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Rennradfahren in Niederösterreich – einmal rundherum.

Rennradfahren in Niederösterreich

Es könnte ein Hobby werden. Oder auch eine Sucht. Eine Sehnsucht. Das Rundherumfahren. Mit dem Rennrad ein Bundesland umrunden. Nach Vienna Roundabout und Burgenland Radlummadum hat sich dieses Mal Niederösterreich aufgedrängt. Solo, unsupported. 620 km und 6.000 Höhenmeter aufgeteilt auf zwei Tage. Tag eins mit dem Alpenvorland rund um Semmering, Adlitzgräben, Kalte Rinne, Höllental, Ochsattel, Kernhof, Gscheid, Annaberg, Wastl am Wald und das Waldviertel rund um das Kleine Yspsertal, Arbersbach, Weitra sowie Gmünd. Dazwischen die blaue Donau. Tag zwei mit noch einmal viel Waldviertel, die tschechische Grenze zu Südböhmen, viel an der Thaya, die Weingegend rund um Retz und dann viel und noch mehr geradeaus zwischen Laa (an der Thaya), Hohenau an der March, Dürnkrut und Hainburg. Rennradfahren in Niederösterreich ist bergig, hügelig und flach. Genau deswegen interessant und schön. Manchmal auch etwas monoton.

Bikepacking und das Rennradlerleben wird langsam.

Rennradfahren in Niederösterreich hat viele Facetten. Ich habe mir jene entlang der Grenzen zu Oberösterreich, Tschechien, Slowakei, dem Burgenland und der Steiermark vorgenommen. Die Strecke war jene des Race Around Niederösterreich. Mit leichten Adaptionen, um von Eisenstadt starten zu können und wieder in Eisenstadt ankommen zu müssen. Ein einfacher Plan: Zwei Mal über 300 km täglich. Mit jeweils 4.000 und 2.000 ungerecht aufgeteilten Höhenmetern. Alles einen Level höher als all das, was ich bisher im Sattel erleben durfte.

Mein Rennesel wurde schnell zum Packesel umgestylt. Der TopPeak Backloader 15L stand ihm gut und stramm. So wenig wie möglich und so viel wie nötig mitzunehmen ist und bleibt beim Bikepacking die Königsdisziplin. Erfahrung zahlt sich dabei immer aus. Der Frühstart war programmgemäß als früher Vogel hingelegt und ein kitschiger Sonnenaufgang begleitete mich ins Abenteuer. Zu Beginn gleich die erste Eingebung. Bikepacking macht das Rennradlerleben langsamer. Und unberechenbar. Zumindest das Handling des Rennrades. Erst als ich das kapiert hatte, kam ich in den Flow und der Pedaldruck wich dem Fahrgenuss.

Mathematik ist anstrengender als Rennradfahren.

600 Kilometer in 2 Tagen sind vor allem eine mathematische Herausforderung. Speziell am zweiten Tag, wo alles wieder bei null anfängt. Was man hatte, zählt dann nicht mehr. Ein harter Schlag. An beiden Tagen löste jeder Blick auf das Garmin-Display im Kopf eine Rechenaufgabe aus. Ich rechnete ständig herum. Kilometer, Höhenmeter, Zeit und Durchschnittsgeschwindigkeit mussten dem Ziel angepasst werden. Tagesziel, welches darin bestand, rechtzeitig bevor das Licht ausgehen würde, die schon im Vorfeld gebuchte Pension in Gmünd und das verdiente Bett in Eisenstadt zu erreichen. Gleichungen waren schon in der Schule meine Stärke und die Gefahr, mich zu verrechnen gering. Für den Fall hatte ich natürlich entsprechende Beleuchtung dabei. Vorne wie hinten.

Ein Highlight bei dieser ganzen Rechnerei war der erlösende psychologische Switch von „erst“ zu „nur noch“. Wobei das „nur noch“ am zweiten Tag erst bei 99 so richtig Freude aufkommen ließ. Eine schmerzverzerrte Freude.

Neben der vielen Rechnerei beschäftigte sich meine Ratio auch mit der Erfindung vieler Ausreden und Gründe, die Tour vielleicht doch noch zu vereinfachen. Am Anfang war das ein pragmatisches „Umdrehen“, später das Einreden, einen der vielen Bahnhöfe im Land aufzuspüren. Eine Verbindung nach Wien oder ST. Pölten sollte immer und überall zu finden sein. Perverser und unverschämt hingegen der immer wiederkehrende fromme Wunsch nach einem technischen Defekt. Je länger die Tour, desto erfinderischer wurde mein Geist. Es waren also nicht die müden Beine, die mich bremsten, sondern die Monotonie der Gedanken im Kopf.

Verkehrsarm und naturreich. Auch das ist Niederösterreich.

Das Waldviertel glänzt nicht unbedingt mit Abwechslung. Es geht hier auf und ab und dann wieder auf und ab und wenn es nicht auf und ab geht, dann geht es länger auf und ab. So gesehen war das wenig spannend. Also kämpfte ich mich von Lagerhaussilo zu Lagerhaussilo. Diese landwirtschaftlichen Leuchttürme waren stets am Horizont zu erkennen. Noch bevor der Kirchturm der nächsten Ortschaft sein Kirchturmspitze vorauswerfen konnte.

Interessant war auch die Tatsache, dass im Waldviertel 99 % der Orte an der Thaya liegen. An der Thaya hier, An der Thaya dort. Die Thaya selber habe ich nie gesehen. Oder einfach nicht bemerkt. Bemerkt, nein gemerkt habe ich mir hingegen die Autokennzeichen. WN, WB, NK, LF, SB, ME, ZT, GD, WT, HO, HL, MI,  GF, BL und BN – lauter Hirnnahrung. Wobei mir die Aufklärung der Herkunft GF am meisten Hirnschmalz gekostet hatte.

Auf meinem Weg rund um Niederösterreich war ich nicht nur allein unterwegs, sondern mutterseelenallein. Abgesehen von einigen „kritischen“ Verbindungsstücken (Orstzentrum Wieselburg, Laa an der Thaya – Staatz, Wiener Neustadt – Neunkirchen) bei denen die LKW die Statik meines Packesels durcheinander gewirbelt haben, konnte ich die motorisierten und menschlichen Begleiterscheinungen auf meiner Nase zählen. Genial war das kleine Yspertal (L7285) bergauf nach Dorfstetten und dann weiter über die B119 nach Arbersbach. Oder die Abfahrt von Wastl am Wald (Cima Coppi der Niederösterreich-Umrundung auf 1.100 Meter Seehöhe) über Puchenstuben und St. Anton an der Jeßnitz nach Scheibbs (B28 und B25). Nicht zu vergessen der Anflug nach Retz von Hofern kommend durch die Weinberge (Reblaus Radweg/Windmühlenweg) oder das zufällige Ansteuern von Braunschlag aka Eisgarn. In Erinnerung bleibt mir auch das Teilstück des Traisental-Radweges hinauf nach Gscheid. Bist du g’scheit, war das steil. Rennradfahren in Niederösterreich. Verkehrsarm, naturreich und serienfilmreif.

