Strategie und mit Unterstützung von außen. Meistens steht der Sieg im Vordergrund. Nicht die Bestzeit. Wenn der zweite nicht schnell genug ist, muss der Führende beispielsweise nicht Vollgas fahren. Logisch. Wichtig ist, vor allen anderen ins Ziel zu kommen. Dann dürfen sie und er im Rampenlicht stehen, um medial gefeiert zu werden. Das ist das erklärte Ziel der Gesellschaft, die egal wo, immer “Sieger*innen” sehen und küren möchte. Wie auch beim Ötztaler Radmarathon. Und der Rest? Der Rest kann kein Rennen fahren. Von den 4.000 Starter*innen haben 99 % keine Chance zu gewinnen. Sie fahren also um die goldene Ananas. Und das so, als ginge es um den Sieg. Bei Kilometer 15 liegen einige davon dann schon in den Leitplanken, zu Fall gebracht vom falschen Ehrgeiz.

99 % der Teilnehmer*innen haben keine Siegchance.

Es scheint als wären die “Chancenlosen” gestresster als jene, die nach Sölden kommen, um zu gewinnen. Logisch. Denn letztere haben es selbst in der Hand. Müssen es auch selbst in der Hand haben. Da ist das Wetter egal. Die Strecke sowieso. Wer gewinnen will, muss unter allen Umständen als erste*r die Ziellinie überqueren. Eine persönliche Bestzeit (das erklärte Ziel der Mehrheit aller Teilnehmer*innen) ist hingegen unter gewissen Umständen schwerer zu erreichen, als zu gewinnen. Da braucht es das perfekte Wetter, eine gute Gruppe, Windschatten, freien Zugang zu Kraftkugeln, Cola und Kuchen. So etwas hat man nicht immer selbst in der Hand. Das wurmt. Ist auch dumm und blöd. Deshalb macht einigen die Umleitung große Sorgen. Mehr Höhenmeter und mehr Kilometer. Dazu die pandemiebedingten Regeln. Als hätte man aktuell keine weiteren Sorgen. Man hadert mit dem Schicksal. Sieht sein Ziel schwinden. Macht andere schon im Vorfeld fürs Scheitern verantwortlich, obwohl weil man es selbst aus der Hand gibt.

Der Veranstalter organisiert jedes Jahr ein Top-Event. Das wird auch heuer so der Fall sein. Vor allem die für den Verkehr gesperrten Straßen (Brenner, Jaufenpass und Timmelsjoch) sind keine Selbstverständlichkeit. Dafür sollten und könnten wir dankbar sein. In diesem Sinne, allen eine gemütliche Runde über Brenner, Jaufenpass, Timmelsjoch und Kühtai. Fällt es aus, ist es auch egal. Bestzeiten werden sowieso überbewertet.

#ktrchts

PS: Welche Themen rund um den Ötztaler Radmarathon sonst noch heiß diskutiert werden, könnt ihr hier lesen. 40 Geschichten zum 40. Ötzi.

Ötztaler Radmarathon 2018. Countdown.

Ötztaler Radmarathon 2018

Der Samstag fällt ins Wasser. So wie der gestrige Freitag ins Wasser gefallen ist. Zum Glück war der Donnerstag Nachmittag halbwegs trocken, so dass eine kleine Trainingsfahrt auf den Spuren von James Bond 007 möglich war. Von Sölden über die Mautstraße hinauf bis zur Talstation des Rettenbachferners. 12 km mit über 10% Steigung. Im Schnitt. 7° oben. Immerhin plus. Ich musste hinauf. Es war ein letzter Test. Kein körperlicher. Diesen habe ich nicht Not. Spätestens nach dem Austria Race Across Burgenland vergangenen Sonntag weiß icht, dass meine Beine tot sind und ich wie jedes Jahr in einer beneidenswerten Überform zum Ötztaler Radmarathon 2018 angereist bin. Der Test galt dem Material. Ich starte in Sölden nämlich mit neuem Equipment.

Experimente kurz vor zwölf. Ich liebe das Risiko.

Never change a running system. Oder so ähnlich. Das ist was für Feiglinge. Das kann jeder. Ein gut funktionierendes System vier Tage vor dem Ötztaler Radmarathon zu ändern hingegen ist was für Dumme. Ok. Sagen wir Abenteurer. Experimente kurz vor zwölf. Ich liebe das Risiko. Deshalb habe ich mein Dienstfahrrad einem Update unterzogen. Erstmals in meinem Leben fahre ich hinten ein 32er Ritzel. Moment. Nein. Nicht ganz. Am Crosser habe ich auch ein 32er. Aber in Verbindung mit dem 42er Kettenblatt vorne. Das ist etwas ganz anderes. Oder zumindest nicht ähnlich.

