Rennradurlaub in Cesenatico.

Renrnadurlaub in Cesenatico

Urlaub machen und Rennrad fahren. Saisonfinale in Cesenatico. Die Rennrad-Perle der Adria, empfing uns mit offenen Armen und einem Lächeln, das selbst die Wolken vertreiben konnte. Doch die erste Woche unseres geplanten Saisonabschlusses schien von Petrus persönlich in ein Wasserballett verwandelt worden zu sein. Regen, der in Strömen vom Himmel fiel, ließ die Straßen am Anreisetag glänzen und meine geplante Erkundungsfahrt ins sprichwörtliche Wasser fallen. Hatte es am Freitag noch 27 Grad, musste ich am Samstag zum ersten Mal seit ich hier bin w.o. geben und die Wartezeit auf die TeilneherInnen mit schmerzhaften Dehnen im Fitness-Raum überbrücken. Langwiele sei Danke. Ein Rennradurlaub in Cesenatico kann auch feuchte Seiten aufziehen.

Doch wie nach jedem Sturm die Sonne wiederkehrt, so brachte die zweite Woche ein wahres Sommer-Revival. Die Sonne strahlte mit einer Intensität, die selbst mich als kühnster Träumer und Optimist ins Schwitzen brachte. Die Tränen trockneten, und wir konnten wieder unsere Touren durch die sanften Hügel der Emilia-Romagna in Angriff nehmen.

Zwischen Regentanz und Sommer-Revival.

Jeder Tritt in die Pedale war ein Tanz mit dem Wind, jeder Anstieg eine Ode an die eigene Ausdauer. Die Landschaft präsentierte sich in sattem Grün, durchzogen von goldenen Feldern und malerischen Dörfern, die wie Perlen an einer Kette aufgereiht waren. Die Küste bot atemberaubende Ausblicke, und das Meer glitzerte im Sonnenlicht wie ein funkelnder Edelstein. Die Abende verbrachten wir in geselliger Runde, genossen die lokale Küche und ließen die Erlebnisse des Tages Revue passieren. Es war eine Zeit des Lachens, des Teilens und des Genusses – ein wahrer Höhepunkt zum Abschluss der Radsaison.

Cesenatico hat uns gezeigt, dass selbst nach Regen und Sturm die Sonne heller scheinen kann. Diese zwei Wochen waren ein Beweis dafür, dass das Leben, wie das Radfahren, voller Höhen und Tiefen ist – und dass nach jedem Tiefpunkt ein umso strahlenderer Höhepunkt folgt.

Pfützen, Pasta und Pedale.

Als die Gäste der ersten Woche an jenem ersten Tag in Cesenatico ankamen, schien es, als hätte das Meer beschlossen, seine Grenzen zu überschreiten und die Straßen zu erobern. Der Regen fiel nicht – er stürzte in Sturzbächen vom Himmel, als wolle er die Welt unter sich ertränken. Die Luft war schwer, durchtränkt von der salzigen Feuchtigkeit der Adria, die sich mit dem erbarmungslosen Trommeln der Tropfen vereinte. So etwas hatte ich hier noch nie gesehen. Und auch alle anderen nicht.

Statt eines warmen Willkommens in der pittoresken Küstenstadt erwartete uns ein Szenario, das an eine apokalyptische Vision erinnerte: Straßen, die sich in spiegelnde Kanäle verwandelten, Autos, die wie gestrandete Boote in den Fluten standen, und ein Himmel, der so tiefgrau war, dass er sich wie eine Decke über das Land legte. Die pastellfarbene Fassade unseres Hotels, sonst ein Retro-Augenschmaus, spiegelte sich traurig in den Pfützen, ihre leuchtenden Töne von der melancholischen Nässe gedämpft.

Wenn der Himmel weint und das Rennrad seufzt.

Für die Gäste der ersten Woche war es ein Ankommen im Wasserreich. Der Gedanke, die Straßen mit dem Rad zu erobern, wurde von der Realität hinweggefegt wie Blätter im Sturm. Die Straßenmarkierungen – gelbe Linien der Hoffnung – verschwanden unter der aufgewühlten Oberfläche, und jeder Schritt wurde beim Rennradurlaub in Cesenatico zu einem Tanz zwischen Pfützen und Strudeln.

Der Regen trug jedoch nicht nur Wasser mit sich, sondern auch eine eigenartige Stille. Die sonst lebhaften Straßen waren leer, die Cafés verschlossen, und nur das unaufhörliche Tropfen durchbrach die fast meditative Ruhe. Es war ein Empfang, der statt mit Applaus mit dem monotonen Takt des Regens aufwartete – pathetisch, kraftvoll und irgendwie schön in seiner Rohheit.

Nass und unermüdlich.

Und genau deshalb: Wir sind dennoch gefahren. Jeden Tag. Die Emilia Romagna das Land zwischen Meer und Hügeln, mag uns mit Regen begrüßt haben, doch unsere Räder blieben nicht still. Mit jedem Aufstehen, mit jedem Blick aus dem Fenster und dem Ritual sich zig Wetter-Apps reinzuziehen und Wetterkarten zu studieren kam die gleiche Frage: „Wohin heute?“ Und ich, ein wahrer Zauberer des Terrains, hatte stets die Antwort – eine Route, die uns durch die Tropfen hindurchlenkte und die Regentänze gekonnt umschiffte.

Es war, als hätte ich einen sechsten Sinn für die Launen des Himmels. „Dort hinten lichtet es sich“, sagte ich, während ich auf eine unscheinbare Stelle im grauen Gewölk zeigte. Und tatsächlich – ein schmaler Streifen Blau lockte uns weiter, die Sonne immer nur einen Anstieg entfernt. So jagten wir der Trockenheit nach, fuhren durch Olivenhaine, die selbst im Regen ihren Duft nicht verloren hatten, und durch Dörfer, deren Kopfsteinpflaster in den Pfützen schimmerte wie nasser Marmor.

Die Temperaturen spielten uns dabei in die Karten: Milde 18 Grad machten das Dilemma zwischen Sommer und Herbst erträglich. Es war warm genug, dass die durchgeweichten Trikots keine Eiseskälte brachten, und dennoch frisch genug, um die Regenschauer als sportliche Herausforderung zu betrachten. „Das ist doch wie Duschen beim Fahren“, rief jemand aus der Gruppe mit einem Lachen, während der nächste Tropfenregen uns kurz einhüllte.

Heldenhaft und legendär.

Und heldenhaft waren wir. Helden des nassen Asphalts, Kämpfer gegen Schmutz und Spritzwasser. Doch es war ein Kampf, der seinen Preis hatte: das Putzen. Jeden Abend, wie ein Ritual, bückten wir uns über unsere treuen Rennräder, die von der Tagesetappe gezeichnet waren. Wasserflecken, Schlammspritzer, Reste der nassen Straße – alles musste ab, bevor der nächste Tag rufen konnte. Der Lappen, der Eimer, das Kettenöl – sie wurden zu unseren ständigen Begleitern, bis irgendwann das Stoßseufzen durchs Fahrerlager ging: „Nicht schon wieder!“

Doch auch diese Mühen hielten uns nicht auf. Denn trotz allem – oder vielleicht gerade deshalb – waren es Tage, die man nie vergessen würde. Der Regen mag uns herausgefordert haben, aber er hat uns auch zusammengebracht. Und wenn man einmal das Geräusch der Kette auf frisch gereinigtem Stahl hört, den ersten trockenen Kilometer des Tages fährt und merkt, dass man trotz allem die beste Entscheidung getroffen hat – dann weiß man: Diese Radtouren waren es wert. Jede einzelne.

Dass sich im Neben und hinter der Wolken ein kaum vorstellbare märchenhafte Kulisse verbergen konnte, blieb für jene, die zum ersten Mal hier waren, ein gut behütetes Geheimnis. Ein Grund für einige, wieder einen Rennradurlaub in Cesenatico zu buchen.

Petrus ist im Herzen doch Rennradfahrer.

Die zweite Woche vom Rennradurlaub in Cesenatico – ein Kontrastprogramm wie aus dem Bilderbuch. Nach den ungezählten grauen Regentagen der ersten Woche schien der Himmel über Cesenatico nun selbst Wiedergutmachung leisten zu wollen. Die Sonne, die sich bisher hinter dichten Wolkenschichten versteckt hatte, trat hervor wie eine Diva auf die Bühne und erhellte die Straßen mit einer Wärme, die uns vergessen ließ, dass der Oktober bereits ins Land gezogen war.

Ganz ohne Spannung begann die Woche jedoch nicht: Ein zarter Schleier aus Nebel legte sich in den frühen Morgenstunden über die Landschaft. Es war, als wollte der Herbst noch einmal daran erinnern, wer hier das Sagen hatte. Doch die Ungewissheit, ob das graue Dämmerlicht wieder in Regen übergehen könnte, löste sich schnell auf. Schon nach den ersten Kilometern unserer Ausfahrt brach die Sonne durch – golden, mild und mit einem Licht, das jedes Blatt an den Bäumen zum Leuchten brachte. Die Farben des Herbstes – Rot, Gold, Braun – schienen zu tanzen, während wir an Weinbergen und Olivenhainen vorbeizogen. Jeder Tritt ins Pedal fühlte sich plötzlich leichter an, jeder Atemzug war gefüllt mit der warmen Luft eines Spätsommers, der sich gegen den Herbst behauptete.

Nun konnten wir die Tage so genießen, wie sie geplant waren: lange Touren durch die Hügellandschaft, vorbei an den vielen Hotspots und hinauf zu Aussichtspunkten, von denen man das glitzernde Blau der Adria erahnen konnte. Und natürlich durfte auch der obligate Kaffeestopp nicht fehlen. Als wir die Räder abstellten, den Helm abnahmen und uns in die Sonne setzten, fühlte es sich an, als wäre der Sommer nie zu Ende gegangen. Der Cappuccino dampfte, das Lachen der Gruppe schallte über die Piazza, und die Wärme auf der Haut war Balsam für die Seele.

Mit der Sonne in der Trikottasche.

Auch dieses Jahr darf ich nur eines sagen: Urlaubmachen und Rennradfahren – was für ein Erfolg! Die Kombination aus sportlicher Herausforderung, traumhafter Kulisse und geselligem Beisammensein hat wieder einmal bewiesen, warum Cesenatico der perfekte Ort für einen Saisonabschluss ist. Zufriedene Gäste, die mit einem Lächeln und ein paar neuen Geschichten im Gepäck nach Hause reisen, sind der beste Beweis dafür.

Die Bucket Lists wurden abgehakt: Anstiege, von denen man nur träumen konnte, Abfahrten, die das Adrenalin in Wallung brachten, und geheime Sträßchen, die nur ein erfahrener Guide kennt. Und ja, das Dolce Vita hat seinen Teil dazu beigetragen – sei es durch Cornetto, Piadina oder Gelato, das uns am Ende des Tages vielleicht ein paar Gramm mehr, aber definitiv ein gutes Gefühl bescherte. Übergewicht? Ja, ein wenig – aber glücklich damit.

Was vom Rennradurlaub in Cesenatico bleibt, sind die wunderschönen Momente, die sich wie ein Mosaik aneinanderreihen. Sonnenaufgänge am Strand, Nebelschwaden, die sich über die Felder legten, der Geschmack eines Cappuccinos unter freiem Himmel und die vielen kleinen Geheimtipps, die diese Region so besonders machen. Abende, die mit Lachen, Erzählungen und einem Aperitivo verflogen, als wäre die Zeit stehen geblieben.

Und vor allem: sportliche Herausforderungen, die jeden von uns an die Grenzen und manchmal darüber hinausgebracht haben. Die Beine brannten, die Lungen pumpten – und der Stolz am Gipfel war jede Anstrengung wert. Ein Urlaub, der in Körper und Geist gleichermaßen Spuren hinterlassen hat.

Cesenatico hat sich einmal mehr als ideales Rennradziel bewiesen, und eines ist sicher: Das war nicht unser letzter Besuch. Zufrieden, erfüllt und mit einem kleinen Schmunzeln blicken wir auf diese zwei Wochen zurück – bis der nächste Rennradurlaub in Cesenatico ruft.

#ktrchts

PS. Termine 2025 sind online und ab sofort buchbar.

 

King and Queen of the Lake

King and Queen of the Lake

Endlich hat die Warterei ein Ende. Wir stehen einander dich gedrängt vor den Treppen hinauf zur Startrampe. Das Team vor uns ist bereits gestartet. Wir haben jetzt noch genau 15 Sekunden Zeit unsere Rennräder zu hieven, uns nebeneinander aufzustellen, festgehalten zu werden und einzuklicken. Wir wackeln. Unser Blick ist nach vorne gerichtet. Der Countdown läuft. Noch 5 Sekunden. Dann drei, zwei, eins … und los geht das Abenteuer King and Queen of the Lake. Bettina, Irena, Jacqueline und ich machen uns auf die 48 Kilometer lange Reise rund um den Attersee. Mixed Heros by ktrchts on fire. Wie schon 2023 sind wir in spezielles Mixed-Team. Drei Frauen und meine Wenigkeit.

Der Grund ist gleich geblieben. Mixed Heros sind mein persönlicher Beitrag für mehr Frauen im (Renn)Radsport. Schnuppern, Spass haben, die Atmosphäre aufsaugen, Adrenalin spüren und die eigene sportliche Komfortzone verlassen. Das alles stand in der Ausschreibung und in der Partnersuche. Am Ende fiel die Wahl auf drei zu bekehrende Triathletinnen. Zwei davon, fahren erst seit zwei Jahren Rennrad.

Die Laktat-Party des Jahres.

King and Queen of the Lake ist und bleibt die Laktat-Party des Jahres. 2024 wollten 1400 RennradfahrerInnen am Attersee freiwillig an ihre Grenzen gehen und die Leiden eines Einzelzeit- oder Mannschaftszeitfahrens masochistisch ertragen. Die Titel King und Queen of the Lake sind im Amateursport und bei der Elite äußerst begehrt. Ja, es geht um (nicht wenig) Preisgeld, aber noch mehr um Ruhm und Ehre. Ballern für das persönliche Ego. Es zu streicheln und aufzuladen. Die eine Stunde ist längst schon kein Maßstab mehr. Nicht für die schnellsten Damen und Herren. Olympiasiegerinnen inklusive. Und dann kommen noch all die anderen. Einzeln oder im Team. Mit Rennrad oder Zeitfahrrad. Sie wollen so schnell wie möglich ins Ziel kommen. Wie wir. Ohne Übung und ohne vorher gemeinsam gefahren zu sein. Challenge accepted.

Die Mischung hätte nicht bunter sein können. Felgenbremsen, SPD-Dual Pedale mit Rückstrahler, MTB Schuhe, Holzrahmen, Langstreckenrennrad, Visierhelm, Triathlonschuhe … wir hatten alles dabei, was nicht zu einem Einzelzeitfahren gehören sollte. Bekanntlich zählen zu Glück der Wille und die Beine. Nicht das Material. Oder doch? Wir waren auf alle Fälle bereit. So bereit, dass wir fast die Zeit übersehen hätten und unsere Startzeit. Schnell noch Trikotausgabe, weil der richtige Style unmittelbar nach dem Willen kommt. Dann ein gemeinsames Einfahren. Es galt in Rekordzeit herauszufinden, welche Reisegeschwindigkeit die ideale Strategie hätte sein können. Heimliche Computersimulationen hatten in der Theorie eine Endzeit von ungefähr 1h25min errechnet. Dieses Ziel wurde auch vor dem Start ausgegeben.

Die Letzten werden die Letzten sein.

Der wohl genialste Spruch, den ich in letzter Zeit gehört habe. Copyright by Bettina. Die Zielvorgabe war klar. Die Strategie weniger. Umso mehr wir uns damit beschäftigten, umso exponentieller stieg die Nervosität und die Verwirrung. Viele Fragen, noch mehr Antworten. Das konnte nicht gut gehen. Am Ende einigten wir uns auf ein gemeinsames Wegfahren und (hoffentlich) ein gemeinsames Ankommen. Einer für alle, alle hinter einen.

Ein Mannschaftszeitfahren ist kompliziert. Das merkten wir schnell. Schnell kann man auch vieles falsch machen. Auch wenn es richtig war, zu Beginn Tempo zu machen – es ist ja schließlich ein Rennen, war unser Tempo (mein Tempo) anfangs vielleicht zu hoch. Wir „ballerten“ mit fast 40 km/h die ersten Kilometer dahin. Strava Segmente lügen nicht. Teilzeiten auch nicht. In meinem „Rückspiegel“ lachende Gesichter. Zumindest jenes von Bettina, die unmittelbar hinter mir fuhr. Adrenalin dürfte gewirkt haben. Wer bei so einer Geschwindigkeitspremiere lachen kann, dem kann es nicht schlecht gehen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Gleichzeitig kamen mir Zweifel auf, ob ich (ja ich!) es in dieser Form so durchdrücken hätte können. Nur keine Müdigkeit vortäuschen.

Die ersten „Schupfer“ näherten sich und die Homogenität der Mixed Heros bröckelte. Zurecht. Schnell wurde vom Racemode in den Genussmode geswitcht. Die Stimmung schwankte zwischen tief Luft holen, keuchen, beißen und tratschen. Während die Zeit lief. Und weiter lief. Inzwischen hatten uns einige Teams überholt. Aufbauend für uns war, dass viele davon nur mehr zu Dritt waren und wir sogar einen „Zurückgelassenen“ überholen konnte. Überholen! Die Moral war gestärkt.

Einer für alle, alle hinter einen.