Niederösterreich rundherum ist mittendrin.

Man muss sich bei solchen Umrundungen in das Rennradabenteuer einlassen können und man muss es zulassen. Und verlangsamen. Auch beim Bikepacking. Der Weg ist bekanntlich das Ziel. Am Ziel angelangt gehört dann alles der Vergangenheit an. Niederösterreich rundherum war dieses starke Mittendrin. Mittendrin im Abenteuer. Bestehend aus sportlicher Herausforderung und lokaler Neugier. Was ist wo und was ist warum? Lernen und Rennradfahren fürs Leben. Eine bessere Schule gibt es nicht.

Ich hatte Glück mit dem Wetter. Kein einziger Tropfen hat mich erwischt. Und das obwohl rundherum Starkregen und Gewitter gewütet haben. Glück hatte ich auch, keinen Defekt bekommen zu haben. Das Karma hätte zuschlagen können, nachdem im Kopf der Wunsch danach Vater des Gedanken gewesen ist. 

Ich habe auf Holz geklopft, damit nichts passiert und ich bin auf Holz gefahren. Damit eben nichts passiert. Den tschechischen LKW-Fahrer verbuchen wir als Ausnahme. Ein Sattelzug hätte mich in der 90° Kurve fast erdrückt. Dumm (saudumm) von ihm, dass er mich davor noch überholt hatte. Gut für mich, dass man am Bankett auch Radfahren kann. Etwas tief in der Erde, aber immerhin.

Rennradfahren in Niederösterreich hat mir neue Möglichkeiten und Gegenden gezeigt. Plätze, die ich gerne wieder besuchen möchte. Zuerst kommt aber noch Oberösterreich. Eine weitere Challenge. Ich weiß nicht ob ich schon erwähnt habe, dass das Umrunden eines Bundeslandes zum Hobby werden könnte? Und zur Sucht.

ktrchts
#machurlaubfahrrennrad

Track Route Tag 1.
Track Route Tag 2.

Eine lange Rennradreise rund um Eisenstadt.

Rennradreise rund um Eisenstadt

Eisenstadt ist nicht wirklich groß. Die burgenländische Landeshauptstadt misst gerade einmal 42,91 km2. Einmal rundherum wäre für ambitionierte Rennradfahrer*innen keine wirkliche Herausforderung. Die Idee einer Ketterechts-Rennradreise rund um Eisenstadt war aber trotzdem zu reizvoll, um sie nicht zu planen und umzusetzen. Als Ersatz für die verflogene Fahrt ans Meer nach Triest. Auswandern war die logische Konsequenz. In die benachbarten Bundesländer Niederösterreich, die Steiermark, Kärnten und natürlich das Burgenland selbst. Rund um Eisenstadt war ein ebenbürtiger Ersatz. 590 Kilometer und 6.400 Höhenmeter wurden in vier Tagen von 10 Teilnehmer*innen bei Kaiserwetter mit Bravour gemeistert. Jetzt, eine Woche später kommen die Erinnerungen wieder so richtig hoch.

Rennradfahren im Burgenland

Rennradurlaub mit Genussfaktor.

Eisenstadt, Bruck an der Mur, Wolfsberg, Güssing und wieder Eisenstadt. Die Eckpfeiler der Rennradreise rund um Eisenstadt waren Geheimtipps und wurden schlau miteinander verbunden. Bedingt durch den Feiertag und den noch überschaubaren Touristenansturm, waren viele Straßen wie für uns reserviert. Von den Adlitzgräben, dem Mürztal und Murtal, dem Stübingtal, dem Teigitschgraben, der Pack, der Weinebene, der Südoststeiermark, den Süd- und Mittelburgenland, dem Eisenberg, dem Geschriebenstein bis zum und über den Sieggrabner Sattel zurück ins Nordburgenland. Kaum bekannte oder berühmt klingende Namen, dafür umso schönere Flecken Erde. Romantisch, teils abgeschieden, urig, bergig, hügelig und wellig. Urlaub machen und Rennrad fahren. Das Leben kann so viel bieten.

Rennradfahren über die Pacj

Wenn die Teilnehmer*innen an nichts anderes denken dürfen, als an das Rennrad fahren und an das gute Essen, dabei die Landschaft in vollen Atemzügen genießen können, dann ist das ein ganz besonderer Luxus. Rennradreisen mit ketterechts sind organisierter Rennradurlaub mit hohem Genussfaktor.  Übrigens anspruchsvollem und sportlichem Genussfaktor.

Mach Urlaub. Fahr Rennrad.

Das Schöne an einer Rennradreise ist die Zeit. Zeit, die man hat und Zeit, die man sich gibt und geben darf. Das einzige was zählt, ist rechtzeitig zum Abendessen im nächsten Hotel zu sein. Sonst gibt es keine Verpflichtungen. Urlaub machen und Rennrad fahren. Kaffeepausen inklusive. Sicher und mit einem schönen reservierten Platz im Windschatten. Gemeinsam an die Grenzen gehen und diese ausloten. Sich selbst und andere kennenlernen. Den Horizont erweitern und Platz schaffen für Neues. Ein gemeinsamer Sport verbindet, eine gemeinsame Herausforderung festigt diese Verbindung. Außerdem sind Rennradreisen keine Rennen. Sie sind kulinarische, kulturelle und geografische Aus- und Weiterentwicklungen. Lernen fürs Leben und lernen vom Leben.

Zwischen Eisenstadt und Eisenstadt hatten wir viele Zwischenetappen. Außerdem auch viele kleine und große Herausforderungen, die wir gemeinsam gemeistert haben. Das reicht vom kurzfristigen Akkuaufladen fünf nach zwölf bis zum fliegenden Schuhwechsel. Nebenbei haben wir Zimmerschlüssel durch die Gegend gefahren und gelernt, dass jene, die meinen Newsletter lesen, einen Vorteil gegenüber anderen haben. Dass man innerhalb von drei Tagen nicht immer in der Lage ist, sich selbst eine neue Übersetzung zu verpassen, ist ein anderes Thema. Allerdings haben wir auch dieses ausführlich besprochen.

Lustig ist das Radfahrerleben.

