Tag 6. Was soll ich darüber berichten. Dass das Wetter Scheiße war? Das ist ja keine Sensation mehr. Echt nicht. Das vergönnt man uns mittlerweile sogar. Soll ich darüber schreiben, dass es bergig war? Das ist ja auch nichts Neues. Oder anstrengend? Vom Panorama her möglicherweise schön?
Darum nehme ich mal die gesamte Organisation ins Visier. Und gebe ein dickes Lob aus. Einfach nur perfekt. Die Strecken interessant und quälend. Sehr gute Hotels. Perfekte Verpflegung (hier mein besonderes Lob an alle, die dafür täglich mehrere Stunden Brote streichen, einkaufen, alles sehr liebevoll herrichten, unsere Wünsche von den bibbernden Lippen ablesen, Nutella servieren, Suppe kochen und Kuchen kredenzen). Pünktlicher und zuverlässiger Gepäcktransport. Das Team rund um Lukas verdient einen langen kräftigen Applaus. Ich empfehle schon heute die Schweiz Rundfahrt – sofern es sie wieder geben wird (2015 steht sich vorerst einmal nicht im quäldich.de Programm). Oder eine andere quäldich.de Rennradreise. Chapeau. Und danke für die super Tage.
Zurück zum heutigen Tag. Wieder mit Regen. Ich weiß, das nervt schon beim Lesen. Aber was glaubt ihr nervt das am Rennrad. Knapp 60 Minuten blieben wir nach dem Start trocken. Durch das Rheintal bei heftigem Gegenwind entlang des Walensees (in der Mitte des Sees verläuft die Grenze zwischen dem Kanton St. Gallen und Glarus) bekamen wir in Murg den ersten (und nicht letzten) Regenguss. Da wäre es auch egal gewesen, wenn uns Lukas nicht fast in den See gelots hätte. Es fehlten sagen wir 10 Meter. Der Ansteig zum Kerenzerberg war dann wieder geprägt von Sonnenschein. Die Abfahrt nach Glarus logischerweise dann wieder nass.
Der erste Streich war somit erledigt. Aber der zweite folgte sogleich. Dazwischen gute 20 vorwiegend flache Kilometer entlang einer heftig befahrenen Straße bis Siebnen. Hier wären wir fast am Züricher See gewesen. Wir hätten ins Wasser springen können. Und wären gleich nass gewesen, wie auf diesem Teilstück. Denn hier ergoss sich der heftigste aller Regengüsse des Tages. Seine Brüder und Schwestern begleiteten uns dann auch hinauf auf nach Sattelegg. Der härteste Anstieg des noch so jungen Tages. 12 km bei dem knapp 800 HM mussten getreten werden. Im Nassen. Auch die Abfahrt von da oben hinunter. Im Nassen. Ins Hochtal von Einsiedeln mit dem riesigen Sihlsee.
Statt einem Picknick am See hatten wir Essen auf Rädern. Denn der Gepäcktransporter wurde kurzerhand in ein Restaurant mit Dach umgewandelt. Verpflegung einmal anders. Warum? Hallo! Weil es geregnet hat. Es blieb zum Glück auch Zeit zum Umziehen. Alles was ich im Tagesrucksack hatte, zog ich mir an für die letzten 69 km.
Nach dem Essen zogen wir samt Regenschauer ins Ybrig Hochland. Unteriberg und Oberiberg sowie der (oder das) Ibergeregg waren unsere nächsten Stationen. Im Regen. Für mich landschaftlich fast schöner wie das Schweizer Hochgebirge. Saftige gründe Wiesen und Almen mit hohen schroffen Bergspitzen. Das Schweizer Voralpenland lässt sich sehen.
Schnell oben heißt nicht immer schnell unten. Die Abfahrt nach Schwyz wäre normalerweise ein Klacks. Diesmal war es nicht der Regen der mich bremste, sondern ein Mitsubishi Land Cruiser in Farbe rot. Dieser ließ mich einfach nicht vorbei obwohl ich schneller war. Viel schneller. Ich probierte insgesamt nur einen Überholversuch, den der Fahrer mit dem Zumachen meiner Linie zunichte machte. Nicht nur dass mir das hinterherbremsen mindstens € 15 an Bremsgummi gekostet hat, nein auch seine Abgase durfte ich mir reinziehen. Legendär in der Abfahrt der Blick auf den Vierwaldstätter- und Lauerzersee.
Der Garmin Track sagt noch ca. 33 km bis zum Etappenzielort. Und Lukas hat für diese letzten Kilometer Sonne versprochen. Es klingt jetzt paradox, wenn ich behaupte, dass ich das gar nicht wollte. Zu sehr war ich noch eingemummt. Wohin mit all den nassen Sachen, wenn es jetzt doch warm wird. Ich habe keinen Rucksack. Ich habe nie einen Rucksack. Die Sonne kam. Und meine Rückentaschen füllten sich mit nassen Neoprenüberschuhen, mit nassen Handschuhen und mit einer nassen Regenjacke. Ca. 5 kg Ballast.
Noch 20 km. Wir machen einen Ovomaltine Break im Cafe Riva. Um dann die letzten Zacken laut Höhenprofil hinter uns zu bringen. Diese zwei Zacken sind laut Lukas eine Idee von Reto. Reto hingegen mein, sie seinen eine Idee von Lukas gewesen. Ich meine, es war keine gute Idee. Statt flach von Küssnacht nach Luzern zu rollen, steuerten wir auf einen Feldweg, der uns in unendliche Höhen brachte. Die maximale Steigung von 20% an diesem Tag war wohl genau hier.
Geschafft. Wir erreichen den Etappenzielort, putzen wieder einmal unsere Räder, nehmen unser Quartier und freuen uns den neuen Tag. Tag 7. Der Letzte.
Fazit: Scheiß Regen. Scheiß Wetter. Kein Tag an dem wir trocken geblieben sind. Sommer 2014! Trotzdem wunderschöne Etappe in Alpenvorland. Ein auf und ab mit Ausblicken auf die vielen Seen.
Morgen wie gesagt. Letzter Tag. Mit einer weiteren Gemeinheit. Statt locker an den Ausgangspunkt zu rollen gibt es den Glaubenbüelenpass. 1.100 HM auf knapp 11 km verteilt.
Stay tuned.
Cristian Gemmato aka @_ketterechs