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Muskelkrämpfe bei Sportlern – von Dr. Christian Irsara

Muskelkrämpfe bei Sportlern

Belastungsinduzierte Muskelkrämpfe, in der englischsprachigen Fachliteratur als „Exercise associated muscle cramping (EAMC)“ bezeichnet, sind schmerzhafte, krampfhafte und unwillkürliche Kontraktionen der Skelettmuskulatur, welche während oder unmittelbar nach muskulärer Belastung auftreten.[i] In der sportmedizinischen Praxis sind belastungsinduzierte Muskelkrämpfe bei Sportlern ein sehr häufiges Problem, es findet sich kaum ein Athlet der in seiner sportlichen Karriere nie davon betroffen war, insbesondere unter den Ausdauersportlern.

Für den (Sport)Arzt ist es zunächst wichtig alle krankhaften und potentiell gefährlichen Ursachen der Muskelkrämpfe auszuschließen, hierzu gehören unter anderem Schädigungen an Nervenwurzeln, neurodegenerative Erkrankungen wie die Parkinson-Krankheit, Schilddrüsenunterfunktion, Zuckerkrankheit, Gefäßerkrankungen, Elektrolytstörungen und Stoffwechselerkrankungen der Muskulatur. Zudem muss bedacht werden, dass Muskelkrämpfe auch von Medikamenten-Nebenwirkungen herrühren können, z. B. durch blutfettsenkende Medikamente, Blutdruckmittel (Betablocker, Calciumkanal-Antagonisten), Asthmamittel (Beta-Mimetika) und orale Kontrazeptiva, aber auch durch Alkohol.[ii] Auch Koffein kann die Krampfschwelle der Muskulatur senken.

Muskelkrämpfe bei Sportlern

In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um durchwegs gesunde Sportler und in den weiteren Ausführungen möchte ich mich auf belastungsinduzierte Muskelkrämpfe beim Gesunden beschränken.

Enstehung

Die Entstehung von belastungsinduzierten Muskelkrämpfen ist bis heute noch nicht vollständig erforscht. Auf jeden Fall spielen viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle, wobei eine durch muskuläre Übermüdung verursachte Dysbalance zwischen erregenden und hemmenden Einflüssen im Bereich des neuromuskulären Muskel-Sehnen-Komplexes die Hauptrolle spielen dürfte. [iii] Für Insider: erhöhte Aktivität in den Muskelspindeln und reduzierte Aktivität im Golgi-Sehnen-Organ, welche gemeinsam die Länge und Spannung eines Muskels erfassen und mitregulieren.

Die neuromuskuläre Übermüdung scheint tatsächlich wichtiger zu sein, als andere Theorien wie die metabolische Theorie (angeborene Störungen des Muskelstoffwechsels), die Dehydratations-Theorie (Abnormitäten in der Flüssigkeitsregulation), die Elektrolyt-Theorie (Veränderungen in der Elektrolytkonzentration in Blut und Geweben) und die Umwelt-Theorie (extreme klimatische Veränderungen wie Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und Kälte).[iv] In prospektiven Untersuchungen konnte zum Teil gar kein Einfluss von Dehydratation und Elektrolytverlust auf belastungsinduzierte Muskelkrämpfe nachgewiesen werden.

Demgegenüber stehen klinische Fallstudien und Observationen aus der Praxis.[v] Viele Wissenschaftler versuchen oft eine alleinige Ursache (monokausal) für eine Problematik zu finden, ich bin der Meinung dass es in den meisten Fällen eine Kombination aus vielen Mechanismen sein wird, auch in diesem Fall.

Risikifaktoren und Prävention

Selten wird bei einem einzelnen Betroffenen ein einzelner Faktor die Ursache sein. Deshalb ist eine breit gefächerte Herangehensweise unabdingbar.

    • Der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von Krämpfen beim Sport ist eine positive Anamnese, d. h. Athleten, die bereits Krämpfe hatten, haben eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit neuerlich welche zu erleiden. i Dies scheint teilweise genetische Faktoren widerzuspiegeln, die wir leider nicht verändern können. In vielen Fällen prädisponiert jedoch ein falsches Verhalten des Sportlers zu Muskelkrämpfen, in diesen Fällen kann mit unten genannten Tipps Abhilfe geschaffen werden.

