Schlagwort: European Media Cycling Contest

Emilia Romagna auf dem Rennrad.

Emilia Romagna mit dem Rennrad

Ja. Ich habe es wieder getan und bin in die Emilia Romagna gefahren. Neben dem gewohnt guten Essen und der traumhaft schönen Landschaft auch wegen des Italian Bike Festival und des European Media Cycling Contest. Eine Meisterschaft für JournalistInnen, BloggerInnen und Content Creators aus halb Europa. Dass ich mittendrin war, statt nur daheim, verdanke ich meiner engen Beziehung zur Region. Finden hier mehr als ein Drittel aller Rennradreisen, die ich begleitete, statt. Nach 2022 meine zweite Teilnahme. Im letzten Jahr habe ich den King of the Lake bevorzugt. Die Emilia Romagna auf dem Rennrad ist immer wieder ein Erlebnis. Sehr frisch noch die Erinnerungen an den Grand Depart der Tour de France Ende Juni/Anfang Juli. Für mich immer noch das Schlaraffenland Europas. Aber immer schön der Reihe nach.

Italian Bike Festival – keine Spur von Fahrradkrise.

Das Italien Bike Festival mit mehr als 600 Ausstellern ist nach der Eurobike die mittlerweile zweitgrößte Messe auf europäischem Boden. Die Big-Player waren alle vor Ort. Dazu noch geschlossen fast alle italienischen Marken, vom Rennrad, E-Bike, Gravel, Bekleidung, Helm, Brillen … Klotzen statt kleckern war die Devise. Anhand der Messestände war ganz klar erkennbar, wer den Ton angeben möchte (und kann). Ganze “Motorhomes” in Formel 1 Manier durfte ich bewundern und betreten.

Anders als bei der Eurobike ist der Eintritt zum IBF frei. Lediglich eine Registrierung ist notwendig. Dazu gibt es die Möglichkeit, die ausgestellten Bikes auf dem Misano World Circuit Davide Simoncelli zu testen. Dort, wo sonst Francesco Bagnaia, Jorge Martin oder Marc Marquez ihre Runden drehen. Für SchotterliebhaberInnen sogar mit Off-Road Parcour dazwischen. Wer mit offenen Augen durch das Messegelände spazierte, hatte außerdem die Möglichkeit, einige prominente und bekannte Gesichter zu begegnen. Filippo Ganna, Omar de Felice, Elia Viviani, Giulio Pelizzari … Jede Marke hatte ihr “Aushängeschild” vor Ort – sofern nicht bei Wettkämpfen im Einsatz.

Meine Highlights? Gusoline, Gravelbikes mit Aluminiumrahmen, Magene, Bike-Tech vom Feinsten für ganz wenig Geld (Powermeter, Radar, GPS-Geräte …), dr pad, ein Sitzpolstertausch-Service sowie die “rosa” und “jaune” DTM Schuhe von Tadej Pogacar. Um nur einige zu nennen. Einzige negative Note: Piss-Wetter am Freitag und die wenig spendable Ader der Aussteller. Schnorren, war früher einfacher.

European Media Cycling Contest (EMCC)

Die Emilia Romagna hatte gerufen. Und über 30 JournalistInnen, BloggerInnen und Content Creators aus Spanien, England, Italien, Neuseeland, Deutschland, Österreich und der Tschechischen Republik waren gefolgt. Andrea, Nicholas und Roberto (ATP Servizi) als Gastgeber waren die Hausherren und sorgten auch dieses Mal für ein abwechslungsreiches kulinarisches und sportliches Programm rund um ein zitronenhaltiges Getränkt mit einem Schuss Alkohol, namens Limoncello.

Dass JournalistInnen und Content Creators nicht nur schreiben (und trinken) können, sondern auch hart und schnell in die Pedale treten, wurde im Rahmen der “La Gialla Cycling” unter Beweis gestellt. 104 Kilometer und 1.600 Höhenmeter mussten so rasch wie möglich gefahren werden, um den Titel zu holen. Sowohl bei den Herren als auch bei den Damen. Sieger bei den Herren Andrea Nicosia (ITA) und bei den Damen Paris Woods (ENG). Gratulation!