Die Tiroler sind laut Volksmund lustig. Übrigens auch froh. Weil sie ein Weibchen nehmen und dazu tanzen. Die Steirer sind lustiger. Nein, ein ganz spezieller Steirer. Der lustige Steirer. Der Abend, die Nacht und das Frühstück dort waren ein Highlight. Beste Küche, üppige Küche und vor allem eine Wuchtel (Witz, Schmäh, Pointe) nach der anderen. Nonstop. Wie aus der Speicherkarte geschossen. Über und unter der Gürtellinie. Vielleicht haben wir den Wirt zur Höchstleistung getrieben. Sollte er immer so sein, dann möchte ich das einnehmen, was er sich Tag für Tag auf der Zunge zergehen lässt oder intravenös einschießt.  Auf alle Fälle werden wir den Mähdrescher nie mehr vergessen.

Der lustige Steirer

Auch die Wirtin selber und die Gastgeberin der Pension hingen dem lustigen Steierer um nichts nach. Die Familie Hollerer muss man kennengelernt haben. Dazu die Erdbeerlasagne. Ein ganz süßer Traum. 

Es sind diese gewollten Zufälle, die eine Rennradreise aufpimpen. Denn Rennradreisen bedeutet nicht nur, dass das Rennrad täglich bewegt werden muss. Es sind vielmehr die unzähligen Geschichten, die eben ein Radurlaub mit Genussfaktor erzählt und schreibt. Man muss nur dazu bereit sein.

Den Horizont erweitern.

Bewusstseinserweiterung. Vielleicht lässt sich eine Rennradreise als solche bezeichnen. „Free your mind“. Wenn es Tag für Tag heißt „An die Waffen“, dann öffnen sich Türen und es dürfen neue Räume betreten werden. Unbekanntes Terrain. Für jede*n unterschiedlich. Neues entdecken, altes beiseitelegen. Die Gruppendynamik motiviert, fordert und zwingt zugleich. Individuelle Erfolgserlebnisse sind die logische Konsequenz. Die einen schreiben die schnellsten 40 km ihrer Rennradlaufbahn ins Tagebuch, die anderen fahren an vier Tagen so viel, wie sonst einen ganzen Monat nicht. Zwischendurch wird zwar geschimpft und gemeckert, aber am Ende ist immer alles gut. Weh tuts sowieso jeder und jedem.

Zugegeben wurden oft auch unkonventionelle Methoden angewendet. Allen alles gleich recht zu machen ist eben eine Kunst, die niemand beherrscht. Ebenfalls sind pädagogische Fähigkeiten gefragt. Sofern nötig, auch ein paar Drill-Nuancen. Ob das zielführend ist? Wir sind auf alle Fälle gemeinsam weggefahren und gemeinsam angekommen. Punktgenau, als es zu regnen begonnen hat. Unterm Strich zählt genau das.

Eckdaten der Rennradreise.

Abschließend noch ein paar Eckdaten zur Rennradreise rund um Eisenstadt. Auf jeden Fall wird dieser Rennradurlaub 2021 oder 2022 wieder im ketterechts-Rennradreisen-Programm dabei sein. Newsletter abonnieren oder Facebook Seite like bzw. Instagram Account folgen. Um up to date zu sein und zu bleiben.

Tag 1: Eisenstadt – Bruck an der Mur. 131 km und 1.1200 Höhenmeter
Tag 2: Bruck an der Mur – Wolfsberg. 158 km und 1.544 Höhenmeter
Tag 3: Wolfsberg – Güssing. 166 km und 2.211 Höhenmeter
Tag 4: Güssing – Eisenstadt. 132 km und 1.475 Höhenmeter

ktrchts
#machurlaubfahrrennrad

PS: Fotocredits: Andi, Alois und Manuel.

Austria Giro 2016 – von Bregenz nach Wien. Tag 6

Austria Giro - Polar 400

Tag 6. Und ich bin auf Entzug. Garmin Entzug. Heute habe ich einmal auf Garmin verzichtet (politisch korrekt ausgedrückt – in Wahrheit habe ich auf Garmin geschissen) und meine Polar M400 in den Volldienst genommen. Obwohl ganz verzichtet habe ich nicht. Ich habe mir den Spass nicht nehmen lassen, den Garmin Edge 1000 beim Sterben zuzusehen. Einschalten ließ er sich noch, dann hat das Gerät ca 30 km lang immer wieder das GPS Signal verloren, weitere 321 Runden (laps) eigenständig gewertet und nach 3h23min war wieder alles tot. Mit automatischen Wiederbelebungsversuchen. Immer wieder hat sich das Gerät eingeschaltet und dann selbständig wieder ausgeschaltet. So lange, bis der Akku komplett leer war. Derweil ruht der Garmin in einer Reisschüssel. Ein Versuch ist es wert. Der Reis sollte dem Gerät die Restfeuchtigkeit nehmen. Weil, und das ist das Problem: Ich kann keinen Hardreset machen. Denn die Start/Stop Taste funktioniert nicht.

Das wars dann auch schon mit Garmin. Der M400 hat ganze 7h55min seine Dienste erbracht. Die Anzeige „Akku schwach“ nach knapp 7h hat mich leicht verunsichert. Aber alles ist gut gegangen. Ich habe den Track. Und das zählt. 203 km und 3.900 Höhenmeter. 27,3 km/h Schnitt. Danke. Die ersten 151 km mit einem Schnitt von 29,8 km/h. Danke. Den Rest mit Pfaffensattel und Feistritzsattel mit 23 km/h Schnitt. Ausbaufähig.

Der Tag begann mit einer rasanten Abfahrt von Maria Taferl hinunter zu Donau. Von Pöchlarn folgte ich der B1 bis nach St. Pölten. Dann das Traisental. Bis nach Freiland. Ohne besondere Vorkommnisse. Ok. Gegenwind. Viel Gegenwind. Und ein depperter Autofahrer, der meinte, er müsse mich ausbremsen und mich auf den Radweg „oarschlochen“. Ich spürte schon die Nähe zu Wien.

Ab der Abzweigung Richtung Kalte Kuchl war mir die Strecke ganz neu. St. Aegyd am Neuwalde und Kamelhof. Ein großes „Industriedorf“ (die Firma Teufelberger hat hier ein Werk) und ein „weißer Zoo“ sind die hiesigen Attraktionen. Die Attraktion für Rennradfahrer ist die Auffahrt zur/zum Gscheid. Ein böser bissiger Berg. Mit 12% Steigung. Auf der Straße. Der daneben verlaufende Radweg hat Rampen mit bis zu 20%. Am sechsten Tag kann dir so was schon die Grenzen aufzeigen. Ich mag eigentlich keine Radwege – aber dieser Abschnitt ist empfehlenswert.