Ötztaler Radmarathon 2018

Plötzlich 32.

Bei der Kassette handelt es sich um eine edco Monoblock 11-32. Nichts ungewöhnliches. Außer vielleicht das Gewicht. Das ist niedrig. In Verbindung aber mit dem kurzen Schaltkäfig der SRAM eTap (no Wifli) wird die Sache dann doch interessant. Weil das “offiziell” gar nicht möglich ist. Solange man nicht mit den richtigen Leuten spricht. Nach langem Diskutieren in der Gruppe “Rennrad”, Video Studium, Recherchieren und hundertausend Meinungen (die meisten haben mir abgeraten), hat mir Niki, die Kassette montiert und eingestellt. Ohne Kettenkürzung und ohne Schaltaugeverlängerung. Das Ergebnis: Es rollt. Ja, es rollt. Erstaunlich gut. Theoretisch und praktisch. Das hat der Test hinauf auf den Gletscher gezeigt. Ich musste nur behutsamer und bewusster schalten. Dass Groß-Groß dabei zu empfehlen ist, versteht sich von selbst.

Hier in Sölden bin ich auf Nummer sicher gegangen und habe mir alles auch von den Profis beim Mavic Stand hier auf der Expo anschauen lassen. “Très bien” und zehn große Augen, bestätigen mir. Ich kann’s probieren.

Ötztaler Radmarathon 2018. Wer bremst verliert.

Die fünf Männer in Mavic Schürzen habe mir auch die Bremsen eingestellt. Mit einer Schablone zwischen Bremsgummi und Carbon Bremsflanke wurde herumgeschraubt und alles millimetergenau fixiert. Wieder was gelernt. Denn wenige Minuten zuvor habe ich die edco Bremsbeläge vorne mit swisstop Yello King getauscht. Die Abfahrt vom Gletscher hatten die neuen edco Gummis etwas in Mitleidenschaft gezogen. Sie waren nämlich um ein paar Millimeter V-formig eingestellt. Das hat sie um ein halbes Leben verkürzt. Für mein subjektives Sicherheitsempfinden habe ich gerne ein paar Euros investiert. Beim Ötztaler Radmarathon 2018 heißt es wie immer: Wer bremst verliert.

Ötztaler Radmarathon 2018

Vorne swisstop – hinten edco.

Neu am Specialized Tarmac Dienstfahrrad sind auch die 28mm Carbonfelgen von edco. Modell Julier. Clincher mit Carbonflanken. Eine Augenweide. Mit viel Liebe zum Detail. Ich mag die Schweizer Flagge auf dem Schnellspanner und an den Flanken. Die Benutzung ist ein Sprung ist kalte Wasser. Kaltes Ötztaler Regenwasser. Gute 100 km Abfahrt warten am Sonntag. Teil Hochgewschwindigkeits-Abfahrten. Sicherheit geht vor. Und nichts geht über eine subjektive Sicherheit. Bei der Abfahrt vom Gletscher habe ich vorsichtshalber beim 85 km abgebremst. Mache ich normal nie. Noch fehlt das 100%ige Vertrauen.

Ötztaler Radmarathon 2018

edco Julier 28mm

Nicht ganz heldenhaft. Semi-Kompakt.

Warum ich kurzfristig auf das 32er Sicherheitsritzel wechseln wollte (musste), hängt auch damit zusammen, dass ich die Semi-Kompaktkurbel verwende. Nicht ganz heldenhaft. 52/36 sind mit 11-28 bei Übertraining kein Kindergeburtstag. Auch wenn ich 2011 meine Bestzeit beim Ötztaler Radmarathon mit 50/34 und 11-26 gefahren bin. Also eine viel niedrigere gear-ratio. Und die Erinnerungen an meine ersten “Ötzis” mit 53/39 und 11/23 lassen mich heute noch staunen.

Ötztaler Radmarathon

Nicht ganz heldenhaft – Semikompakt

Der Ötztaler Radmarathon 2018 ist bereits meine 12. Teilnahme. Noch 8x und ich gehöre in die Kategorie “Treuer Teilnehmer”. Das ist zwar ein Gerücht, aber Mythen leben davon. Ein Mythos ist der Ötztaler Radmarathon schon lange. Die Stimmung, die Spannung davor, während und danach elektrisierend und mitreißend. Nirgends wird so viel über das Wetter diskutiert und philosophiert. Sogar im Hitradio Ö3 widmet man sich dem Thema. Jeder Blick in die Gesichter der Teilnehmer spricht Bände und erzählt eine eigene Geschichte. Jahr für Jahr trifft man sich hier in Sölden in den verschiedenen Hotspots.

Das Leben hier ist schön. Wären da nicht 238 km und 5.500 Höhemeter dazwischen.

ktrchts

Last Minute Tipps zum Ötztaler Radmarathon

Last Minute Tipps

Rennwochenende. Noch ein paar Mal schlafen und der Wecker wird uns kommenden Sonntag zeitig in der Früh wecken. Es ist endlich Ötztaler Radmarathon Zeit. Für viele unter uns der Höhepunkt der Saison. Für die einen schon wieder, für andere zum allerersten Mal. Der Ötztaler Radmarathon ist und bleibt etwas ganz Besonderes. Da brauchen wir nicht lange herumreden. Organisation, Flair, Zuschauer, Strecke und das Wetter. Alles eigen. Die vielen Fragen in den diversen Facebook Gruppen und Foren zeigen, dass Frau und Mann sich schon sehr damit beschäftigen und der Tag X kein Tag wie jeder andere ist. Darum hier noch ein paar Last Minute Tipps, um die kommenden Nächte mehr als nur ein Auge zudrücken zu können.

Last Minute Tipps für den Ötztaler Radmarathon

Vom Training selber, die Anreise nach Sölden, die Tage zuvor, das Rennen im Detail, die Verpflegung rundherum, die Bekleidung, die Übersetzung, die Rennstrategie. Jedes dieser Themen würde einen eigenen Schwerpunkt verdienen. Aber in der letzten Woche vor dem Rennen ist es wohl zu spät damit. So wie es zu spät ist, jetzt noch für den Ötztaler zu trainieren.

Zügeln ist die Kunst des Wartens.

Klingt hart. Ist es auch. Wer es jetzt nicht drauf hat, wird wohl vergeblich nach der Form oder nach den fehlenden Watt suchen. Auch wenn wir Zweifel haben, genug getan zu haben. Das beste Ötztaler Training sind die 50 Wochen zuvor. Nicht die letzten 10 bis 14 Tage. Jetzt ist es viel wichtiger, den Körper die nötige Erholung zu geben. Und wenn ich das einmal behaupte, dann steckt viel Selbstkritik dahinter. Denn eine Regenerationswoche bzw. ein vernünftiges Tapering halte ich einfach nicht aus. Mein Motto ist “aus dem Training heraus”. Das geht gut. Selten – nein, eigentlich nie, ist das aber beim Ötztaler Radmarathon aufgegangen. Zügeln ist die Kunst des Wartens. Sich zurückhalten. Kurze und doch intensive Einheiten, halten den Körper auf Spannung und reizen die Muskeln. Es geht darum, Spritzigkeit zu gewinnen und das Verlangen nach Berge zu erhöhen.

Last Minute Tipps.

Allein in Gedanken.

Wer zuletzt kommt, hat kaum zu lachen.

Die Anreise nach Sölden ist und war für mich immer nur Stress. Entweder Freitag oder sogar erst Samstags bin ich recht gechillt von zu Hause weggefahren. Je näher Sölden kam, desto größer wurde das Kribbeln in mir. Habe ich dann noch beim Reinfahren ins Ötztal Rennradfahrer gesehen, war es aus mit dem gechillt sein. Ich muss auch. Ich will auch. Rennrad fahren! Die sind sonst besser. Davor aber noch das gebuchte Hotel suchen. Parkplatz finden. Einchecken. Rennrad zusammenbauen. Startunterlagen holen. Was? Die fahren alle mit Ärmlinge und Überschuhe! Ich habe keine Überschuhe mit. Wo ist das nächste Sportgeschäft. Und meine Gels brauche ich auch noch. Wo bitte kann ich hier in Sölden Enervit Gels kaufen?

Wer zuletzt kommt, hat kaum zu lachen. Mein Tipp: In Ruhe und rechtzeitig anreisen. Heuer insbesondere. Es gibt wegen des Pro Ötztaler 5500 einige Straßensperren am Freitag.

Last Minute Tipps

Die Traumseite des Timmelsjochs.

Rush Hour in der Ötztal Arena.

Wer Zeit hat und ungestresst angereist ist, genießt die Tage vor dem Ötztaler Radmarathon bei diversen offiziellen und inoffiziellen Rahmenveranstaltungen. Samstag zum Beispiel trifft man das halbe Teilnehmerfeld am Rennrad bummelnd hinein/ nach Vent oder von dort wieder retour. Locker, plaudernd und voller Träume. Mich trifft man am Freitag Vormittag am Weg zum Timmelsjoch und am Nachmittag im Ice Q am Gaislachkogel. Für Besuche in den diversen von der Sonne geküssten Kaffeehäusern im Ort selber, empfehle ich Platzreservierungen. Handtücher dafür gibt es im Hotel (Achtung: Satire!). Zum Abholen der Startnummer vermeidet die Stoßzeiten. Das ist vor allem am Samstag Nachmittag. Da geht es oft zu wie zur besten Rush-Hour in der Großstadt. Eine weitere Empfehlung ist das Aqua Dome in Längenfeld. Fahrerbesprechung, die Expo und ein Kaiserschmarrn ein weiteres Muss.

Nutzt auch diese “freie” Zeit, um euer Material zu checken. Freitag und Samstag ist noch genügend Zeit für einen neuen Schlauch, einen neuen Mantel, eine neue Kette, ein sauberes Lenkerband, Umwerfer, Schaltwerk, Bremshebel, Sattelstütze, eine stabile Trinkflasche, Überschuhe, Ärmlinge, Beinlinge. Zum Beispiel in der Sporthütte Fiegl. Für den Fall, dass ihr letztere vergessen habt. Ich nehme sicherheitshalber ein paar mehr mit.

Last Minute Tipps

Beinahe Kältetod.

Das Rennen: Einzelzeitfahren mit Massenstart.

Der Ötztaler Radmarathon ist schnell erklärt. Ein Einzelzeitfahren mit Massenstart. Spätestens ab dem Jaufenpass ist jeder auf sich allein gestellt und fährt sein Rennen. Wer noch genug Kraftreserven hat ein schnelles, die anderen ein etwas längeres. Es bringt also nichts nach Ötz hinaus die Sau rauszulassen. Man gefährdet das eigene und das Rennen der anderen. Das gilt auch für die Abfahrt vom Kühtai. Und hinauf aufs Kühtai hat noch niemand den Ötztaler Radmarathon gewonnen. Nicht einmal Paul Lindner in seinen besten Zeiten. Mit den Kräften haushalten. Den eigenen Rhythmus fahren und nicht den, des Überholenden. Ich kann ein Lied davon singen. In Ötz, Kühtai, Innsbruck und am Brenner jedes mal deutlich unter Plan. Am Jaufen knapp noch im Plan und am Timmelsjoch elendig gestorben. Bis dahin hatte ich aber meinen Spass. Jedes Mal.

Last Minute Tipps

2015 – der wärmste Ötztaler Radmarathon

Iss oder stirb.

Das anstrengendste beim Ötztaler Radmarathon ist das Essen. Vor dem Rennen und im Rennen selber. Der Kaiserschmarrn bei der Pasta Party ist zu verlockend. Die verschiedenen Nudelgerichte auch. Und auf einen Teller passt so viel drauf. Dann noch die guten Mehlspeisen. Hier gilt es: Hände weg von Experimenten. Auch unterwegs. Esset und trinket. Aber nur, was ihr kennt und wo ihr sicher seid, es auch zu vertragen. Das gilt für die feste und auch für die flüssige Nahrung. Wer zuviel isst, der verschenkt auch Energie. Denn der Körper muss das alles ja auch verdauen. Ich zwinge mich beim Ötztaler regelmäßig zu essen. In den Abfahrten. Mannerschnitten mag ich am liebsten. Und Nüsse. Jede 1 1/2 Stunden fülle ich meine Speicher neu. Auch mit Gel. Enervitene, welche ich noch vor Ort besorgen muss. Je flüssiger, desto besser. Das schont den Magen und wirft meinen Fettstoffwechsel nicht in schiefe Bahnen. Last Minute Tipp: Salztabletten mitnehmen. Helfen viel mehr als jeder Iso-Drink.

Last Minute Tipps

Gute Laune nach getaner Arbeit.

Kleider machen Leute. Und Gewicht.

Last Minute Tipps rund um die richtige Kleidung sind die heikelsten. Kälteempfindung ist eine subjektive Angelegenheit. Meine Devise lautet, lieber zu warm, als zu kalt. Was aber nicht heißt, dass ich mich jetzt für eine mehrtägige Radexpedition einkleiden werde. Am Vortag studiere ich das Wetter samt Regenradar und dann wird entschieden. Das vom Veranstalter angebotene Hinterlegungs-Servcie macht ja alles noch viel einfacher. In vier verschiedenen Beuteln kann man an vier verschiedenen Versorgungsstellen Kleidungsstücke und Verpflegung hinterlegen. Wenn es nicht regnen sollte, reichen mir Ärmlinge und eine Windweste für die Abfahrten. Für heuer schaut es einmal ganz gut aus. Ein Tipp noch: Falls ihr doch auf Expedition gehen wollt, dann entledigt euch eurer Kleider nicht gleich im Kreisverkehr von Ötz. Da ist so schon Stau genug, weil viele mit dem schwersten Gang in den Berg fahren.

