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Immer mehr Verkehrsunfälle mit Radfahrer*innen

Verkehrsunfälle mit Radfahrer*innen

„Ich habe den Radfahrer einfach nicht gesehen“. Die meisten Verkehrsunfälle mit Radfahrer*innen haben eine einfache Erklärung. Das sagen zumindest die Betroffenen – und Schuldigen. Billige Ausrede oder Phänomen. Im vergangenen Jahr gab es in Österreich 8.172 verletzte Radfahrer*innen. Davon 41 tödlich Verunglückte. In Deutschland waren es 2018 sogar 445 Tote. Während die Zahl der Verkehrstoten allgemein rückgängig ist, steigt die Zahl der getöteten Radfahrer*innen. Im 1. Halbjahr 2019 in Deutschland um 11,3% im Vergleich zum Vorjahr. Eine ziemlich traurige Statistik.

Tödliche Unfälle mit Radfahrer*innen häufen sich.

Es ist also statistisch belegt, dass sich die Unfälle mit Radfahrer*innen häufen. Und wir reden da nicht von den Sportunfällen. Es geht um  die Verkehrsunfälle. Das spiegelt auch das reale und gelebte Bild wider. Bei gleich viel Platzangebot gibt es immer mehr Autofahrer*innen und Radfahrer*innen. Geleichzeitig auf einem bestimmten Fleck. Der Straße. Dass damit Konflikte vorprogrammiert sind, ist logisch. Die vielen Unfälle sind aber sicher vermeidbar. Durch die aktive Wahrnehmung und Akzeptanz der Radfahrer*innen im Verkehr.

Ich fahre selber sehr viel und sehr oft. Rennrad. Mittlerweile ist das Schönste am Rennradfahren die Tatsache, nach einer Ausfahrt gesund nach Hause zu kommen. Die Nervosität und die Aggressivität der heimischen Autofahrer*innen ist subjektiv empfunden stark gestiegen. Auch ich habe immer damit zu kämpfen „nicht gesehen“ zu werden. Argumentation, die ich einfach nicht gelten lassen kann. Nicht gesehen zu werden, bedeutet, dass Autofahrer*innen blind unterwegs sein müssten. Man kann unter normalen Umständen kein*e Radfahrer*in übersehen. So wie man kein Stoppschild, keine Ampfel, keinen Gegenverkehr oder keine Voraus- und Hinterherfahrende einfach so übersehen kann.

Knackpunkt Wahrnehmung.

Es gibt zwar gesetzliche Regeln, schützen kann sich der*die Radfahrer*in aber eigentlich nur selber. Der Knackpunkt ist die Wahrnehmung. Der Radfahrer muss als gleichberechtigter Verkerhsteilnehmer wahrgenommen und aktzeptiert werden. So wie Radfahrer den restlichen Verkehr auch wahrnehmen.

Als wären Radfahrer im öffentlichen Verkehr Exoten, die ab und wann auftauchen. Verkehrsunfälle mit Radfahrer*innen sind aus meiner Sicht das Ergebnis mangelnder Akzeptanz.

Verkehrsunfälle mit Radfahrer*innen
Die traurige Statistik in Österreich

Sehen wir uns einfach nur die lokale Berichterstattung an. Ist ein Radfahrer oder ein Fußgänger in einem Verkehrsunfall involviert, dann heißt es gerne und oft „… übersah der Autofahrer den Radfahrer …“. Einfach so. Übersehen. Plötzlich da gewesen? 

Bücher voller Anekdoten.

Ich könnte ganze Bücher voller Anekdoten füllen. Erst neulich ist mir wieder passiert, dass ich von einer Autofahrerin (Eisenstädter Kennzeichen) trotz ausgestrecktem Arm beim links Abbiegen von der Straße auf einen Radweg, daran gehindert wurde. Als ob ich es gespürt hatte. Ich hatte das Auto hinter mir bemerkt gehabt und bin also vor dem Abbiegen nicht gleich in die Mitte der Fahrbahn gewechselt. Statt zu verlangsamen und mir die Zeit und den Platz zu geben (mein Arm war immer noch draußen), wurde ich überholt. Dann hat mir die Dame auch nocht den Stinkefinger gezeigt. Es war der 2. Adventsonntag und ca. 9 Uhr Vormittag. Es war hell und sonnig.