Das Besondere an diesem Format war (ist), das “eigentlich”. Denn eigentlich hätte es kein Rennen sein sollen. Nur ein Teilstück (Bergzeitfahren) von zwei Kilometern mit durchschnittlich 12 % hätte zählen müssen (nicht für uns – wir “mussten” die ganzen 104 Kilometer Gas geben). Hätte. Denn von Anfang an wurde derart Druck gemacht, dass es einerseits lustig war und andererseits auch ordentlich schmerzte. Nicht nur. Eigentlich hätten wir um 8:30 Uhr starten sollen. Sind wir aber nicht. Denn Superstar Mario Cipollini ließ auf sich warten und fand es erst 15 Minuten später für opportun, seiner Einladung zu folgen. 1.000 RadfahrerInnen durften (mussten) auf Super Mario warten. Überhaupt keine Star-Allüren.

Rennrad fahren in der Emilia Romagna.

Warum also in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt? Kann man, muss man aber nicht. Die Region hat sich herausgeputzt. Nicht nur für die Tour de France. Der Schwung aus diesem historischen Ereignis soll in die Zukunft mitgenommen werden, um die “aber” aus dem Weg zu räumen. Von März bis weit in den November hinein bieten sich hier gute Bedingungen, die Radsaison zu starten und den Radsommer zu verlängern. Urlaub machen und Rennradfahren.

#ktrchts

PS: Für alle, die noch Resturlaub haben: Emilia Romagna auf dem Rennrad vom 19. Oktober bis 2. November 2024. Alle Informationen dazu hier.

European Media Cycling Contest – für einen Mund voll Piadina.

European Media Cycling Contest

“Guarda Cristian, stiamo organizzando una cosa veramente speciale.” Mit diesen Worten hat mich Andrea schon vor über einem Jahr neugierig gemacht. Die Rede war von einem European Media Cycling Contest im Rahmen des Italian Bike Festival und der Granfondo “La Gialla Cycling.” Quasi eine Art Europameisterschaft für JournalistInnen, BloggerInnen und InfluencerInnen. Das alles im Land der unbegrenzten Radmöglichkeiten, mit Start und Ziel im Tempel des Motorsports, dem Misano World Circuit Davide Simoncelli. Schon damals wusste ich, dass diese Idee mehr ein kulinarischer als ein sportlicher Wettkampf werden wird. Auf den Spuren von Pizza, Pasta und Piadina.

Auf den Spuren von Pizza, Pasta und Piadina.

Andrea, Nicholas und Roberto haben gerufen, gefolgt sind ihren Verlockungen am Ende nach strengem Ausleseverfahren 50 Auserwählte aus 15 Nationen. Mit Rennrad, Kameras und gespitztem Bleistift. Das Programm dicht getaktet und sportlich ambitioniert. Drei Tage Vollgas zwischen Strand, Hotel, Messegelände und den unendlichen Weiten der Emilia Romagna.

Es ist schwer, die Highlights einer Fahrradmesse mit über 500 Ausstellern und die Highlights einer Region, die für das Radfahren lebt, in wenigen Tagen herzuzeigen und zu sehen. Das wussten wir alle. Umringt von einem Media-Team, welches jeden einzelnen Moment in Film und Foto festhalten wollte, wechselten wir im Minutentakt von einem Momentum zum anderen. Gerade eben bestaunte ich noch das neueste € 13.000,- teurer Rennrad, wenige Minuten später testete ich es schon auf der eigens dafür geöffneten 4.226 Meter langen Rennstrecke über die 10 Links- und 6 Rechtskurven. Wenig später war ich schon in einem Gespräch verwickelt. Man wollte mir die Ultracycling Dolomitica schmackhaft machen. Was auch gelungen ist. Von den vielen Herstellern individueller Radbekleidung ganz zu schweigen. Natürlich habe ich mich umgesehen und schlau gemacht, was es in Sachen feinstem Zwirn so neues gibt oder geben könnte.

Italian Bike Festival

Das Italian Bike Festival ist ein echter Marktplatz. Laut, schrill, chaotisch und vor allem riesig. Sie waren alle da. Auffallend die sichtbare Dominanz der Gravelbikes. Nicht blank poliert, sondern frisch vom Abenteuer haben sie den edlen Carbon-Rennern längst die komplette Show gestohlen. Und zum Testen ging es direkt ins Gelände zwischen den langen Geraden und der Kurven inmitten der Rennstrecke.

Es blieb nicht viel Zeit, sich alles in Ruhe anzuschauen und jeder Plan, strukturiert vorzugehen, scheiterte spätestens an der nächsten Ecke. Zu viel Neues, Interessantes, Einzigartiges und Unerschwingliches stellte sich in den Weg. Dem n + 1 war schwer zu widerstehen. Nicht nur beim Rad.