Dann waren es noch 5 Kilometer. Buchberg und Litzlberg mussten noch „überlebt“ werden, ehe sich die erlösende Rechtskurve über die Ager Richtung Zielgerade näherte. Zeit, sich die Lorbeeren und den Applaus des Publikums zu holen. Als Gentleman ließ ich die Queens nach vor. In Nachhinein hätte ich ihnen noch sagen müssen, wo die Ziellinie ist und dass man danach bremsen sollte. Sorry dafür. Ende gut, alles gut. Mittendrin, statt nur daheim. 1h23min, knapp 34 km/h Schnitt. Mission accomplished. Punktlandung. Ein Bad an Emotionen. Der King and Queen of the Lake hat neue Fans. Und jede hat neue persönliche Rekorde. Schnellste 10 Meilen, 20, 30 und 40 Kilometer, Durchschnittsgeschwindigkeit, Höchstgeschwindigkeit … Ein positiver und erfreulicher Kollateralschaden. Es wurde Blut geleckt. Rennrad fahren ist zum Radrennen fahren geworden.

Die Nachbesprechung mit Schupfnudeln, Kaiserschmarrn und Klimt-Burger war auch eine Hommage an das Event. Danke an das OK-Team und allen freiwilligen Helfern und Supportern. Wie immer genial. Sogar das Wetter. Auch für mich war es ein perfektes Wochenende. Es war mir eine Ehre und große Freude als Windschattenspender dabei gewesen zu sein. Wir sehen uns 2025 hoffentlich wieder. Bewerbungen ab sofort möglich.

#ktrchts

King of the Lake Ergebnisse

King of the Lake Foto

Windschattenspenden

Emilia Romagna auf dem Rennrad.

Emilia Romagna mit dem Rennrad

Ja. Ich habe es wieder getan und bin in die Emilia Romagna gefahren. Neben dem gewohnt guten Essen und der traumhaft schönen Landschaft auch wegen des Italian Bike Festival und des European Media Cycling Contest. Eine Meisterschaft für JournalistInnen, BloggerInnen und Content Creators aus halb Europa. Dass ich mittendrin war, statt nur daheim, verdanke ich meiner engen Beziehung zur Region. Finden hier mehr als ein Drittel aller Rennradreisen, die ich begleitete, statt. Nach 2022 meine zweite Teilnahme. Im letzten Jahr habe ich den King of the Lake bevorzugt. Die Emilia Romagna auf dem Rennrad ist immer wieder ein Erlebnis. Sehr frisch noch die Erinnerungen an den Grand Depart der Tour de France Ende Juni/Anfang Juli. Für mich immer noch das Schlaraffenland Europas. Aber immer schön der Reihe nach.

Italian Bike Festival – keine Spur von Fahrradkrise.

Das Italien Bike Festival mit mehr als 600 Ausstellern ist nach der Eurobike die mittlerweile zweitgrößte Messe auf europäischem Boden. Die Big-Player waren alle vor Ort. Dazu noch geschlossen fast alle italienischen Marken, vom Rennrad, E-Bike, Gravel, Bekleidung, Helm, Brillen … Klotzen statt kleckern war die Devise. Anhand der Messestände war ganz klar erkennbar, wer den Ton angeben möchte (und kann). Ganze „Motorhomes“ in Formel 1 Manier durfte ich bewundern und betreten.

Anders als bei der Eurobike ist der Eintritt zum IBF frei. Lediglich eine Registrierung ist notwendig. Dazu gibt es die Möglichkeit, die ausgestellten Bikes auf dem Misano World Circuit Davide Simoncelli zu testen. Dort, wo sonst Francesco Bagnaia, Jorge Martin oder Marc Marquez ihre Runden drehen. Für SchotterliebhaberInnen sogar mit Off-Road Parcour dazwischen. Wer mit offenen Augen durch das Messegelände spazierte, hatte außerdem die Möglichkeit, einige prominente und bekannte Gesichter zu begegnen. Filippo Ganna, Omar de Felice, Elia Viviani, Giulio Pelizzari … Jede Marke hatte ihr „Aushängeschild“ vor Ort – sofern nicht bei Wettkämpfen im Einsatz.

Meine Highlights? Gusoline, Gravelbikes mit Aluminiumrahmen, Magene, Bike-Tech vom Feinsten für ganz wenig Geld (Powermeter, Radar, GPS-Geräte …), dr pad, ein Sitzpolstertausch-Service sowie die „rosa“ und „jaune“ DTM Schuhe von Tadej Pogacar. Um nur einige zu nennen. Einzige negative Note: Piss-Wetter am Freitag und die wenig spendable Ader der Aussteller. Schnorren, war früher einfacher.

European Media Cycling Contest (EMCC)

Die Emilia Romagna hatte gerufen. Und über 30 JournalistInnen, BloggerInnen und Content Creators aus Spanien, England, Italien, Neuseeland, Deutschland, Österreich und der Tschechischen Republik waren gefolgt. Andrea, Nicholas und Roberto (ATP Servizi) als Gastgeber waren die Hausherren und sorgten auch dieses Mal für ein abwechslungsreiches kulinarisches und sportliches Programm rund um ein zitronenhaltiges Getränkt mit einem Schuss Alkohol, namens Limoncello.

Dass JournalistInnen und Content Creators nicht nur schreiben (und trinken) können, sondern auch hart und schnell in die Pedale treten, wurde im Rahmen der „La Gialla Cycling“ unter Beweis gestellt. 104 Kilometer und 1.600 Höhenmeter mussten so rasch wie möglich gefahren werden, um den Titel zu holen. Sowohl bei den Herren als auch bei den Damen. Sieger bei den Herren Andrea Nicosia (ITA) und bei den Damen Paris Woods (ENG). Gratulation!

Das Besondere an diesem Format war (ist), das „eigentlich“. Denn eigentlich hätte es kein Rennen sein sollen. Nur ein Teilstück (Bergzeitfahren) von zwei Kilometern mit durchschnittlich 12 % hätte zählen müssen (nicht für uns – wir „mussten“ die ganzen 104 Kilometer Gas geben). Hätte. Denn von Anfang an wurde derart Druck gemacht, dass es einerseits lustig war und andererseits auch ordentlich schmerzte. Nicht nur. Eigentlich hätten wir um 8:30 Uhr starten sollen. Sind wir aber nicht. Denn Superstar Mario Cipollini ließ auf sich warten und fand es erst 15 Minuten später für opportun, seiner Einladung zu folgen. 1.000 RadfahrerInnen durften (mussten) auf Super Mario warten. Überhaupt keine Star-Allüren.

Rennrad fahren in der Emilia Romagna.

Warum also in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt? Kann man, muss man aber nicht. Die Region hat sich herausgeputzt. Nicht nur für die Tour de France. Der Schwung aus diesem historischen Ereignis soll in die Zukunft mitgenommen werden, um die „aber“ aus dem Weg zu räumen. Von März bis weit in den November hinein bieten sich hier gute Bedingungen, die Radsaison zu starten und den Radsommer zu verlängern. Urlaub machen und Rennradfahren.

#ktrchts

PS: Für alle, die noch Resturlaub haben: Emilia Romagna auf dem Rennrad vom 19. Oktober bis 2. November 2024. Alle Informationen dazu hier.

Der Ötztaler Radmarathon 2024

Der Ötztaler Radmarathon 2024

Eigentlich wollte ich in den Tiefen meines Kellers graben, um alle Finisher Trikots des Ötztaler Radmarathons vom Staub und den Motten zu befreien. Dazu bin ich noch nicht gekommen. Ich habe nämlich ein großes persönliches Interesse herauszufinden, wie oft ich bisher tatsächlich beim Ötztaler Radmarathon am Start gewesen bin. Die Rechnung mit dem Erinnern und Aufzählen geht nicht auf. Wahrscheinlich die Rechnung mit den Finisher Trikots auch nicht. Denn ich kann mich leider nicht mehr erinnern, ob solche damals Ende der 90er Jahre schon vergeben wurden. Ich weiß nur, dass ich mindestens zweimal von Steinach am Brenner aus, den Ötztaler Radmarathon in Angriff genommen habe. Digitale Statistiken sind wohl auch schwer zu finden. In den 2000er Jahren war ich regelmäßig dabei. Auch bei den Sauwetter-Editionen 2003 und 2013. Egal. Der Ötztaler Radmarathon 2024 sollte (dürfte) meine 19. Teilnahme gewesen sein. Und alles kam so, wie von mir nicht geplant. Weil ich nie einen Plan habe.

Das Rennen Anfang September – back to the roots.

Was gab es im vergangenen Jahr für ein Tohuwabohu! Einen Ötztaler Radmarathon Anfang Juli. Ein neuer Termin. Gekommen, um gleich wieder zu gehen. Zu heiß und zu früh. Das wohl gängigste Resümee der Teilnehmer. Der Ötztaler Radmarathon 2024 bekam dann doch wieder seinen traditionellen Platz am Ende des Sommers. Oder zu Beginn des Herbstes. Zu spät und vielleicht zu kalt. Die Angst vieler konnte man Wochen und Tage in den diversen Foren spüren. Eines vorweg – das Wetter hat gepasst. Bis auf den obligaten Regenguss am Timmelsjoch und hinunter nach Sölden, einfach perfekt. Die Frage, was wäre gewesen, wenn wir den aktuellen Wetterumschwung gehabt hätten (Schnee sogar in Sölden möglich), stellt sich nicht. Aber es wäre interessant zu wissen, was dann passiert wäre.

