Was taugen China Carbon Rahmen? Mein Selbstversuch.

Chinarello “Prince”

Schon die Tatsache, dass ich ein so genanntes Chinarello fahre macht mich zum Sünder. Aber ich mache es für einen wissenschaftlichen Zweck. Und für die Allgemeinheit. Somit genieße ich Strafmilderung. Und ich kann jetzt absolut fundierter schimpfen. Über die Kopien und die Plagiate.

Tut mir leid, wenn ich all jene desillusionieren muss, welche so einen China Rahmen fahren. Im (falschen) Glauben, das sei eh dasselbe wie das Original. Weil es von derselben Fabrik kommt, weil dieselbe Backform verwendet wird, weil Carbon Carbon ist … Ach ja. Pinarello soll hier nur als Beispiel herhalten. Es werden ja auch andere Räder kopiert. Sie alle aufzuzählen würde diesen Blogbeitrag unnötig in die Länge ziehen.

Ich bin froh die Möglichkeit  gehabt zu haben, den direkten Vergleich anzutreten. Danke übrigens. “Bekommen” habe ich einen China Carbon Rahmen – sehr ähnlich einem Pinarello Prince aus dem Jahr 2012. Könnte aber auch das erste Dogma sein. Ich tippe eher auf das Prince. Das Dogma war der Nachfolger vom Prince (mit einem 60HM1K Carbon) und war das erste asymmetrische Rad von Pinarello. Bestückt mit einer Dura Ace. Vorne 52/36 (Sram Kurbel mit Rotor Blättern) und hinten 11/29 (Miche Ritzelpaket). Der Aufbau des Rades vorbildlich. Da war ein Kenner am Werk.

Gespannt war ich, wie ich zum ersten Mal auf das Rad gestiegen bin. Für den “Test” habe ich die selbe 150 km Runde gewählt, welche ich genau eine Woche zuvor noch mit der lädierten Princess of Pain (Dogma2) gefahren bin. Die Princess ohne High Heels. Mit Most Wildcat. Zuerst hatte ich natürlich mit der Sitzposition zu kämpfen. Und mit der Shimano Schaltung samt der Hörner. Massiv. Im Vergleich zum Ergopowerhebel von Campagnolo.

Was mir beim Rad sofort aufgefallen ist: es ist weicher. Der unmittelbare Umstieg hat diese Wahrheit gleich ans Licht gebracht. Und ich hatte das Gefühl, meine Kraft würde irgendwo verpuffen. Statt nach vorne, ging diese nach unten. In den Asphalt. Also immer wieder raus aus dem Sattel. In den Wiegetritt. Tempo machen. Geschwindigkeit aufnehmen. Mag wohl auch an den Laufrädern liegen. Shimano RS Eighty. Nicht unbedingt die steifesten Böcke. Aber wie gesagt. Der Vergleich zur Princess of Pain ohne High Heels.

Komfort. Das ist wohl die passendste Beschreibung für den China Rahmen. Ein klassisches Granfondo Rad. Nicht so bockig und steif wie ein Original. Dafür bandscheiben- und steißbeinschonender. Womit wir auch die Zielgruppe für so ein Rad gefunden hätten. Wer also von einem Alurad auf ein Carbon umsteigen will. Achtung. Das ist keine Kaufempfehlung. Denn mit dem Erwerb eines Chinarello macht man sich eigentlich strafbar. Außer … (ist ja kein Geheimnis).

Einen markanten Unterschied habe ich auch beim Steuern des Rades bemerkt. Mir nichts, dir nichts bin ich mit guter Geschwindigkeit Kette rechts langgezogene Kehren bergab gefahren. Im Kurvenscheitel beim Einlenken habe ich gemerkt, wie das Rad hinten weggeht, ich musste die Kurve aufmachen und bin auf die Gegenfahrbahn gekommen. Am Kurvenausgang. Wegen der Laufräder? Es war trocken. Und die Schwalbe Ultremo sicher nicht am Limit. Wegen des weicheren Rahmens? Ich sage als Laie mal ja. Ich musst mein Kurvenverhalten neu einstudieren.