Die Frau hat mich gesehen und trotzdem nicht wahrgenommen. Sie hat sich einfach um mich nicht geschissen. Einfach erklärt. Hätte ich mich nach links geworfen, um abzubiegen, wäre ich von ihr in voller Fahrt erwischt worden. In der Zeitung wäre dann gestanden „die Autolenkerin hat den vor ihr fahrenden und links abbiegenden Radfahrer einfach nicht gesehen“. Auf einer geraden Strecke, sonntags, gegen ca. 9 Uhr, bei hellem und sonnigem Wetter.

Vielleicht war das eine Ausnahme. Leider aber eine von vielen sich häufenden Ausnahmen bei immer mehr Verkehrsunfälle mit Radfahrer*innen.

ktrchts

Radfahrer gegen den Rest der Welt. Warum das nie gut gehen kann.

Gedanken von ketterechts - dem Rennradblog und Eventliveblogger
Gegenseitige Rücksicht.

Ich muss wieder einmal das Thema „Radfahrer vs. Autofahrer“ aufgreifen. Aus gegebenem Anlass. Meine letzte Ausfahrt inspiriert mich dazu. Nein, sie zwingt mich regelrecht. Nicht nur, dass die Radwege in Wien eine Zumutung sind. Frei nach dem Motto „Stirb langsam“. Und zwar 1, 2, 3, 4, 5 und jetzt erst recht. Auch die Landstraßen rund um die Bundeshauptstadt sind voller Gefahren. Besser bekannt als „Idioten“. Mindestens vier Mal musste ich gestern aktiv ausweichen, um keine Kollision mit zwei Autos, einem Kleinlaster (beide sind von rechts ohne zu schauen auf meine Fahrbahn geschossen) und einem +Blaguss Reisebus (dieser hat beim Abbiegen nach rechts einfach nicht geschaut – obwohl ich am Radweg war) zu vermeiden. „Guat is gangen, nix is gschehn“. Aber kann ich immer dieses Glück haben? Hoffentlich.

Mittlerweile zweifle ich daran, dass sich an der aktuellen Situation was ändern wird. Radfahrer vs. Autofahrer (und andere Verkehrsteilnehmer) wird ein Konflikt bleiben. Unlösbar. Es fehlt einfach die Vernunft . Einen offenen Brief an die Autofahrer habe ich schon einmal verfasst. Mehrere Appelle auch schon. Fehlt noch mein Verständnis. Verstandiss dafür, dass der „Rest der Welt“ einfach nicht anders kann. Klingt blöd, aber ich kann mittlerweile Autofahrer, Fußgänger, Taxler, Busfahrer  und wie sie alle heißen, verstehen. Ja. Mittlerweile ist aus meiner Wut großes Mitleid geworden. Schauen wir uns diese natürlichen Feinde einmal genauer an. Ich weiß was ihnen fehlt, um unsere Sicherheit zu erhöhen.

Autofahrer: Diese Spezies fehlt das Gefühl für Geschindigkeit. Nicht nur die eigene. „Was ich soll 160 km/h schnell gefahren sein? Ich dachte es waren maximal 100 km/h“. Sie ist auch unfähig Geschwindigkeiten von Radfahrern richtig einzuschätzen. Meine vor allem. Wer glaubt bei 160 nur 100 zu fahren, der vermutet auch, dass ein jenseits der 30 km/h herannahender Rennradfahrer 5 km/h fährt. Oder sein Rennrad sogar schiebt. Wenn es also darum geht, von einer Seitenstraße in die Hauptstraße einzubiegen, wird der herannahende Velocista ignoriert. Der braucht ja noch sicher eine Ewigkeit, bis er vorbeifährt. Was bekanntlich nicht stimmt. Egal wie schnell wir sind. Wir sind immer mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit unterwegs. Und Lichtgeschwindigkeit darf man nicht unterschätzen. Das selbe gilt auch für entgegenkommende Autos, die noch unbedingt und dringend ein anderes überholen wollen.