Last Minute Tipps

Wie warm wird es 2017?

Es gibt nur ein Ziel: Die Gesundheit.

Natürlich ist es jedem selbst zu überlassen, wie schnell er den Ötztaler Radmarathon beenden will. Und kann. Zeiten sind ja da, um ab und wann unterboten zu werden. Das will ich auch. Ohne aber dabei zu vergessen, dass das primäre Ziel die eigene Gesundheit sein muss. Es zahlt sich also nicht aus, für ein paar Minuten ein zu hohes Risiko einzugehen. Der Ötztaler Radmarathon fordert nicht nur die Beine, sondern auch das eigene Vermögen zu denken und zu reagieren. Bei Fortschreiten des Rennen sinkt auch die Konzentrationsfähigkeit. Passt einfach auf euch und die anderen ein klein wenig besser auf.

Schlau sein heißt übersetzt, hohe Gänge.

Wenn Zügeln die Kunst des Wartens ist, dann ist eine hohe Trittfrequenz die Kunst, im entscheidenden Moment zuzuschlagen. Idealerweise von St. Leonhard hinauf auf das Timmelsjoch. Hier schnell kurbelnd hochzukommen, das wär’s. Und das ist es. Genau hier herauf ist noch so viel drinnen. Wenn es die Kehren hinauf zum rettenden Tunnel geschmeidig läuft, dann ist das gut für die Psyche. Und gut für die angestrebte Endzeit. Das Timmelsjoch ist mehr Kopfsache. Glaubt es mir. Die Blicke jener, die erstmals oder wieder in der Schönau die letzten 11 Timmelsjoch-Kilometer in Gestalt einer sich aufstellenden Felswand sehen, sprechen Bände. Ich kann nur meinen Tipp wiederholen: Wer am Anfang etwas bremst, gibt am Ende mehr Gas.

Kette rechts und gute Beine allen Startern.

Zum Schluss noch ein letzter Tipp. Hört in euch hinein. Lasst euch von den vielen Tipps und Last Minute Tipps rundherum nicht verunsichern. Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist. Ihr habt euch so gut wie möglich auf diesen Tag vorbereitet. Ihr kennt euren Körper am besten und könnt jedes Signal auch richtig deuten. Genießt den Tag und freut euch auf alles was kommt. Es ist so oder so ein Geschenk. Ich bin mir sicher, das wird euer Tag.

ktrchts

Ötztaler Radmarathon 2016. Der Ötzi-Dream ist geplatzt.

Ötztaler Radmarathon

Ich fasse mich kurz: Der Ötztaler Radmarathon 2016 findet ohne mich statt. War eh klar nach meiner Bruchlandung. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Das Wunder von Eisenstadt ist ausgeblieben. War ja auch nicht anders zu erwarten. Anatomisch wie auch physiologisch. Man hätte mich vielleicht aufs Rad heben können. Für die Ewigkeit.

Es ist also offiziell. Mein Ötzi-Dream ist geplatzt. Somit kann ich die zusammen mit quaeldich organisierte und betreute Rennradreise zum Ötztaler Radmarathon nicht beiwohnen. Zur Erinnerung: das Paket umfasste 5 Tage Vorbereitung im Juli und das Rennwochenende inkl. Startplatz und Ötzidreamer Radtrikot und -hose. Auf ein Neues 2017. Ich wünsche auf diesem Wege allen Teilnehmern, insbesonderes jenen unserer Rennradreise, alles Gute, viel Spass und gute Beine für das Rennen morgen. Ich? Ich werde vieles vermissen.