Fazit: Ich habe die ersten 150 km überlebt. Das Rad auch. Also Entwarnung. Fast dieselbe Strecke (150 HM weniger), selber Schnitt und selbe Freude am Treten. Auch wenn diese erst im Wiegetritt voll zur Geltung gekommen ist. Hier bin ich auch dem Geschwindigkeitsrausch verfallen.

Und noch ein paar Unterschiede. Chinarello Rahmen kommen nur mit BSA Gewinde. Campagnolo Fans sind also nicht unbedingt gefährdet. Das von mir gefahrene Modell hat im Unterschied zum Original einen Umwerfer mit Schelle. Nichts gelötetes. Mittlerweile können das die Chinesen auch schon. Asymmetrie dürfte es auch keine geben. Interessant wäre zu wissen, welcher Carbon verwendet worden ist. Die Originale haben den Torayca® 60HM1K (das sind 60 Carbonfäden auf ein cm2). Denn das wird wohl das Geheimnis sein. 

Für mich gibt es eindeutig einen Unterschied. Und wenn dieser nur im Kopf ist. Von dort geht er in die Beine 😉

Und noch was: 52/36 und 11/29 ist perfekt. In der Ebene zu richtig zu Bolzen und am Berg nicht zu verhungern. Da geht echt was weiter.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#faceyourpassion

Danke für die Empfehlung

9 Kommentare

  1. Fritz Bauer

    Naja, ich sag mal so: Wer am Berg 36/29 braucht, um nicht “zu verhungern”, dem muß ich auch mangelnde Kurventechnik unterstellen … ganz abgesehen davon, daß sich auch jedes nicht gefälschte Rad (verschiedene Modelle) anders fährt.
    Das (originale) Dogma 2 also mit dem Nachbau eines “sehr ähnlich Pinarello Prince aus dem Jahr 2012 / könnte aber auch das erste Dogma sein” zu vergleichen ist aussagelos.

  2. Christoph

    Sorry, aber das sind alles Texte die die Welt nicht braucht!! Man haut hier einen subjektiven Sch… raus!! Man montiert sich Shimano Komponenten und vergleicht die mit Campa? und vergleicht ein Pinarello Fake mit einem anderen Pinarello Model? Ich fahre mehrere Rennräder, Pinarello Org, Stevens und ein ChinaRahmen mit SRam Red, FSA Kurbel, Enve Carbonlaufrad, Gesamtgewicht 6,7 KG und letzteres ist das Beste!! Ich habe auch Wattmessungen zu den anderen gemacht, kaum Unterschied!! Die meisten Rahmen, die dort produziert werden sind für Namenhafte-Hersteller in den USA und der EU und werden nach UCI Standards getestet. Kauft doch bei vernünftigen Firmen in China und vergleicht dann!! Oder kommt bald der Vergleich Dacia Duster zum Audi RS6 ??

    • @_ketterechts

      Servus Christoph (ich erlaube mir das radlertypsiche Du),
      so wie meine Zeilen eine subjektive Meinung sind/waren, so sind es auch deine. Jede/r darf und soll kaufen, wo er/sie will. In China, beim Versandhändler oder beim Händler ums Eck.

      Schönen Tag noch und viel Spass mit deinen vielen Rennrädern.
      dieketterechts

  3. Für alle die Chinarahmen interessieren gibt es einen perfekten (halbwegs objektiven) Youtube-Kanal : Tracevelo.

    Im Gegensatz zu “Alles Chinazeug is schlecht” was häufig in Foren von Usern kommt, welche 6000€ Fahrräder fahren und es nicht wahrhaben wollen, dass sie von der Fahrradmafia über den Tisch gezogen werden, wiegt er Pro und Kontra ab. Und wer hätte es gedacht, manches ist Schrott (Sensah Empire STI) aber das meiste ist grundsolides Material.