Fakt ist. 12 Grad zum Start, dann gutes Wetter und nicht allzu heiß (Ausnahme St. Leonhard – Anmerkung: War es in St. Leonhard jemals kühl?) und ein mächtiger Regenguss zwischen 15 und 16 Uhr rund um Sölden. Viel Vorsicht umsonst. Ein Durchfahren ohne Windweste und Ärmlinge vom Start weg wäre machbar gewesen. Auch wenn das Kälteempfinden eine subjektive Wahrnehmung ist.

Die üblichen Verdächtigen: Küthai, Brenner, Jaufen und Timmelsjoch.

Bei jeder Teilnahme überlege ich mir schon während der Fahrt, worüber ich einen Beitrag schreiben könnte. Einige Erlebnisse, wandle ich dabei beim Fahren schnell in Überschriften und Absätze um. Leider vergesse ich diese ziemlich rasch, denn erleben kann man beim Ötztaler Radmarathon einiges. Mir wurde heuer beispielsweise live Übertragungszeit geschenkt. Ein Interview mit Christoph Sumann am Küthai und zwei Einblendungen während der Übertragung haben mir die Möglichkeit gegeben, zwei ans Herz gewachsene Begleiter (My Esel und BlacksheepEyewear) als Produkt zu platzieren. Dass ich beim Ötztaler Radmarathon einen Prototyp am Kopf getragen habe, hätte nicht besser inszeniert werden können.

Wie ich schon des Öfteren erwähnt und geschrieben habe, verlaufen beim Ötztaler Radmarathon in etwa 100 Kilometer bergab. Das kam mir auch dieses Mal sehr entgegen. Mit etwas überhöhtem Systemgewicht habe ich die Bergauf-Passagen weniger interessant empfunden. Die Abfahrten dagegen umso mehr. PR auf allen Abschnitten und Segmenten. Erstaunlicherweise auch den gesamten Teilabschnitt Küthai Passhöhe – Brenner. Liegt wohl an der großen Gruppe von Kematen bis zur Labe am Brenner. Die 105,5 km/h in der Abfahrt vom Küthai eventuell auch.

Mein Ötztaler Radmarathon kann wie folgt zusammengefasst werden: Abfahrt nach Ötz kontrolliert (samt Plauderei mit Thomas Dressen), Anstieg zum Küthai dosiert, Downhill nach Kematen teleportiert, längster Anstieg zum Brenner übertrainiert, Schuss nach Sterzing motiviert, hinauf zum Jaufenpass stimuliert, kurvenreich nach St. Leonhard in Passeier frustriert, erster Teil Timmelsjoch bis Moos kollabiert, zweiter Teil Timmelsjoch bis Schönau paralysiert, ab Schönau nach ein paar (vielen) Schweden Tabletten revitalisiert, auf der Passhöhe reinkarniert und die Abfahrt nach Sölden unkontrolliert auf nasser Fahrbahn. Alles in allem ein lustiger, wenn auch langer Tag am Rad.

Viel Geld für noch mehr Leid.

Allen, die das Ziel erreicht haben, ein Chapeau aus tiefstem Herzen. Von den ersten bis zu den Nachzüglern. Speziell jenen, die sich mit letzter Kraft das Timmelsjoch hochgeschraubt und dann hinuntertreiben haben lassen. Sie sind die wahren Helden dieser Veranstaltung. Wie Anton Palzer passend gesagt hat: 13 Stunden leidend Rennrad fahren und dafür auch noch bezahlen. Chapeau, natürlich auch jenen, die irgendwo entlang der Strecke nicht mehr weiter konnten oder durften. Ja, die Zeitlimits sind brutal. Speziell jenes am Jaufenpass. Hier glaubt jeder, es noch schaffen zu können. Aber der Rennleiter 3 ist oben am Pass ohne Erbarmen. Um 1430 Uhr ist hier Ende. Kopf hoch. Dankbar sein für die Erfahrung, daraus lernen und schnell einen neuen Anlauf nehmen.

Rennradfahrer sind echte Schweine.

Kommen wir aber jetzt zu den Schattenseiten des Ötztaler Radmarathons – das Littering. Man muss schon ein echtes Schweinderl sein, um den Müll einfach auf die Straße oder den Straßenrand zu werfen. Und das, obwohl beim Fahrerbriefing explizit darauf hingewiesen wurde. „Das Wegwerfen von Müll ist außerhalb der dafür vorgesehenen Zonen verboten und wird mit einem Ausschluss aus dem Rennen geahndet.“ Und was machen wir (einige von uns)? Werfen den Müll einfach weg. Gels, alte Kleidung, Trinkflaschen … Sogar live im TV bei der Übertragung. Ein Führender wirft beim Anstieg zum Küthai seine Flasche weg. Ungeniert. Verkorkste Kinderstube würde ich sagen (um politisch korrekt zu bleiben – mir würden ganz andere Sachen dazu einfallen). Absichtlich die Natur verschandeln. Dummheit, die jemand anderer ausmerzen muss. Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Traurig.

Da war auch noch eine Dame hinauf aufs Küthai. Wirft die einfach ihr Gel weg. Obwohl ein hinter ihr fahrender sie darauf aufmerksam macht, fährt sie mir nichts, dir nichts einfach weiter. Arroganz auf zwei Rädern. Ich (ja ich!) bin am Brenner sogar nach dem Pinkeln zurückgefahren, um meinen Müll in die nicht übersehbare Tonne bei der Labestation einzuwerfen. Aus meiner Sicht gehört da viel mehr Härte seitens der Veranstalter. Mit Eigenverantwortung kommt man nicht weit – so ist der Mensch. So sind auch die RadfahrerInnen.

Kein Rennen, wie jedes andere.

Der Ötztaler Radmarathon 2024 war wieder einmal kein Rennen wie jedes andere. Das kann der Ötztaler Radmarathon nicht. Und will es auch nicht. Man spürt das Spezielle an jedem Eck und sieht dies auch jedem Gesicht an. Von den TeilnehmerInnen, über die HelferInnen, die Damen und Herren auf der Expo und auch in den Unterkünften. Der Ötztaler Radmarathon fesselt dich schon Monate davor und lässt dich Wochen danach immer noch nicht los. Schon jetzt wird darüber diskutiert, wie das Wetter am 31. August 2025 sein könnte. So etwas kann nur der Ötztaler Radmarathon. Zurecht.

Es ist diese Wärme, die man als TeilnehmerIn empfängt. Auch an der Strecke. Vom Start weg über die vielen Hotspots entlang der 227 Kilometer. Beste Stimmung und Unterstützung für alle. Das ist der Spirit des Ötztaler Radmarathons.

Und dann kommen noch die vielen BegleiterInnen, die ein ganzes Jahr die Launen der Partnerin oder des Partners ertragen müssen und mit ihnen sogar nach Sölden fahren dürfen (müssen?). Respekt und Danke. Für eure Zeit, eure Geduld, eure Aufopferung. Der Ötztaler Radmarathon ist ein teures Hobby. Eines, das jede Beziehung, wenn nicht beide vom Ötzi-Virus infiziert sind, schwer auf die Probe stellt und das ganze Familienleben rundherum organisiert. Das muss auch einmal gesagt und festgehalten werden. Für den Ötztaler Radmarathon lebt man ein ganzes Jahr lang. Vielleicht sogar ein Leben lang.

Ungewisse Zukunft – dasselbe Procedere.

Der 44. Ötztaler Radmarathon im nächsten Jahr, wirft jetzt schon seine Schatten voraus. Die Zukunft der heimlichen Weltmeisterschaft für HobbyfahrerInnen ist noch offen. Aufgrund der Baustelle auf der Brennerautobahn (Luegbrücke) gibt es derzeit noch keine Genehmigungen. Das OK-Team rund um Heike Klotz und Dominic Kuen haben alle Hände voll zu tun, das Event zu sichern, um am 31. August 2024 über 4.000 TeilnehmerInnen erneut auf Traumfang zu schicken. Auch wenn die Zukunft (noch) ungewiss ist – das Procedere ist dasselbe. Träumen, anmelden, Startplatz sichern, Familie informieren, trainieren, kalte Füße bekommen und dann einfach in die Pedale treten, um sein persönliches Ziel zu erreichen. Als Belohnung wartet die schönste Rechtskurve der Welt. Jene von der Dorfstraße direkt vor die Ötztal Arena. Hier gibt es den Lohn für alle Strapazen.

Cristian G.
#ktrchts

PS: Sollte die Gesundheit und die Glücksfee mitspielen, wäre 2025 meine 20. Teilnahme. Den Rekord hält Martin Strobl (heuer 79 in einer Zeit von 11 1/2 Stunden) mit 34 Teilnahmen. Jetzt habe auch ich einen Traum.

Ein paar Ideen für 2025.

Viel wurde heuer über zwei Themen diskutiert. Die über Nachhaltigkeit und über die Frauen vor den Vorhang. Beide Themen gehören noch stärker inszeniert. Frau eine andersfarbige Startnummer zu geben, ist zu wenig.

Ich wünsche mir einen eigenen Startblock für Frauen. Für jene, die nicht vorne starten dürfen (!) und nicht weit hinten starten wollen. (weil zB. der Partner/die Partnerin mitfahrt). Ein eigener Bereich vor dem 2. Startblock zum Beispiel. Mit Zugang von vorne. So hätten die Damen auch das Privileg, später an den Start gehen zu müssen. Wenn es dann noch im Zielbereich einen „Womans only“ Bereich geben würde, mit speziellen Services für Frauen, umso besser.

Und wer bei der Abholung der Startnummer ein gültiges Zugticket vorlegen kann, soll auch Vorteile haben. Ich denke da auch einen vorderen Startblock.

Was meint ihr dazu?

Rennradguide Ausbildung.

Rennradguide Ausbildung

Die Neuen sind los. Fünf frisch gebackene Rennradguide Aspiranten bereichern ab sofort die Bikeguide Austria Landschaft. Die Rennradguide Ausbildung selbst ergänzt damit die bestehende Ausbildungsstruktur für Bikeguides in Österreich mit dem Bereich Rennrad. Der 5-tägige-Praxis- und Theoriekurs fand im Herzen des Joglland statt und beinhaltete alle Facetten, die ein Rennradguide kennen und beherrschen sollte. Von der dynamischen Gruppenführung, über Recht und rechtliches, Rahmenbedingungen, Orientierung, Karten-, Wetter- und Materialkunde, Notfallmanagement, Bikecheck, Radeinstellung, Pannenhilfe, Tourenplanung, Fahrtechnik, Motorik, Trainingslehre und natürlich viel Didaktik.

Bikeguide Austria erweitert Ausbildungsstruktur.

Aller Anfang war hier. In Wenigzell. Mitten im Joglland. Bikeguide Austria hatte gerufen und sie waren gekommen, um sich ausbilden zu lassen. Erstmal durfte ich als Ausbildungsleiter diese Agenden übernehmen. Neben der auf 3 Levels aufgebaute Ausbildung zum Mountainbike-Guide ist die Rennradguide Ausbildung eine perfekte Ergänzung für RennradfahrerInnen, die ihre Leidenschaft im Rennradfahren gefunden und diese Passion später als Beruf, privat oder auch gewerblich ausleben wollen. Mit Struktur und hohen Qualitätsstandards, die Bikeguide Austria nicht nur vorgibt, sondern auch lehrt. Mit Manfred Zögerer und mir – zwei Fachleute auf ihrem Gebiet. Manfred Zögerer ist Radsporttrainer und ich bin Marketer, Tourismuskenner und selbst Rennradguide. Unsere Expertisen sollen Bikeguide Austria stärken und mitentwickeln.

Wahrnehmen und vermitteln. Die Aufgaben eines Rennradguides.

Als zukünftiger Rennradguide gilt es nicht nur, mit Gästen von A nach B Rennrad zu fahren. Der Rennradguide verkörpert viele Rollen gleichzeitig und ist dafür verantwortlich, seinen Gästen einen unvergesslichen Mehrwert zu bieten. Mehrwert, der das touristische Angebot in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern attraktiver machen wird. Die Möglichkeiten in Österreich Rennrad zu fahren sind weit größer als man denkt und Rennrad fahren ist auch aufgrund der Klimaveränderung ein Ganzjahresangebot, welches Touristiker langsam aber doch entdecken.

Rennradfahren in Österreich.

Mit der Ausbildung zum Rennradguide schafft Bikeguide Austria eine perfekte Basis und die notwendige Brücke zum Rennradtourismus in Österreich. Zukünftige Rennradguides werden das Produkt Rennradfahren in Österreich maßgeblich mitgestalten und prägen. Bikeguide Austria hat die Grundlage gelegt. Der Rest passiert. Die fünf Neuen Rennradguide Aspiranten können ab sofort damit anfangen.

Prominenteste „Aspirantin“ des ersten Lehrganges war Elena Roch, Gewinnerin des Race Around Austria Extreme und des Race Across Austria selfsupported.

Der nächste Lehrgang soll im Frühjahr stattfinden. Alle Informationen dazu gib es bei Bikeguide Austria.

Der Ötztaler Radmarathon 2024

Ötztaler Radmarathon 2024

In weniger als 5 Wochen werden wir es wissen. Wir werden wieder schlauer sein. Wie immer. Um einiges schlauer. Wir werden wiederholt über wahr gewordene oder geplatzte Träume diskutieren. Auch über erfüllte und unerfüllte Hoffnungen sinnieren. Vieles wird erneut besser als erhofft oder schlimmer als erwartet gewesen sein. Wir werden nach Entschuldigungen und Ausreden suchen. Oder unsere Leistungen hervorheben. Wir werden über Leid und Freude berichten, werden Emotionen spüren und ganz besondere Gefühle erleben. Wir werden mit den letzten Kräften aus der Ötztal Arena ein ganz besonderes und begehrtes Stück Lycra abholen oder andere dafür beneiden. Mit Sicherheit werden wir das tun, was wir nach einem „Ötzi“ immer tun. Denn der Ötztaler Radmarathon 2024 wird ein Tag am Rennrad werden, wie es hunderte andere Tage auch gibt. Nur spezieller und unvergesslich. Es gibt eben nur die einen 227 Kilometer und 5.500 Höhenmeter.

365 Tage im Jahr, Ötztaler Radmarathon.

Der Ötztaler Radmarathon hat nun wieder seinen gewohnten Platz eingenommen. Für 2024 ist der 1. September rot im Kalender eingetragen. Die hochsommerliche und schweißtreibende Hitzeschlacht des vergangenen Jahres ist Geschichte. Zum Leidwesen all jener, die herbstliche Bedingungen überhaupt nicht leiden können. Eines ist sicher: Die Wahrscheinlichkeit, am Kühtai, am Jaufenpass oder am Timmelsjoch einen allerersten Gruß des Winters zu erleben, ist in den Tiroler und Südtiroler Bergen zu dieser Jahreszeit weitaus höher als Anfang Juli. Ein Blick auf die letzten Ausgaben spricht Bände. Logisch, dass das Thema Wetter bereits jetzt Diskussionsforen verstopft. Wer noch ohne Wetterangst ist, werfe den ersten Stein. ChatGPT hat sein Urteil schon gefällt. Mögen die Wetterspiele beginnen.

Wettervorhersage am 29. Juli 2024

Der Ötztaler Radmarathon wäre nicht der Ötztaler Radmarathon, wenn nicht Tage, Wochen und sogar Monate davor über alles diskutiert werden würde, was man über einen Tag im Sattel diskutieren kann. Angefangen vom Wetter, über die Kleidung, die Verpflegung, die Übersetzung, die Anreise, die Unterkünfte, die Betreuung, die Kleiderbeutel … Man könnte meinen, der Ötztaler Radmarathon findet 365 Tage im Jahr statt.

„Fährst du heuer (wieder) den Ötzi?“

Nach „Willst du mich heiraten?“ ist „fährst du heuer (wieder) den Ötzi“ möglicherweise die meistgestellte Frage. Eine Frage, die man wie beim Heiratsantrag mit Ja oder Nein beantworten kann. Passt gut, denn die Teilnahme am Ötztaler Radmarathon gleicht einem Bund fürs Leben. Ein Mal ist kein Mal und nach der Wiederholungstat wird man ihn lieben. In guten wie in schlechten Zeiten. Bis dass … Warum das so ist? Es ist so. Der Ötztaler Radmarathon hat seine eigenen Gesetze. Der Termin Anfang September sowieso. Weil der Sommer hier schnell in Winter umschlagen kann. Das wissen wir. Das befürchten wir.

43 Mal Ötztaler Radmarathon ist schon ein Rekord. Von den Anfängen 1982 bis jetzt hat sich viel getan. Bis auf die vier Pässe ist Jahr für Jahr selten alles beim Alten geblieben. Auch der Wechsel des OK-Chefs hat frischen Wind ins Ötztal gebraucht. Kennt ihr schon die neue ÖRM-App mit live Tracking, ÖRM-TV oder den ÖRM-Podcast? Der Ötztaler Radmarathon wird von Jahr zu Jahr immer mehr zum multimedialen und digitalen Rundum-Spektakel. Für alle SupporterInnen vor Ort und zu Hause. Nur in die Pedale treten müssen die TeilnehmerInnen immer noch selbst. Das hat sich in den 43 Ausgaben nicht geändert.

Mittendrin, statt nur daheim.

Ich darf auch heuer wieder an den Start gehen. Somit wäre die Frage geklärt. Nicht jene des Heiratens. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, wäre es dann die 19. Teilnahme. 16 Mal müsste ich das Ziel erreicht haben. Einmal habe ich gekniffen und zweimal hat mich der Besenwagen am Weg zum Timmelsjoch noch vor Moos in Passeier aufgegabelt. Keine schlechte Bilanz. Dass ich die besten Zeiten längst hinter mir habe, stört mich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich brauche keine Entschuldigungen und Ausreden mehr. Über das Wetter, die Übersetzung, die Verpflegung oder die Bekleidung. Ich freue mich für alle, die sich ihren Traum erfüllen und leben einen Tag lang meinen. Egal was kommt.