 

    • Da wie vorhin erläutert die muskuläre Übermüdung die Hauptursache für belastungsinduzierte Muskelkrämpfe darstellt, besteht ein erhöhtes Risiko bei hochintensiven und extrem langandauernden Belastungen bzw. Belastungen, welche über die individuell üblichen Trainingsreize hinausgehen, da hier noch keine Adaptation stattgefunden hat.i Je besser der Trainingszustand, desto geringer die Krampfgefahr bei einer vorgegebenen Belastungsintensität.Wichtig ist somit ein kontinuierlicher Trainingsaufbau unter Beachtung der Regenerationsphasen. Ausreichend Schlaf unterstützt bekanntlich die Regeneration und ist hierbei sicher hilfreich.Das Training soll so spezifisch wie möglich ausgerichtet sein, d. h. man soll sich bereits im Training kontinuierlich bis an die zu erwartende Belastung im Hauptwettkampf herantasten. Während der Belastung kann die muskuläre Ermüdung und somit Krampfneigung durch eine ausreichende Kohlenhydratzufuhr während der Belastung reduziert werden.

 

    • Auch wenn vor einer Belastung bereits (Mikro-)Muskelverletzungen bestehen (klinisch indirekt messbar durch eine erhöhte Creatinkinase im Blut), d. h. der Athlet nicht vollständig regeneriert eine intensive Aktivität aufnimmt (Wettkampf oder hartes Training), ist das Risiko für Muskelkrämpfe erhöht.[vi] Auch dies unterstreicht die Wichtigkeit der Einhaltung von Belastungs- und Entlastungsphasen, sowie die Notwendigkeit einer gezielten Reduktion des Trainingsumfanges vor wichtigen Wettkämpfen.

 

    • Lokal erhöhte Belastungen einer bestimmten Muskelgruppe können bei orthopädischen Fehlstellungen und muskulären Dysbalancen resultieren, weshalb auch hier die Krampfneigung erhöht ist. Eine sportorthopädische Abklärung kann hier in bestimmten Fällen spezielle Ursachen für Muskelkrämpfe finden.

 

    • Dehydratation, Elektrolytverlust (Natrium, Kalium, Magnesium) und Umweltfaktoren werden wie bereits erwähnt kontrovers diskutiert. [vii],[viii][ix] Auch hier handelt es sich jedoch wieder um einen rein wissenschaftlichen Diskurs, da man im realen Sportlerleben aufgrund des deutlich erhöhten Verbrauchs ohnehin nicht um eine adäquate Flüssigkeits- und Elektrolytaufnahme herumkommt.Wichtig ist besonders bei mehrstündigen Ausdauerbelastungen in der Hitze nebst ausreichender Flüssigkeits- auch auf die Salzzufuhr zu achten, da dies gefährliche Hyponatriämien verhindern und nebendrein die Kohlenhydrataufnahme deutlich verbessern kann.Die exakte Dosierung von Kochsalz und Kohlenhydraten im Sportgetränk ist bezüglich Verträglichkeit und Wirksamkeit individuell unterschiedlich. Kommerziell erhältliche Elektrolytgetränke enthalten teils sehr unterschiedliche Kohlenhydratarten/-dosierungen und Elektrolytmischungen und sollten vor der Verwendung mit einem Experten auf ihre Zusammensetzung hin überprüft werden.

 

    • Wenn man Athleten über belastungsabhängige Muskelkrämpfe befragt, wird zumeist als erstes das Thema „Magnesium“ angesprochen. Viele Sportler nehmen dauerhaft präventiv Magnesium, üblicherweise in einer Dosierung von 300-400 mg pro Tag, manche sogar während dem Sport, da sie der festen Überzeugung sind, dadurch Muskelkrämpfe zu verhindern. Dabei scheint aus wissenschaftlicher Sicht Magnesium-Supplementation bezüglich Muskelkrämpfe keinen präventiven Nutzen zu haben.[x] Ausnahmen hiervon könnten Athleten mit Magnesiummangel und schwangere Athletinnen sein.In der Praxis berichten viele Sportler dennoch von einer gewissen Besserung durch dauerhafte Magnesium-Supplementation. Da es durchaus sein könnte, dass einzelne Menschen gut darauf ansprechen, empfehle ich nach Einholen ärztlichen Rates, einen Therapieversuch mit Magnesiumcitrat, aufgrund der leicht schlaffördernden Wirkung möglichst abends eingenommen.

