Andere Mütter haben auch schöne Rennräder. Und wenn man die Möglichkeit bekommt eines davon zu daten, dann muss man zuschlagen. So geschehen vergangenes Wochenende. Die Jungs vom Mountainbiker am See fragten mich, ob ich das neue Specialized Tarmac SL7 Expert ausprobieren möchte. Und ob. Schnell war das Rad abgeholt und eingestellt. Größe 56 mit 110er Vorbau. Gut dass ich meine Bikefitting-Daten millimetergenau im Kopf habe. Und einen Inbusschlüssel stets zur Hand. Der Vergleich zum 2017er Modell drängt sich auf. Und natürlich auch die direkte Konfrontation mit dem Rennesel.
Das neue Tarmac. Ein Experte auf seinem Gebiet.
“Das neue Tarmac ist darauf ausgelegt, schnell zu fahren, es gibt kein Wenn und Aber – aber es repräsentiert so viel mehr als nur aerodynamische Fähigkeiten.” So die Specialized Produktwerbung. Schreiben und reden kann man viel. Doch wie sieht die Realität aus? Genau so. Echt. Die ersten 40 km auf dem neuen Specialized Tarmac SL7 vergingen im Nu bei einem Schnitt von 31 km/h teils mit und, teils gegen einen starken und frischen Ostwind. Mit ihm mitzuschwimmen und sich gegen ihn zu stemmen war doppelter Genuss. Das neue Tarmac ist vor allem eines: agil und reaktionsschnell. Blitzschnell nimmt es Fahrt auf und verwandelt die eingesetzte Kraft in Vortrieb um. Sowohl im Sitzen wie auch im Wiegetritt. Wenn man dieser subjektiven Wahrnehmung Glauben schenken darf, dann ist die Specialized-Produktwerbung kein übertriebenes Eigenlob.
Man muss mit dem neuen Tarmac Specialized SL7 Expert nicht schnell fahren. Das ist nicht notwendig. Man will aber. Womit wohl alles über dieses Rad gesagt bzw. geschrieben ist. Der Rest ist eine Frage des Budgets, des Geschmacks und vor allem der Verfügbarkeit.
Man muss mit dem Tarmac nicht schnell fahren. Man will.
Das für einen Seitensprung zur Verfügung gestellte Tarmac Model war mit einer mechanischen Ultegra Disc Gruppe ausgestattet. Das Fehlen einer Di2 war schon zu spüren. Die Schaltvorgänge waren langsamer und weniger präzise. Logisch. Auch sind die STI-Griffe im Vergleich zur elektronischen Schaltung wahre Monster. Obwohl Sie gut in der Hand liegen.
Am besten gefiel der Specialized Power Expert Sattel. Dieser war schon beim Testen des Venge postiv aufgefallen. Man sitzt so, als wäre man am Rad angeschnallt. Kein Vor- und Zurückrutschen. Egal ob Oberlenker-, Unterlenker- oder Bremshebelhaltung. Interessant auch die Flaschenhalter S-Works Carbon Zee Cage II. Hier wird die Flasche nicht von oben eingeschoben, sondern seitlich. Bis ich das verstanden hatte. Aber das ist eine andere Logik und Geschichte.
Ansonsten weist das Expert Modell mit mechanischer Schaltung keine Besonderheiten auf. Rahmen ausgeschlossen. Der ist und bleibt einer aufs Wesentliche reduzierter Hingucker. Einiges an Traditionellem, viel an Aero sowie die typische Verbindung Sitzstrebe zu Sattelrohr. Die hauseigenen Roval C38 peppen nicht nur die Optik auf. Sie verleihen dem Rad auch ein Minimum an Flex. Denn Komfort sucht man ansonsten vergeblich. Und wird diesen auch nicht finden. Das Tarmac ist eine Prinzessin auf der Erbse. Alles was zwischen Reifen (S-Works Turbo 26 mm ) und Asphalt liegt, wird 1:1 über den Rahmen direkt in Arme und Wirbelsäule übertragen. Nicht ungut, möglicherweise könnte sich das auf längeren Ausfahrten jedoch auswirken.
Soviel Aero wie nötig, soviel Klassik wie möglich.
Der Alulenker passt gut und reicht vollkommen aus. Altbewährte Rundungen. Der spezielle S-Works Tarmac SL7 Vorbau macht ein gutes Gesicht, auch wenn das viele Plastik statt der herkömmlichen Spacer etwas “billig” ausschaut. Ähnlich wie bei BMC (und mittlerweile fast bei allen Aero Rahmen) werden hier Kunststoffteile kompliziert angeordnet und ineinander verkeilt. Schnell einmal Vorbau erhöhen oder senken wird wohl nichts für Ungeduldige und kann in unfreiwilliges Tetris-Spielen enden. Dass der Vorbau eine integrierte Computerhalterung in der Faceplate haben soll, dürfte entgangen sein. Für Testzwecke wurde die Garmin Original-Halterung für Edge 1000/1030 montiert.
Ein Lächeln sagt mehr als 1000 Testberichte.
Eine kleine und amüsante Anekdote steuerte laKetterechts zum Testgeschehen bei. Eingeladen, auch einmal kurz auf das Specialized Tarmac SL7 zu steigen, hat sie dieses nach anfänglicher und routinemäßiger Ablehnung des Probesitzens dann nicht mehr zurückgegeben und mich gezwungen auf ihrem Trek Domane 5.2 die Tour zu Ende zu fahren. Mit 3 bar Luftdruck im Vorderrad, der Ordnung halber erwähnt. Es ist also ein Nachteil, wenn er und sie fast dieselbe Schrittlänge haben.
Und plötzlich war sie schneller. Nicht unbedingt des Rades wegen. Einfach nur weil sie schneller gefahren ist. Sie hätte nicht müssen. Sie wollte. Mit Dauerlächeln im Gesicht und mit Semi-Compact 52/36 Kurbel und 11-30 Ritzel (habe ich ihr erst am Ende der Tour verraten). Auch den Berg hinauf. Locker und flockig.
Einmal mehr zeigt sich damit, dass nicht nur die Beine schneller machen. Rennradfahren ist und bleibt auch Kopfsache.
Fazit Testurteil:
Andere Mütter haben auch schöne Rennräder und es war ein Vergnügen mit einem davon ein Speed-Date gehabt zu haben. Die Testfahrt mit dem neuen Specialized Tarmac SL7 Expert war wie der One-Night-Stand, den man am Morgen danach nicht mehr nach Hause gehen lassen will.
ktrchts
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Specialized Tarmac SL7 Expert im Detail
Technische Spezifikationen:
Rahmen | Tarmac SL7 FACT 10r Carbon, Rider First Engineered™, Win Tunnel Engineered, Clean Routing, Threaded BB, 12x142mm thru-axle, flat-mount disc |
Gabel | FACT Carbon, 12x100mm thru-axle, flat-mount disc |
Lenker | Specialized Expert Shallow Drop, alloy, 125mm drop x 75mm reach |
Vorbau | Tarmac integrated stem, 6-degree |
Lenkerband | Supacaz Super Sticky Kush |
Sattel | Body Geometry Power Expert, hollow titanium rails |
Sattelstütze | 2021 S-Works Tarmac Carbon seat post, FACT Carbon, Di2 Compatible, 20mm offset |
Sattelstütz-klemme | Tarmac integrated wedge |
Bremse vorne | Shimano Ultegra R8070, hydraulic disc |
Bremse hinten | Shimano Ultegra R8070, hydraulic disc |
Schalthebel | Shimano Ultegra Disc R8020 |
Umwerfer | Shimano Ultegra R8000, braze-on |
Schaltwerk | Shimano Ultegra R8000, Shadow Design, 11-speed |
Kassette | Shimano Ultegra R8000, 11-speed, 11-30t |
Kurbel- garnitur | Shimano Ultegra R8000, HollowTech 2, 11-speed |
Kettenblätter | 52/36T |
Vorderrad | Roval C 38 Disc, carbon, tubeless-ready, 38mm depth, 24h |
Hinterrad | Roval C 38 Disc, carbon, tubeless-ready, 38mm depth, 24h |
Vorderreifen | S-Works Turbo, 120 TPI, folding bead, BlackBelt protection, 700x26mm |
Hinterreifen | S-Works Turbo, 120 TPI, folding bead, BlackBelt protection, 700x26mm |
Schläuche | Turbo Ultralight, 48mm Presta valve |
Gewicht | 7,67 kg mit Pedalen und 2 Flaschenhaltern |
Preis | ab € 5.599,- inkl. Ust. |