Im Volksmund heißt es so schön: „Alles, was man nicht selber macht, bleibt unerledigt.“ Beim Rennradfahren ist es wohl eher umgekehrt. Hier bliebt unerledigt, was man selbst macht oder versucht selber zu machen. Zumindest ist es bei mir so. Denn nach mir muss oft noch wer anderer ans Werk. Entweder nochmals ich oder Onkel-Google. In einzelnen Fällen der Rad-Werkstatt-Profi ums Eck. Ich beziehe mich selbstkritisch auf meine fahrradmechanischen Fertigkeiten. Dies sind theoretisch 1A, praktisch scheitern sie an den tausend verschiedenen Standards. Und an meiner Geduld diese zu erforschen. Die Herausforderung Rennrad-Ersatzteile ist eine Aufgabe fürs Leben. Mein Leben besteht aus drei verschiedenen Rädern mit drei verschiedenen Gruppen und tausend Normen. Und jedes Mal Verzweiflung. So wie gestern, letzte Woche und die Wochen davor. Ist was zu tauschen, steigt die Spannung und die Unsicherheit. Wo gibt es passendes und wird es auch passen?
Falls hier Profi-Schrauber mitlesen sollte, kannst sie oder er hier einfach aufhören zu lesen. Ich weiß, dass für euch alles easy und einfach ist. Ich beneide euch deswegen und wäre gerne wie ihr. Bin ich aber nicht. Deshalb bin ich zum Fehler machen verurteilt.
Standard ist die Anti-Norm.
Was ist geschehen? Wieder einmal waren die Lager beim Schotterrad fällig. Tretlager, Radlager und auch das Steuerlager. Ersteres und zweiteres habe ich ob der fehlenden Werkzeuge in die Obhut vertrauter Werkstätten gegeben. Pressfit ist nicht so mein Fachgebiet. Ich bin mehr der BSA-Schrauber. Das ist sogar für mich machbar. Theoretisch wüsste ich wie Pressfit geht. Praktisch lasse ich aber gerne die Finger davon. Mir fehlt das passende Werkzeug und womöglich das erforderliche Händchen. Womöglich auch die Geduld und der treffsichere Schlag. Wer schon einmal zugesehen hat, wie ein Pressfit-Lager ausgeschlagen wird, der weiß, dass man dabei sehr viel Risiko eingehen muss und mehr kaputt machen kann, als man glaubt. Außerdem bin ich auf der Suche nach dem passenden Pressfit-Lager für mein Norco Threshold gescheitert. Standard ist auch bei Pressfit die Anti-Norm. Lagerdimension, Gehäußedurchmesser, Gehäusebreite, Innenlagerstandard … Eine Suche nach der Nadel im Lagerhaufen. Am Ende machte ein GXP „Truavit“-Lager das Rennen. Auf gut Glück gefunden und fachgerecht eingebaut beim Mountainbiker am See. Es war nicht einfach und hat den Werkstattprofis auch ein paar Nerven gekostet. Mir ganze 2 Arbeitseinheiten sowie das Lager selbst.
Der Kampf um Millimeter.
Komplizierter wurde es beim Steuerlager. Ein solches vom Typ „Integrated“ ein- und auszubauen ist ja keine große Kunst. Drei Schrauben lockern, Vorbau von der Gabel nehmen, Spacer und Steuerkappe herausziehen und schon löst sich die Gabel und die beiden Lager (unteres und oberes) sind frei und können ausgetauscht werden. Soweit so gut. Nach dem Reinigen und Fetten des Steuerrohrs können schon die neuen Lager eingebaut werden. Die große Frage ist dabei welche. Und hier beginnt die Herausforderung Rennrad-Ersatzteile. Integrated, Semi-Integrated, Straight, Tapered, 1 1/8″ Gabeln, 1 1/5″ Gabeln und dann noch die vielen Dimensionen. Halleluja.
Es ist ein Kampf um Millimeter. Und ein Zahlenspiel. Bei dem nicht einmal das richtige Ergebnis passen muss und passen kann. So steht zum Beispiel in der Norco Threshold Bibel die Kombination „IS42/28.6 | IS52/40“. Das macht die Bestellung eines neuen Lagers einfach. Einfach googeln und dasselbe bestellen. Gemacht, bestellt. Mit Express-Versand waren die Pro-Kugellager einen Tag später schon da. Blöd, dass beim Einbau das obere einfach nicht passen wollte. Jenes, das im Rad war, ist um ein paar Millimeter höher (tapered), sodass am Ende die Gabel immer zu locker geblieben ist. Anscheinend ist IS42/28.6 nicht gleich IS42/28.6. Warum auch immer. Das untere passte zumindest. Gut, denn es war auch das am dringendst zu ersetzende. Oben fährt jetzt noch das alte Steuerlager. Ihm wurde das Dienstverhältnis verlängert und die Frühpension bis auf Weiteres aufgehoben. Aber warum passte es nicht, trotz tagelanger Recherche?
Herausforderung angenommen.
Die Antwort werde ich mir schuldig bleiben. Zumindest habe ich das Rad wieder so zusammengebaut, dass es fahrtüchtig ist. Die Herausforderung Rennrad-Ersatzteile hingegen ist angenommen. Denn auch die Radlager für die Mavic Aksium Disc Felge sind trotz Tausch vom Fachmann nach ein paar 100 Kilometern wieder dort, wo sie vor dem Austausch waren. Nämlich im Land der Vibrationen und des Seitenspiels. Es ist wohl für alle nicht einfach. Für mich und die Werkstattprofis.