Die Abfahrt nach Ternz unspektakulär. Der nachfolgende Ansteig zum Lansattel auch nicht wirklich attraktiv. Er tat mir aber weh. Das Mürztal hingegen war wieder High-Speed Revier. Einige TT Segmente bei Strava konnte ich mit persönlicher Bestzeit zurücklassen. Mürzsteg. Kappern. Mürzzuschlag. 152 km und ein knapper 30er Schnitt bis hierher. Zeit zu Essen. Der Spar kurz vor Spittal am Semmering war einladend genug. Wurstsemmel mit Schinken und Gouda. Dazu ein Lattella Himbeere/Zitrone. Bereit für den Pfaffensattel.

12 km von Steinhaus am Semmering bis zum Pass. Gut dosiert war ich rasch oben. Die Temperaturen mittlerweile auf Oktober Niveau. Kurz/kurz schon sehr fahrlässig. Die Abfahrt vom Pfaffensattel nach Retteneg hat viel mit der Paris-Dakar gemeinsam. Sie ist zwar nicht so lang, hat aber mindestens so viele Schlaglöcher. Beim letzten Auftritt hier mit dem Radsporttreff holte ich mir einen Defekt. Diesmal zum Glück nicht.

Den Pfaffensattel musste ich mittnehmen, um zum Feistritzsattel zu kommen. Den höchsten Pass Niederösterreich. In Retteneg dachte ich mit es wären ca. 10 km. In Wahrheit waren es über 17.  Leicht bergauf. Weniger leicht bergauf. Und am Ende ziemlich bergauf.

Ich drückte auf die Tube, denn ich hatte oben am Sattel ein Rendevouz. Mit meiner Rennschnecke. Ausgemacht war, dass sie mir von Kirchberg a. W. entgegenkommt. Doch ich wurde oben versetzt. Niemand da. Also Beweisfoto und ab nach unten. Ca. 2 km unterhalb des Sattels dann doch das Date mit Rennschnecke. Sie hatte ganz oben kehrtgemacht. Ich war ihr wohl zu langsam. Plötzlich war mein Puls auf 180. Bergab. Gemeinsam rollten wir nach Kirchhberg. Wobei rollen etwas untertrieben ist. Die Rennschnecke hielt meine 42 km/h im Windschatten locker mit.

Abgefroren wie zwei Eiszapfenl erreichten wir das Etappenziel. Tag 6 geht zu Ende. Morgen noch Tag 7. Das Burgenland wartet. Verhältnismäßig leichte 152 km und 2.300 Strava Höhenmter. Mit dem Anstieg über St. Corona am Wechsel zum warm werden. Dann geht es über Aspang, Zöbern, Bad Schönau, Kirschlag in der buckeligen Welt nach Lockenhaus zum Geschriebenstein. Dem höchsten Pass Burgenlands. Etappenziel ist dann Eisenstadt.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#austriagiro16 #ketterechts

Rennradfahren in der Buckeligen Welt. Immer wieder ein schweißtreibendes Erlebnis.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog und Eventliveblogger
Die Buckelige Welt – schweißtreibendes Rad-Erlebnis.

„Sie haben gewonnen.“ Mit dieser Anzeige auf meinem Garmin Edge Display beendete ich nach 143 km und 1.900 Höhenmetern meine zweite Solofahrt auf und ab in der Buckeligen Welt. Mit einem Schnitt von knapp 29 km/h.

Nach der „hurt me plenty“ Aktion im April, eine etwas kürzere und „leichtere“ Variante der Buckeligen Welt Achterbahnfahrt. Kurzweilig war es allemal.

Diesmal habe ich mich auf Strava verlassen. Schnell ist dort eine Route erstellt. Wenn man sich in der Gegend ein wenig auskennt. Ein paar Punkte als Highlight markieren und schon hat man den Track. Meiner schlug mir eben die 143 km mit 2.300 Höhenmetern vor. Mit den Zuckerln Bromberg, Thernberg, Schlag und Kirchschlag i.d.B.W., Sieggrabner Sattel und Marzer Kogel. Altbewährtes und natürlich Neues. Für das Ganze sollte ich mir 5h11min Zeit nehmen. Errechnet aus dem Schnitt meiner letzten Ausfahrten. Herausforderung akzeptiert. Wird doch der Griller um 1500 Uhr eingeheizt.

Los ging es mit einer kleinen Verzögerung. Die 220 km von Linz nach Wien am Feiertag und die regenerative Ausfahrt tags zuvor haben meinem neuen Vittoria Schlauchreifen nicht gut getan. Beim Aufpumpen auf 10 Bar pfiff es. Aus einem kleinen Loch. Keine 400 km und schon wieder defekt. Über Nacht. Wie aus dem Nichts. Panik? Nein. Vittoria Pit Stop. Doch dieser zeigte keine Wirkung. Das Loch ließ sich nicht von innen schließen. Panik? Nein. Super Kleber. Ein paar Tropfen von außen auf das kleine Loch reichten. Der Schlauchreifen war wieder dicht. Aus Sicherheitsgründen nahm ich einen weiteren Pannenspray, eine CO2 Patrone und eben den Super Kleber mit auf die Tour.

Pöttschinger Berg – der Laktatregler

Eisenstadt – Steinbrunn. Zum Aufwärmen. Vom ersten Kilometer weg gebe ich Gas. Meine Devise: So weit wie möglich fahren. Und hoffen, dass genug Luft bleibt. Wetter traumhaft. Temperaturen frisch. Kurze Hose und kurzes Trikot. Windweste und Ärmlinge bleiben diemal zu Hause. Die Fahrt bis jetzt ohne besondere Vorkommnisse. Außer den üblichen ungarischen Autofahrern. Steinbrunn – Pöttsching. Die ersten zwei Wellen. Kette rechts. Pötsching- Neufeld. Es ist Samstagmorgen. Die Menschen gehen einkaufen. Es ist eng auf den Straßen. Ich treffe an einer roten Ampel zwei Radfahrer auf Zeitfahrmaschinen. Kurze Plauderei. „Wo geht’s hin?“ Die einen wollen nach Seebenstein. Ich nicht. Es wird grün. Ich fahre kurz hinter den beiden. Dann höre ich im linken Ohr ein vertrautes Geräusch. Ein sich anschleichender Traktor. Sofort weiß ich, was zu tun ist. Schwung holen. Fertig machen für den Windschatten. Doch der Traktor biegt ab. Ich bleibe am Drücken. Immer an der 300 Watt Schwelle. Der Pöttschinger Berg ist und bleibt mein Laktatregler. Was ich hier kann, kann ich später auf der ganzen Tour. Mein Kette rechts Hügel. Knapp 2 km lang. Am Ende des Tages sollte es ein neuer PR werden. 4 Minuten 297 Watt Durchschnitt.

