Mit E-Bikes ist es so. Fast niemand braucht sie, doch sehr viele nutzen sie. Sie sind ein Produkt der Industrie und der „elektrifizierten“ Zeit. Eine logische Konsequenz. Elektrisch unterstützt ist das Leben so viel einfacher. Auch das Radfahren. Und alles, was nicht fossil brennt, beruhigt sowieso kurz vor dem Umweltkollaps das allgemeine menschliche Gewissen. So ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten Jahren ein regelrechter Hype rund um das E-Bike entstanden ist. Eine Hysterie, die verständlich, aber schwer zu verstehen ist. E-Bikes öffnen neue Möglichkeiten sich zu bewegen und grenzen diese gleichzeitig ein, weil man es nicht mehr ganz von selbst macht. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, unterstützen E-Bikes die Trägheit des menschlichen Gemüts. Sie machen das Leben ein wenig fauler. Aber das wäre jetzt eine ganz andere Geschichte. In diesem Beitrag geht es nicht um philosophische Ansätze rund um das E-Bike, sondern darum, herauszufinden, was man als Rennradfahrer von einem E-Mountainbike erwarten kann. Starten wir deshalb einfach die Serie „E-Bikes im Test“. Das Testobjekt: Der E-Mountain von MyEsel.
Mit dem E-Mountain draußen eine Runde spielen.
Das E-Mountain ist das erste Mountainbike aus dem Hause MyEsel. Im Gegensatz zum E-Cross mit hauseigenem UPEA Nabenmotor, hat das E-Mountain einen Brose Drive-S Mittelmotor mit 250 Watt, 90 Nm Drehmoment und einer maximalen Unterstützung von 410 %. Zahlen, die erahnen lassen, welch kraftvolles Spielzeug mir zur Verfügung gestellt worden ist. Eines, das unbedingt in der freien Natur bewegt werden will. Neben dem starken Motor sticht natürlich der MyEsel Holzrahmen sofort ins Auge. Ein Mountainbike aus Kernesche? Geht das? Es geht. Warum nicht? Mein Rennrad aus Holz funktioniert ja seit über einem Jahr auch „störrfrei“. Sowohl mit dem E-Mountain als auch mit dem Rennesel sind mit die Blicke viele gewiss.
Für den ausgiebigen Test habe ich mich zuerst einmal langsam an das E-Mountain gewöhnt. Eine kurze Kaffeefahrt zuerst, eine längere Warmlaufphase durch die Eisenstädter Fußgängerzone später und am Ende gab es auf der hauseigenen MTB-Strecke im Leithagebirge kein Halten mehr. Bei erschwerten Bedingungen und tiefem Boden – einfach perfekt. Das E-Mountain kommt aus der Natur und ist für die Natur geschaffen.
E-Mountain fahren ist ziemlich angenehm anstrengend.
Man braucht schon einige Zeit, um ein E-Bike wie den E-Mountain von MyEsel zu verstehen. Ich habe mir anfangs schwergetan. Macht der Gewohnheit. Aufs Rad setzen, lostreten und die Geschwindigkeit genießen. Das ist beim E-Mountain etwas anders. Zwar schießt es dank Anfahrtshilfe sofort beim Antritt weg wie eine Rakete aber ab 25 km/h riegelt der Motor ab und dann sind 22 kg Kampfgewicht mit reiner Muskelkraft zu bewegen. Da brennen schon die Muskeln. Auch ob der etwas ungewohnten Sitzposition, die ein MTB so mit sich führt und der 100 mm Federweg der dir ständig das Gefühl gibt, bei jedem Tritt im Boden zu versinken. Die Fixierung der Gabel macht das nur bedingt wett. Ein Mountainbike ist eben kein Rennrad. Sobald ich aber verstanden hatte, die jeweils volle elektrische Unterstützung abzurufen, war das Fahren mit Eco-Power, Tour-Power, Sport-Power und Boost-Power ziemlich angenehm anstrengend. Es gilt wohl auch hier der Grundsatz: Wer es nicht in den Beinen hat, muss es im Kopf haben. Oder im Akku.
Zurück zum Test. Wo Mountainbike draufsteht, muss auch Mountainbike drinnen stecken. So bin ich mit dem E-Mountain dorthin gefahren, wo der Boden tief war, die Wege steinig und voller Wurzel, die Abfahrten steil und mit gefährlichem Schotter überzogen und wo die Steigungen lang und steil waren. Der Test erfolgte also über Forstwege, Radwege sowie interessanten und für mich ungewohnten Trails.
Alles eine Frage der E-Krafteinteilung.
Als hätte ich einen Freibrief gehabt. Die Runden mit dem E-Mountain waren für mich ein Spiel mit vielen Facetten. Wie ein kleines Kind habe ich mir alles erlaubt. Denn wer fragt, kommt zu nichts. Trotz der hohen Geschwindigkeit habe ich mich überraschend leicht und problemlos durch Bäume geschlängelt, bin über Wurzeln gesprungen und tief hängenden Ästen ausgewichen, ich habe jede noch so tiefe Nassstelle absichtlich voll erwischt, habe die Hinterbremse zum Andriften der Kurven benutzt und vor allem jede Steigung voll genommen. Alles eine Frage der Krafteinteilung. Die eigene und jenes des 522 Wh Akkus, welchen ich ziemlich ausgereizt habe. Es war als wäre ich ständig im Windschatten mitgefahren. Weit über meinen eigenen Kräften. Die 90 Nm Drehmoment und die sofortige Anfahrtshilfe waren stets ein Segen und haben mir geholfen, wenn ich in Not war und eigentlich vom Rad hätte steigen müssen. Oder normalerweise vom Rad abgeworfen worden wäre. Gut, dass ich einiges an Fahrradtechnik beherrschte.
Es war erstaunlich, wie sich der Bulle unter den Eseln leicht und wendig bewegen ließ. Der Holzrahmen dämpfte im Gemüse gut und Vibrationen waren kaum zu spüren. Die 11Gang SRAM-Schaltung war zwar laut aber exakt. Die Bremsen gut zu dosieren und voll da, wenn ich auf sie zählen musste und die Federung ließ mich über Unebenheiten fliegen wie eine Libelle. Einzig und allein die Kette hatte ein paar Mal ihren Halt verloren und sprang beim hohen Tempo und dem steinigen sowie ruppigen Untergrund über das Kettenblatt nach innen. Kann passieren, sollte aber nicht. Besonders hilfreich und eine Tugend des Brose Mittlelmotors: Das Getriebe koppelte beim Leerlauf stets aus. So musste ich nie überlegen, den Antrieb auszuschalten um ihn zu schonen.
Einer muss die Drecksarbeit machen.
E-Bikes im Test heißt alles geben, um die Testobjekte aus der Reserve zu locken. Vielleicht auch in eine Falle. Ich habe alles gegeben, gelungen ist mir das nicht. Im Gegenteil. Ich glaube, dass der E-Mountain von MyEsel noch Luft nach oben hat und ich die Grenzen noch nicht gefunden hatte. Wenn ich meckern darf, dann vielleicht über die Reichweite des Akkus. Auf knapp 40 km mit 1000 Höhenmetern habe ich gut 70 % Akkuleistung liegen gelassen. Ich habe jetzt keine Referenzwerte, aber nach 2 – 3 Stunden will ich nicht schon heim müssen.
Alles in allem habe ich mich gespielt und eine Gaudi gehabt. Ich habe sämtliche KOMs auf den Segmenten abgeräumt. Wenn auch einige sehr knapp, was mir zu denken gibt und meine Leistung sowie jene meines Motors schmälert. Aber wer weiß, ob diejenigen auch so ehrlich sind/waren wie ich. Ich habe die Fahrten auf Strava als „Privat“ gekennzeichnet und scheine somit in keiner Bestenliste auf. Ehrlichkeit wehrt am längsten und Shitstorm brauche ich auch keinen. Nach meinem E-Ritt auf die Klagenfurter Hütte im Jahr 2014, sieben Jahre später eine weitere Erfahrung mit einem E-Mountainbike, die ich nicht missen will. Jetzt habe ich selber erleben dürfen, warum sich Menschen etwas zulegen, was sie vielleicht eigentlich nicht brauchen. Sie wollen es einfach. Ich würde es auch wollen. Denn eines ist sicher: Auch mit einem E-Bike kann man blau werden und einen guten Trainingseffekt in puncto Kraftausdauer kann man definitiv erzielen. Es ist also keine Schande, wenn man als Rennradfahrer in Ausnahmefällen zu Trainingszwecken auf ein E-Mountainbike zurückgreift. Oder zum Posieren in der Altstadt. Neidische Blicke stärken das Ego.
Spezifikationen E-Mountain von MyEsel
- My Esel Hollow Tec Wood Frame, Kernesche
- MTB Federgabel Rockshox 100 mm Federweg
- Schaltung 11 Gang
- Bereifung Schwalbe 29“ x 2.10
- Brose Drive S Mag Mittelmotor
- 90 NM Drehmoment
- Höchste Tretkraftunterstützung: 410 %
- Schiebehilfe mit 6 km/h
- Gewicht Motor: 2,9 kg
- der geräuschärmste Antrieb seiner Klasse
- abnehmbarer Akku mit 522 Wh
- Reichweite 70 – 120 km
- Preis: ab € 4.490,-
- erhältlich in den Ausstattungen „PURE“, „PLUS+“ und „UNIQUE“
- gewachsen in Österreich
Und wie immer kommt das Gute zuletzt. Jetzt € 100,- beim Kauf eines E-Mountain sparen. Einfach mit mir reden oder mir schreiben ;-).
#ktrchts