Radfahren in der Gruppe – ganz allein.

Radfahren in der Gruppe

Es ist Sonntag. Es kann aber auch ein Samstag sein. Oder jeder beliebige Tag der Woche. Am beliebten Treffpunkt versammeln sich mehr oder weniger pünktlich die üblichen Radfahrer zu einer gemeinsamen Ausfahrt (der männliche Begriff wird hier absichtlich verwendet – auf ein Gendern wird ausdrücklich verzichtet). Am Oberrohr sitzend, den Oberkörper über den Lenker lehnend wartet man, bis der Letzte sich die Mühe macht zu erscheinen. Gemütlich soll das Tempo heute werden. Man will ja plaudern. Radfahren in der Gruppe fängt immer so an.  Und endet dann ganz anders.

Einzelsport in der Masse.

Wer kann (und wer hat) posiert mit seinen Muskeln. Ein deutliches Anzeichen, dass „gemütlich“ wieder eine sehr große Bandbreite bedeuten kann. Körpersprache als Statement und als Ansage, was und wer den Ton angeben wird. Radsport ist Einzelsport in der Masse. Eine Theorie, welche auf den ersten Metern sofort praktisch umgesetzt wird. Einer gibt das Tempo vor. Und zwar jener, den es in der Gruppe zu langweilig wird. Das löst vielleicht nur Unbehagen aus. Meistens ist es aber eine nicht mehr kontrollierbare Kettenreaktion. Eine chemische Explosion bestehend aus Laktat und Schweiß.

Radfahren in der Gruppe heißt nicht selten allein unterwegs zu sein. Allein im Wind, den Rest der Gruppe demütigend. Oder allein ganz hinten, den Rest der Gruppe aus den Augend verlierend. Wenn Testosteoron den Verstand überlsitet, dann sind die Folgen ganz klar. Krieg. Am Berg, an der Ortstafel, im Kreisverkehr, an der Kreuzung und selbstverständlich beim Wegfahren an jeder Ampel oder Abzweigung.

Wetteifern im Kurbeltakt.

Wer so den Ton angibt, gibt sich meist verwundert über diese Vorwürfe. Warum? War man doch ganz gemütlich unterwegs und hätte doch oben gewartet. Und darüber hinaus seien doch alle wieder gemeinsam angekommen. Das Wetteifern im Kurbeltakt ist eine Sucht und wird gerne verdrängt.

Radfahren bleibt ein Einzelsport, der gerne in der Masse ausgeübt wird. Nirgendwo anders kommen so viele unterschiedliche Voraussetzungen auf einem Haufen zusammen. Tagesform, Gewicht, Wille, Egoismus, Leidensdruck, Charakter, Übersetzung – all das spielt eine entscheidende Rolle und bestimmt was für jeden Einzelnen gemütlich bedeuten wird.

Wenn viele gemeisam fahren, leiden einige.

Wenn so viele auf einem Haufen zusammenkommen ist die seelische und körperliche Harmonie gefährdet. Es ist doch (fast) immer so. Viele fahren gemeinsam weg und einige leiden darunter. Unterwegs. Meistens nehmen sich nur jene zurück, die sich zurücknehmen müssen. Weil sie nicht anders können. Und jene, die es nicht müssen, tun es auch nicht. Weil sie nicht anders wollen. Während die einen die Landschaft genießen, himmeln die anderen die Wattangaben auf ihrem Radcomputer an. Wer seinen persönlichen Trainingsplan, insbesondere die Intervalle oder das anaerobe Training, in der Gruppe abspult, der spielt mit dieser. Er hetzt sie, benützt sie, überfordert sie

Naürlich gehts auch anders. Keine Ahnung wo. Ich bin jedenfalls dort nicht dabei. Nicht sonntags, nicht samstags und auch nicht an irgend einem anderen Wochentag. Außer ich fahre allein. In der Gruppe.

ktrchts

PS: Gemeinsam wegfahren und gemeinsam ankommen gibt es mit Garantie bei den ketterechts Rennradreisen. Versprochen

Danke für die Empfehlung

2 Kommentare

  1. Muss ich dir leider (fast) recht geben. Eines muss ich aber loswerden: Bei unseren Gruppenausfahrten wird zeitweise auch recht sportlich gefahren, ABER es wird immer zusammengewartet und es ist noch NIE jemand alleine dem Feld hinterhergehechelt. Ja, ab und zu ein Sprint, eine Bergwertung usw. gehört meiner Meinung nach bei ambitionierten Radsportlern einfach dazu…und macht auch Spaß. Trainingsplanfahrer tun sich bei Gruppenausfahrten natürlich recht schwer, und da diese immer häufiger anzutreffen sind (die allein mit sich selbst fahrend 😉 ), werden gemeinsame Vereinsausfahrten immer schwieriger. Ab und zu ein hartes Training geht alleine natürlich auch recht super…..und man will ja nicht unbedingt die momentane „Trainingsform“ preisgeben..keine Ahnung warum, ist aber so. Ich auf alle Fälle freu mich immer auf gemeinsame Ausfahrten (sonst brauch ich ja eh keinen Verein), und an diesen Tagen wird gefahren wie die Gruppe es einfach vorgibt, AUS SCHLUSS BASTA, und wenn das Tempo mal wirklich zu schnell oder unkomfortabel wird, kann ich ja die „Pappn“aufmachen und meine Meinung kundtun….so, das wären so meine Gedanken. Freue mich schon tierisch auf den Saisonstart und auf tolle Runden mit den Kollegen. Wünsch euch allen eine tolle, unfallfreie Radsaison!!

  2. Als ich vor vielen Jahren anfing zu fahren kam ich in eine Vereinsgruppe, wo in diesen Punkten viel Disziplin herrschte. Da wurde so gefahren, wie es vorher angesagt war, da wurde auf saubere Zweierreihe geachtet, da wurde angezeigt und man bekam einen Anschiss, wenn man im Gegenanstieg nach der Abfahrt den Schwung mitnahm und überholte. Ich hab das verinnerlicht und als normal empfunden. Leider stellte ich dann später fest, dass es anderswo nicht so läuft und es wirklich hauptsächlich solche Trainingsgruppen gibt, wie du sie oben beschrieben hast.

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