Gute Frage: Selber basteln oder Radwerkstatt?

RadwerkstattRadmechanik und ihre Tücken

Hoffentlich wird das nicht so ein “Jammer-Blogbeitrag”. Obwohl mir nach Jammern wäre. Nach richtigem Sudern – auf wienerisch. Oder nach Verschwörungstheorie. Alle und alles gegen mich. Oh ja. Das wäre ein geiler Beitrag. “Ich, verloren auf der Suche nach einer Radwerkstatt”. Genau so hätte der Titel heißen können. Es könnte aber genauso ein euporischer Beitrag werden. Weil dieses Jahr alles so gut begonnen hatte. Eben in einer Radwerkstatt. Beim jährlichen Radservice. Schauen wir. Ich schreibe einmal drauf los und befreie mich von meinen Gedanken. Zu sehr sind diese noch von den Ereignissen aus dem letzten Jahr geprägt.

Wer sein Rennrad liebt, der prüft es regelmäßig.

Dass jeder sein Rennrad pflegen und hegen soll, ist unbestritten. Die einen tun dies selber, die anderen gehen zur ihrer Radwerkstatt des Vertrauens. Ich bin irgendwo dazwischen. Vieles kann und mache ich selber. Den Rest muss ich von Menschen machen lassen, die a) ihr Fach verstehen und b) eine Händchen dafür haben. Bei mir fehlt zweiteres. Ganz ehrlich. Bin einfach nicht für filigranes Handwerk geschaffen. Auch fehlt mir oft das passende Werkzeug. Zum Glück. Dadurch kann ich keine größere Schäden anrichten.

Letzens wollte ich die Schaltröllchen austauschen (habe ich auch). Fahre in Wien zu RIH, um mir jene für Super Record zu besorgen. Natürlich hatte RIH diese Teile lagernd. RIH hat vieles lagernd und das ist gut so. Im Geschäft frage ich auch nochmals nach (zur Sicherheit), wie man diese am besten wechselt. Kurzes Fachsimpeln und schon war ich wieder weg.

Ich bin und bleibe keine Radwerkstatt.

Zu Hause angekommen, Radmontageständer auf den Balkon, Rennrad rauf, Drehmomentschlüssel in die Hand und ran an die Schaltröllchen. Neben mir am Teakholztisch der Laptop mit der technischsen Zeichnung des Schaltwerkes . Original Campagnolo Website Illustration. Mit zittrigen Händen gehe ich an die Sache heran. Ich weiß über meine Fertigkeit Bescheid. Deshalb bin ich ja so vorsichtig und zittrig. Wie immer schaffe ich eine Demontage ohne Probleme. Dass mir das untere Schaltröllichen aus dem Käfig springt und ich die über den ganzen Balkon vertreuten Einzelteile wieder einsammel musste, werte ich als Schicksal.

Bei der Demontage des oberen Schaltröllchen fällt mir der Schaltkäfig auseinander. Ein Aha-Effekt. Wusste ich nicht. Zum Glück habe ich die Anleitung und kann die Teile wieder – nach langem logischen Hin- und Herdrehen in die richtige Position geben. Danach kommen die neuen Teile. Mit “Upper” und “Lower” sowie einen Pfeil. Was das bedeutet habe ich mir ja theoretisch schon beigebracht. Es vergeht eine gefühlte Ewigkeit und die Schaltröllichen sind in der richtigen Position. Auch die Kette, was die gefinkelteste aller Aufgaben war. Räumliches Vorstellungsvermögen ist nicht meine Stärke. Logisches Denken aber schon.

Mama, ich habe die Aluschraube zerstört.

Mit dem Drehmomentschlüssel schraube ich die Aluschrauben vorsichtig mit 2,5 Nm fest. Und wie der Teufel es so will (ich nenne es wieder Schicksal), gehe ich trotz Vorsicht zu weit. Das Drama nimmt seinen Lauf. Schraube kaputt. Rennrad kaputt. Der Laie (ich, a.d.R.) zittert und will schon ein neues Schaltwerkt bestellen. Doch dann kommt wieder sachliche Ruhe ins Spiel. Rad runter vom Ständer, rein ins Auto und zurück zu RIH. Der Chef persönlich nimmt sich meiner Sache an. “Oje”, “Nicht gut”, “Sie müssen mir das Rad da lassen”, “Schauen wir, was wir machen können.”. Bitte. Unbedingt. Danke.

Am nächsten Tag hole ich das Rad wieder ab. Der Chef konnte was machen. Aluschrauben mit Stahlschrauben ersetzt. Von einer älteren Camagnolo schaltung. Rettung? Nein. Eben nicht.

Im Gegensatz zur mir, hat man bei RIH für die Reparatur den Schaltzug vom Schaltwerk gelöst. Und da dieser “kaputt war” hing er jetzt mit dem Schaltseil lose an der Kettenstrebe. “Ich wollte es ihnen ausstauschen, aber dann würden Sie sagen, warum, weschalb …”. Man gibt mir eine neuen neuen Schaltkabel samt Hülsen mit – gegen Bezahlung. “Können sie es mir montieren?” Nachfragen kostet ja nichts. “Ja, aber nicht jetzt. Sie müssten nochmals kommen. Der Mechaniker …”. Wieder kommen in Wien? Kann eine Weltreise werden. Habe keine Zeit.

Ein Unheil kommt selten allein.

Wieder in meiner Balkon-Radwerkstatt angekommen, versuche ich mich beim Einfügen des Schaltseils in den Schaltlzug vom Umwerfer. Es bliebt beim Versuch. Das Schaltseil war schon verfranzt und das Vorhaben somit zum Scheitern verurteil. Neues Schaltseil. Nochmals Radwerkstatt. Nochmals Spannung, ob Campagnolo Schaltseile lagernd sind und ob, das Einfädeln als Genzes gelingt. Auch da hatte ich schon meine Erfahrungen der besonderen Art.

Es kann somit spekuliert werden, ob ich am Sonntag beim Colnago Cylcing Festival am Gardasee an den Start gehen werde. Denn obendrein müsste ich auch noch die Tretlager austauschen.

ktrchts

Ergänzung: Jetzt verstehe ich warum RIH sich “geweigert” hat, das hintere Schaltseil zu tauschen. Das ist nämlich ein ziemlicher Aufwand. Die innen verlegten Seile bedeuten einen gewaltigen Aufwand. Speziell im Tretlager ist das Pinarello so verbaut, dass eine schöne “Kante” im inneren das Durchrutschen des Seils massiv verhindert. Es musste die untere Abdeckung abgenommen werden, um zum Seil zu kommen. Die Abdeckung selber geht nur ab, wenn man das vordere Schaltseil lockert. Ziemlich freakige Konstruktionen. Und ohne McGuyvers Behelfslogik geht hier sowieso nichts. Alles in allem hat mir RIH einen interessanten Vormittag eingefädelt. Viel gelernt. Über den Tausch von Schaltseilen und über eine Radwerkstatt in Wien.

 

 

Danke für die Empfehlung

2 Kommentare

  1. […] Die Vorzeichen standen schon mal besser. Mit einer nicht ganz einwandfreien Waffe bin ich angereist. Ganze 8 Stunden Autofahrt. Zwischen Stau und ewigen Geraden. Einziger Lichtblick der „Autogrill“. Ja, jener, der quer über die Autobahn gebaut ist. Kindheitserinnerung. Dazu kam noch ein Navi, welches mich in Verona Sud von der Autobahn gelotst hat. Obwohl 20 km weiter eine Autobahnausfahrt „Desenzano del Garda“ auf mich gewartet hätte. Ich habe mich also verarschen lassen und bin in der Industriezone von Verona im Kreis gefahren, bevor ich mich wieder auf meinen Instinkt verlassen habe und über Peschiera endlich unser Quartier erreichen konnte. […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert