Dieses Jahr war ich dabei. |
Ewiger Herbst. Frühlingshafte Temperaturen. Milder Winter. Kein Niederschlag. Und dieses Internet. Gruppendynamik. Mehr brauchte es nicht, um mich dieses Jahr der Rapha Festive 500 Challenge zu stellen. 500 läppische Kilometer mit dem Rennrad. Zwischen Heilig Abend und der Silvesternacht. Im Schnitt an die 63 km pro Tag also. Nicht wirklich herausfordernd. Aber. Der innere Schweinehund bellt im Detail. Familie. Feiertage. Arbeit. Und dann doch das Wetter. Ewiger Herbst? Frühlingshafte Temperaturen? Niederschlagsfreier Winter? Ja. Im Gebirge. Hier im burgenländischen Seengebiet habe ich vergeblich danach gesucht. Hier fehlen einfach die Berge. Nicht einmal Hügel gibt es. Dafür seit Tagen dichter Nebel, Temperaturen um den Gefrierpunkt und Dauernieseln. Keine optimalen Voraussetzungen. Wohl eher perfektes Kuschelwetter.
Ganz ehrlich. Unter normalen Umständen, wäre ich bei so einem Wetter freiwillig nie aufs Rad gestiegen. Nicht nur meiner Gesundheit wegen. Wer will denn seine Carbon-Lady freiwillig derartigen Wetterbedingungen aussetzen? Eben. Doch dieses digitale Schwanzmessen ließ mir keine Wahl. Ich habe mich überreden, hinreißen, motivieren, verlocken und erweichen lassen. 101, 64, 101, 100 und 135. 501 km, 5.700 HM in 5 Tagen. Mission accomplished. Minimalziel versteht sich. Einer von vielen Zehntausenden weltweit. Mit Höhen und Tiefen. Mit Sonnenstich und Kältebeulen. Mit Lust und Frust. Und mit massenweiße Materialschwund.
Was bleibt ist vor allem eine gewisse Genugtuung. Für die eigene Leistung. Physisch wie psychisch. Organisatorisch wie logistisch. Ich habe sehr viele neue Strecken rund um das Rosalia Gebirge, dem Schneebergland und das Wechselgebiet kennen gelernt. Denn es war Flexibilität gefragt. Nach 2 1/2 Tagen im Nebel musste ich endlich die Sonne sehen. Und die gab es zwar stundenlang, dafür aber nur oberhalb und weit entfernt. Ich habe den Rennradpendler erfunden.
Ich hatte Nässe. Ich hatte Kälte. Ich hatte Nebel. Ich hatte teilweise kaum 50 m Sicht. Deshalb hatte ich auch eine Warnweste an. Zum eigenen Schutz. Ich hatte Salz. Überall. Im Mund. Am Körper. Und vor allem am Rad. In jeder noch so kleinsten Ritze. In jedem Lager. Ich hatte das Bedürfnis und die Pflicht meine “furia rossa” täglich Schaum zu baden. Ich hatte mehrmals keinen Bock und bin trotzdem gefahren.
Was ich auch hatte, war gute Bekleidung. Die Sealskinz Handschuhe ein Traum. Meine Thermo Langhose auch bei Null Grad und Gegenwind warm. Mein ketterechts Langarmtrikot mit meinen Ärmlingen ausreichend für 100% Luftfeuchtigkeit und kühlen Abfahrten. Die uralten, sich auflösenden GemiG Neoprenüberschuhe die beste Investition aus dem Jahre 2011.
Ich hatte aber auch die geilste Wintersportwoche seit ich Rennrad fahre. Oberhalb von 400 bis 600 Metern Temperaturen wie kaum im Frühjahr auf Mallorca. Ich hatte einen wolkenlosen Himmel der strahlend blauer nicht hätte sein können. Ich hatte Spass, 16,1 km bei Gegenwind mit knapp 40 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit hinter einem Traktor einen strava KOM zu ergattern. Ich habe meine Latte an Jahreskilometer in wohl kaum mehr erreichbare Sphären hinaufgeschraubt.
Ich hatte einfach eine geile Zeit. Danke Rapha festive 500. Danke an euch alle. Ohne euch hätte ich die letzten Tage noch mehr gekuschelt. Und noch mehr geschmust.
Cristian Gemmato aka @_ketterechts