Piadina Experience.

Die Piadina ist in der Emilia Romagna ein ganz besonders Heiligtum. Allein in der Piadina Expericence, eine Mischung aus Museum, Fertigungsfabrik und In-Lokal, werden täglich 100.000 Stück dieses Fladenbrotes hergestellt. Mit rein regionalen Zutaten. Weizen, Wasser und Salz. Wenig erstaunlich also, dass genau hier der erste Tag des European Media Cycling Contest ausklingen durfte. Mit Aperitivo, Rundgang, Multimediashow, Dauerhunger, Verkostung und einer anschließenden langen Nacht mit DJ-Musik. Ende gut, alle voll.

Via Romagna.

Samstag, noch ein Tag bis zum Rennen. Dem eigentlichen Grund für die Reise in die Emilia Romagna. Es war ein herrlicher, spätsommerlicher Tag. Und wir sind ausgezogen, um die Via Romagna kennenzulernen. Immer noch medial begleitet, als wären wir Stars. Ständig umringt von Paparazzi. Ein Foto hier, ein Drohnenvideo dort und zwischendurch Interviews. Davor aber galt es noch zwei Runden auf der Rennstrecke zu absolvieren. Während die einen das Cruisen auf frischem Asphalt sichtlich genossen, testeten andere ihre Laktatverträglichkeit ohne Rücksicht auf Verluste. Nach ganzen vier Runden waren die Favoriten für den European Media Cycling Contest bestimmt. Und all meine Hoffnungen auf eine Top-Platzierung unter dem jugendlichen Elan meiner Mitstreiter sowie unter meinem eigenen Übergewicht begraben. Dabei sein ist alles, aber gewinnen wäre schon schöner gewesen.


Trost fanden ich und viele andere auch zum Glück schnell bei Enio Ottaviani. Ein wirklich nettes und einladendes Plätzchen zwischen den Weinreben. Gutes Essen kann über so manche Hoffnungslosigkeit schnell hinweghelfen. Salute.

Dass der Abend auf der wohl schönsten Terrasse mit Meerblick, die Misano Adriatico zu bieten hat, endete, wäre ein eigenes Kapitel wert. Über Essen, Ausblicke, Fachgespräche, guter Musik und vor allem Renntaktik. Buona notte.

EMCC – Das Rennen

Mario Cipollini, Gianni Bugno, Claudia Chiappucci oder Maco Melandri. Klingende Namen italienischer Zweiradvergangenheit. Sie alle waren am Start der Granfondo “La Gialla”. Ich mittendrin, statt nur daheim. In erster Reihe. Ein Privileg, welches mir als persönlicher “Domestique” von Giulia di Maio zugutegekommen ist. Giulia ist Journalistin für tuttobiciweb und Moderatorin diverser Red Bull Live-Events. Sie sollte das Rennen gewinnen. Befehl von oben. Vielleicht auch mit meiner Unterstützung. Ich hatte meine Aufgabe. Dass das Rennen einen Tag nach Giulias Geburtstag stattgefunden hat und sie deshalb bis in die frühen Morgenstunden feierte, erschwerte unseren Plan. Dabei sein ist alles?

Nein. Denn trotz widrigster Bedingungen und im Kampf gegen den Schlafmangel konnte sich Giulia gegen starke Konkurrenz aus Schweden und Slowenien durchsetzen und den European Media Cycling Contest über 100 Kilometer und 1.800 Höhenmeter gewinnen. Bei den Herren setzte sich Frederik Börk vom Magazin Rennrad souverän durch. Herzlichen Glückwunsch.

Arbeiten und Rennrad fahren.

Es war ein ganz schönes Stück Arbeit. Das Rennrad fahren selbst und über das Rennradfahren zu schreiben. Im Regen, gegen den Wind, bei glühender Hitze, auf Strade Bianche. Mit vielen Eindrücken und neuen Bekanntschaften unter KollegInnen. Betriebsspionage inklusive. Von den Besten lernen, kann nicht schaden. Ganz im Gegenteil. Danke an dieser Stelle nochmals an Andrea, Nicholas und Roberto in Zusammenarbeit mit APT Servizi und Emilia Romagna. Wir sehen uns hoffentlich 2023 wieder. Nicht jünger, aber vielleicht leichter.

#ktrchts

PS: Für alle jene, die die Region Emilia Romagna kennenlernen wollen. Hier geht’s zum Saisonabschluss nach Cesenatico.