  • die Stufen rauf in die Tennishalle der Ötztal-Arena zur Startnummernabholung mit Gegenverkehr trotz Einbahnregelung
  • mein Startgeld – dieses gibt es nur bei Abschluss einer entsprechenden Stornoversicherung retour
  • den mehr als übervollen Teller Kaiserschmarrn samt Apfelmus, garniert mit Nudeln. Kaum vorstellbar, was auf einen einfachen Kartonteller so alles raufpasst. Und vor allem in welcher Kombination.
  • die Frage “Bist du den Ötzi schon mal gefahren”
  • den Italiener und seine Frau im bestens sortierten Ramsch-Standl der gesamten Expo. Kaum ein Jahr, in dem ich dort nichts gefunden und gekauft habe. Legendär die GSG-Neoprenüberschuhe. Schade dass diese nach 10 Jahren ihr Dasein aufgegeben haben.
  • den Wecker um 0400 Uhr, das frühe Frühstück, der Gang nach Außen zur Temperaturkontrolle, der Blick auf die Autodächer, um Ausschau nach Raureif zu halten
  • der doppelte bis dreifache Gang auf die Toilette nachdem die Entscheidung zum Rennoutfit gefallen und dieses im Schichtverfahren angezogen worden ist
  • das traumhafte Wetter. Als ich 2015 gemeint habe, dass ich solche Bedingungen nie mehr erleben werde, habe ich wohl bis heute Recht gehabt
  • das Vorschwindeln zum Start (mehr verrate ich nicht – das bleibt mein Geheimnis)
  • das Rauschen der Laufräder entlang der Ötztal-Bundesstraße von Sölden nach Ötz
  • das Krachen der Schaltungen am Anstieg ins Kühtai. 80% der Teilnehmer glauben nämlich mit Kette rechts rauf zu kommen.
  • der Sonnenaufgang im Ochsengarten. Dieser betont jeden Atemzug der vor dir Fahrenden noch deutlicher
  • die Stimmung kurz vor der Passhöhe mit dem Red-Bull DJ Fahrzeug. Tour de France feeling
  • die Kühe im Kühtai. Neben und auf der Straße.
  • der 100er runter Richtung Gries im Sellrain
  • die lutschenden Italiener von Kematen nach Innsbruck
  • das “ich darf nicht forcieren” hinauf auf den Brenner, um es dann doch zu tun. Weil es läuft
  • unsere eigene Labestation kurz vor dem Brenner
  • den wahren Ötztaler ab Kalch hinauf auf den Jaufenpass – hier fangen die Spiele erst an
  • den Jaufenpass. Eigentlich harmlos. Eigentlich.
  • den Blick der Teilnehmern beim Erreichen der Baumgrenze, wenn der Pass oben am Horizont schon zu sehen ist aber noch 3 1/2 km fehlen.
  • alle schönen und weniger schönen Gedanken bis dahin
  • ein größeres Ritzel hinten
  • zwei größere Ritzel hinten
  • die vielen Schlaglöcher in der Abfahrt nach St. Leonhard
  • die Mauer von St. Leonhard und ihre berüchtigten 40 Grad
  • die Stille hinauf nach Moss im Passeier
  • die noch größere Stille bis nach Schönau
  • das Schlangelinienfahren, um Meter und Höhenmeter zu machen
  • das Hadern mit dem Wetter. Zu warm oder zu kalt. Es ist hier nie optimal.
  • die Toten von Schönau
  • die letzten 10 km zum Timmelsjoch und ihre Dramen
  • den Ötzi-Dream am Timmelsjoch. Kaum ein Straßentransparent, das so viele Emotionen auslöst
  • der Fotograf in der Abfahrt zur Mautstelle. Hoffentlich erwischt er mich beim “froomen” mit über 100 km/h
  • der Gegenanstieg zu Mautstelle. Die längsten 200 Höhenmeter auf der gesamten Welt.
  • Hochgurgl, Obergurgl, Zwieselstein und die Mülldeponie von Sölden
  • die 1000m Marke
  • die applaudierende Menschenmenge
  • die Sprinter um die goldene Ananas
  • die Rechtskurve ins Ziel
  • das Ziel
  • das “nie mehr wieder”
  • die Stufen rauf in die Tennishalle der Ötztal-Arena zur Abhoung des Finisher-Trikots mit Gegenverkehr trotz Einbahnregelung
  • den mehr als übervollen Teller Kaiserschmarrn samt Apfelmus, garniert mit Nudeln. Kaum vorstellbar, was auf einen einfachen Kartonteller so alles raufpasst. Und vor allem in welcher Kombination
  • die Sauna und das Schwimmbad am Dach im DieBerge

Ötztaler Radmarathon. Ich vermisse dich.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#ötzidreamer #ketterechts

Vorbereitungswoche auf den Ötztaler Radmarathon. Der vierte Tag.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog
Die Gletscherstraße in Sölden – stairway to heaven

Sölden. 0830 Uhr. Die Sonne kitzelt bereits die westliche Flanke der Ötztaler Alpen. Giggjoch und Gaislachkogl brennen bereits im Sonnenlicht. Der tiefblaue Himmel lässt die Berge greifbar nahe erscheinen. Wir haben gerade unser Frühstück in den Verdauungsmodus geschickt und sitzen schon wieder am Rad. Der vierte Tag unserer Vorbereitungswoche auf den Ötztaler Radmarathon wartet mit einer Höhenmeterorgie auf. Der Menüplan gespickt mit Highlights wie die Gletscherstraße hinauf auf den Rettenbach- und Tiefenbachferner, ein Besuch in der Hotelretorte Hochsölden, ein Katzensprung nach Obergurgl sowie die Kletterei nach Hochgurgl und weiter auf das Timmelsjoch. Jeder Teilnehmer darf heute das Buffet plündern. All you can ride. Wir Guides stehen zur Verfügung und sind auf einen langen Tag eingestellt.

