Bis vor kurzem war es nur so ein Rennen, welches ich irgend einmal hätte fahren wollen. So wie ich vieles im Leben einmal machen wollte (und will), aber dann doch nicht gemacht habe (und wohl nie machen werde). Die Rede ist vom Race Around Austria, dem Ultracycling-Event Made in Austria. 2.200 km und 30.000 Höhenmeter nonstop. Es ist zwar heute immer noch „nur“ dieses eine Rennen, aber es sieht danach aus, dass ich heuer am Start stehen werde. Mit Ariane, Martin und Siggi. Team #foahrmarunde heißt der Plan und das Projekt. Endlich Race Around Austria 2021. Zu Viert in der Version Extreme.
Einmal rund um Österreich radeln. Mit und für Ariane.
Ariane ist krank. Sie leidet an Sklerodermie. Eine unheilbare Autoimmunkrankheit. Die Diagnose kam für sie vor drei Jahren überraschend. Wie aus dem Nichts. Sklerodermie ist tückisch. Von Betroffenen wird berichtet, dass sie das Gefühl haben, in einem zu engen Handschuh oder in zu enger Kleidung zu stecken. Die Verhärtung und Verengung der Haut ist das typische Krankheitsbild. Auch innere Organe, wie z.B. der Magen sind betroffen. Ein Schnitzel mit Kartoffelsalat steht schon lange nicht mehr auf Arianes Speiseplan. Dafür langweilige Astronautenkost. Kaum vorstellbar und nachfühlbar, wie man sich dabei fühlen muss. Ariane kennt das. Leider. Sklerodermie hat ihr Leben verändert und ihr die Liebe zum Rennrad eröffnet. Ihr persönliches Motto „I will no ned ham“ bezeugt das. Am Rennrad spürt sie kaum Schmerzen. Sie sagt, dass das Rennradfahren ihrer Krankheit eine Pause gönnt. Ganz zum Erstaunen ihrer behandelnden Ärzte.
2020 hat Ariane zusammen mit Martin in 22 Stunden die Challenge (560 km und 6.000 Höhenmeter) erfolgreich beendet. Dass das Race Around Austria 2021 Extrem die einzige logische Schlussfolgerung ist, lag auf der Hand.
Ein Rennen gegen die Zeit.
Es ist ein Rennen gegen die Zeit. Sowohl unser Ziel, nach 92 Stunden wieder St. Georgen im Attergau zu erreichen, als auch Arianes Aufbäumen gegen die Krankheit. In beiden Fällen ist das Resultat offen und ungewiss. Arianes Ziel ist ganz klar das Durchkommen. Ihre große Herausforderung ist das Leben. Dabei werden wir sie unterstützen. Wir, das sind nicht nur die Fahrer, sondern auch die Crew aus dem Team #foahrmaarunde und der Verein „Ariane“. Letzter hat sich das Ziel gesetzt, Sport als Medizin zu fördern. Es geht um Information und Sensibilisierung. Ariane ist ein gutes Beispiel dafür. Und es geht um Spenden. Zugunsten der Sklerodermie-Forschung. Vielleicht gelingt es eines Tages, Sklerodermie heilbar zu machen, damit es anderen einmal besser ergeht.
Rennradfahren für einen guten Zweck.
Wir sind mittendrin in der Vorbereitung. Teilweise sitze ich täglich ein paar Stunden vor dem Computer. Webseite ist fertig, die sozialen Netzwerk mit Content gefüllt, Sponsorenverträge sind unterzeichnet und trainiert werden muss ja auch noch. Mit „freundlicher“ Unterstützung von Mario Einödmaier, staatlicher Instruktor. Er schaut uns auf die Finger. Und auf die Beine. Mario ist auch beim Camp für Einsteiger vom 17. bis 21. März und vom 14. bis 18. April 2021 dabei. Übrigens es gibt noch für beide Termine freie Plätze.
Spätestens jetzt ist das Race Around Austria 2021 ehrlich gesagt, längst nicht mehr nur ein Rennen. Es ist eine Herzensangelegenheit. Mit hohem sportlichen Charakter. Einer für alle, alle für Ariane.
Falls noch jemand Ariane und das Team mit Geld- oder Sachleistungen unterstützen möchte oder die Sklerodermie-Forschung vorantreiben will, gerne. Wir haben ein Ohr für jeden. Und wir haben ein Spendenkonto: AT77 1200 0100 3240 3916. Der Reinerlös ist für den guten Zweck bestens aufgehoben.
Für viele ist ein neues Rennrad ein guter Grund, dem Christkind einen Brief zu schreiben und die Wunschliste mit einem Traumbike zu eröffnen. Aber welches N+1 darf dann am 24. Dezember neben dem Weihnachtsbaum stehen? Die Auswahl ist groß und der Überblick schwierig. Specialized, Trek, Scott, Pinarello, Colnago, Basso, BMC, Canyon, Cannondale, Bianchi, Cervelo, Orbea, MyEsel, Cube, Giant, Liv, KTM, Simplon, Merida, DeRosa, Kuota, Wilier … Wenn das Budget keine große Rolle spielt, dann hilft vielleicht folgender Überblick im Dickicht der Selbst-Allüren. Aber Achtung: Die Rennräder 2021 sind schön, schnell und teilweise bereits ausverkauft.
Specialized
Specialized Tarmac S-Works SL7
Specialized hat für 2021 bereits das Modell Tarmac S-Works SL7 als Nachfolger des Modells SL6 präsentiert und gelauncht. Grundausstattung des Top-Models ist eine Shimano Dura Ace Di2 11fach in der Disc Version oder mit der SRAM eTap AXS 12fach. Optischen und technischen Aufputz gibt es durch die hauseigenen Roval Laufräder. Außer der Komplettgruppe sind bei Specialized alle Teile aus hauseigener Herstellung (Laufränder, Reifen, Vorbau, Sattel, Sattelstütze …).
Preis: € 12.799,- (UVP des Herstellers)
PS: Sämtliche Specialized Modelle 2021 sind bereits ausverkauft. Den Test des Modells Tarmac Expert SL7 gibt es hier.
Trek
Trek Madone SLR9
Trek geht 2021 mit einem gepimpten Madone SLR9 ins Rennen. Grundausstattung eine SRAM eTap AXS 12fach Disc sowie die hauseigenen Bontrager Aeolus XXX 6 Laufräder. Dem Trend zufolge mit voll integrierter Kabelführung.
Preis: € 13.599,- (UVP des Herstellers)
Scott
Scott Addict RC Ultimate
Scott hingegen probiert mit dem Addict RC Ultimate sein Glück und geht mit dem überarbeiteten Vorjahrs-Modell in die Saison 2021. Grundausstattung sind die SRAM eTap AXS 12fach Disc mit Zip 353 Laufrädern sowie Synchros Komponenten.
Preis: € 11.999,- (UVP des Herstellers)
Pinarello
Pinarello F12 Disc
Aus Treviso kommt für 2021 das bereits 2020 erprobte Pinarello Dogma F12 Disc. Mit diesem Bike hat der Brite Tao Geoghegan Hart heuer den Giro d’Italia auf der allerletzten Etappe gewonnen. Das Dogma F12 Disc gibt es in der Grundausstattung je nach Farbe wahlweise mit der 12fach SRAM eTap AXS, mit der 11fach Dura Ace Di2 Disc oder Campagnolo EPS 12fach Disc. Laufränder sind Campagnolo oder Fullcrum. Mit dem Programm MyWay kann das Dogma F12 auch in einer individuellen und persönlichen Lackierung bestellt werden.
