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Rennradfahren. Mannschaftsport für Egoisten.

Rennradfahren

Meine innere Stimme warnte mich. Sie sprach mit mir. Sie wollte nicht, dass ich diesen Beitrag veröffentliche. Das wäre ein Dolchstoß, hat sie zuerst geflüstert und dann laut geschrien. Kein Mensch auf der Welt würde sich so freiwillig ins Abseits stellen. Niemand kritisiert die eigene Familie und zeigt mit dem Zeigefinger. Es half aber nichts. Rennradfahren, der Mannschaftssport für Egoisten wollte und musste den Weg in die Öffentlichkeit finden. Vielleicht hilft der Passus, dass Personen und Handlungen rein fiktiv sind und jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Radfahrer rein zufällig ist. Hoffen wir deshalb auf mildernde Umstände.

Verkettung falscher Tatsachenbehauptungen.

Rennradfahren ist ein Mannschaftssport für Egoisten. Ob man will oder nicht. Das erlebe ich gerne und regelmäßig. Jede Ausfahrt ist dabei ein Workshop in angewandter Psychologie. Die Erkenntnisse aus verschiedenen Gruppenausfahrten haben das Potenzial dazu, ein Bachelor-Studium zu ersetzen. Mit Schwerpunkt Sozialpsychologie. “Wir” heißt in der Gruppe schnell “ich nicht”. “Wir könnten” noch schneller “du musst” und rasch wird aus vermeintlicher Homogenität ein heterogener Kampf ums Überleben. Wenn Egoisten das Gemeinsame übernehmen, dann geht es um Hackordnung und Charles Darwin ist nicht mehr weit. Versucht sich hingegen der Altruist zu behaupten, bleibt es meistens beim Versuch. Leider bleibt der Selbstlose trostlos zurück. Die logische Konsequenz ist die physische wie psychische Teilung und Spaltung. Besonders am Berg. Kitten und Vereinen ist dann nur dem Master of Science vorbehalten. Viele Versuche hat er nicht. Wer den Anschluss verliert, gibt seine Persönlichkeitsrechte auf.

Rennradfahren
Symbolbild einer Gruppenausfahrt.

Wer den Anschluss verliert, gibt seine Persönlichkeitsrechte auf.

Gruppenausfahrten sind keine Rennen. Doch werden sie gerne dazu missbraucht. Der Gruppe individuelle Trainingspläne zu indoktrinieren ist ein weit verbreitetes Hobby. Floskeln wie “ab jetzt locker” sind nur zynische Botschaften und spitze Giftpfeile. Jeder Trost und jede Aufmunterung sind in Wahrheit eine Aufforderung, nicht länger zu jammern und bitte endlich in die Pedale zu treten. Der Klügere gibt nicht nach, es ist der Schwächere, der aufgibt.

Dort wo Unterschiede zusammenkommen, werden diese Abstände größer. Der Kompromiss in der Mitte ist schwer zu finden, wenn vorne die Post abgeht und hinten die Beine schwer werden. Langsamer und rücksichtsvoller zu fahren ist wesentlich einfacher, als schneller zu werden. Das eine kann man, das andere würde man. Während jeder auf den anderen hofft, klafft man auseinander. Auseinanderleben und auseinander radeln. Das ist ganz alleine in der Gruppe fahren.

Rennrad fahren
Symbolbild einer feinen Gruppenausfahrt.

Ganz allein in der Gruppe fahren.

Vieles ist oft so, weil es so ist. Warum aber? Die Suche nach den Beweggründen würde den Rahmen sprengen. Einzelne Beispiele untermauern aber mein Empfinden. Dem Egoisten ist die Gruppe ein Dorn im Auge und ein Keil in den Speichen. Ich frage mich, was daran falsch sein kann, sich in den Dienst der Anderen zu stellen? Das Miteinander zu fördern und auch herauszufordern. Die Harmonie liegt dort, wo der Kompromiss beginnt und das gemeinsame Bier am besten schmeckt. Das Wir-Gefühl entsteht erst im Scheinwerfer des Ichs. Rennradfahren darf abseits des Trainings und des Wettkampfes gerne ein Zueinander und Miteinander sein. Der gemeinsame Weg ist das Ziel. Nicht der schnellste. Die Herausforderung liegt darin, gemeinsam anzukommen und nicht vor allen anderen. Das ist mein Zugang und mein Spirit.