Pünktlich geht es los. Es ist kalt. Nur wenige haben sich für die Sommervariatne kurz/kurz entschieden. Windweste und Ärmlinge sind in der Mehrheit. Wir rollen durch Sölden und erreichen schnell die Abzweigung hinauf auf den Gletscher. 12 km und 14 km stehen zur Auswahl. Respektive Rettenachferner und Tiefenbachferner. Beide durch den Rosi Mittermaier Tunnel getrennt. 1,7 km hinauf auf 2.829 m über dem Meerespiegel. Der höchste Tunnel Europas und die höchste asphaltierte Straße der Alpen.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog

Schnell wird allen klar. Das kann heute heiß hergehen. Rasch sind Ärmlinge und Windweste in den Trikots verstaut und der Aufstieg beginnt. Wir unterqueren zuerst die Gaislachkoglbahn, dann die Doppelsesselbahn Mittelstation. Die Sonne heizt ein. 13% Steigung sind kein Honiglecken. Das Tempo deshalb moderat. Die Gruppe zerfällt. Jeder fährt sein eigenes Tempo. Kehre um Kehre schrauben wir uns nach oben und erreichen die Baumgrenze. Je höher wir kommen, desto imposanter wird der Ausblick. Auf die andere Talseite mit dem Söldenkogel und die Ausläufer der vergletscherten Stubaier Alpen. Immer wieder haben wie die Straße auf das Timmelsjoch mit dem berüchtigten Gegenanstieg zur Mautstelle im Visier. Bis wir im Rettenbachtal verschwinden und die Mautstelle erreichen. Wir sind bereits auf über 2.000 m.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog

Kinofreaks ist dieser Teil der Ötztaler Gletscherstraße aus dem Film Spectre mit Geheimagent 007 bekannt. Eine waghalsige Verfolgungsjagd wurde an dieser Stelle und im oben genannten Tunnel gedreht, bevor die Szene ins Lesachtal verfrachtet worden ist. Aber auch internationale Rundfahrten sind schon hier raufgefahren. Die Deutschlandrundfahrt und erst kürzlich die Schweiz Rundfahrt. Ungeachtet dessen kurbeln wir weiter nach oben und genießen die sich verändernde Landschaft.

Aus grün wird grau. In grau. Ab 2.300 Meter Höhe regieren nur mehr Geröll und Felsen. Kein Wunder. Warm ist es hier nicht mehr. Verschwitzt bis auf die letzte Lycra-Faser sind wir dem Gletscher bereits sehr nahe. Mit ständigem Blick auf den wieder belebten Garmin (der dritte Software Absturz innerhalb von einer Woche ist dank der Hilfe meiner Twitter Follower behoben) ist der Countdown auf die 2.600 Meter hoch gelegene Talstation im Gange. Die Gerade nach der allerletzten Kehre beträgt immerhin 2,4 km.

Bei der Abzweigung zum Tiefenbachgletscher bleibe ich rechts und fahre auf den Parkplatz der Skistation. Ich will auf gar keinem Fall das Strava-Segment verlieren. Beim letzten Aufsteig 2014 habe ich es nämlich nicht erwischt.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem RennradblogDiesmal klappt es und ich kann eine 1:12 verbuchen. Für 10,7 km bergauf. Vom Gletscher selber ist diesmal noch einiges zu sehen. Ein kalter April und ein niederschlagsreicher Mai mit Schnee in dieser Höhe haben dem ewigen Eis gut getan. Ein Gletscher wie damals. Abgesehen von den Planen mit denen versucht wird, den Schnee zu konservieren. Es ist eine Genugtuung hier oben zu sein.

Das Warten auf den Rest der Truppe senkt meine Körpertemperatur mit einem Wimpernschlag knapp an die Erfrierungsgrenze. Ich entscheide mich mit Tobias weiterzufahren und die letzten zwei Kilometer zum Tiefenbachferner zurückzulegen. Der Rosi-Mittermeier-Tunnel verschlingt uns. Drinnen ist es kalt, feucht und laut. Rennradspass sieht anders aus. Ein Abendteuer aber genau so. Wencke Myhre und ihr Lichtschein am Ende des Tunnels lassen grüßen. 1,7 km Blindflug. Bergauf. Ein Licht am Rad wäre von Vorteil. Ich habe Glück und ein Bus der Ötztaler Verkehrsbetriebe verfehlt mich nur knapp. Wenige Minuten später hat mich das Tageslicht wieder. Schnell umziehen und warten. Die Sonne versteckt sich. Unsere Zähne klappern.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog

Die Abfahrt vom Gletscher nutzen wir um unsere Geschwindigkeitsverträglichkeit zu messen. Ich vertrage anscheinend mehr als 100 km/h. Genauer genommen 103 km/h. Ein entgegenkommender LKW bremst mich leider aus. An der Mautstelle kurze Lagebesprechung. Stefan verabschiedet sich direkt auf das Timmelsjoch. Wir nehmen Hochsölden in unser Palmares auf. Unspektakuläre 350 Höhemeter in eine fiktive Ortschaft bestehend aus Hotels, Hotels und Hotels.