#ktrchts

Der Mittelfinger für Radfahrer ist männlich.

Mittelfinger für Radfahrer

Halbwegs flott war ich unterwegs. Bei brütender Hitze am Weg zurück nach Hause. Die Tageskilometer waren noch nicht dreistellig. Meine Route sollte mich über Pottendorf nach Hornstein und dann zurück nach Eisenstadt bringen. Ich fahre die Badener Straße entlang und an der Ecke Schlosstraße sehe ich schon von links kommend ein Auto auf mich zukommen. Der Fahrer hatte dieselbe Intention wie ich. Er wollte auch nach Pottendorf. Auf gleicher Höhe biegt das Auto mit hoher Geschwindigkeit links auf die Badener Straße Richtung Ortszentrum ab. Das geht sich nicht aus, denke ich und bremse abrupt ab. Der Autofahrer muss sich das Gleiche gedacht haben und fährt trotz Nachrang zum Glück statt mich um auf der Gegenfahrbahn mit durchdrehenden Reifen und hoher Geschwindigkeit weiter. Mit entsprechender Mimik und Gestik signalisiere ich dem Fahrer, dass er gerade ein grobes Foul begangen hatte. Prompt war der ausgestreckte Mittelfinger für Radfahrer durch das offene Fenster da.

Frustkübel auf zwei Rädern.

Vor ein paar Tagen bekam ich den Mittelfinger für Radfahrer sogar durch ein offenes Schiebedach gezeigt. Weil ich jemanden gebeten hatte, beim Überholen mehr Abstand einzuhalten. Damit erhöhte sich die Statistik um eine bis dato noch nicht erlebte Facette. Keine Ausfahrt mehr ohne Zwischenfälle dieser Art. Schneiden, Drängeln, zu wenig Abstand oder inhaltsleere und aus der Luft gegriffene Belehrungen. Mittlerweile betrachte ich den „Stinkefinger“ in meine Richtung als höchste Anerkennung für das, was ich mache. Anscheinend gelingt es mir, Ventile zu öffnen, Autofahrern Druck zu nehmen und sie zu von ihren Lasten zu befreien.

Mein Rennrad und ich als Therapiemöglichkeit für Menschen, die speziell beim Autofahren mit ihrem Leben hadern. Ich als willkommener Frustkübel und schlechte Laune-Staubsauger. Gestern zum Beispiel werde ich bei derselben Ausfahrt von einem Pickup geschnitten, der mir die Vorfahrt genommen hatte. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, bog ich statt geradeaus zu fahren rechts ab. Vom Pickup hörte ich noch, wie mir zugerufen wurde, ich solle doch gefälligst mit der Hand das Abbiegen anzeigen. Ich Trottel. Ob es dem Fahrer in seiner Täter-Opfer-Umkehr dann besser gegangen ist, kann ich nicht sagen. Therapieergebnisse sind mir nicht bekannt.

Ein anderes Mal ist es ein grauer VW Sharan mit Anhänger, der mir trotz Stopp-Tafel von rechts kommend vor die Nase fährt. Beim Ausweichen schüttle ich nur den Kopf. Eine männliche, nicht sachgemäß befestigte Ladung im Anhänger schreit mir zu, ich solle gefälligst bremsen. Ich Trottel. Fotobeweis vorhanden.

Arschkarte Rennradfahrer.

Frustration und Aggression sind im Straßenverkehr an der Tagesordnung. Vieles stimmt nicht mehr im Miteinander. Es wird gemeckert, gepöbelt, rebelliert und die Luft wird an anderen ausgelassen. Möglichst dort, wo es am einfachsten ist und am wenigsten schmerzt. Im eigenen Auto. Geschützt durch eine stabile Karosserie, viel Knautschzone, Airbags und technischen Assistenzen, die einem das Gefühl geben, unverwundbar zu sein. Was bringt (zwingt) aber jemanden dazu, sich im Straßenverkehr einen schwächeren als Prellbock auszusuchen? Anders ist es nicht zu erklären. Warum eigentlich ich als Rennradfahrer? Warum soll ich mich ständig f*****? Ich will doch nur meine Ruhe und meinem Hobby nachgehen. Dort, wo es mir gestattet ist und es auch Sinn macht. Dabei teile ich gerne die Straße, weil ich weiß, dass sie nicht mir allein gehört. Ich beanspruche ja nur einen kleinen Teil davon. Rechts außen am Straßenrand. Manchmal etwas mehr links, wenn es meiner Sicherheit dient. Alles erlaubt. Dass ich der Schwächste bin, weiß ich und ist mir auch bewusst.

Die Arschkarte habe ich trotzdem. Ich bekomme Scheibenwischwasser mit Zitronengeschmack gespritzt, darf Huporgien ertragen, müsste mich immer wieder in Luft auflösen, werde gezwungen für andere zu bremsen und darf mich ja nicht aufbuddeln. Wehe, ich benutze einmal nicht den Radweg oder fahre rechts an stehenden Autos vorbei. Auch darf ich nicht auf einen Bus klopfen, der mich seitlich knapp verfehlt. Verständnis muss ich aufbringen, für Autofahrer, die es eilig haben und mich nach dem Überholen ausbremsen, um eine Einfahrt zu erwischen. Im Kreisverkehr sollte ich am besten warten, bis alle hinter mir fahrenden Autos vorgefahren sind. Am wenigsten darf ich Autofahrern andeuten, die Geschwindigkeit zu reduzieren, um für mehr Sicherheit zu sorgen oder Landwirten auf riesigen Traktoren „ihren“ Güterweg streitig machen.

„Wos is?“ Einsicht männlicher Autofahrer.

Leider unterhalte ich keine Statistik darüber, wann, wo und wie mir wer bei meinen Ausfahrten mit dem Rennrad in die Quere kommt. Der ausgestreckte Mittelfinger ist aber eindeutig männlich. Auch sind Männer hinterm Steuer viel aggressiver und sie handeln mit Vorsatz. Freitagnachmittag sind sie am gefährlichsten. Als Fahrer von (Linien)Bussen, zudem brandgefährlich. Frauen sind hingegen einsichtiger, manchmal auch verständnisvoll. Den Mittelfinger hat mir eine Frau noch nie gezeigt. Männer hingegen wollen immer recht haben und recht behalten. „Wos is?“ und „Hob di eh gsehn“ sind des Wieners zarte Versuche, einsichtig zu wirken.

Eigentlich könnte und sollte mir das alles egal sein. Ist es aber nicht. Weil wenn uns (RadfahrerInnen) das alles egal wäre, dann wäre das unser Untergang. Es gibt die StVO (§ 68) mit ihren unzähligen Novellen, die niemand kennt. Ein schwammiges Konstrukt von Normen und Regeln, die viel Interpretationsspielraum lassen. Nichts ist schwarz auf weiß – man muss schon zwischen den Zeilen tanzen, um als Radfahrer Schutz und Recht zu finden. Mühsam ist das Ganze. Teilweise aussichtslos. Weil es oft an Solidarität untereinander fehlt. „Warum fährst du auf der Straße?“ „Reg dich nicht auf.“ „Selbst Schuld.“ Nicht nur Autofahrer reagieren empört.

Verkehr ist selten fair.

Ich brenne fürs Rennradfahren und genieße diese Zeit. Zeit, die ich brauche. Um mich zu spüren. Da passiert so viel. In meinem Kopf und in meinem Körper. Ich komme weit, sehe viel und sammle dabei Kraft. Paradox, oder? Kraft aufwenden, um Kraft zu tanken. Leider muss ich damit leben, mit meiner Leidenschaft anderen in die Quere zu kommen. Sie zu stören. Lästig zu sein. Solange ich ungeschoren davon kommen, lebe ich auch gerne damit. Gut sogar. Sobald ich aber um meine Gesundheit fürchten muss, wird es eng (und laut). Ist es wirklich meine Aufgabe im Straßenverkehr für die Stärkeren mitzudenken? Sie vor Unheil zu schützen? Und mir dabei auch noch vieles Gefallen lassen muss? Wie es aussieht, ja. Da wird sich wohl nichts ändern. Ich fahre jetzt los und freue mich auf die nächsten Mittelfinger.

#ktrchts

Tour de France Experience

Tour de France Experience

Premiere geglückt. Die Tour de France war zum ersten Mal zu Gast in Italien und hat die ersten drei Etappen durch die Toskana, die Emilia Romagna und den Piemont durchgeschlängelt. Rosa Emotion traf auf französische Tradition. Mittendrin statt nur daheim all jene, die sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen wollten. Von Florenz nach Turin, über den Colle del Barbotto, San Leo, San Marino, Rimini, Cesenatico, die Rennstrecke in Imola, die WM-erprobte Steigung nach San Luca nahe Bologna und Bologna selbst. Tour de France Experience vom Feinsten. Mit einer bunt zusammengewürfelten internationalen Gruppe war ich auch vor Ort und habe Urlaub gemacht, bin Rennrad gefahren und habe mir die Tour de France aus der Nähe angesehen.

Tour de France in San Marino
Die späteren Sieger der 1. Etappe Romain Bardet und Frank van den Broek.

