Immer spannend. Rennradausfahrten mit ihm.

RennradausfahrtenRennradausfahrten mit ihm.

Einen Großteil der Zeit verbringen wir gemeinsam auf dem Rad. Rennradausfahrten mit ihm sind schnell. Zumindest meistens. Zumindest für mich. Rennradausfahrten mit ihm verlangen Konzentration. Zumindest von mir. Die Ausfahrten mit ihm reduzieren meine Sinne auf das Überlebensnotwendige. Treten. Bremsen. Loch ausweichen. Treten. Bremsen. Kanaldeckel. Treten. Abbiegen. Treten. Bremsen. Kurve. Treten. Trinken. Treten. Essen. Treten.

Jede Ausfahrt eine Rennradreise.

Ich folge ihm blindlings überallhin. Ich bin ihm ausgeliefert. Weil ich nichts anderes sehe als sein Hinterrad. Und sein Hinterteil. Wo sind wir eigentlich grade, frage ich dann. Meistens ins Leere. Weil aus den Stöpseln in seinen Ohren Musik klingt. Wo wir denn gerade seien, schreie ich dann. Keine Antwort. Seine Musik zu laut. Egal. Ich trete weiter. Berühigend ist, wie er sich immer wieder nach mir umschaut.

Er, der Italiener, kennt mittlerweile jeden Weg, jede Abzweigung in meiner Heimat. Aber er hört mich nicht immer. Zum Reden kommen wir in den Pausen. Wenn es welche gibt. Im Sommer gibt es mehr als im Winter. Im Sommer reden wir deshalb auch mehr. Manchmal sogar bei Kuchen und Kaffee.

Rennradausfahrten

Sein Training und mein Nachfahren.

Meine Rennradausfahrten ins Blaue.

Ausfahrten mit ihm machen mich besser. Die Ausfahrten mit ihm machen mich schneller. Seine Ausfahren mit mir lassen mich oft den Rausch der Geschwindigkeit erleben. Rennradausfahrten mit ihm bedeuten ein All-inclusive-Service bei etwaigen Reifenproblemen. Alle Ausfahrten mit ihm geben mir nicht zuletzt deshalb ein Gefühl von Sicherheit.

Aber manchmal fahre ich auch gern allein. Reduziert auf zwei Räder und zwei Beine gelange ich überall hin. Zumindest fast. Ich erklimme Hügel, ich klettere auf Berge, ich nehme Wege, die ich zuvor noch nicht genommen habe. Ich finde Plätze, die mir bis jetzt verborgen waren. Und ich sehe anders . Weil ich etwas sehe.

Bekannte Strecken werden so plötzlich zu unbekannten. Ich sehe das Marterl am Straßenrand, die Störche, die durch die Felder staksen, die Grenzsteine, die Geschichte erzählen, das aufgelassene Kaufhaus im Ort, den Kaugummiautomaten vor dem Gemeindeamt. Rieche den Duft von frisch gebackenen Schnitzerln sonntagmittags und sehe die alten Frauen mit ihren bunten Kopftüchern auf den Bänken vor ihrem Haus. Ich sehe die zweisprachigen Ortstafeln und versuche mir die Namen einzuprägen. Ich sehe den See, der mich jedes Mal in einem anderen Blau willkommen heißt.

Rennradausfahrten

Der Italiener und ich.

Ich bewege mich in einem Radius von 70 Kilometern. Es ist meine Heimat und trotzdem ist sie mir manchmal so fremd. Ich lerne sie neu kennen. Nehme sie wahr wie eine Reisende und denke mir Geschichten dazu aus. Wenn ich alleine fahre, habe ich nämlich Zeit. Für die Landschaft. Für die Plätze. Dann fahre ich so langsam, wie ich will. Es gibt kein Hinterrad, an dem ich kleben muss. Ich bleibe stehen, wann ich will. Dann sauge ich den Moment ein.

Ich habe mich schon in einigen Sportarten versucht. Spaß gemacht haben die meisten. Aber dieses Gefühl, das in meinem Innersten entsteht, wenn ich Rad fahre, ist noch nie sonst dagewesen. Vielleicht ist es die Kombination. Aus Anstrengung und Genuss, aus Höhen und Tiefen. Für den Schweiß und den Fahrtwind. Langsam und schnell. Gegen den Wind und in der Stille. In der Sonne und unter den Wolken. Aus Abenteuer und Sicherheit.

Mein Spaß am Rennradfahren.

Möglicherweise ist es der Duft. Der Duft nach blühendem Raps und Flieder im Frühling, nach See und frisch gedroschenem Getreide im Sommer, nach feuchter Erde und Moos im Herbst, nach Rauch, der im Winter aus den Schornsteinen steigt.

Auf jeden Fall ist es ein Gefühl von Freiheit. Für mich. Und manchmal flutet es meinen ganzen Körper. Es gibt diese und jene Ausfahrten. Beide sind gut. Anders. Beide Rennradausfahrten machen glücklich. Deshalb verreise ich auch gerne mit ihm. Und allein.

la ketterechts

Danke für die Empfehlung

2 Kommentare

  1. Burisch Gerhard

    Schöner kann man das Abenteuer Rennrad nicht beschreiben. Und du hast recht, mit ihm werden die Ausfahrten zu einem Erlebnis der Sonderklasse.

  2. […] Ich ziehe mich also an. Langsam. So kann ich ein bisschen von ihm abschauen. Seine Hose. Die sommerliche oder die gefütterte? Sein Trikot. Kurz oder lang? Blau, magenta, gelb, grau, weiß oder schwarz? Knielinge? Beinlinge? Ärmlinge? Ganz unauffällig natürlich. Manchmal ziehe ich mich zwischenzeitlich auch um. Ich habe ja genug Auswahl. Und er hat inzwischen nicht nur Zeit, sich zu ärgern, sondern auch gleich mein und sein Rad aus dem Keller zu holen. Und aufzupumpen. Eventuell. Und Trinkflaschen zu befüllen. Unter Umständen. Und vor dem Haus in der Kälte oder in der Sonne auf mich zu warten. Zumindest ein bisschen. Bis ich Prinzessin fertig bin. Ohne mich fährt er ja sowieso nicht weg. Gemeinsam ist es viel spannender. […]

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