Weiters sehen Autofahrer selten so fesche, durchtrainierte Menschen, wie wir es sind. Ein überholender Autofahrer wird quasi automatisch zum Gaffer, Spanner und Schaulustigen. Neidisch rechts oder links zur Seite blickend. Wo wir mit dem Rennrad unterwegs sind. Da das Auto meistens dem Blick des Fahrers folgt, ist es logisch, dass die 1,5 m Seitenabstand beim Vorbeifahren schnell geringer werden. Wir Rennradler sind quasi ein Magnet. Böse Absichten und Vorsätzlichkeift möchte ich da niemanden unterstellen.

Taxler: der Schlag der Taxler sind eine eigene Geschichte. Ihr Ziel ist die Personenbeförderung. Alles was sich dagegen stemmt ist als Hinderniss zu betrachten. Auch Radfahrer. Vor allem Radfahrer. Weil sie nicht nur auf Taxispuren (Busspuren) fahren dürfen. Nein, sie haben auch eigene Radwege. Dort wo ein Taxi meistens nicht stehen bleiben darf, es aber doch tut. Wegen der Personenbeförderung. Zeitdruck, Gier, Überheblichkeit,  … alles Gründe die dafür sprechen, dass dem Taxler alles Wurscht ist. Wie Parken auf Radwegen. Tür öffnen ohne zu schauen. Abbiegen ohne zu Blinken. Wer von Geld getrieben ist, der kann niemals dieses Gefühl der Freiheit am Rennrad nachvollziehen und Pro-Rennradler fahren.

Busfahrer: Hochsitzende Taxler mit Sonderstatus. Gladiatoren der Neuzeit. Opfer der Industriellen Revolution. Busfahrer können nicht alles sehen. Und wollen es auch nicht. Außer man zeigt ihnen den Mittelfinger. Meist sind sie neben der Spur. Nicht nur gedanklich. Sie haben einen langen Schwanz mit lediglich zwei Rückspiegeln. Was soll man da noch dazu sagen. Kopf schütteln und ausweichen.

LKW Fahrer: Brummende Zeitbomben mit Führerschein C und Hauptschulabschluss. Wären sie in einem Gymnasium gewesen, hätten sie auch etwas von Physik mitbekommen. Wer also nichts über Luftmassen und Sog weiß, der kann darauf auch keine Rücksicht nehmen. Verständlich. LKW Fahrern ist einfach nicht bekannt, dass hinter Ihnen ein gewaltiger Sog entsteht. Weil die vorne geschobenen Luftmassen seitlich um den LKW ausweichen. Irgendwann dann hinterm Heck die Lücke wieder schließen. Bei einem Überholmanöver ohne Seitenabstand wird der Radfahrer zuerst von der vorderen Luftblase getroffen (vom entgegenkommenden LKW fast erschlagen), wenig später von der seitlich nach hinten strömenden Luft mitgerissen und gegen den LKW gedrängt, um dann im Heck an den LKW wieder herangesaugt zu werden.

Fußgänger: Eigentlich der schwächste Gegner. Und der Gebildetste. Eingebildet. Er glaubt, das Recht sowieso auf seiner Seite zu haben. So ist es erklärlich, dass er sich um nichts schert. Würde ich ja auch tun. Was kann mir im schlimmsten Fall passieren. Koma? Fein. Das ist Regeneration deluxe. Also: Gehen auf Radwegen und überqueren dieser. Last Minute. Für den Kick. Geil.

Flugzeuge: Spielen wie UFO’s und Panzer eine untergeordnete Rolle. Ihre Präsenz auf Radwegen und Bundesstraßen ist zu vernachlässigen. Sollte es aber doch vorkommen, ihnen zu begegnen. Handykamera zucken. Ein derartige Selfie geht sicher um dei Welt.

Cristian Gemamto aka @_ketterechts

PS: Vergessen wir nicht, dass auch wir Autofahrer und Fußgänger sind. Vielelicht auch Busfahrer, Taxler und LKW Fahrer. Vielleicht kann unser gutes Beispiel Schule machen.