Vielleicht sind genau deshalb diese Zeilen gut. Sie werden mir helfen, mich wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Denn leider steckt auch in mir ein radelnder Egoist.

ktrchts
#machurlaubfahrrennrad

Radfahren in der Gruppe – ganz allein.

Radfahren in der Gruppe

Es ist Sonntag. Es kann aber auch ein Samstag sein. Oder jeder beliebige Tag der Woche. Am beliebten Treffpunkt versammeln sich mehr oder weniger pünktlich die üblichen Radfahrer zu einer gemeinsamen Ausfahrt (der männliche Begriff wird hier absichtlich verwendet – auf ein Gendern wird ausdrücklich verzichtet). Am Oberrohr sitzend, den Oberkörper über den Lenker lehnend wartet man, bis der Letzte sich die Mühe macht zu erscheinen. Gemütlich soll das Tempo heute werden. Man will ja plaudern. Radfahren in der Gruppe fängt immer so an.  Und endet dann ganz anders.

Einzelsport in der Masse.

Wer kann (und wer hat) posiert mit seinen Muskeln. Ein deutliches Anzeichen, dass “gemütlich” wieder eine sehr große Bandbreite bedeuten kann. Körpersprache als Statement und als Ansage, was und wer den Ton angeben wird. Radsport ist Einzelsport in der Masse. Eine Theorie, welche auf den ersten Metern sofort praktisch umgesetzt wird. Einer gibt das Tempo vor. Und zwar jener, den es in der Gruppe zu langweilig wird. Das löst vielleicht nur Unbehagen aus. Meistens ist es aber eine nicht mehr kontrollierbare Kettenreaktion. Eine chemische Explosion bestehend aus Laktat und Schweiß.

Radfahren in der Gruppe heißt nicht selten allein unterwegs zu sein. Allein im Wind, den Rest der Gruppe demütigend. Oder allein ganz hinten, den Rest der Gruppe aus den Augend verlierend. Wenn Testosteoron den Verstand überlsitet, dann sind die Folgen ganz klar. Krieg. Am Berg, an der Ortstafel, im Kreisverkehr, an der Kreuzung und selbstverständlich beim Wegfahren an jeder Ampel oder Abzweigung.

Wetteifern im Kurbeltakt.

Wer so den Ton angibt, gibt sich meist verwundert über diese Vorwürfe. Warum? War man doch ganz gemütlich unterwegs und hätte doch oben gewartet. Und darüber hinaus seien doch alle wieder gemeinsam angekommen. Das Wetteifern im Kurbeltakt ist eine Sucht und wird gerne verdrängt.

Radfahren bleibt ein Einzelsport, der gerne in der Masse ausgeübt wird. Nirgendwo anders kommen so viele unterschiedliche Voraussetzungen auf einem Haufen zusammen. Tagesform, Gewicht, Wille, Egoismus, Leidensdruck, Charakter, Übersetzung – all das spielt eine entscheidende Rolle und bestimmt was für jeden Einzelnen gemütlich bedeuten wird.

Wenn viele gemeisam fahren, leiden einige.

Wenn so viele auf einem Haufen zusammenkommen ist die seelische und körperliche Harmonie gefährdet. Es ist doch (fast) immer so. Viele fahren gemeinsam weg und einige leiden darunter. Unterwegs. Meistens nehmen sich nur jene zurück, die sich zurücknehmen müssen. Weil sie nicht anders können. Und jene, die es nicht müssen, tun es auch nicht. Weil sie nicht anders wollen. Während die einen die Landschaft genießen, himmeln die anderen die Wattangaben auf ihrem Radcomputer an. Wer seinen persönlichen Trainingsplan, insbesondere die Intervalle oder das anaerobe Training, in der Gruppe abspult, der spielt mit dieser. Er hetzt sie, benützt sie, überfordert sie

Naürlich gehts auch anders. Keine Ahnung wo. Ich bin jedenfalls dort nicht dabei. Nicht sonntags, nicht samstags und auch nicht an irgend einem anderen Wochentag. Außer ich fahre allein. In der Gruppe.

ktrchts

PS: Gemeinsam wegfahren und gemeinsam ankommen gibt es mit Garantie bei den ketterechts Rennradreisen. Versprochen