Preis: € 8.750,- bis € 12.140,- (UVP des Herstellers)
Colnago
Colnago C64
Tour de France Gewinner 2020. Auch wenn Tadej Pogačar das Model V3RS mit Felgenbremse gefahren ist, steht im Hause Colnago immer noch das C64 ganz oben auf der Preisliste. Der handgefertigte und gemuffte Rahmen kommt wahlweise in der Disc-Version oder mit Felgenbremsen. Je nach Farbmodell wird eine Shimano Dura Ace Di2 oder eine Campagnolo Record EPS verbaut. Bei den Laufrändern findet man hauptsächlich Campagnolo oder Zipp. Mit dem Programm MySixty4 lässt sich das C64 farblich personalisieren und nach Wunsch konfigurieren.
Preis: ab € 9.158,– (UVP des Herstellers)
Basso
Basso Diamante SV
Das Diamente SV ist auch 2021 das Flaggschiff von Basso. SV steht in diesem Fall für Super Veloce. Die Grundausstattung ist wählbar zwischen Campagnolo Chorus 12fach Disc, Ultegra Di2 Disc, Force eTap 12fach Disc, Campagnolo Record 12fach Disc oder Campagnolo Record EPS 12fach Disc. Bei den Laufrädern kommen die hauseigenen Microtech, DT Swiss oder Campagnolo Bora WTO 33 bzw. 45 zum Zug.
Preis: ab € 10.899.- (UVP des Herstellers)
BMC
BMC Timemachine SLR01 One
Aus der Schweiz kommt 2021 im Jubiläumsjahr 10 von BMC die Teammachine SLR01 One. Komplett mti SRAM eTap AXS 12fach ausgestattet fährt das Top-Modell mit Zipp 202 Laufräder.n Hauseigene Konkurrenz hat die Teammachine von der Timemachine. der Roadmachine und jetzt neu auch vom Exklusiv-Modell Masterpiece.
Preis: € ab 10.999,- (UVP des Herstellers)
Canyon
Canyon Aeroad CFR 9 Disc
Versandhändler Canyon wirf 2021 das Aeroad CFR in Getümmel. Wer sich noch eines sichern will, der hat augenblicklich Pech. Ausverkauft. Erhältlich sind diese Räder von der Stange wahlweise mit der Top-Gruppe von SRAM (eTap), Shimano (Di2) und Campagnolo (EPS). Die Laufränder sind von DT Swiss.
Preis: € 7.499, € 7.999,- und € 8.999.- (Ratenzahlungen möglich, UVP des Herstellers)
PS: Canyons Top Bikes sind auch bereits ausverkauft
Cannondale
Cannondale Super Six Evo Hi-No
Von Cannondale gibt es für 2021 die xte Ausführung des legendären Super Six Evo Modells. Grundausstattung beim Hi-Mod Rahmen sind die Dura Ace Di2 Disc sowie die Cannondale HollowGram Carbon Laufräder. 20er vorne und 45er hinten.
Preis: € 10.499,- (UVP des Herstellers)
Bianchi
Bianchi Specialissima
Bei Bianchi steht 2021 das Modell Specialissima am obersten Preistreppchen. Auch wenn Primož Roglič auf einem Oltre XR4 heuer die Tour 2020 verloren und die Vuelta gewonnen hat. Alle Mal mit Felgenbbremsen. Das Specialissima bekommt man mit einer Campagnolo Record EPS 12fach Disc und Fullcrum Wind 400 DB Laufrändern oder aber auch mit Shimano Dura Ace Di2 Disc Komplettgruppe sowie Vision SC40 Laufrädern.
Preis: € 11.999,- (EPS Variante, UVP des Herstellers)
Cervelo
Cervelo R5
Cervelo hat mit dem R5 den Klassiker aus den letzten Jahren auch 2021 wieder im Programm. Natürlichi mit den neuesten Komponenten und mit den entsprechenden Upgrades. Das Motto von Cervelo lautet „Disc only.“. Das Top Modell R5 gibt es mit SRAM eTap AXS 12fach und Reserve 50mm DT350 Laufrädern oder auch mit Shimano Dura Ace Di2 Disc.
Preis: € ab 7.990,- (UVP des Herstellers)
Orbea
Orbea Orca M11eLTD
Orbea Orca M11eLTD ist das Top-Modell aus Spanien und kann in der Farbe personalisiert werden. Die Komplettausstattung ist serienmäßig eine SRAM eTap AXS 12fach in der Disc-Version. Laufräder sind von Vision, Modell 40 SC Disc Carbon TLR CL (oder 50 Alternativ).
Preis: € 8.999.- (UVP des Herstellers)
Simplon
Simplon Pride
Simplon Pride ist die österreichische Antwort auf den Rest der Welt. Das Pride gibt es Disc Only als Komplettrad mit SRAM eTap AXS Disc und feinen DT Swiss Carbonfelgen.
Preis: € 9.949,- (UVP des Herstellers)
KTM
KTM Revelator Lisse Sonic
Revelator aus dem Hause KTM. Ein weiteres Renrnad aus Österreich. Unverkennbar in den Farben schwarz und orange bekommt man das Komplettrad mit SRAM eTap AXS Disc 12fach und Zipp Laufrädern.
Preis: € 9.499,- (UVP des Herstellers)
Wilier
Wilier Filante SLR
Filante SLR ist das neue gerade vor ein paar Wochen vorgestellte Top-Modell von Wilier. Eines der wenigen Top-Räder, die noch mit einer Campagnolo Komplettgruppe (Record EPS 12fach Disc und Shamal oder Bora WTO 33 Laufrändern) ausgeliefert wird.
Preis: ab € 10.971,65 (UVP des Herstellers – die Variante mit Bora WTO33 kostet € 12.087,-)
De Rosa
De Rosa Merak
De Rosa aus Italien präsentiert 2021 das im vergangenen Jahr eingeführte Modell Merak. Der 800g leichte Rahmen ist gleich geblieben, Neue Farben sollen die Kauflust steigern. Gesehen wurden Merak Kompletträder mit Campagnolo Record EPS Disc 12fach samt Fullcrum Laufräder, aber auch mit Shimano Dura Ace Di2 und Shimano Dura Ace 40 Laufränder.
Preis: ab € 10.800,- (UVP des Herstellers)
Giant
Giant Probel Advanced Pro Disc
Viel Aero bietet auch das Giant Propel Advanced Disc mit intern verlegter Kabeln für ein schönes Cockpit. Zu haben ist das Propel Advanced Pro Disc mit SRAM eTap AXS_ und hauseigenen Cadex Laufrädern aus Carbon.
Preis: € 10.499,- (UVP des Herstellers)
Liv
Liv ENVILIV Advanced Pro Disc
Womens Only ist die Devise bei Liv, dem einzigen Hersteller reiner „Damenräder“. Hinter Liv steckt bekanntlich die Marke Giant, dem größten Fahrradhersteller weltweit. Für Liv-Fahrer*innen steht die Top-Version des ENVILIV Advanced Pro Disc mit Shimano Ultegra Di2 zur Verfügung. Laufräder sind von Giant (SLR 1 Aero).
Preis: € 4.483,- (UVP des Herstellers)
Merida
Merida Reactor Team-e
Das Rad des Team Bahrain McLaren gibt es auch 2021 wieder. Reactor Team-e die genaue Bezeichnung. Erhältlich in der Disc Version mit Dura Ace Di2 und Vision Laufrändern.
Preis: € 10.298,01 (UVP des Herstellers)
Cube
Cube Litening C68X SLT
Aus Bayern kommt 2021 das Cube Litening C68X SLT mit SRAM eTap AXS 12fach und DT Swiss Carbon Laufrädern.
