Schlagwort: Rettenbachferner

Vorbereitungswoche auf den Ötztaler Radmarathon. Der vierte Tag.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog
Die Gletscherstraße in Sölden – stairway to heaven

Sölden. 0830 Uhr. Die Sonne kitzelt bereits die westliche Flanke der Ötztaler Alpen. Giggjoch und Gaislachkogl brennen bereits im Sonnenlicht. Der tiefblaue Himmel lässt die Berge greifbar nahe erscheinen. Wir haben gerade unser Frühstück in den Verdauungsmodus geschickt und sitzen schon wieder am Rad. Der vierte Tag unserer Vorbereitungswoche auf den Ötztaler Radmarathon wartet mit einer Höhenmeterorgie auf. Der Menüplan gespickt mit Highlights wie die Gletscherstraße hinauf auf den Rettenbach- und Tiefenbachferner, ein Besuch in der Hotelretorte Hochsölden, ein Katzensprung nach Obergurgl sowie die Kletterei nach Hochgurgl und weiter auf das Timmelsjoch. Jeder Teilnehmer darf heute das Buffet plündern. All you can ride. Wir Guides stehen zur Verfügung und sind auf einen langen Tag eingestellt.

Pünktlich geht es los. Es ist kalt. Nur wenige haben sich für die Sommervariatne kurz/kurz entschieden. Windweste und Ärmlinge sind in der Mehrheit. Wir rollen durch Sölden und erreichen schnell die Abzweigung hinauf auf den Gletscher. 12 km und 14 km stehen zur Auswahl. Respektive Rettenachferner und Tiefenbachferner. Beide durch den Rosi Mittermaier Tunnel getrennt. 1,7 km hinauf auf 2.829 m über dem Meerespiegel. Der höchste Tunnel Europas und die höchste asphaltierte Straße der Alpen.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem Rennradblog

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Schnell wird allen klar. Das kann heute heiß hergehen. Rasch sind Ärmlinge und Windweste in den Trikots verstaut und der Aufstieg beginnt. Wir unterqueren zuerst die Gaislachkoglbahn, dann die Doppelsesselbahn Mittelstation. Die Sonne heizt ein. 13% Steigung sind kein Honiglecken. Das Tempo deshalb moderat. Die Gruppe zerfällt. Jeder fährt sein eigenes Tempo. Kehre um Kehre schrauben wir uns nach oben und erreichen die Baumgrenze. Je höher wir kommen, desto imposanter wird der Ausblick. Auf die andere Talseite mit dem Söldenkogel und die Ausläufer der vergletscherten Stubaier Alpen. Immer wieder haben wie die Straße auf das Timmelsjoch mit dem berüchtigten Gegenanstieg zur Mautstelle im Visier. Bis wir im Rettenbachtal verschwinden und die Mautstelle erreichen. Wir sind bereits auf über 2.000 m.

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Kinofreaks ist dieser Teil der Ötztaler Gletscherstraße aus dem Film Spectre mit Geheimagent 007 bekannt. Eine waghalsige Verfolgungsjagd wurde an dieser Stelle und im oben genannten Tunnel gedreht, bevor die Szene ins Lesachtal verfrachtet worden ist. Aber auch internationale Rundfahrten sind schon hier raufgefahren. Die Deutschlandrundfahrt und erst kürzlich die Schweiz Rundfahrt. Ungeachtet dessen kurbeln wir weiter nach oben und genießen die sich verändernde Landschaft.

Aus grün wird grau. In grau. Ab 2.300 Meter Höhe regieren nur mehr Geröll und Felsen. Kein Wunder. Warm ist es hier nicht mehr. Verschwitzt bis auf die letzte Lycra-Faser sind wir dem Gletscher bereits sehr nahe. Mit ständigem Blick auf den wieder belebten Garmin (der dritte Software Absturz innerhalb von einer Woche ist dank der Hilfe meiner Twitter Follower behoben) ist der Countdown auf die 2.600 Meter hoch gelegene Talstation im Gange. Die Gerade nach der allerletzten Kehre beträgt immerhin 2,4 km.

Bei der Abzweigung zum Tiefenbachgletscher bleibe ich rechts und fahre auf den Parkplatz der Skistation. Ich will auf gar keinem Fall das Strava-Segment verlieren. Beim letzten Aufsteig 2014 habe ich es nämlich nicht erwischt.

Eine Rennradreise mit ketterechts - dem RennradblogDiesmal klappt es und ich kann eine 1:12 verbuchen. Für 10,7 km bergauf. Vom Gletscher selber ist diesmal noch einiges zu sehen. Ein kalter April und ein niederschlagsreicher Mai mit Schnee in dieser Höhe haben dem ewigen Eis gut getan. Ein Gletscher wie damals. Abgesehen von den Planen mit denen versucht wird, den Schnee zu konservieren. Es ist eine Genugtuung hier oben zu sein.

Das Warten auf den Rest der Truppe senkt meine Körpertemperatur mit einem Wimpernschlag knapp an die Erfrierungsgrenze. Ich entscheide mich mit Tobias weiterzufahren und die letzten zwei Kilometer zum Tiefenbachferner zurückzulegen. Der Rosi-Mittermeier-Tunnel verschlingt uns. Drinnen ist es kalt, feucht und laut. Rennradspass sieht anders aus. Ein Abendteuer aber genau so. Wencke Myhre und ihr Lichtschein am Ende des Tunnels lassen grüßen. 1,7 km Blindflug. Bergauf. Ein Licht am Rad wäre von Vorteil. Ich habe Glück und ein Bus der Ötztaler Verkehrsbetriebe verfehlt mich nur knapp. Wenige Minuten später hat mich das Tageslicht wieder. Schnell umziehen und warten. Die Sonne versteckt sich. Unsere Zähne klappern.

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Die Abfahrt vom Gletscher nutzen wir um unsere Geschwindigkeitsverträglichkeit zu messen. Ich vertrage anscheinend mehr als 100 km/h. Genauer genommen 103 km/h. Ein entgegenkommender LKW bremst mich leider aus. An der Mautstelle kurze Lagebesprechung. Stefan verabschiedet sich direkt auf das Timmelsjoch. Wir nehmen Hochsölden in unser Palmares auf. Unspektakuläre 350 Höhemeter in eine fiktive Ortschaft bestehend aus Hotels, Hotels und Hotels.

Noch nicht satt, entscheiden wir uns eine Bäckerei in Obergurgl zu plündern. Davor noch Wasser tanken in Zwieselstein bevor es die Serpentinen hoch geht. Ich darf das Tempo vorgeben. Zum Glück. Obergurgl ist erreicht. 2.400 Höhenmeter auf 49 km. Respekt. Die Bäckerei bedankt sich auch für unseren Besuch.

Hochgurgl und das Timmelsjoch werden dankend abgelehnt. Für heute reicht es. Die Sauna wartet. Das Pool am Dach ist attraktiver. Unser Basishotel DieBerge wird angesteuert. Wir schließen unsere Vorbereitungswoche mit einer rasanten Abfahrt nach Sölden ab. 9.200 Höhenmeter in vier Tagen. Wir sind gerüstet.

Die Rookies haben die Strecke und die Tücken der Ötztaler Alpen kennengelernt. Die Wiederholungstäter sind sich ihrer Form jetzt bewusster. Der Ötztaler Radmarathon kann kommen. Wir freuen uns.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

PS: Nächstens Jahr wollen wir wieder kommen. Vormerkungen auf unsere Vorbereitungswoche im Juli und das Rennen Ende August nehme ich gerne entgegen.