Bis Neufeld habe ich etwas Zeit Laktat abzubauen. Neufeld – Katzeldorf via Neudörfler Holzfarbrik. Hier treffe ich erneut die beiden von der Ampel. Sie haben wohl eine Abkürzung gekannt. Kurzes Kopfgrüßen und weiter über Kleinwolkersdorf, Schlainzer Kreuz und Walpersbach Richtung Bad Erlach. Es bläst mäßiger Südwind. Die erste Stunde ist um. Rechts abbiegen. Bromberg ich komme. Eine grenzgeniale Gegend diese L142. Kein Verkehr. Gegenwind und die Sonne. Mehr brauche ich nicht. Es grünt wie in besten Frühlingszeiten. Der Schweiß verdampft am Asphalt. Zuerst schmiert es gleichmäßig, dann erhebt sich die Straße recht ordentlich in den zweistelligen Bereich. Nicht lange, aber lange genug, um richtig zu transpirieren. Zwei Kehren kurz hintereinander und Bromberg ist erreicht. Von hier könnte man nach Hochwolkersdorf und auf die Rosalia (empfehlenswerter Track). Oder rechts nach Schlag (Achtung: hurt me plenty!). Ich wähle die Abfahrt nach Thernberg.

Schlag den Star.

Thernberg – Schlag. Diesmal in entgegengesetzter Richtung. Bergauf. Es geht auf über 800 Meter Seehöhe. Ein idyllisches Tal. Der Asphalt hier katastrophal – aber fahrbar. Ich trainiere mein Fahrkönnen. Zwischen Rollsplitt und Schlaglöchern ist nicht viel Platz. Manchmal kaum 23 mm. Kurz vor Eichberg Alpenfeeling. Drei fesche Kehren. So etwas mag ich. Dann geht es weiter durch einen dichten Fichtenwald. Rampenartig. Schlag ist erreicht. Typisches „Hochplateau“. Windanfällig. Weitläufig. Noch ein letzter Kilometer. Geradeaus. Bergauf. Cima Coppi für heute. Nach 2h2min, 53,1 km ist der höchste Punkt der Tour mit 835 Metern Seehöhe erreicht. Es ist frisch. Die Sonne versteckt sich hinter den Wolken. Weiter. Bergab. Und wieder weiter bergauf. Kaltenberg – Lichtenegg. Typisch Buckelige Welt. Lichtenegg lockt mir ein Lächeln raus. Der Blick auf den Dom weckt Erinnerungen. Und das Ende der Abfahrt auch. Ich bin im Bilde. Ich bin in der Gegend um Spratzau. Ein kleines Tal. Links ein Hang. Ein paar Häuser. Die Straße. Ein Bach. Rechts ein Hang. Es rollt bei Gegenwind. Noch 13 km bis Kirchschlag i.d.B.W. Hier will ich mit verpflegen.

Ich mache die Rechnung ohne dem Track. Dieser will mich nach Hollenthon schicken. Was ich auch mache. Das Schild 17% ist mir an dieser Stelle nicht unbekannt. Die Welt ist klein. Die Buckelige Welt auch. Diesmal hält sich die Furcht in Grenzen. Wenn man so einen Streckenabschnitt schon einmal gefahren ist. Hollenthon ist erreicht. Raus aus der Ortschaft. Immer noch bergauf. Eine kurze Zwischenabfahrt bis zur Abzweigung nach Kirchschlag. i.d.B.W. Scheint, dass hier alle Wege dorthin führen. Rechts wäre Wiesmath der nächste Ort. Volles Tempo und Zeit zum Nachdenken Was sagt mein Garmin? Knapp 1000 Höhenmeter erst. Wo soll ich denn die restlichen 1.300 fahren? In Blumau. Hier schwenkt die L149 rechts ab. Sie windet sich in die Höhe. Drei Kilometer. 250 Höhenmeter. Oben wieder typisch Buckelige Welt. Hochebene. Windanfällig. Weitläufig. Im Süden schwarze Gewitterwolken. Warm ist mir nicht. Kirchschlag lasse ich aus. Nur in den Ort zu fahren bringt nichts. Karl ruft.

Karl. Weingraben. Kaisersdorf. 

Eisenstadt 42 km. Eigentlich nicht mehr weit. Zumindest auf dem direkten Weg. Aber wer wählt denn so einen? Zwischen Rapsfeldern geht es von Karl, Weingraben nach Kaisersdorf. Immer ordentlich auf und ab. Rampe rauf. Rampe runter. Langsam macht sich Langweile breit. Ich will Alpenpässe. Markt St. Martin. Ich kenne mich wieder aus. Die B50 ist fast schon meine zweite Heimat. Weppersdort, km 95,5. Kurze Pause beim Billa. Bis jetzt noch nichts gegessen. Nur 0,5 Liter Melasan Sportgetränk mit BCAA. Ein Eistee Pfirsich Geschmack und zweimal Milka Tender klassisch finden den Weg in meinen Magen. Ein Gatorade Orange, jenen in meine Trinkflasche. Während ich da auf der Blumenerde sitze und speise, radeln die zwei von heute Morgen – jene von der Ampel, vorbei. Zufall? Die Zeit für ein paar Live Tweets und Instagram Postings bleibt noch.

B50 – mein Wohnzimmer.

Weppersdorf – Sieggraben. Die B50 ist von hier aus ein perfekter Zubringer in den Norden. Parallel zur S31. Natürlich gebe ich Gas. Mein Rückstand auf den von Strava errechneten Schnitt beträgt 2min40sek. Sieggraben – Sieggrabner Sattel – Marz. Herrliche Speed Strecke. Bei Rückenwind. Bei Gegenwind kann dieser Teil sehr weh tun. Ich habe es blöderweise und glücklicherweise windstill. Beinahe. Es gibt ja auch den Fahrtwind. Das dritte Milka Tender, einstweilen im Trikot verstaut, muss herhalten. Die hohe Geschwindigkeit und die Temperatur gönnen mir nur die Hälfte davon. Der Rest ist Schokomus. Das brauche ich nicht. Marz – Marzer Kogel. Letzte Bergwertung. Natürlich mit PR. Milka Tender gibt Kraft. Das Gatorade hingegen ist kaum mehr brauchbar. Warm, süß, klebrig. Im Gegensatz zum Melasan Sportgetränk. Das bleibt viel länger fruchtig, frisch und trinkbar.

Bring me home.

Die Zeit wird knapp. Nicht nur jene gegen den virtuellen Partner. Auch die zur Verfügung stehende. Der Griller wartet schon. Loipersbach – Schattendort – Baumgarten – Draßburg. Vollgas. Was geht. Der Rückstand schon unter zwei Minuten. Leichter Süd-Ostwind. Zu meinem Vorteil.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog
Hurt me plenty light

Auch wenn die Oberschenkel schon mächtig brennen. Ich nutze den natürlichen Schub von hinten und hole auf. Zagersdorf – Siegendorf. Ein Zick Zack durch typisch burgenländische Ortsstraßen. Es ist Samstag, eng und hektisch.