 

    • Wie bereits in der Einleitung erwähnt, kann Koffein die Krampfschwelle senken und somit Muskelkrämpfe fördern.[xi] Menschen reagieren insgesamt sehr unterschiedlich auf Koffein, somit wohl auch diesbezüglich. Ich empfehle betroffenen Sportlern einen mehrmonatigen Koffeinverzicht unter Beobachtung der Krampfneigung. In Einzelfällen kann hier das Problem eventuell sehr einfach und nachhaltig beseitigt werden.

 

  • Methoden mit denen die Krampfschwelle durch vorherige elektrische Muskelstimulationen erhöht werden kann und die somit präventiv gegen belastungsinduzierte Muskelkrämpfe wirken könnten, werden aktuell erforscht, die Resultate stehen noch aus.

Akuttherapie

    • Bei einem akuten Muskelkrampf gilt nach wie vor neben sofortiger Unterbrechung der sportlichen Aktivität das leichte statische Dehnen bzw. die Anspannung des muskulären Antagonisten als Therapie der Wahl. Auch kräftige Kompression und Massage können hilfreich sein.

 

  • Es gibt Hinweise, dass auch im akuten Muskelkrampf die rasche Einnahme eines Elektrolytgetränkes den Krampf akut beenden kann, noch bevor die Elektrolyte überhaupt über den Verdauungstrakt aufgenommen werden konnten. Dies könnte auf einem Reflexmechanismus zwischen Sensoren in der Mundhöhle und den Nerven der Muskulatur beruhen.[xii]

ktrchts

PS: Dr. Christian Irsara ist Assistenzarzt für Labormedizin, Arzt für Allgemeinmedizin mit Diplom für Sportmedizin, Notfallmedizin, und Akupunktur in Innsbruck. (Artikel Stand Juni 2017)

Quellenangaben:

[i] Schwellnus MP et al. Muscle cramping in athletes – risk factors, clinical assessment, and management. Clin Sports Med. 2008 Jan; 27(1): 183-94.
[ii] Maquirriain J et al. The athlete with muscular cramps clinical approach. J Am Acad Orthop Surg. 2007 Jul;15(7): 425-31.
[iii] Nelson NL et al. A narrative review of exercise-associated muscle cramps: Factors that contribute to neuromuscular fatigue and management implications. Muscle Nerve. 2016 Aug; 54(2):177-85.
[iv] Schwellnus MP et al. Aetiology of skeletal muscle ‘cramps‘ during exercise: a novel hypothesis. J Sports Sci. 1997 Jun;15(3):227-85.
[v] Schwellnus MP et al. Cause of exercise associated muscle cramps (EAMC)-altered neuromuscular control, dehydration or electrolyte depletion? Br J Sports Med. 2009 Jun;43(6):401-8.
[vi] Schwellnus MP et al. Increased running speed and pre-race muscle damage as risk factors for exercise-associated muscle cramps in a 56 km ultra-marathon: a prospective cohort study. Br J Sports Med. 2011 Nov;45(14):1132-6.
[vii] Schwellnus MP et al. Increased running speed and previous cramps rather than dehydration or serum sodium changes predict exercise-associated muscle cramping: a prospective cohort study in 210 Ironman triathletes. Br J Sports Med. 2011 Jun; 45(8):650-6.
[viii] Murray D et al. Does a Reduction in Serum Concentration or Serum Potassium Concentration Increase the Prevalence of Exercise-Associated Muscle Cramps? J Sport Rehabil. 2016 Aug;25(3):301-4.
[ix] Stone M et al. Certified athletic trainers‘ perceptions of exercise associated muscle cramps. J Sport Rehabil. 2003;12:333-342.
[x] Garrison SR et al. Magnesium for skeletal muscle cramps. Cochrane Database Syst Rev. 2012 Sep 12;(9): CD009402.
[xi] Molema M. Caffeine and Muscle Cramps: A Stimulating Connection. The American Journal of Medicine. 2007 Aug; 120: e1-e2.
[xii] Miller K et al. Reflex inhibition of electrically induced muscle cramps in hypohydrated humans. Med Sci Sports Exerc. 2010;42(5):953-961.