  4. Christian Lasar

    China.
    Die Chinesen
    Mal ganz unvoreingenommen ehrlich, selbsterforschend, kontemplativ: Wieviel Chauvinismus beeinflusst unser Bild dieses Staates, dieser Menschen? Wie gerne halten wir uns für besser, fähiger, genauer, vernünftiger, intelligenter? Wie sehr sind wir von der (wohl nicht unbegründeten) Vorstellung schlampigen Küchenpersonals beeinflusst, das seit Jahrzehnten in den für die meisten von uns einzigen Berührungspunkten chinesischer Kultur, in denen wir auch lernen durften, dass man Fahrrad mit doppel-L aussprechen kann, für unser leibliches Wohl sorgen?

    China hat gerade sein eigenes Satelliten-Navigationssystem etabliert. Von A bis Z, von der Konzeption, Konstruktion, Programmierung bis zur Platzierung im Orbit, vom kleinsten Transistor bis zu den Turbopumpen der Raketentriebwerke – alles selbst, alles im eigenen Land gemacht. Es funktioniert. Nichts ist „plötzlich gebrochen“, nichts war „zu weich“ oder „zu locker“, jede Schraube hat genau gepasst. Sowas. Und das ganz ohne westliche „Aufpasser“, wie sie angeblich von den großen „Marken“-Herstellern um „viel Geld“ den fernöstlichen Manufakturen beigestellt werden „müssen“, um gleichbleibende „Qualität“ sicherstellen zu können.
    On the dark side of the moon sind sie bereits gelandet, den langen Marsch zum Mars haben sie gerade aufgenommen. Die sind mindestens so fähig wie wir.

    China ist ein gewaltiger Markt. Mehr als dreimal so groß wie die EU. Sehr schlau organisiert, mit immensem ökonomischen Wachstum. Zunehmend verseucht von westlichem Überflussmaterialismus, leider. Aber auch traditionsbewusst. Fahrradtraditionsbewusst. Waren es nicht das Fahrrad beziehungsweise der Sack Reis, welche uns dortzulande umfallend sprichwörtlich wenig kümmerten?
    Sei es wie es sei: Auch die Chinesen sind rennradnarrisch. Der Markt überschlägt sich seit etlichen Jahren mit Zuwachsraten. Es gibt Hobbyfahrer, Profis, Teams, Sponsoren. Sie organisieren wunderbare, große Rundfahrten, gesäumt mit zigtausenden Fans. Sie treten nicht lascher in die Pedale, sie fahren nicht weniger hart als wir.

    Und ich habe noch nie gehört, dass sie irgendwie genuin suizidaler veranlagt wären als wir wunderbaren Europäer. Abgesehen von der Angelegenheit in ihren Küchen!

    AliExpress ist quasi das chinesische Amazon. Nur Insgesamt noch besser gemacht. Egal, es gibt ein hervorragendes Bewertungssystem, welches auch gerne genutzt wird.
    Es gibt, unabhängig von AliExpress, auch Radmagazine, Foren, Blogger und youtuber. Der Markt ist somit also einer strengen Kontrolle unterworfen. Brechende Rahmen, Lenker, Gabeln, kollabierende Laufräder, falsche Passungen und was weiß ich – welcher Hersteller könnte sich denn das erlauben?
    Nein, die können nicht nur mit CAD und Carbon, die können auch Qualitätskontrolle.

    Das ist mal meine bescheidene aber etwas informierte und erfahrene Sicht dieser Dinge.

    Und jetzt eine kleine Gutenachtgeschichte, als eine Art Sage könnte man sie eventuell bezeichnen. Die eine mehr, der andere weniger.

    Es waren einmal ein paar Unternehmer. Sie lebten oft sehr gut von der Arbeit ihrer Beschäftigten, die sie in ihren Hallen mit ihren Maschinen aus ihren Werkstoffen Fahrräder bauen ließen.
    Doch es kam die Zeit der Globalisierung, des schnellen, unkomplizierten und (für meist nur eine Seite) sehr lukrativen neuen weltweiten Handels. Arbeitsintensive Ware wurde aus fernen, armen Ländern importiert, hochentwickelte Produkte oder Dienstleistungen im Gegenzug verkauft.
    Es dauerte nicht lange und die Fahrräder mit selbstgebauten Teilen verkauften sich immer schwieriger. Einer der Unternehmer hatte die Idee gehabt, die Vorteile der Globalisierung kompromisslos zu nutzen und bezog mehr und mehr Teile aus Taiwan und Japan, ging dazu über, die kompletten Räder dort aufbauen zu lassen und konnte seine Fahrräder in der westlichen Hemisphäre mit gigantischen Spannen verkaufen. Das stetig mehr werdende Geld nutzte er geschickt für Sponsoring, Imagekampagnen, Inserate. Er beschäftigte die allerbesten Werbeagenturen mit den allerbesten Werbepsychologen.
    Alsbald stand fest: Das Zielobjekt, die breite Masse der (potentiellen) Hobbyrennradfahrer, lässt sich mit zwei Disziplinen der emotionalen Manipulation am besten gewinnen: Angst und Hoffnung.
    Hoffnung mit weniger Anstrengung gleich schnell zu sein. Oder mit der selben schneller. Am Berg nicht als zuletzt Ankommender sofort weiter zu müssen, in der Gruppe mal einen ganzen Satz von sich geben zu können. Die Kollegen zu beeindrucken, ja mit seiner „Waffe“ geradezu einzuschüchtern. Jedes Zehntel Watt, jedes eingesparte Gramm wird zu gutem Geld gemacht. Und, ja, ist dich auch ein gutes Gefühl, davon ausgehen zu können, dass das Gerät so viel kostet wie eine Flugstunde mit dem Eurofighter.

    Angst mit Storys von spontan brechenden Teilen, schief sitzenden Achsen und Wellen, weichen Rahmen, ausreißenden Speichen. Von Bienenstich und Schnatterfleck.
    Denn das Zielobjekt solle nur ja nicht begreifen, dass die Globalisierung eigentlich für alle da sein könnte.

    Da fiel es den anderen Unternehmern, zunehmend auf ihren Rädern sitzenbleibend, bald wie Schuppen von den Augenbrauen: brave new world. Hurra! So geht das neue Business! Und es dauerte nicht lange, bis auch ihr Geschäft wieder florierte.
    Sie ließen, wenn sie sehr groß waren, ihre eigenen Konstruktionen exklusiv in Fernost fertigen oder ließen sich große Mengen der zahlreichen open mould Rahmen liefern.
    Preiskartelle sind streng verboten, aber ein gut wachsender Markt lässt Spannen von vierstelligen Prozentzahlen durchaus auch ohne riskante Absprachen zu. Man weiß ja, wie man die Masse manipulieren kann. Angst und Hoffnung. Man weiß ja, wen man dazu braucht. Marketing- und Werbeagenturen. Man weiß ja, wie man das dazu nötige Geld verdient.

    Gute Nacht, Okzident, deine Zeit ist bald vorüber, und du ahnst es!

    PS: Nur die eine, nur die allerneueste Meldung. Rahmenbruch bei einem 3000 km alten 2020 Emonda SLR. 3000 km normaler Gebrauch von einem normalen Hobbyfahrer, schätze mal 2,8 W/kg.
    Ach ja, klar, kommt ja aus China der Rahmen…
    TREK verweigert übrigens den Garsntienanspruch!

    • Winfried Köhler

      Bei all Deiner Lobhudelei hast Du die Bedingungen, unter denen Menschen in China leben und arbeiten, ein wenig außer acht gelassen. Auf der Strecke und unerwähnt blieben auch gänzlich die katastrophalen ökologischen Folgen des ungehemmten Wachstums, an dem natürlich.der westliche Konsument Schuld hat. Hoffentlich werden die Rahmen oder Komponenten nicht von Uiguren gefertigt, die auf diese Weise in den Strafanstalten umerzogen werden. Es fehlte zum Abschluss noch ein Grußwort des bald schon ewigen Vorsitzenden Xi.
      Ich kaufe und fahre jedenfalls nach Möglichkeit Produkte aus europäischer oder amerikanischer Produktion.
      Selbst Taiwan ist mir als Herkunftsland lieber, solange es nicht dem expansionistischen Größenwahn von Herrn Xi zum Opfer gefallen ist.

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