Preis: € 7.499,- (UVP des Herstellers)
Focus
Focus Izalco Max Disc 9.9
Wieder Aero. Diesmal von Focus. Das Top Modell 2021 Izalco Max Disc 9.9. gibt es mit Shimano Dura Ace Di2 Disc sowie DT Swiss ARC1450 DICUT Carbon-Laufradsatz mit 48 mm Felgenhöhe.
Preis: € 9.499,– (UVP des Herstellers)
My Esel
My Esel Rennesel
Holzrahmen, Shimano Ultegra Di2 Disc und Panchowheels Rush 50. Das ist My Esel aus Österreich. Das maßgefertigte Rennrad, welches in dieser Aufstellung etwas aus der Reihe tanzt. Vollig zurecht.
Preis: € 6.290,- (UVP des Herstellers) inkl. Bikefitting
(Fortsetzung folgt)
Für Rennrädern im oberen Preissegment braucht man also eine ziemlich fette Brieftasche. Oder gute Beziehungen. Aufgrund der aktuell großen Nachfrage und des geringen Angebotes ist damit zu rechnen, dass sich die Preise über dem Winter kaum ändern werden.
Gut dass man nicht wirklich die Top-Modelle braucht und es viele andere sparsamere Möglichkeiten gibt, trotzdem viel Freude mit einem Rennrad zu haben. Aber das ist eine ganz andere Geschichte und vielleicht ein neuer Blogbeitrag.
Im Volksmund heißt es so schön: „Alles, was man nicht selber macht, bleibt unerledigt.“ Beim Rennradfahren ist es wohl eher umgekehrt. Hier bliebt unerledigt, was man selbst macht oder versucht selber zu machen. Zumindest ist es bei mir so. Denn nach mir muss oft noch wer anderer ans Werk. Entweder nochmals ich oder Onkel-Google. In einzelnen Fällen der Rad-Werkstatt-Profi ums Eck. Ich beziehe mich selbstkritisch auf meine fahrradmechanischen Fertigkeiten. Dies sind theoretisch 1A, praktisch scheitern sie an den tausend verschiedenen Standards. Und an meiner Geduld diese zu erforschen. Die Herausforderung Rennrad-Ersatzteile ist eine Aufgabe fürs Leben. Mein Leben besteht aus drei verschiedenen Rädern mit drei verschiedenen Gruppen und tausend Normen. Und jedes Mal Verzweiflung. So wie gestern, letzte Woche und die Wochen davor. Ist was zu tauschen, steigt die Spannung und die Unsicherheit. Wo gibt es passendes und wird es auch passen?
Falls hier Profi-Schrauber mitlesen sollte, kannst sie oder er hier einfach aufhören zu lesen. Ich weiß, dass für euch alles easy und einfach ist. Ich beneide euch deswegen und wäre gerne wie ihr. Bin ich aber nicht. Deshalb bin ich zum Fehler machen verurteilt.
Standard ist die Anti-Norm.
Was ist geschehen? Wieder einmal waren die Lager beim Schotterrad fällig. Tretlager, Radlager und auch das Steuerlager. Ersteres und zweiteres habe ich ob der fehlenden Werkzeuge in die Obhut vertrauter Werkstätten gegeben. Pressfit ist nicht so mein Fachgebiet. Ich bin mehr der BSA-Schrauber. Das ist sogar für mich machbar. Theoretisch wüsste ich wie Pressfit geht. Praktisch lasse ich aber gerne die Finger davon. Mir fehlt das passende Werkzeug und womöglich das erforderliche Händchen. Womöglich auch die Geduld und der treffsichere Schlag. Wer schon einmal zugesehen hat, wie ein Pressfit-Lager ausgeschlagen wird, der weiß, dass man dabei sehr viel Risiko eingehen muss und mehr kaputt machen kann, als man glaubt. Außerdem bin ich auf der Suche nach dem passenden Pressfit-Lager für mein Norco Threshold gescheitert. Standard ist auch bei Pressfit die Anti-Norm. Lagerdimension, Gehäußedurchmesser, Gehäusebreite, Innenlagerstandard … Eine Suche nach der Nadel im Lagerhaufen. Am Ende machte ein GXP „Truavit“-Lager das Rennen. Auf gut Glück gefunden und fachgerecht eingebaut beim Mountainbiker am See. Es war nicht einfach und hat den Werkstattprofis auch ein paar Nerven gekostet. Mir ganze 2 Arbeitseinheiten sowie das Lager selbst.
Der Kampf um Millimeter.
Komplizierter wurde es beim Steuerlager. Ein solches vom Typ „Integrated“ ein- und auszubauen ist ja keine große Kunst. Drei Schrauben lockern, Vorbau von der Gabel nehmen, Spacer und Steuerkappe herausziehen und schon löst sich die Gabel und die beiden Lager (unteres und oberes) sind frei und können ausgetauscht werden. Soweit so gut. Nach dem Reinigen und Fetten des Steuerrohrs können schon die neuen Lager eingebaut werden. Die große Frage ist dabei welche. Und hier beginnt die Herausforderung Rennrad-Ersatzteile. Integrated, Semi-Integrated, Straight, Tapered, 1 1/8″ Gabeln, 1 1/5″ Gabeln und dann noch die vielen Dimensionen. Halleluja.
Es ist ein Kampf um Millimeter. Und ein Zahlenspiel. Bei dem nicht einmal das richtige Ergebnis passen muss und passen kann. So steht zum Beispiel in der Norco Threshold Bibel die Kombination „IS42/28.6 | IS52/40“. Das macht die Bestellung eines neuen Lagers einfach. Einfach googeln und dasselbe bestellen. Gemacht, bestellt. Mit Express-Versand waren die Pro-Kugellager einen Tag später schon da. Blöd, dass beim Einbau das obere einfach nicht passen wollte. Jenes, das im Rad war, ist um ein paar Millimeter höher (tapered), sodass am Ende die Gabel immer zu locker geblieben ist. Anscheinend ist IS42/28.6 nicht gleich IS42/28.6. Warum auch immer. Das untere passte zumindest. Gut, denn es war auch das am dringendst zu ersetzende. Oben fährt jetzt noch das alte Steuerlager. Ihm wurde das Dienstverhältnis verlängert und die Frühpension bis auf Weiteres aufgehoben. Aber warum passte es nicht, trotz tagelanger Recherche?
Herausforderung angenommen.
Die Antwort werde ich mir schuldig bleiben. Zumindest habe ich das Rad wieder so zusammengebaut, dass es fahrtüchtig ist. Die Herausforderung Rennrad-Ersatzteile hingegen ist angenommen. Denn auch die Radlager für die Mavic Aksium Disc Felge sind trotz Tausch vom Fachmann nach ein paar 100 Kilometern wieder dort, wo sie vor dem Austausch waren. Nämlich im Land der Vibrationen und des Seitenspiels. Es ist wohl für alle nicht einfach. Für mich und die Werkstattprofis.
Andere Mütter haben auch schöne Rennräder. Und wenn man die Möglichkeit bekommt eines davon zu daten, dann muss man zuschlagen. So geschehen vergangenes Wochenende. Die Jungs vom Mountainbiker am See fragten mich, ob ich das neue Specialized Tarmac SL7 Expert ausprobieren möchte. Und ob. Schnell war das Rad abgeholt und eingestellt. Größe 56 mit 110er Vorbau. Gut dass ich meine Bikefitting-Daten millimetergenau im Kopf habe. Und einen Inbusschlüssel stets zur Hand. Der Vergleich zum 2017er Modell drängt sich auf. Und natürlich auch die direkte Konfrontation mit dem Rennesel.
Das neue Tarmac. Ein Experte auf seinem Gebiet.
„Das neue Tarmac ist darauf ausgelegt, schnell zu fahren, es gibt kein Wenn und Aber – aber es repräsentiert so viel mehr als nur aerodynamische Fähigkeiten.“ So die Specialized Produktwerbung. Schreiben und reden kann man viel. Doch wie sieht die Realität aus? Genau so. Echt. Die ersten 40 km auf dem neuen Specialized Tarmac SL7 vergingen im Nu bei einem Schnitt von 31 km/h teils mit und, teils gegen einen starken und frischen Ostwind. Mit ihm mitzuschwimmen und sich gegen ihn zu stemmen war doppelter Genuss. Das neue Tarmac ist vor allem eines: agil und reaktionsschnell. Blitzschnell nimmt es Fahrt auf und verwandelt die eingesetzte Kraft in Vortrieb um. Sowohl im Sitzen wie auch im Wiegetritt. Wenn man dieser subjektiven Wahrnehmung Glauben schenken darf, dann ist die Specialized-Produktwerbung kein übertriebenes Eigenlob.
Man muss mit dem neuen Tarmac Specialized SL7 Expert nicht schnell fahren. Das ist nicht notwendig. Man will aber. Womit wohl alles über dieses Rad gesagt bzw. geschrieben ist. Der Rest ist eine Frage des Budgets, des Geschmacks und vor allem der Verfügbarkeit.
Man muss mit dem Tarmac nicht schnell fahren. Man will.
Das für einen Seitensprung zur Verfügung gestellte Tarmac Model war mit einer mechanischen Ultegra Disc Gruppe ausgestattet. Das Fehlen einer Di2 war schon zu spüren. Die Schaltvorgänge waren langsamer und weniger präzise. Logisch. Auch sind die STI-Griffe im Vergleich zur elektronischen Schaltung wahre Monster. Obwohl Sie gut in der Hand liegen.
Am besten gefiel der Specialized Power Expert Sattel. Dieser war schon beim Testen des Venge postiv aufgefallen. Man sitzt so, als wäre man am Rad angeschnallt. Kein Vor- und Zurückrutschen. Egal ob Oberlenker-, Unterlenker- oder Bremshebelhaltung. Interessant auch die Flaschenhalter S-Works Carbon Zee Cage II. Hier wird die Flasche nicht von oben eingeschoben, sondern seitlich. Bis ich das verstanden hatte. Aber das ist eine andere Logik und Geschichte.
Ansonsten weist das Expert Modell mit mechanischer Schaltung keine Besonderheiten auf. Rahmen ausgeschlossen. Der ist und bleibt einer aufs Wesentliche reduzierter Hingucker. Einiges an Traditionellem, viel an Aero sowie die typische Verbindung Sitzstrebe zu Sattelrohr. Die hauseigenen Roval C38 peppen nicht nur die Optik auf. Sie verleihen dem Rad auch ein Minimum an Flex. Denn Komfort sucht man ansonsten vergeblich. Und wird diesen auch nicht finden. Das Tarmac ist eine Prinzessin auf der Erbse. Alles was zwischen Reifen (S-Works Turbo 26 mm ) und Asphalt liegt, wird 1:1 über den Rahmen direkt in Arme und Wirbelsäule übertragen. Nicht ungut, möglicherweise könnte sich das auf längeren Ausfahrten jedoch auswirken.
Soviel Aero wie nötig, soviel Klassik wie möglich.
Der Alulenker passt gut und reicht vollkommen aus. Altbewährte Rundungen. Der spezielle S-Works Tarmac SL7 Vorbau macht ein gutes Gesicht, auch wenn das viele Plastik statt der herkömmlichen Spacer etwas „billig“ ausschaut. Ähnlich wie bei BMC (und mittlerweile fast bei allen Aero Rahmen) werden hier Kunststoffteile kompliziert angeordnet und ineinander verkeilt. Schnell einmal Vorbau erhöhen oder senken wird wohl nichts für Ungeduldige und kann in unfreiwilliges Tetris-Spielen enden. Dass der Vorbau eine integrierte Computerhalterung in der Faceplate haben soll, dürfte entgangen sein. Für Testzwecke wurde die Garmin Original-Halterung für Edge 1000/1030 montiert.
Ein Lächeln sagt mehr als 1000 Testberichte.
Eine kleine und amüsante Anekdote steuerte laKetterechts zum Testgeschehen bei. Eingeladen, auch einmal kurz auf das Specialized Tarmac SL7 zu steigen, hat sie dieses nach anfänglicher und routinemäßiger Ablehnung des Probesitzens dann nicht mehr zurückgegeben und mich gezwungen auf ihrem Trek Domane 5.2 die Tour zu Ende zu fahren. Mit 3 bar Luftdruck im Vorderrad, der Ordnung halber erwähnt. Es ist also ein Nachteil, wenn er und sie fast dieselbe Schrittlänge haben.
Und plötzlich war sie schneller. Nicht unbedingt des Rades wegen. Einfach nur weil sie schneller gefahren ist. Sie hätte nicht müssen. Sie wollte. Mit Dauerlächeln im Gesicht und mit Semi-Compact 52/36 Kurbel und 11-30 Ritzel (habe ich ihr erst am Ende der Tour verraten). Auch den Berg hinauf. Locker und flockig.
Einmal mehr zeigt sich damit, dass nicht nur die Beine schneller machen. Rennradfahren ist und bleibt auch Kopfsache.
Fazit Testurteil:
Andere Mütter haben auch schöne Rennräder und es war ein Vergnügen mit einem davon ein Speed-Date gehabt zu haben. Die Testfahrt mit dem neuen Specialized Tarmac SL7 Expert war wie der One-Night-Stand, den man am Morgen danach nicht mehr nach Hause gehen lassen will.
Endlich wieder Emilia Romagna. Und endlich wieder Piadina, Cappuccino und Brioche con Crema. Diesmal an einem anderen Fleck. Einen ganz besonderen. Cesenatico. Berühmt und berüchtigt. Die Nove Colli muss jeder kennen. San Marino auch. Und Marco Pantani sollte auch vielen mehr als nur ein Begriff sein. Die meisten von uns sind mit Mallorca großgezogen worden, die wenigen haben die italienische Riviera rund um Cesenatico, Rimini und Riccione in ihrem Radfläschchen gehabt. Schade. Rennradfahren in Cesenatico war einst ein Muss. Beliebt und begehrt. Eine Trainingswoche im Frühjahr hier war eine Kampfansage für die restliche Saison. In den vielen Hügeln des Hinterlands wurde an Kondition, Kraft und Taktik geschliffen. Wer heute nach Cesenatico fährt, der will eben das noch. Das Rennradfahren spüren. Ciclismo und diese hier spezielle Art von Dolce Vita sind schwer erklärbar. Man muss sich darauf einlassen können.
Arriva il Giro. Rennradfahren wie ein Profi.
Dass der Giro d’Italia in Cesenatico seine Zelte aufschlagen wird, war natürlich ein weiterer Grund dafür, hier vorbeizuschauen. Von der Zielankunft in Rimini, über Start und Ziel in Cesenatico bis zum Start in Cervia. Drei naheliegende Möglichkeiten Giro-Flair zu schnuppern. An der Strecke und im Start- und Zielbereich. Und im Hotel. Hautnah mit dem Team Sunweb. Mit Jai Hindley, Wilco Kelderman, Nico Denz … Aber mit Abstand. Es war ein Spektakel und es war unmöglich sich dem Flair und dem Trubel rund um den Giro d’Italia zu entziehen. Eine ganze Region in Rosa. dieKetterechts mittendrin, statt nur daheim.
Der Giro d’Italia ist sowieso ein eigenes Kapitel und würde sich einen eigenen Beitrag verdienen. Organisierte Hektik auf engstem Raum. So könnte man die wenigen Minuten zusammenfassen, die das Vorbeirauschen des gesamten Giro-Trosses spürbar machen. Ein bunter Haufen aus Blech und Carbon auf engstem Raum. Dazwischen bis auf die Knochen abgemagerte Burschen (mit wenigen Ausnahmen). Dabei wird nicht nur von den Fahrern alles abverlangt. Was die leisten ist sowieso außergewöhnlich.
Eindrucksvoll ist auch die Leistung all jener, die das Peloton begleiten. Teamchefs, die ihre Autos samt Equipment (8 Räder am Dach) im Stile eines Rallyefahrers bewegen. Drei Wochen lang läuft hier alles nach strengem Plan und Protokoll. Wer darf von denen nach vorne, wer muss andere vorbeilassen und wer behält den Überblick. Radsport auf diesem Niveau ist Improvisation mit Plan. Das muss so sein. Sonst hätte man in Rimini 20 Stunden vor dem Eintreffen des Giro nicht gelassen noch die Straßen asphaltiert.
Dann gibt es noch Polizei, Begleiter, Fotografen und Kameraleute, die auf ihren Motorrädern waghalsig versuchen, den Radrennfahrer in der Abfahrt Paroli zu bieten. Darüber hinaus noch die gesamte Technik und Sicherheit, die täglich auf- und wieder abgebaut werden muss. Lässig und ruhig wie von den Italiener gewohnt.
Der Rennradleidenschaft einfach folgen.
Wer sich in Cesenatico und in der Emilia Romagna bewegt, der lässt sich auf ein Abenteuer ein. Jede Ortschaft, jeder Hügel, jeder Castello und jede Bar erzählt eine Geschichte. Jene rund um das größte Hobbyrennen der Welt mit über 12.000 Startern, den Trainingsberg von Marco Pantani („la carpegna mit basta – die Carpegna reicht mir), dem Marco Pantani Museum, dem Kleinstaat San Marino oder eine der früheren Hauptstädte Italiens San Leo. Die Emilia Romagna ist ein Rennradparadies. Traditionell, urig, verschlafen aber gleichzeitig spannend und bewegend. Am besten erkundet man die Gegend in Begleitung eines ortskundigen Guides. Die meisten Hotels bieten täglich geführte Rennradtouren an. In verschiedenen Leistungsklassen und Sprachen. Selbstverständlich inklusive Geschichtskunde und Gossip.
Man hat hier die Qual der Wahl. Eine Woche reicht beim Rennradfahren in Cesenatico bei weitem nicht aus, um alles zu sehen. Landschaftlich, kulinarisch und kulturell ist das Angebot riesig. Die Betonung liegt dabei gleichermaßen auf allen drei Schwerpunkten. Wer gut essen will, der findet in den vielen Agriturismo die Möglichkeit, sich von der heimischen Küche verführen zu lassen. Die Gefahr, dass man von dort nicht mehr weg kommt ist groß.
Je nach Jahreszeit (März bis November) lädt jede Piazza zum Absteigen und Verweilen ein. All jene, die vielleicht doch zum Rennradfahren kommen, können sich im Hinterland bis weit in den Süden und tief in den westlichen Apennin austoben.
Reisetipp: Lungomare Bikehotel.
Wer Richtung Rennradfahren in Cesenatico aufbricht, der braucht auch eine passende Unterkunft. Ein Hotel zum Beispiel, welches sich voll und ganz auf die Wünsche der Rennradfahrer*innen konzentriert. Eines von vielen, aber vielleicht das renommierteste, traditionellste und deshalb auch wärmstens zu empfehlende ist das Lungomare Bikehotel. Direkt am Meer und am Strand gelegen, bietet das Lungomare Bikehotel ein Rundum-Paket aus Gastfreundschaftlichkeit, Geduld und Verständnis. Damit findet auch der pingeligste und anspruchsvollste Gast sein Glück. Und seine innere Ruhe.
Lungomare Bikehotel bedeutet in erster Linie Zuhause-Fühlen. Die Familie Pasolini führt das Hotel bereits in 4. Generation und man findet die vielen Familienmitglieder immer und überall im Haus. Immer da, aber nie im Vordergrund. Leise, diskret und vor allem freundlich und hilfsbereit. Mal auf Deutsch, dann in Englisch und vor allem auf Italienisch. Mit viel Esprit, Herzblut und Gestik.
Täglich werden von heimischen und ortskundigen Guides Touren angeboten. In bis zu fünf verschiedenen Leistungsklassen. Von „Kamillentee“ bis zu „Spritz“. Switchen jederzeit erlaubt. Einige Touren locken zudem oft mit feinen Überraschungen wie zum Beispiel einem Picknick hoch oben am Schloss von Longiano.
Ins Lungomare Bikehotel fährt man auch, um sehr gut zu essen. Vom ausgiebigen Frühstück weg, über das Stärken nach der Rennradtour bis zum Abendessen mit mehreren Gängen. Zu empfehlen sind sämtliche hausgemachten Nudelarten oder die selbstgemachte Pizza. Alle Liebhaber*innen von Antipasti dürfen jetzt schon anfangen zu träumen. Alle Ihre Wünsche werden in Erfüllung gehen. Und wer Süßes nicht mag, der wird hier mit Sicherheit bekehrt werden. An Möglichkeiten, die Kalorien dann auch zu verbrennen hat man ohnehin genug. Ein Fitnessraum im vierten Stock mit atemberaubendem Meerblick, ein beheizter 20 Meter Pool (März bis November) und natürlich das Rennradfahren.
Wo Bike draufsteht, ist viel Leidenschaft drinnen.
Ein weiterer große Pluspunkt ist das großzügige Rennradwohnzimmer, welches zigfach gesichert und gut überwacht ist. Hier können die Lieblinge unbekümmert ihre Nachtruhe genießen, um am nächsten Tag wieder fit zu sein. Waschen, schrauben und föhnen inklusive. Wer kein Rad dabei haben sollte, der ist im einzigen Pinarello Rent-Shop bestens bedient. Rennrad, E-Bike oder bald auch Gravel – alles da und einsatzbereit.
Man bekommt als Rennradfahrer*in im Lungomare Bikehotel die Lizenz zum Schwitzen. Denn ohne Schweiß kann die Gegend rund um Cesenatico kaum so intensiv erlebt werden wie mit dem Rennrad. Man muss also schon bereit sein, das eine oder andere Opfer zu bringen. Wem das zu sehr stinken sollte, der gibt seine Radwäsche bis 18 Uhr in der Rezeption ab und hat am nächsten Tag wieder frische Motivation. So einfach geht das.
Nove Colli – die neun Hügel des Grauens.
Alle Jahre wider. Die Nove Colli lockt bis zu 12.000 Verrückte nach Cesenatico. Einige davon (nicht wenige) experimentieren sich über die 204 km Originalstrecke. Auch die Profis des Giro d’Italia hatten heuer diese Ehre. Über Polenta, Pieve di Rivoschio, Ciola, Barbotto, Monte Tiffi, Perticara, Monte Pugliano, Passo delle Siepi und Gorolo. Die Strecke der Nove Colli ist perfekt ausgeschildert und kann jederzeit auch in Teilabschnitten gefahren werden. Seit Mai bei perfekten Bedingungen (teilweise). Denn für den Giro d’Italia wurde neuer Asphalt aufgetragen.
Aufgrund der coronabedingten Absage 2020 wurde eine Nove Colli Cicolturistica ins Leben gerufen. Cicloturistica Nova Colli. Eine Mischung aus Granfondo, Einzelzeitfahren, Orientierungslauf (weil ohne GPS-Track) und Sonntagsausfahrt. Keine Zeitnehmung, kein Rennstress, Wegfahren, wann man will, drei Routen zur Auswahl, Kontrollpunkte und Labestationen entlang der Strecke und mechanische Assistenz für alle, die in Nöten sind. Einfach aufs Rad steigen und losfahren. Herrlich. Im Oktober 2021 soll genau dieses Format in Cesenatico wiederholt werden.
Wenn der Giro kommt, dann sind die Straßen perfekt. Und auch gut abgesichert. Hat man dann auch noch die Frechheit, sich zwei Stunden vor dem Eintreffen der Radprofis auf eben diese zu „verirren“, dann erlebt man ein einmaliges Gefühl. Jenes, des Gejagten. Vollgas auf den letzten 30 km von Sogliano al Rubicone nach Cesenatico. Links und rechts die Werbebanner, leergefegte Straßen, an jeder Kreuzung Polizei, welche brav winkt und ein paar Zuschauer, die sich trotz Regen entlang der Strecke verirrt haben. Mit entsprechendem Kopfkino fühlt man sich Teil des Ganzen. Spürt die Meute und den Hauch der Verfolger. Einfach nur geil.
Von Mitte März bis November.
Die Saison fängt in Cesenatico Mitte März an, wenn die ersten Knospen aufgehen und das Grün die Farben des Winters übermalen. Dann geht es Schlaf auf Schlag bis die Badegäste kommen. Die Woche rund um die Nove Colli (23. Mai 2021) sind High Noon. Während der Herbst mit sommerlichen Temperaturen und bunten Kolorit locken.
Rennradfahren in Cesenatico ist für jene, die es zulassen können mit Sicherheit etwas Besonderes. Mit allen Ecken und Kanten. Natürlich gibt es viele andere Destinationen. Keine Frage. Alle empfehlenswert und mit eigenen Reizen. Cesenatico und die Emila Romagna punkten aber mit ihrer lokalen und traditionellen Besonderheit. Mallorca & Co sind zum Radeln da. Cesenatico zum Leben. Mit dem Rennrad.
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Meine innere Stimme warnte mich. Sie sprach mit mir. Sie wollte nicht, dass ich diesen Beitrag veröffentliche. Das wäre ein Dolchstoß, hat sie zuerst geflüstert und dann laut geschrien. Kein Mensch auf der Welt würde sich so freiwillig ins Abseits stellen. Niemand kritisiert die eigene Familie und zeigt mit dem Zeigefinger. Es half aber nichts. Rennradfahren, der Mannschaftssport für Egoisten wollte und musste den Weg in die Öffentlichkeit finden. Vielleicht hilft der Passus, dass Personen und Handlungen rein fiktiv sind und jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Radfahrer rein zufällig ist. Hoffen wir deshalb auf mildernde Umstände.
Verkettung falscher Tatsachenbehauptungen.
Rennradfahren ist ein Mannschaftssport für Egoisten. Ob man will oder nicht. Das erlebe ich gerne und regelmäßig. Jede Ausfahrt ist dabei ein Workshop in angewandter Psychologie. Die Erkenntnisse aus verschiedenen Gruppenausfahrten haben das Potenzial dazu, ein Bachelor-Studium zu ersetzen. Mit Schwerpunkt Sozialpsychologie. „Wir“ heißt in der Gruppe schnell „ich nicht“. „Wir könnten“ noch schneller „du musst“ und rasch wird aus vermeintlicher Homogenität ein heterogener Kampf ums Überleben. Wenn Egoisten das Gemeinsame übernehmen, dann geht es um Hackordnung und Charles Darwin ist nicht mehr weit. Versucht sich hingegen der Altruist zu behaupten, bleibt es meistens beim Versuch. Leider bleibt der Selbstlose trostlos zurück. Die logische Konsequenz ist die physische wie psychische Teilung und Spaltung. Besonders am Berg. Kitten und Vereinen ist dann nur dem Master of Science vorbehalten. Viele Versuche hat er nicht. Wer den Anschluss verliert, gibt seine Persönlichkeitsrechte auf.
Symbolbild einer Gruppenausfahrt.
Wer den Anschluss verliert, gibt seine Persönlichkeitsrechte auf.
Gruppenausfahrten sind keine Rennen. Doch werden sie gerne dazu missbraucht. Der Gruppe individuelle Trainingspläne zu indoktrinieren ist ein weit verbreitetes Hobby. Floskeln wie „ab jetzt locker“ sind nur zynische Botschaften und spitze Giftpfeile. Jeder Trost und jede Aufmunterung sind in Wahrheit eine Aufforderung, nicht länger zu jammern und bitte endlich in die Pedale zu treten. Der Klügere gibt nicht nach, es ist der Schwächere, der aufgibt.
Dort wo Unterschiede zusammenkommen, werden diese Abstände größer. Der Kompromiss in der Mitte ist schwer zu finden, wenn vorne die Post abgeht und hinten die Beine schwer werden. Langsamer und rücksichtsvoller zu fahren ist wesentlich einfacher, als schneller zu werden. Das eine kann man, das andere würde man. Während jeder auf den anderen hofft, klafft man auseinander. Auseinanderleben und auseinander radeln. Das ist ganz alleine in der Gruppe fahren.
Symbolbild einer feinen Gruppenausfahrt.
Ganz allein in der Gruppe fahren.
Vieles ist oft so, weil es so ist. Warum aber? Die Suche nach den Beweggründen würde den Rahmen sprengen. Einzelne Beispiele untermauern aber mein Empfinden. Dem Egoisten ist die Gruppe ein Dorn im Auge und ein Keil in den Speichen. Ich frage mich, was daran falsch sein kann, sich in den Dienst der Anderen zu stellen? Das Miteinander zu fördern und auch herauszufordern. Die Harmonie liegt dort, wo der Kompromiss beginnt und das gemeinsame Bier am besten schmeckt. Das Wir-Gefühl entsteht erst im Scheinwerfer des Ichs. Rennradfahren darf abseits des Trainings und des Wettkampfes gerne ein Zueinander und Miteinander sein. Der gemeinsame Weg ist das Ziel. Nicht der schnellste. Die Herausforderung liegt darin, gemeinsam anzukommen und nicht vor allen anderen. Das ist mein Zugang und mein Spirit.
Vielleicht sind genau deshalb diese Zeilen gut. Sie werden mir helfen, mich wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Denn leider steckt auch in mir ein radelnder Egoist.
Ein gelber Zettel im Postkasten. Es ist die Benachrichtigung über die Hinterlegung einer Postsendung in der gelben Box unterhalb meines Postfaches. Ich halte den EAN-Code an den Chip und warte auf den Ton sowie das grüne Licht. Dann kann ich die Box öffnen und das Paket herausnehmen. Es ist von Urban Zweirad. Jetzt erinnere ich mich wieder. Vor einiger Zeit habe ich eine E-Mail bekommen. Ob ich Interesse hätte, ein neues Kettenöl auszuprobieren. Angeboten habe man mir auch bunte Lackdosen, aber damit kann ich wenig anfangen. Warum sollte ich meinen schönen Rennesel lackieren? Also nur greaze – noch ein Kettenöl fürs Rennrad.
greaze also. Noch ein Kettenöl fürs Rennrad. Bis jetzt war ich ja mit Finish Line und r.s.p. ganz gut aufgehoben. Der Zeitpunkt passte aber perfekt. Nach dem Ausflug auf den Großglockner war Schmieren an der Tagesordnung. Die Tunnels am Weg zum Hochtor und das Schmelzwasser bergauf und bergab entlang der Großglockner Hochalpenstraße haben ihre dreckigen Spuren hinterlassen. Spuren welche ich natürlich sofort mit entsprechendem 5-Sterne-Wellness-Programm für meinen Rennesel beseitigt habe. Und wie es sich nach einem gründlichen Waschgang gehört, braucht es danach einen noch gründlicheren Schmiergang.
Irgendwie habe ich seit dem Öffnen des Paketes einen Ohrwurm im Kopf. Ich weiß aber nicht woher. greaze klingt wie „grease“ oder „grasso“. Also Fett. greaze ist aber nicht fett. Es ist ein Sprühöl, wahlweise Basic oder Premium. Ich darf ab sofort 200ml vom einen und 400ml vom anderen versprühen. Was ich auch schon gemacht habe. Meine Kette ist jetzt Premium-beschichtet. War keine große Kunst. Mit dem ausklappbaren Sprührohr erreichte ich jedes Kettenröllchen einzeln.
Da ich jetzt weder Chemiker noch Physiker bin, kann ich nicht viel über die Zusammensetzung des Öls urteilen. Ich verlasse mich blind auf die Rezeptur. „Pure Adhesive Oils“ soll für bessere Haftung an der Kette sorgen. Eine langlebige Kette – lautlos und gegen Korrosion geschützt wäre mir schon recht genehm. greaze – the stage is yours.
Was wird greaze Kettenöl können?
Die große Frage wird sein, wie sich dieses Kettenöl bewähren kann. Ich liebe blank polierte Ketten und Ritzel und ich reagiere sehr empfindlich und sensibel auf jedes noch so kleinste Geräusch. Da lasse ich mich ungern von einer Designerdose blenden. Weil schick sind sie schon die greaze Dosen. Das muss man ihnen lassen. Und es riecht gut. Nein, es duftet.
Ich wurde gebeten greaze auszuprobieren. Und das mache ich. Ohne vorgefertigte PR-Texte wiederzugeben. Das mache ich immer so.
Wenn greaze nicht tropft und mir nicht den gesamten Rahmen versaut (das erledigen Sprühöle sehr gerne), die Kette sauber hält, ohne Dreck anzusammeln, dann vielleicht auch noch nach ein paar Waschgängen halbwegs schmiert, dann sage ich gerne „her mit greaze – noch ein Kettenöl fürs Rennrad“. Wir werden sehen und ich werde berichten. Sobald ich damit unterwegs sein werde. Länger. Einmal rund ums Leithagebirge ist sicher zu wenig.
Hinweis zur Transparenz
Ja. Ich habe je eine Dose des Basic- und Premium Kettenöls kostenlos zugeschickt bekommen (Wert ca. € 30,-). Mit der Bitte es auszuprobieren und darüber ein paar Zeilen zu schreiben. Ich habe dafür keinen Koffer voller Geld auf irgendeiner Autobahnraststätte in Empfang genommen. Nich einmal einen einzigen Geldschein. Eigentlich schade.
Alles, was ich geschrieben habe und schreiben werde entspricht meiner subjektiven Meinung und ist frei von Superlativen sowie Empfehlungen. Falls sich greaze bewähren sollte, dann werde ich es natürlich auch gerne empfehlen.
Jetzt ist es endlich im Stall. Mein neues Dienstfahrzeug. Dieses Rennrad bietet die meisten Vorurteile. Ein paar Wochen wird der Rennesel schon geritten und schon gibt es meine Erfahrungen mit dem Rennrad aus Holz. Es war Liebe auf den ersten Tritt. Aus dem anfänglichen Flirt ist eine enge Beziehung gewachsen. Dank Bikefitting und Maßfertigung ist My Esel jetzt auch mein Rennesel. Damit dreht sich plötzlich die Welt nicht mehr um die eigene Achse, sondern um mich. Dieser Mittelpunkt steht mir gut und ich genieße ihn in vollen Zügen.
Der Rahmen ist aus speziellen Holzplatten. Kerneschen-Leichtholz. CNC gefräst, verleimt, verzahnt und wetterfest versiegelt. Alles „Made in Austria“. Sämtliche Anbauteile aus Aluminium und Carbon. Dazu kommen nur feine Teile von 3T, Shimano, Prologo und Pancho Wheels. Alles perfekt abgestimmt. Ein ästhetisches Kunstwerk. Auch, wenn Geschmäcker verschieden sind. Das Rad polarisiert. Es teilt in zwei. Wie schon erwähnt. Mein Rennesel bietet die meisten Vorurteile. Mehr als alle anderen Rennräder aus Carbon oder Aluminium.
Holz kann mehr als man glaubt.
Es wäre nicht wertschätzend, wenn man meinen Rennesel nur auf die Schönheit (oder eben das Gegenteil) reduzieren würde. Die My Esel Fahrräder aus Holz haben mehr zu bieten, als man zu glauben vermag. Erfahren kann man es erst, wenn man eines davon gefahren ist. Besonders schätze ich die Laufruhe. Das Dahingleiten ohne spürbarer Vibrationen. Wenn die Schaltung perfekt eingestellt ist, dann ist nur das laute Surren der Laufräder zu hören. Kleine Unebenheiten werden gekonnt verschluckt. Holz hat dafür genug Eigendämpfung. Den Rest erledigen die Flex der Sattelstütze (3T Carbon Zero 25 Team) und die Laufräder aus Carbon (Rush 45 Disc).
Der Rennesel fühlt sich im Fahrbetrieb sehr kompakt an und man hat stets die Kontrolle über das Fahrrad. Solange man beide Hände am Lenker hat. Der Seitenwind ist eine kleine Schwachstelle. Die hohen Laufräder tragen nicht unwesentlich dazu bei. Ein Problem, das jeder mit Drang zum Posing kennt. Eine etwas schmälere Version der Rush sind deshalb im Mindset.
Meine Erfahrungen mit dem Rennrad aus Holz sind überraschend. Ein spürbarer Vorteil der Holzbauweise ist die Spurtreue in den Kurven. Vollgas hinunter, Kurve anvisieren, bremsen, Scheitelpunkt treffen, einlenken, steuern, Bremse loslassen und aus der heraus Kurve beschleunigen. Dabei verzieht das Rennrad keine Miene und schenkt auch keinen Millimeter her. Die Kurvenstabilität ist so weit ich das beurteilen kann und darf einfach sensationell. Wer mich kennt, weiß um meine Fahrweise bergab. Die hohe Verwindungssteifigkeit im Tretlager ermöglicht zudem eine gute Kraftübertragung.
Ist Holz besser als Carbon oder Aluminium?
Was ist schon besser? Nur das Rad mit den meisten Vorurteilen kann die Antwort geben. Holz ist anders. Weil Holz ein ganz anderes Eigenleben hat. Die Schöpfer von My Esel bezeichnen Holz als spannendes Material. Wenn seit jeher Boote, Autos, Dächer und sogar Flugzeuge mit Holz gebaut werden, warum nicht ein Fahrrad. Holz kann mehr als man glaubt.
Mittlerweile sind der Rennesel und ich gut zusammengewachsen. War er anfangs zeitweise noch störrisch, so kommt jetzt die Feinjustierung zum Tragen. Da und dort sind schon ein paar für mich erfreuliche PRs gefallen. Nicht dass diese zu 100 % dem Esel zuzuordnen sind. Auch der erste 200er ist schon Geschichte. Sowie die ersten 2800 Höhenmeter in einer Ausfahrt. Meine Erfahrungen mit dem Rennrad aus Holz lassen sich noch weiter vertiefen.
Vorurteilen heißt nicht wissen.
Egal wo ich mit dem Esel auftauche. Es sind immer dieselben Fragen, die mir gestellt werden. Vom Gewicht zum Borkenkäfer und dem Holzwurm bis hin zur Haltbarkeit des Materials Holz. Zur Haltbarkeit kann ich schon ein sehr gutes Urteil abliefern. Der Holzrahmen hält verdammt viel aus. Meine Schulter, mein schönes Langarmtrikot, mein Helm, meine Brille und mein linkes Handgelenk hingegen viel weniger. Ein kapitaler selbstverschuldeter Highsider hat mich zu Fall gebracht. Am Boden liegend habe ich für den Esel bereits gebetet und ihn zu Grabe getragen. Umsonst. Er hat dieses für Augen und Ohren schmerzhaftes Erlebnis ohne Kratzer überlebt. So bin ich. Ich teste Produkte bis weit über ihre und meine Schmerzgrenze.
Was Borkenkäfer und Holzwurm angeht, so ist die Antwort eine ganz einfache. Beide Störenfriede haben Hausverbot. Alle Räder von My Esel sind wetterfest beschichtet (lackiert). Wetterklimatische äußere Einflüsse dürften also keine Probleme verursachen. Nach der ersten „badass“ Ausfahrt werde ich mehr wissen. Meine Erfahrungen mit dem Rennrad aus Holz werden auch mit Nässe zu tun haben.
Bleibt nur noch das Gewicht. Laut Hersteller sind es 8,5 kg. Das ist optimistisch. Selber habe ich mein Dienstfahrzeug noch nicht gewogen. Mache ich vielleicht demnächst. Lieber optimiere ich mein persönliches Gewicht. Sieben Wochen Lockdown und die Kochkünste laKetterechts‘ haben mein Intervallfasten etwas durcheinandergebracht.
Selbst einmal erfahren. Dann urteilen.
Das Rad mit den meisten Vorurteilen hat seine Vorteile. Ich kenne sie. „Self opinion approved“. Mein Rennesel ist trotzdem schwer zu kategorisieren. Er passt irgendwo zwischen Enduro, Granfondo, Sonntagsrennrad, Liebhaberobjekt, Komfortgaul, Ökofreak, Revoluzzer und Aus-der-Reihe-tanzen hinein. Es passt zu mir. Es ist stimmig und ausgefallen. Da und dort gibt es sicher noch ein paar Punkte, Technik und Design weiter zu optimieren. Das wird sicher noch kommen. Bis dahin genieße ich meinen ganz persönlichen Rennesel. Mehr Fotos in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten auf Facebook und Instagram.
Das Rad mit den meisten Vorurteilen
Daten und Spezifikationen
Rahmen
Leichtholz
Rahmenfarbe
Kernesche
Gabel
3T Fundi Team Stealth, HEADSET COMPATIBILITY: -UPPER: IS42/28.6 -LOWER: IS47/33, fit 12mm thru axle
Ein einfacher Husten ist plötzlich kein einfacher Husten mehr. So wie eine laufende Nase plötzlich keine laufende Nase mehr ist. Und Gliedschmerzen sind auch nicht mehr die Folge des fortgeschrittenes Alters oder des wieder einsetzenden Trainingsalltags. Als Rennradfahrer hat man es aktuell nicht leicht. Egal was man hat. Es ist das Coronavirus. Man liest davon, man hört davon, man riecht davon. Und man hat es. Ob man will oder nicht. Weil es die anderen wollen. Bei jedem kleinsten Anzeichen läuten die Alarmglocken. Noch nie habe ich so genau in mich hineingehört. Noch nie war ich so wachsam und behutsam. Ja, das kann ich auch. Zwar nicht oft, aber es geht doch um meine Gesundheit. Das Coronavirus wird uns verändern. Es hat uns verändert. Coronavirus und Rennrad fahren – es wird nie mehr so sein, wie es schon einmal war.
Wir werden alle sterben.
Wir werden alle sterben. Weil wir Menschen sind und nicht weil ein Virus zirkuliert. Und das sage ich als Optimist. Einer, der sich stets gegen Influenza und andere Kleinigkeiten gestemmt hat. Meine Motto und mein Credo waren immer, dass man Viren und Bakterien einfach aus dem Körper rausschwitzen kann. Mit Training. Grundlage geht immer und überall. Nur nicht übertreiben. Aber auch nicht Stillstehen. Coronavirus und Rennrad sind aber ganz was anders. An Corona kann man sterben.
Quelle: Internet
Ich kann mir gut vorstellen, wie sich die Panik auf der Titanic angefühlt haben muss. Auch wenn es nicht vergleichbar ist. Das Coronavirus hat das Schiff schon aufgeschlitzt. Jetzt ist es nur mehr eine Frage der Zeit. Der Untergang ist gewiss. Lasset uns bis dahin weiter Musik machen, wie die tapferen Orchestranten auf der Titanic. Das Coronavirus wird unser Verhalten verändern. Er wird uns aber nicht aufhalten.
Der Rennradvirus ist stärker als das Coronavirus.
Das Coronavirus verbreitet sich rasant. Italien hat es schon fest im Griff. Dort ist das öffentliche Leben bereits per Ministerialdekret massiv eingeschränkt. Keine öffentlichen Sportveranstaltungen mehr bis 3. April 2020. Alle Schulen, Kindergärten und Universitäten sind bis Mitte März geschlossen. Restaurants, Bars, Kinos und weitere öffentliche Einrichtungen dürfen nur mehr bedingt und mit Respektabstand von 1 Meter betreten werden. Der beliebte Cafè al banco wir nicht mehr serviert. Nur mehr Tischservice. Kein Handschlag mehr, kein Bacio links und rechts. Ziemlich viel Panik auf der Titanic.
Und ich? Ich fahre zu Ostern nach Riccione. Bis dahin werde ich trainieren. Das Alleinfahren in der Gruppe. Ich muss üben, mindestens einen Meter Abstand zu halten. Nach vorne, nach hinten, nach links und nach rechts. Vielelicht muss ich sogar so fahren, wie es die Triathleten machen müssten und nicht tun. Oder tun die es jetzt freiwilig doch? Lernen muss ich auch, mich in der Bar an den Tisch zu setzen und zu warten, bis mich der Kellner hoffentlich bedienen will. Er muss es nicht mehr. Ich muss mir auch abgewöhnen, während der Fahrt zu spucken und meine Nase freizurotzen. Wohin ich mein Wegwerftaschentuch geben werde? Ich werde es herausfinden. Müssen.
Gut vorstellen kann ich mir auch, in Zukunft aufmüpfige italienische (und heimische) Autofahrer einfach mit rauher Stimme und mit Hustenansätze in die Flucht zu jagen. Freundlicherweise werde ich Ihnen meine verschwitzten Hände entgegenstrecken. Ich bin ja ein Gutmensch. Perfid, aber gut erzogen. Statt einer werde ich beim Rennradfahren mindestens 3 bis 4 Trinkflaschen mithaben, um mir regelmäßig die Hände zu waschen. Den Seifendispenser montiere ich am Sattelrohr. Das Coronavirus ist stark. Das Rennradvirus macht mich stärker.
Wieviel Watt verträgt das Coronavirus?
Interesant wird es auch, herauszufinden, wieviele Watt das Coronavirus vertragen kann. Ich nehme es einfach auf einen FTP-Test mit und schau mir das einmal an. Ich schätze es wird ab 3 W/kg abreisen. Vielleicht muss ich mehr liefern. Mal sehen. Ich denke es wird sterben. Wenn ich sterbe. Und das mache ich ja bekanntlich am Rennrad öfters.
Wir werden alle sterben. Und das ist gut so. Am Berg, im Sprint, am Ende des Tages. Wir Rennradfahrer*innen sind es gewohnt zu sterben. Und deshalb wird uns das Coronavirus nicht umbringen. Coronavirus und Rennrad – das geht.