Langes Warten, super Stimmung und kurzes Spektakel.

Wir waren angereist, um das Peloton am Weg nach Rimini zu sehen und am Tag danach den Profis am Start in Cesenatico noch einmal auf die teuren Räder zu schauen. Untergebracht in Gabbice Mare, direkt am Fuße der Via Panoramica. ****Hotel mit Pool, nicht weit vom Strand. Ein dichtes Programm. Bei Temperaturen jenseits der 35°. Normalerweise wird Anfang Juli hier in der Gegend kaum noch Rennrad gefahren. Wenn überhaupt, dann zeitig in der Früh. Die Hotels gehören dann ganz allein dem sich am Strand aalenden und sonnenhungrigen Badevolk. Durchschnittsalter 60+. Rechnet man die vielen Enkelkinder weg, die von den Großeltern beaufsichtigt werden, noch viel höher. Das ganze auf 91 Kilometer Küste. Von Ravenna bis nach Cattolica. Hotel an Hotel. In erster, zweiter, dritter und sogar vierter und fünfter Reihe. Die einen machen Urlaub, die anderen fahren Rennrad.

Es war ein Irrglaube zu meinen, dass man, wie zum Beispiel beim Giro d’Italia üblich, noch vor der Ankunft der Profis, schnell ein paar Streckenabschnitte am Weg zu begehrten Aussichtsplätzen befahren hätte können. Stunden vor dem Durchzug des Fahrerfeldes waren sämtliche Zufahrtsstraßen bereits gesperrt und unter polizeilicher Aufsicht oder in den Händen freiwilliger Helfer mit strenger Miene. Die Werbekarawane sei schuld und der Grund dafür. Deshalb sind wir in San Marino festgesessen. Der Weg nach Chiesanuova und Montemaggio blieb uns verwehrt. Wir machten das Beste daraus und der Zufall wollte es, dass wir einen genialen Platz in der Vial del Serrone finden sollten. Mit viel Weitsicht, DJ-Musik und einer lebensrettenden Bar mit angeschlossenem Lebensmittelladen. Immerhin galt es mehr als 3 Stunden zu überbrücken. Mit Wasser. In PET-Flaschen für 50 Cent.

Die große Show. Und alle gehen mit.

Es war ein langes, aber kurzweiliges Warten. Unter massivem Einfluss der DJ-Beats ließen wir uns auf das Tour-Spektakel ein und hielten es so lange aus, bis der Spuk vorbei war. Dazwischen geschätzt hunderte Autos und Motorräder. Inklusive der Werbekarawane, dessen Ausbeute mickrig war. Vielleicht waren wir zu wenig aufdringlich. Obwohl die Show, die wir geboten haben, letztendlich einen ganzen Straßenzug unterhalten hat. Am Ende tanzten sie alle – mit uns. Die Fahrer selbst hatten weit weniger Spass. Die Strapazen der 230 Kilometer und 4.000 Höhenmeter waren ihnen ins Gesicht geschrieben. Insbesondere Marc Cavendish, der über 30 Minuten hinter der Führung hinterherfuhr und unsere Wartezeit am Straßenrand verlängerte. Im Ziel war Cavendish 11 Minuten vor der Karenzeit. Vier Tage später sollte er seine 35. Etappe bei der Tour de France gewinnen. Eine mehr als der legendäre Eddy Merckx.

Der unökologische Wanderzirkus.

Die Tour den France scheint ein Protokoll zu sein. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant. Wer darf und soll wann, was, wie und wo. Sie ist ein unökologischer Wanderzirkus mit vielen Akteuren und freiem Eintritt für die billigen Plätze. Die Straßen sind die Manege. Hier fand auch die Party, unsere Party, statt. Mit einfachen Mitteln, aber mit viel Herz und Kreativität. Wer es luxuriöser haben wollte, der musste sich VIP-Tickets besorgen und konnte damit in eine ganz andere Welt eintauchen. Eingezäunt und abgeschirmt vom Rest. Überall entlang der Strecke, im Ziel und im Startbereich der Etappen. Hier gab es Zutritt nur mit entsprechender Akkreditierung. Ein Stück Plastik, das mit gelben Lanyard gut sichtbar getragen, Tür und Tor zu Sekt, Caviar, Panini und Piadina öffnete.

Die Tour de France Experience ist also, das, was man daraus macht oder das, wofür man bereit ist zu zahlen. Wer es sich leisten will, wird sogar in SKODA-Offical-Cars vor dem Peloton hofiert. Vive Le Tour.

Nach einer gediegenen Nacht im Grand Hotel San Marino und einem nicht weniger gediegenen Abendessen im Ristorante La Terrazza (Titano), hieß es „Le Tour must go on“ und ab nach Cesenatico. Doch auch hier dasselbe Bild. Geschlossene Gesellschaft. Nur ein paar Mannschaftsbusse waren frei zugänglich – für den Rest benötigte man auch diesen um den Hals zu tragenden Wunderschlüssel. Und trotzdem war es genau das, was man ich mir vorgestellt hatte. Guter Blick auf die teuren Räder, die Mannschaftsbusse, die ausgehungerten Fahrer, die sich aufwärmten, Betreuer, die Kühlwesten herrichteten … wie schon erwähnt – alles wie scripted reality. Exakt nach Protokoll. Auch die Show der motorisierten Polizeieskorte beim Starten ihrer Maschinen. Geplant, inszeniert und durchgezogen.

Was da an Autos, Material und Menschen durch die Gegend kutschiert wird, ist schon bemerkenswert. Ökologisch ist das nicht. Aber das wäre eine ganz andere Geschichte. Gut postiert hatten wir auch dank Teleskopstange einen guten, wenn auch nur kurzen Ein- und Ausblick auf den neutralisierten Start und dem Vorbeizischen des Fahrerfelds. Danke, das war es. Adieu, Le Tour de France.

Sieben Kilos in sieben Tagen.

Dass man in Italien gut essen kann, wussten wir. Auch, dass man viel essen kann. Am Ende haben wir sehr gut und viel gegessen. Viel zu viel im Vergleich zu dem, was wir am Rennrad gesessen sind. Plusenergie. Grazie Enio Ottaviani Winery und Ristorante La Casaccia Gradara. Was nur eine Verköstigung hätte sein sollen, war eigentlich eine Mästung. Gutem Essen kann man schwer widerstehen. Selbst gemachter Pasta umso weniger. Ganz zu schweigen vom besten Eis.

Tour de France Experience mit Claudio "Diablo" Chiappucci

Die Tour de France Experience war ein einzigartiges Erlebnis auf bekanntem Terrain. Eine Mischung aus Urlaub wie in alten Zeiten und modernem Entertainment, kitschigen Sonnenuntergängen, Stöbern und Schmökern in Ramschläden, Karaokesingen auf der Piazza, lauten Zikadenkonzerten und Pantomime-Unterhaltung mit Französinnen und Franzosen. Frankreich hat seine eigene Sprache und eigene Sturheit. Und das ist nicht nur die Sprache der Tour de France.

Wir kommen wieder. Und zwar vom 19. Oktober bis 2. November 2024. Zum Saisonabschluss nach Cesenatico. Weil die Emilia Romagna das Schlaraffenland Europas ist. Urlaub machen und Rennrad fahren. Sieben Kilos in sieben Tagen.

#ktrchs

PS: Interessiert an Rennradurlauben oder auch individuellen Rennrad-Gruppenreisen? buchung@machurlaubfahrrennrad.com.



Social Ultracycling – Pannonia 400

Social Ultracyling

In the books. Erledigt. Geschafft. Abgehakt. Überlebt. Mission accomplished. Die Bucket List ist um eine Schnapsidee ärmer. Ich habe es getan, wir haben es getan. Meine Idee, den längsten Tag im Jahr mit der (bisher) längsten Ausfahrt des Jahres zu zelebrieren, wurde umgesetzt. Eine Tradition wiederbelebt. 200 Kilometer sind schnell einmal gefahren. 300 Kilometer am Stück mittlerweile auch. 400 Kilometer hingegen sind eine magische Zahl, die bisher nur Randoneurs und verrückte #festive500 FahrerInnen in der Nonstop-Version sowie Ultracycling-Freaks regelmäßig übertreffen. 400 Kilometer en suite sind eine Ansage. Ein Türöffner in eine andere Welt. Die Welt des Ultracycling. Mit #pannonia400 wurde diese Tür geöffnet und das erste Social Ultracycling Event ins Leben gerufen.

Ein langer Tag schreit nach einer langen Ausfahrt.

Der 21. Juni ist bei uns der längste Tag im Jahr. Es ist dann rund um Wien mehr als 16 Stunden hell. Die perfekte Gelegenheit, diesen Umstand zu nutzen, sehr lange am Rad zu sitzen, ohne im Dunkeln herumgurken zu müssen. Wie schon vor Corona (!). Damals ging es von Wien nach Linz und wieder retour. Flach und schnell. Diesmal musst das Burgenland als Kulisse dienen. Die Streckenplanung war nicht schwer. Ich brauchte nur „Rund ums Burgenland“ kürzen. Fertig. Von Eisenstadt nach Eisenstadt. Über die Ausläufer der Buckeligen Welt, dem höchsten „Pass“ Burgenlands, einem kleinen Abstecher nach Ungarn (und Niederösterreich) und durch die Tiefen des Seewinkels (pannonische Tiefebene).

Vorbei an den burgenländischen Weinbaugebieten wie dem typischen Uhudler im Südburgeland, dem Blaufränkisch im Mittelburgenland und den Neusiedler DAC, Ruster Ausbruch DAC oder Leithaberg DAC im Nordburgenland. Für Wein hatten wir aber keine Zeit. So wie wir keine Zeit hatten für andere Sehenswürdigkeiten. Unser Blick galt der Uhr und dem Himmel. Dann das beste Wetter hatte ich mir für dieses Social Ultracycling Abenteuer leider nicht ausgesucht.

Social Ultracycling rund ums Brugenland

Teamarbeit ist Dreamarbeit.

Fahren. Die Strategie hieß einfach nur fahren. Dauere, was es wolle. Aus der Morgendämmerung heraus in die Abenddämmerung hinein. Keine besondere Strategie, aber alles andere hätte nur Stress bedeutet. Natürlich war ich mit Licht ausgestattet und mein Rennrad teilweise noch RACA-tauglich beklebt. Sicherheit geht immer vor. Was auch für die Mitfahrenden gelten musste. Mitfahrende, die bunt zusammengewürfelt waren und dem Aufruf via Social Media sowie durch persönliches Zurufen zusammengekommen sind. Insgesamt acht haben die 400er-Marke geknackt. Davon 2 Damen. Conny, eine Rookie (längste Ausfahrt bisher 200 Kilometer und seit erst einem Jahr am Rennrad) und Pia, eine Veteranin – zigfach Brevet-erfahren und Finisherin bei Paris-Brest-Paris. Bei den Männern „on stage“ Patrick, RAN-Finisher, Stefan (Wiederholungstäter) sowie Wolfgang, Heinz und Roman bei ihrer Premiere über diese Distanz. Unterstützt wurden wir von weiteren fünf Fahrern, die mitgefahren, später eingestiegen und früher ausgestiegen sind. Ihnen gilt auch der Dank für den einen und anderen Windschatten-Kilometer.

Insgesamt waren vier Pausen eingeplant – am Ende waren es sechs. Eine unfreiwillige wegen es Defektes (Platten) und eine notwendige wegen Flüssigkeitsmangel gesellten sich dazu. Supermarkt nach Kilometer 113 in Stegersbach und nach Kilometer 196 in Lockenhaus, eine dringend benötigte ungarische Bäckerei nach Kilometer 260 in Fertöd, eine kurz vor Ladenschluss überfallsartig geplünderte Bäckerei in Nickelsdorf und die lebensrettende AGIP Tankstelle in Bruck an der Leitha. Gegessen haben wir durch und durch ungesundes Glumpert mit viel Zucker. Getrunken haben wir nicht viel Besseres und Gesünderes. Am Ende standen wir alle mit einem Wasserbauch da. Seitliche Aufnahmen wurden kurzerhand verboten. Social Ultracycling dient auch dazu, sich anderen anzupassen und über die eigenen Gewohnheiten und Besonderheiten in der Ernährung hinwegzusehen. Kleiner Tipp: Salametti mit einem Salzstangerl wirken Kraft-Wunder. BiFis auch.

Beobachten, plaudern, zuhören. Das ist auch Radfahren.

Über 14 Stunden am Rad sitzen und über 17 Stunden zusammen sein. Da lernt man sich und seine Grenzen kennen. Aber auch die Mitfahrenden. Man beobachtet, man plaudert, man hört zu und man stellt Fragen. Gruppenfahren ist Gruppendynamik. Das macht es schwierig und interessant gleichzeitig. Wer, was, wie, wann und wo? Darüber habe ich schon einmal ein paar Zeilen geschrieben. Interessant, dass sich einiges wiedergefunden und bewahrheitet hat. Damit wäre dieses Thema erledigt. Es gibt Rennradfahrende, die gerne in der Gruppe fahren (und den Schutz sowie die Motivation der Gruppe brauchen) und es gibt Rennradfahrende, die in der Gruppe auch gerne allein fahren.

Die moderne Technik spielt dabei auch seine Rolle. Sie hilft und schadet manchmal gleichzeitig. Ohne Track fährt heutzutage kaum jemand los. Auch in Gruppenausfahrten „will“ der Track als Unterstützung geladen sein. Das ist als Guide gut, denn man kann sich dann hinterm Feld mit anderen Dingen beschäftigen. Fotografieren, ausruhen oder pinkeln. Ohne dass dabei die Gruppe von der Strecke abweicht. Wenn da nicht jene wären, die ohne Track ausreißen oder sich mit Track verfahren. Solange alle wieder auf die richtige Spur kommen, soll das alles kein Problem sein (und vor allem keine Polemik erzeugen). Auch finden Ausreißer ohne Track die angepeilte Nahrungsaufnahmestelle, weil Hunger und Durst beste Navigationshilfen sind.

Ultracycling Learnings.

Akkustand-Check: Es ist wenig hilfreich, wenn man (ich) den Garmin Edge vorsichtshalber die ganze Nacht an die Stromversorgung anschließt, um kurz vor der Abfahrt um 4 Uhr feststellt, dass der Akkustand bei 27 % liegt. Not macht erfinderisch. Ich wollte immer schon die Powerbank testen. Also, Lenkertasche rauf, 900 Gramm schwere Powerbank rein, oldschool Garminhalterung auf den Vorbau und Gerät anschließen. Nach drei Stunden Fahrzeit hatte ich 100 % Akkustand, das Garmin-Gerät wieder aerodynamisch vor dem Vorbau platziert und die ganze weitere Tour kein Stromproblem mehr. 25 % waren im 5 Jahre alten Edge 1030 am Ende noch vorhanden. Ich hätte noch weiterfahren sollen. Ohne Powerbank wäre sich das also nicht ausgegangen.

Gummibärchen: Neben BiFi sind Gummibärchen „Best of Junkfood“. Ich hatte die vegane Version von Katjes mit dabei. Traumhaft.

Schulmäuse: Auf meiner Bestenliste auch Schulmäsue. Flaumig zartes Hefeteiggebäck gefüllt mit cremiger Nuss-Nougat-Füllung. Dazu ein Cappuccino. Weckt den Pogačar in dir.

Flüssigwachs: Diesmal habe ich wieder Flüssigwachs verwendet. Das hat sich ausgezahlt. Die Kette lief nach 400 Kilometern, reichlich Wasser von oben und von unten, Staub und Dreck immer noch lautlos und geschmeidig.

Radhose: Das Beste ist mir gut genug. Aber was ist das Beste? Ich behaupte einmal, meine Radhose war es. Keine Probleme, kein Rutschen, kein Scheuern, kein Schaum (Achtung Insider). Den ganzen Tag lang ein schmerzfreier Übergang zwischen trocken, nass und verschwitzt. Übrigens trage ich bei den Hosen Größe S. Vielleicht sitzt sie deswegen so gut.

Kopfsache: Es war nicht mein erster 400er. Aber für einige war es eine Premiere. Ich konnte mir schon ausrechnen, was auf mich zukommen hätte können. Wie das die anderen gemacht haben? Ich würde es gerne wissen. Die Gruppendynamik allein kann es nicht gewesen sein.

Packen: Probieren geht über Studieren und Fluchen. Patrick und Conny waren bestens ausgestattet und hätten wohl mehrere Tage unterwegs sein können. Weil sie die Gelegenheit beim Schopf gepackt haben und sich auf Größeres einstimmen wollten. 2 x Licht vorne, 1 x Arschrakete hinten, 2 x Flasche hinten (an der Arschrakete stylisch und aerodynamisch befestigt), 1 x Warnweste … 13,5 kg schwer war Patricks Tarmac S-Works mit Felgenbremsen!

Pannonia 400 ein Klassiker?

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Ultracycling Events. Self-supported oder supported. Man kann es sich aussuchen. Was es noch nicht gibt, sind Social Ultracycling Events, bei denen man „schnuppern“ kann. Pannonia 400 wäre in Zukunft eine ideale Gelegenheit dazu. 400 Kilometer im Schutz und im Windschatten einer Gruppe. Jährlich um die Sommersonnenwende. Am längsten Tag im Jahr, die längste Ausfahrt im Jahr. Außer man ist ein Freak, ein Randoneur, ein male oder female Ultracyclist.

Sagen wir es einmal vorsichtig. Nächstes Jahr ist die Sommersonnenwende am 21. Juni. Das wäre ein Samstag. Was wieder perfekt wäre.

#ktrchts
Cristian

PS: Ich brauche mehr Mitgefühl: Ich muss mich besser abgrenzen. Und lernen, die Geräusche der anderer Fahrräder auszublenden. Was habe ich mitgefühlt? Speziell dann, wenn im Wiegetritt ein spanisches Kastagnetten-Konzert die Ruhe und Idylle störte. Es war nicht mein Rennesel. Es hat aber trotzdem wehgetan.