Der Frühling kommt. Was ziehe ich an? Die Sorgenfalten eines Rennradfahrers.

Gedanken von Ketterechts. Dem Rennradblog und Eventliveblogger.
kurz/kurz, lang/lang, kurz/lang, lang/kurz.

Österreich hat jede Menge Bauernregeln. Italien dafür Rennradregeln. Eine davon besagt, dass unter 20 Grad eine lange Hose getragen werden soll. Ich schreibe jetzt bewusst nicht „muss“. Weil ich weder Arzt bin, noch will ich jemanden maßregeln. Diese Regel kommt auch nicht von ungefähr. Sie hat einen medizinischen Hintergrund. Sagen wir einfach es ist eine Pro-Gesundheit Faustregel. Bei Kälte wird das Knie nicht so gut durchblutet, wodurch die generelle Beweglichkeit leidet und der Knorpel eher geschädigt werden kann, als bei angenehmer Wärme. Eine kurze Bekanntschaft mit Eis und Kälte ist nur in der Therapie Heilmittel. Mit Betonung auf kurz.  Das gilt auch für alle anderen Gelenke. Der allererste wärmere Tag muss also nicht gleich jener sein, bei dem die kurze Hose und das kurze Trikot eingeweiht werden. So wie gestern. Im Wiener Becken hatten wir föhnbedingt 20° plus. Ich war natürlich mit dem Rennrad unterwegs. So wie andere auch. Einige davon eigentlich genau so wie im Hochsommer. Mit dem Unterschied, dass deren Beine und Arme schneeweiß waren. Mit auffallend großen roten Flecken. Liebe Grüße vom Rheuma.

Wie gesagt. Ich bin kein Arzt. Ich hänge nur an meiner Gesundheit und an meinen Knie. Es kann also nie zu warm sein. Gestern noch trug ich meine Thermo Langhose. Sie war perfekt. Sollten sich diese warmen Tage wiederholen, dann kann ich die Thermo Hose behutsam mit einer leichten Lycra-Leggins ersetzen. Diese trage ich dann unter der Radhose. Die Leggins stört nicht. Reibt nicht. Sie hält mich warm, ohne dass mir heiß wird. Die kurze Hose allein kann noch warten. Da habe ich keine Eile. Übrigens: im Velodrom bin ich auch einer von wenigen, die mit langer Hose (Leggins unter der Radhose) fahren. In der Halle hat es im Schnitt 19°/20°.

Ich weiß, dass das Kälteempfinden eine subjektive Anglegenheit ist. Deshalb soll auch jeder das tragen, was für ihn am passendsten ist. Solange die Styling-Regeln eingehalten werden. Styling ist ja neben der Gesundheit das wichtigste Kriterium beim Rennrad farhen.

Erlaubt ist, was gut aussieht:

  • kurze Hose/Kurzarmtrikot (dann, wenn es draußen wirkich warm ist)
  • kurze Hose/Langarmtrikot dünn
  • kurze Hose/Kurzarmtrikot mit Ärmlingen
  • lange Hose/Langarmtrikot (auch dick)
  • kurze Hose mit Leggins oder Beinlingen/Langarmtrikot
  • kurze Hose mit Leggins oder Beinlingen/Kurzarmtrikot mit Ärmlingen
  • Übersocken 
  • Windweste darüber – je nach Bedarf und Kälteempfinden

Verpöhnt ist, was nicht gut aussieht:

  • lange Hose/Kurzarmtrikot
  • kurze Hose/Softshell Jacke (in der Regel übergroß)

Eigentlich ganz einfach, oder? Gerne könnt ihr eure Meinung dazu kundtun.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#rideinstyle #ketterchts #venividibici