Nach Siegendorf komme ich in den Löwenkäfig. Die L212 ist hier Spielweise ungarischer Rennrad-Wilderer. Von fünf Autos die mich schneiden und zu knapp vorbeifahren sind fünf mit ungarischem Kennzeichen. Ich mache mich mit internationaler Mittelfingersprache bemerkbar. Die Kommunikation verläuft aber im Sand.

Jetzt nur noch durch Eisenstadt. Dreimal Kreisverkehr auf der Ruster Straße mitten im Einkaufszentrum. Es ist Samstagnachmittag. Ich fühle mich nicht sicher. Als hätte ich es verschrien. Im letzten Kreisverkehr treffe ich auf den Taxler mit dem roten Ford Galaxy „E 141 TX“. Er fährt von rechts in den Kreisverkehr, obwohl ich schon drinnen bin und gleich raus will. Ich muss eine Vollbremsung machen. Im Kreisverkehr. Nur der Ordnung und der Schuldzuweisung halber. Mein Ausgang ist versperrt. Durch das rote Taxi. Tempo? Sicher über 30 km/h.

„Sie haben gewonnen.“ Mit dieser Anzeige auf meinem Garmin Edge Display beendete ich nach 143 km und 1.900 Höhenmetern meine zweite Solofahrt auf und ab in der Buckeligen Welt. Mit einem Schnitt von knapp 29 km/h. 400 Höhenmeter weniger als der ursprüngliche Track. Gut so.

Ein wunderschöner, kurzweiliger und landschafltich genießbarer Soloritt durch die Buckelige Welt ist beendet. Ein neuer ist schon in Planung. Schade um die verpassten Möglichkeiten der Einkehr. Ein gutes Kaffee wäre wünschenswert.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

Für die Technikfreaks: gefahren mit 50/34 vorne und 11/25 hinten.

PS: Track hier

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

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Hurt me plenty – auf und ab in der Buckeligen Welt.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog.
Irgendwo in der Buckeligen Welt.

Das Burgenland ist ein flaches Bundesland. Vermeintlich könnte man meinen, wenn man noch nie im Mittelburgenland an der Grenze zu Niederösterreich unterwegs war. Buckelige Welt nennt sich dieses Gebiet. Und Nomen est Omen.

Es ist ratsam, einmal im Leben mit dem Rennrad dort durch die Gegend zu glühen. Es ist nicht ratsam, dies ohne vorheriger Erkundung bzw. tipplos zu tun. Die Wege des Herrn sind unergründlich. Auch in der Buckeligen Welt. Im Umkreis von 30 bis 40 km gibt es mehr als nur eine Straße. Alle irgendwie verbunden. Links, rechts, kreuz, quer, auf, ab. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass ich auf meinem Pedalritt keinen Gleichgesinnten getroffen habe. Und ganz ehrlich: Allein hätte ich dorthin nie gefunden. Und wenn, dann nie mehr wieder zurück. Zum Glück durfte ich einen GPS Track von Rudi alias Zardoz nachfahren. Rudi war es auch, der mir die Strecke ans Herz und an die Beine gelegt hat. Er ahnte, dass dieses Abenteuer ganz mein Geschmack sein könnte. Und das war es auch.

Los gings ab Eisenstadt. Zuerst über Großhöflien, Steinbrunn, Zillingtal, Pöttsching, Bad Sauerbrunn, Wiesen, Forchenstein hinauf auf die Rosalia. Zum warm werden. Ein herrlicher Frühlingstag. Keine Wolke am Himmel. Kurz. Kurz. Ärmlinge und Windweste schön verstaut. In einer durch glatten Schnitt umfunktionieten Trinkflasche in deren Halterung. Spart Gewicht und schont das Trikot.

Foto ketterechts - dem Rennradblog.

Foto von ketterechts - dem Rennradblog.

Bis hierher nichts aufregendes und für mich auch nichts Neues. Seit ich hier im Burgenland herumwildere, ist die Rosalia ständiger Begleiter und Beute meiner Höhenmetersammlungen. Oben angekommen gleich weiter Richtung Alm und schon bekam ich den Süd-, Südwestwind ordentlich zu spüren. Die Buckelige Welt ich auch eine sehr windige Welt. Hochwolkersdorf war nach knapp 40 km erreicht. Ca 700 Höhenmeter auch schon in den Beinen. Mein Hochrechnung ergab weitere 80 km und ca. 1500 Höhenmeter. Rudi’s Track war ja nicht von Eisenstadt aus. Mein Milchmädchenrechnung würde sich aber zum Schluss als großer geographischer Irrtum erweisen.

Ab Hochwolkersdorf betrat ich Neuland und verließ mich zu 100% auf den Track. Garmin Edge 1000 sei Dank. Gut Sichtbar. Auch wenn der Schweiß am Gerät partielle Verschwommenheit verursacht hat. Ich quälte mich auf Nebenstraßen, Güterwegen und ähnlichem über Dreibuchen zuerst sehr weit hinauf und dann sehr weit hinunter nach Bromberg. Schneeberg und die Rax immer schön im Blickfeld. Kurz vor Bromberg war ich dann auch wieder auf einer etwas breiteren Landesstraße. Von Bromberg ging es Schlag nach Schlag. Eine Steigung, die es in sich hatte. Wie ein Schlag ins Gesicht. Siehe Titelebild dieses Blogbeitrages. Niemandsland. Ein paar Höfe. Ein paar Pferdeweiden. Wind. Sonne. Ich. Und ein verdammter Track. Das Höhenprofil ließ mich kurzerhand mental aufgeben.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog.

Zum Glück ist man irgendwann immer oben. Und nach oben geht es logischerweise wieder nach unten. So wie bei mir. Track gefolgt und nach einer Abfahrt auf sehr schlechten, mit Rollsplit belegten, kurvenreichen Straße war ich über Eichberg in Thernberg. Von Bromberg hierher wären es über die L144 keine 10 km gewesen. Aber warum direkt. Das Abenteuer heißt ja „hurt me plenty“. Thernberg – Scheiblingkirchen. Ein Katzensprung. Bei Gegenwind. Wurscht. Km 63. Ein kurze Pause beim Spar. Ein Red Bull, eine Banane zum Sofortverzehr, ein Snickers für unterwegs und die Getränkeflasche mit Powerade gefüllt. Die B54 wartet. Mit Gegenwind. Alles andere wäre zu einfach. Ein Umdrehen. Mit Wind Richtung Wiener Neustadt.

Vorbei an Petersbaumgarten Richtung Hütten. Beim Linksabbiegen am Weg nach Kienegg, ein kleiner Disput mit einem Autofahrer, der mich trotz Handzeichen und Abbiegespur zuerst links überholen wollte, dann aber lieber die rechte Seite wählte und mich quasi mit dem Fahrerrückspiegel touchierte. Zuerst habe ihn alles geheißen, dann habe ich ihn verflucht und zum Schluss bin ich ihm auch noch nachgefahren. Als der Fahrer mich fast schon am Heck klebend bemerkte – ich hatte schon die Trinkflasche in der Hand, drückte dieser aufs Gas und verschwand in der Anonymität. Mir blieb nichts anderes übrig, als meinen Adrenalinspiegel zu senken und umzukehren.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog.

Kienegg. Von der B54 gleich mal ziemlich hinauf. Die längste aller an diesem Tag bewältigten Steigungen hinauf auf die Kaltenberger Höhe. Ich konnte Gebirgsluft riechen. War ich doch auf über 800 Metern Seehöhe. Mit herrlichem Blick Richtung Süden. Die Skipisten von Mönchkirchen am Horizont. Kurz vor Kaltenberg – die zwei Türme des Doms fast greifbar, schickte mich der Track wieder hinuter ins Tal. Steil. Eng. Und lang. Erstmasl glühten die Carbonflanken meiner Bora. Masse muss bergab gebremst weden. Und von der habe ich genug. Ich war in Edlitz.

Dann gleich weiter. Hinauf. Panoramastraße stand da geschrieben. Richtung Amlos. Oben, sehe ich wieder die zweit Türme des Doms von Kaltenberg. Keine 3 km Luftline. Aber warum direkt. Das Abenteuer heißt ja „hurt me plenty“. Die Steigungen waren diesmal nicht so brutal. Aber der Tag bereits lang. 85 km, 4 h Fahrzeit und der vierte Berg waren geschafft. Hier oben und dann unten, unendliche Weiten. Spratzau heißt es hier. Ohne Ahnung wo das hier sei.

Jetzt wollte der Track, das ich links abbiege. Hollenthon. Und mir wurde eine schöne Bescherung serviert. 17%. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Ich nahm es, wie es ist. Gelassen. Und mit müden Beinen. Zum Glück war diese steile Vorlage nicht allzu lang. Hollenthon dann doch erreicht. Wiesmath nur noch 5 km entfernt. Mein Anker. Denn Wiesmath kannte ich. Die Hölle auch. Und was dann noch kommen würde, sowieso. Ich war wieder im Bereich des mir Bekannten. Doch der Track f***** mich nochmals. Nicht rechts abbiegen. Nein Links. Ok. Wenn er will, dann muss es so sein. Abfahrt Hollengrabern.  6 km bergab. Dann scharf rechts und weitere 4 km hinauf nach Wiesmath. Ein kleiner Umweg. Wieder einmal.

Endlich Wiesmath. Die Hölle wartete auch mich. Rasant ging es nach Schwarzenbach. Rollsplit deluxe. Der zweitletze Hügel hinauf Richtung Sieggraben. Das Snickers musste jetzt daran glauben und fand den Weg in meinem Magen. Letzte Reserven mobilisieren. Sieggraben, Sieggrabeener Sattel – aus fertig. Die Hoffnung auf Südwind – wie laut Wetterprognose vorausgesagt, machte mich nochmals schnell am Weg über Marz nach Mattersbrug. Doch der Südwind wollte nicht so richtig anschieben. Logisch. Er kam ja auch aus Norden, was die am Straßenrand wehenden Fahnen trügerisch verrieten.

Mattersburg – Eisenstadt. Bei Gegenwind. Auf der B50. Bereits über 130 km in den Beinen. Und 2.700 Höhenmeter. Das Ziel Eisenstadt im Visier. Noch kurz Windschatten suchen bei einerm Moped. Und dann war ich angekommen.

„Hurt me plenty“. Danke Rudi. Es hat mir gefallen. Es hat mir weh getan. Genau so wie es sein muss.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

PS: Für alle jene, welche die Route auch fahren wollen. Hier der Track.

Train the Blogger powered by Stiegl Sportweisse – der St. Pöltner Radmarathon.

Das war sie. Die letzte lange Radeinheit vor dem Ironman Austria. Eigentlich hätte sie länger sein sollen, aber ich war zu schnell. Schneller als meine Erwartungen. Welche möglicherweise etwas tief gestapelt waren. Für die 158 km und offiziellen 2.700 HM beim St. Pöltner Radmarathon habe ich mit einer Zeit um 5h30min gerechnet. Herausgekommen ist eine 4h47min und ein 25. Platz in meiner AK. Ein Gesamtklassement wird nicht geführt.

Das interessante beim St. Pöltner Radmarathon ist, dass er als Qualifikationsrennen für die UCI Amateur Straßenweltmeisterschaften gilt. Der Modus einfach. Jeweils die ersten 25% der jeweiligen Altersklasse qualifizieren sich. Bei mir ist es sich leider nicht ausgegangen. Von der Zeit fehlten mir  knapp 6 Minuten.

Zurück zum Rennen. Zeitig in der Früh bin ich nach St. Pölten aufgebrochen. Zeitig heißt 0600 Uhr. Zuerst wollte ich noch bei McDonalds in der Triester Straße frühstücken. Ich frage die Dame im McCafè, ob es um diese Zeit bereits ein Wiener Frühstück gibt. Sie antwortet mir „Bei mir nicht.“ Perplex denke ich mir, wo denn dann? Ok. Plan B. Tankstelle. 0,5l Kakao, 2 Kornspitz und einen Nespresso Ice Coffee. Statt gemütlich Zeitung lesen und stärken, Auto fahren und klecksen. Auf der Fahrt nach St. Pölten etwas Motivation in Form von Mando Diao. Angekommen, Auto in die Landhaus Tiefgarage und ab zur Nachmeldung. € 60,-. Auch nicht billig. Dafür 1 Gel, 1 Radtrikot (ohne durchgehendem Zip), viel Papier, Gummi Bärchen und Traubenzucker. Vor Ort traf ich dann noch Otto. Seit letzter Woche auch im Team „Ketterechts fashionalbles“ und Lajos. Wir vereinbarten mal zusammen das Rennen in Angriff zu nehmen.

0800. Start. Neutralisiert. Sicher nicht. Es wird überholt. Links. Rechts. Und es wird gebremst, beschleunigt, gebremst … Auf den ersten 20 km mehr oder weniger chronisch. Die Straßen selber perfekt abgesichert. Teilweise gesperrt. Wir Radler füllen die gesamten Straßenbreite aus. Die ersten km nutze ich um mich umzuschauen. Wer ist alles dabei. 200 – 300 Meter hinter der Spitze und dem Führungsauto. Quasi auf Tuchfühlung. Die Straßen tendenziell bergauf. Doch man kriegt davon nichts mit. Es rollt sehr gut. Beim Ansteig auf die Wetterlucke bin ich noch weit vorne. Bei den 2 Kehren kann ich immer noch locker mitrollen. Bergauf! Tempo vorne wird verschärft. Ich trau mich nicht mitzugehen. Ein kleines Loch tut sich auf. Hinter mir kommt keiner nach. Ich überquer den Scheitel und beginne die Abfahrt. Diese ist kurz. Unten eine 90° Kurve und gleich wieder bergauf Richtung Luft. Ich sehe die Spitze. Gehe aber mein Tempo. Keine Ahnung wie lange und wie steil der Anstieg ist. Fahre deshalb eher defensiv. Kann zu ein paar Fahrern aufschließen. Es bildet sich eine kleine Gruppe. Meine Begleiter für die nächsten 130 km. Ich werde sie nicht mehr los. Und sich mich auch nicht mehr.