Noch nicht satt, entscheiden wir uns eine Bäckerei in Obergurgl zu plündern. Davor noch Wasser tanken in Zwieselstein bevor es die Serpentinen hoch geht. Ich darf das Tempo vorgeben. Zum Glück. Obergurgl ist erreicht. 2.400 Höhenmeter auf 49 km. Respekt. Die Bäckerei bedankt sich auch für unseren Besuch.

Hochgurgl und das Timmelsjoch werden dankend abgelehnt. Für heute reicht es. Die Sauna wartet. Das Pool am Dach ist attraktiver. Unser Basishotel DieBerge wird angesteuert. Wir schließen unsere Vorbereitungswoche mit einer rasanten Abfahrt nach Sölden ab. 9.200 Höhenmeter in vier Tagen. Wir sind gerüstet.

Die Rookies haben die Strecke und die Tücken der Ötztaler Alpen kennengelernt. Die Wiederholungstäter sind sich ihrer Form jetzt bewusster. Der Ötztaler Radmarathon kann kommen. Wir freuen uns.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

PS: Nächstens Jahr wollen wir wieder kommen. Vormerkungen auf unsere Vorbereitungswoche im Juli und das Rennen Ende August nehme ich gerne entgegen.


Vorbereitungswoche auf den Ötztaler Radmarathon. Der dritte Tag.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog
Giplfelstürmer auf über 3000 Metern.

Als hätte ich es verschrien. Von wegen wir haben Beziehungen zu Petrus. Wir sind heute nass geworden. Ziemlich nass. Tag drei unserer Vorbereitungswoche für den Ötztaler Radmarathon bescherte uns eine unfreiwillige Trainingseinheit. Die Wettertauglichkeit. Bis 1300 hätte es trocken bleiben sollen. Um 1000 Uhr ging es los. Zuerst mit leichten Nieseln. Dann war schnell Land unter. 30 Minuten Vollgas. Es hat gereicht uns so richtig einzuweichen. Als wir zurück im Hotel waren, schien wieder die Sonne. Zu spät. Keiner von uns hatte Lust, sich nochmals aufs Rad zu setzen. Ein Fast Ruhetag wurde kurzfristig eingeschoben. Am Garmin magere 36 km mit 700 Höhenmeter. Sölden – Vent und dann wieder retour. Wetterbedingt. Morgen soll’s besser werden. Hoffen wir. Beten wir. Sagen wir. Dann steht der Gletscher am Programm.

Kurzerhand haben wir dann einen Plan B geschmiedet. Dank Ötztal Premium Card ging es hinauf auf 3.040m. Genauer gesagt mit der Gondel. Gaislachkoglbahn I und II. Auf den Spuren von James Bond 007.

Spectre – in Sölden allgegenwärtig.

Ganz Sölden ist nach wie vor 007 verseucht, pardon, gebranded. Am Dorfeingang, am Eingang der Gaislachkoglbahn, in der Mittelstation und natürlich in und rund um der Bergstation. Kenner wissen, wovon ich rede. Das Ice Q wurde im Film kurzerhand in ein Labor umgewandelt. Mit Garage für Autos. Ganz genau kann ich mich an die Szene nicht mehr erinnern. Außer an die Assistentin. Oder war es die Laborchefin? Egal. Wir waren 007. Inklusive Gipfelsturm. 3.058m. Alpines Gelände. Hier oben war der Winter noch präsent. Ziemlich viel Schneereste für Ende Juni.

Verbuchen wir es als Höhentrainingslager mit Panorama Sight-Seeing. Getrübt von der nächsten Schauerfront, die von Westen her schon am Weg nach Sölden war. Innerhalb kurzer Zeit wurde es grau und um gute 10 Grad kühler. Schnell waren die unzufriedenen Gesichter ob der verpassten Radfahrt wie weggespült. Das Sonnenfester seit Ankunft im Hotel dauerte nur knapp zwei Stunden. Sölden war wieder unter Wasser. Also doch wieder Sauna.

Morgen soll’s besser werden. Hoffen wir. Beten wir. Sagen wir. Dann wir die Gletscherstraße fallen.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog.