Der Poklon (950m) hat mir heute den Zahn gerissen. |
Ich leben noch und kann das Abendessen im Hotel genießen. Auch wenn mir die Augen vor Müdigkeit zufallen. Was für ein Tag. Und was für ein Lob an meinen Garmin Edge 1000. Gestern habe ich ihn noch verflucht, heute war meine allerletzte Rettung. Nach ca. 100 km war ich von der geplanten Route abgekommen. Zu schön war der Rückenwind. Zu schön die Straße. Aber nach Koper wollte ich nicht. Ich musste nach Pazin zurück. Aber wie?
Beim Frühstück heute morgen kann ich niemanden überreden mitzufahren. Poklon und Vojak stehen am Plan. Von Pazin zur Ostküste, dann rauf nach Opatja, um von dort eine Höhenmeter-Orgie zu erleben. Von 0 auf 1400 m.ü.M. Also zog ich allein fort. Von Porec mit dem Auto nach Pazin. Schnell einen Parkplatz gesucht und schon geht es los. Ohne Track. Den habe ich zwar, aber in der verkehrten Richtung. Ich will aber gegen den Uhrzeigersinn. Also zuerst wie immer einmal verfahren und dann bin ich auf der Straße 64 Richtung Meer. Es ist schon ziemlich warm. Die Sonne heizt ordentlich. Doch das Problem ist der Wind. Stürmisch. Stark. Brutal. Vom ersten Meter weg begleitet er mich schon. Und er macht keinen Anstand, sich zu legen. Nach 30 km erreiche ich Vozilci. Dort nehme ich die Straße 66 Richtung Opatja, 36 km entfernt. Vor mir eröffnet sich dann ein herrlicher Panorama. Ich krieg erst später mit, dass ich mich hier bereits auf der Küstenstraße befinde, denn die Adria macht hier auf norwegischem Fjörd und kommt ins Landesinnere bei Plomin Luka zu Besuch.
Der Wind ist immer noch Spielverderber und nimmt mir all meine Kräfte. Ich komme kaum vom Fleck. Die gesamte Küstenstraße habe ich für mich allein. Wobei Küstenstraße etwas irreführend ist. Ich befinde mich ca. 200 m.ü.M. Vor mir die Bucht von Rijeka und die schneebedeckten Berge mit dem Skigebiet Platak. Die Straße fällt nach unten, doch der Wind macht sie zur gefühlten Steigung.
Nach endlosen 25 km ca. bin ich unten. Ich schlendere mich durch Medveja, Lovran und Ika bis ich endlich in Icici bin. Am Fuße der befürchteten Steigung zum Plokon. Am Kiosk unten am Parkplatz fülle ich meine Trinkflasche – die einzige, welche ich mithabe, und gönne mir ein Snickers und einen großes Corny Schokoriegel. Dann mache ich mich auf den Weg.
Die ersten Kilometer winden sich nach Poljane hoch. Eine Kehre jagt die andere. Die Mittagssonne mitterlweise erbarmungslos. Ich habe zu viel an. Aber das ist gut so. Von Poljane nach Veprinac wird das Tempo schon etwas kürzer. Nach Veprinac, ganz allein in der Pampa, heißt es leiden. 18% 13%, 14% … die kleinen aber feinen Rampen wechseln sich gekonnt ab. Ich schau nur mehr auf den Garmin. Ganz genau auf die aktuelle Höhe und die noch zu fahrenden Kilometer. Mit Radfahren hat das nichts mehr gemein. Der Wind hat mir auf den ersten 64 km bereits alle Zähne gezogen. Die Psyche hat schon Plan B im Tallon. Durch den Ucka-Tunnel. Per Anhalter.
Bis zum Pokolon sind es noch einige Kilometer und noch mehr Höhenmeter. Hier ist der Frühling noch nicht eingezogen. Die Vegetaion braun. Tod. Im Winterschlaf. Die letzten Kilometer haben es in sich. Ich kann kaum mehr. Nur das Schild „2 km bis zum Dopolavoro“ geben mir noch etwas Kraft. Endlich bin ich oben auf knapp 1000 m.ü.M. Jetzt noch 5 km und 400 HM bis zum Vojak. Ich fahre die Stichstraße rauf. Entscheide aber dann schnell umzukehren. Die Straße schaut echt nicht gut aus. Steine, Baumstämme, Rollsplit. Rauf würde gehen, aber so runterzufahren? Ich verzichte. Und nehme die Abfahrt hinunter.
Ich bin ohne Track unterwegs. Das rächt sich jetzt. Ich nehme zwar die richtige Abzweigung (die falsche hätte mich wieder Richtung Meer gebracht (Vozilci). Bei Lupoglav aber verpasse ich irgendwas. Ich fliege mit Rückenwind Richtung Rocko Polje und dann weiter Richtung Buzet. Erst als ich ein Schild mit „Koper 47 km“ sehe werde ich stuzig. Ich halte an und konsultiere meinen Garmin.
„Wollen sie an den Starpunkt zurück?“ „Ja, ich will“. Auf dem kürzesten Weg. Postion checken und schon lots mich mein Garmin. Über Stock und Stein. Güterwege, die wohl nicht einmal die Einheimischen kennen. Eine Achterbahn der Gefühle. Und der Straße. Rauf. Runter. Links. Rechts. Unter der Schnellstraße. Über der Schnellstraße.
Mittlerweile habe ich mein üppiges Essen mehr als verdaut. Wasser sowieso schon längst keines. Ich befinde mich im Zero-Energy-Modus und bin auf Überlebenstraining umgesattelt. Noch fehlen ca. 25 km.
Mein Garmin arbeite fleißig und gewissenhaft. Nur in Hum haben wir einen kleinen Disput. Ich glaube ihm eine Linksabbiegung nicht und schon befinde ich mich in einer Sackgasse. Eine Kirche auf einem Hügel. Sonst nichst. Also retour. Der Tag ist schon lange und ich nähere mich in Windeseile meinen Startort Pazin. Ich kann bis auf einer letzten 6%igen Steigung noch einiges an Reseverkräfte mobilisieren. Nach 5h18, 2.400 HM und knapp 130 km kann ich wieder ins Auto steigen und zurück nach Porec fahren.
Fazit: Istrien ist echt ein Traum. Egal ob es jetzt ausgebauten Straßen sind, ober wie heute geheime Güterwege. Auch die Leute sind hier sehr nett und freundlich. Vor allem das Personal in den Hotels. Ich bin der Meinung, dass es nicht immer Mallorca sein muss. Ich kann nur sagen: Visit Istria. Mit dem Rennrad.
Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#ketterechts #istria #croatia #valamarhotels #valamarmoments #valamarlovesbike
Cool – genau das bin ich letztes Jahr von Buzet aus gefahren. Mit Vojak – ist gut fahrbar (die ersten paar Meter sind etwas rauh) und sehr lohnenswert. Aber du weisst ja, was "Dopolavoro" heisst – Ende mit Arbeit 🙂 da fährt man dann gerne bergab.
Gruss, Alexander (von quaeldich)
😉