Oben in der Luft (Wortspiel!) die erste Labe. Wasser und Banane. Check. Es geht in die Abfahrt. Rasant. Schnell. Guter Asphalt. In Kirchberg an der Pielach geht es rechts auf die 158 km Strecke. Schnell finden sich wieder die üblichen Verdächtigen zusammen. „Packerl. Packerl“ schreit einer wild um sich. Der Rest schaut perplex. Ahhh. Er will dass wir uns formieren und so gemeinsam die Zwischenebene zu den nächsten Hügeln bewältigen. Na, wenns nicht mehr ist. Einserreihe. Kreisel. Knapp je 1 km im Wind. Funktioniert halbwegs. Das Tempo hoch. Wir sind nur ein paar Minuten hinter der Spitze. Das zweite große Verfolgerfeld. Treten. Essen. Trinken. Mehr habe ich derzeit nicht zu tun. Etwas aufpassen auch. Dann der dritte Berg des Tages. Die Steinbachrotte. Wir fahren alle gemeinsam in den Berg. Ich versuche wieder mein Tempo zu finden. Dieses ist für den Rest der Truppe zu hoch. Nur einer geht mit. Und einer geht durch. Vor mir ein Begleitmotorrad. Eine Honda Gold Wing mit lauter Musik. 100 bpm und mehr. Der Anstieg ist nicht lang. Ich kann konstant nach oben fahren. In der Abfahrt gebe ich Gas. Unten dann die große Frage. Was tun? Alleingang? Flucht? Keine Chance. Es sind noch mehr als 100 km. Also nehme ich Tempo raus und warte auf die Verfolger. Bald sind wir wieder vereint. Und bald haben wir eine weitere Splittergruppe von vorne eingeholt. Jetzt sind wir ein ziemlich großes Packerl. Ich übernehme bis nach Annaberg die Führung. Es rollt sehr gut. Der Anstieg nach Annaberg tut weh noch bevor man ihn fährt. Man sieht von unten im Tal wohin die Reise geht. Ein Kirchturm. Fast senkrecht oberhalb am Horizont. 4 km und knapp 400 HM aufgeteilt auf 6 Kehren. Ich gebe Gas. Die Gruppe hinter mir. Bleibe nach 2 km stehen. Endlich pinkeln. Es geht nicht anders. Die Blase zu voll. Der Druck zu groß. Erleichterung. Die gesamte Gruppe düst an mir vorbei. Ich muss ein Loch zu machen. Nach und nach hole ich wieder den einen oder anderen ein. Den Rest hebe ich mir für die Abfahrt auf. Ich spekuliere, dass es eine gibt. Im Kopf habe ich bereits die 43 km lange Abfahrt laut Streckennnprofil. Oben wieder eine Labe. Wasser nachfüllen und ein Gel. 3 km Abfahrt. Der Rest der Gruppe wird eingeholt. Doch dann geht es rechts hinauf. Nach Wastl am Wald. Uuups. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich frage, ob jemand die Strecke kennt und wie lange die Steigung sei. Die Antworten schwanken zwischen 3 und 15 km. Sehr exakt. In Summe waren es 6 km. Mit mäßiger Steigung. Doch das Tempo der Gruppe war sehr hoch. Teilweise musste ich Kette rechts fahren um mitzukommen. Die Beine aber immer noch halbwegs ok. Schnell waren wir oben und bereit für eine der geilsten Abfahrten die ich je gefahren bin. Sage und schreibe 43 km tendenziell bergab. Zuerst richtig bergab und dann schmierend. Mit 70 km/h ging es ohne Kehren hinab. Jetzt wurde der Radmarathon seinem Namen „Extrem“ gerecht. Es war extrem schnell und extrem gefährlich. Aber willst du gelten, mach dich nicht selten. Ich war mitten im Gewühl. 50/11 Vollgas.

Nach der Abfahrt und einer langen Passage in der Ebene durch Weitersfelden kommen wir wieder in Kirchberg an der Pielach vorbei und münden für die letzten Kilometern auf die Classic Strecke. Und es regnet. Der Anstieg Plambcheck im Nassen. Ein Anstieg mit dem ich auch nicht gerechnet habe und auch nicht auf meinem Plan hatte. Wieder ein paar Höhenmeter mit hohem Tempo. Die Sprinter formieren sich schon. 30 km vor dem Ziel. Hinauf auf engen Güterwegen. Voller Gülle und Kühdreck. Das Spritzwasser macht den Rest. Es stinkt. Ich bin nach wie vor gut dabei. Keiner kann sich absetzen. Auch ich nicht. Wir kommen auf die letzten Kilometer. Holen noch die Nachzügler der Classic Strecke ein. Diese sind eine Stunde nach uns gestartet. Noch ein kleiner Gegenanstieg Richtung St. Pölten vorbei an einem Flughafen. Das Feld wird unruhig. Eine Attacke nach der anderen. Es gelingt keinem entscheidend wegzukommen. Wir fahren hinein nach St. Pölten. Auf dem letzten Kilometern Nervosität. Es geht ja um nichts. 500 m Marke. Wir biegen rechts in die lange Zielgerade im Landhaus ein. Sprint. Ich halte mich heraus. Aus. Fertig. 4h47min die offizielle Zeit.

Es gibt keine Sportweise. Sondern das andere. Das bayrische. Und es gibt Kaiserschmarrn und Nudeln. Mit Wartezeit in einer langen Schlange. Zwei Portionen für mich. Warten auf die Ergebnislisten. UCI Amateur Straßenweltmeisterschaften? Für mich leider keine Quali. Schade. Trotzdem ein lässiges spannendes Rennen, bei dem ich kein einziges mal so richtig um den Anschluss kämpfen musste. Ich war stets Herr der Lage. Meiner Lage.

Noch zwei Wochen bis zum Ironman Austria. Radform passt. Jetzt noch 14x laufen gehen, um nachzuholen was ich verpasst habe. Und noch 14x schwimmen. Dann werde ich Klagenfurt überleben.

Stay tuned.
Cristian Gemmato aka @_ketterechts