Ich gebe es zu. Ich liebe Honig. Honig im Tee, Honig mit Butter auf einer frischen Semmel oder einem Milchbrot, Honig zum Lutschen und Honig beim Radfahren. Eine kleine Portion Honig vom Frühstücksbuffet wandert gerne und unauffällig in meine Trikottasche und hilft mir auf meinen Touren, rechtzeitig Energie zu tanken. Beim Doppio Stelvio zum Beispiel. Klein, praktisch und handlich. Die 25g Portionen von Darbo oder die 20g Portionen von Honigmayr. Leicht verdaulich und mit Wasser gemischt gut verträglich. Honig ist SuperFood. Super beim Radfahren. Das hat sich wohl herumgesprochen. Zum Beispiel bei Aerobee – natürliche Energie. Ich konnte dieser süßen Versuchung nicht widerstehen und habe sie probiert.
Honig um den Mund schmieren.
Wie die Jungfrau zum Kind. Aerobee-Werbung auf Facebook gesehen, angeschrieben und mit einigen Umwegen ist eine Probepackung schon zugestellt worden. Die Idee eines Energie-Gels aus meinem beliebten Honig hat mich einfach fasziniert. Ich musste und wollte es ausprobieren. Seit dem ist eine Packung stets immer bei mir dabei.
Nicht nur der Geschmack hat es mir angetan. Schon Honig allein schmeckt. Kommt dann noch Minze, Limette oder Salz dazu, kriegt das sogar noch Fusionsküchen-Charakter. Einzig Kakao-Guarana hat meine Geschmacksknospen nicht in Ekstase gebracht.
Auch in Sachen Konsistenz schlägt Aerobee die Energie-Gel-Konkurrenz um Bienen-Längen. Aerobee – natürliche Energie ist dicker als andere von mir probierten und verwendeten Gels. Es hat diese Honig typische cremige Konsistenz. Man könnte Aerobee auch kauen. Einfacher ist, es auf der Zunge zergehen zu lassen. Wasser dazu und fertig.
Volle Energie – natürliche Energie.
Schenkt man dem Hersteller Glauben, dann ist Aerobee zu 100% natürlich und basiert auf Honig aus Norddeutschland. Außerdem wird Aerobee ohne künstliche Zusatzstoffe hergestellt. Die Zutatenliste zeigt das auch. Honig, Wasser, Meersalz, Limettensaft konzentriert, Bio-Pfefferminzöl, Guarana, Kakao und aus. Jede Portion (26g) liefert 75 kcal oder 315 kJ Energie. Fett ist kaum zu finden (0,1 g bei der Sorte Limette und Kakao & Guarana), dafür genügend Kohlehydrate (17,4 – 18,7 g pro Portion).
Alle Sorten sind vegetarisch, gluten- sowie lactosefrei. Super Food, funktional Food und Fusion Food. Jetzt muss man nur noch Treten.
Fazit: Schmeckt ausgezeichnet.
Über die Wirkung will und kann ich keine Ergebnisse liefern. Das ist Aufgabe von Wissenschaftlern. Aerobee liefert Energie, das kann ich bestätigen. Aber die liefert zum Beispiel eine Banane auch. Der Vorteil gegenüber einer Banane liegt natürlich in der praktischen Portionierung. Der Vorteile gegenüber anderer Energie-Gels? Für mich eindeutig der Geschmack. Ich gebe es zu. Ich liebe Honig.
Fazit: Saugut und eine echte Alternative zum Honigfladern (Honig mitnehmen Anmerkung) am Frühstücksbuffet. Placeboeffekt nicht ausgeschlossen.
ktrchts #machurlaubfahrrennrad
PS: Der gesamte Beitrag ist eine ganz persönliche und subjektive Meinung. Für den Beitrag ist leider wieder kein Geld geflossen. Einzig die Probepackung wurde kostenlos zur Verfügung gesteckt. Ich durfte die vier Portionen des Probierpakets auch behalten. Weitere Portionen habe ich mir legal im Onlinehandel gekauft
Andere Mütter haben auch schöne Rennräder. Und wenn man die Möglichkeit bekommt eines davon zu daten, dann muss man zuschlagen. So geschehen vergangenes Wochenende. Die Jungs vom Mountainbiker am See fragten mich, ob ich das neue Specialized Tarmac SL7 Expert ausprobieren möchte. Und ob. Schnell war das Rad abgeholt und eingestellt. Größe 56 mit 110er Vorbau. Gut dass ich meine Bikefitting-Daten millimetergenau im Kopf habe. Und einen Inbusschlüssel stets zur Hand. Der Vergleich zum 2017er Modell drängt sich auf. Und natürlich auch die direkte Konfrontation mit dem Rennesel.
Das neue Tarmac. Ein Experte auf seinem Gebiet.
„Das neue Tarmac ist darauf ausgelegt, schnell zu fahren, es gibt kein Wenn und Aber – aber es repräsentiert so viel mehr als nur aerodynamische Fähigkeiten.“ So die Specialized Produktwerbung. Schreiben und reden kann man viel. Doch wie sieht die Realität aus? Genau so. Echt. Die ersten 40 km auf dem neuen Specialized Tarmac SL7 vergingen im Nu bei einem Schnitt von 31 km/h teils mit und, teils gegen einen starken und frischen Ostwind. Mit ihm mitzuschwimmen und sich gegen ihn zu stemmen war doppelter Genuss. Das neue Tarmac ist vor allem eines: agil und reaktionsschnell. Blitzschnell nimmt es Fahrt auf und verwandelt die eingesetzte Kraft in Vortrieb um. Sowohl im Sitzen wie auch im Wiegetritt. Wenn man dieser subjektiven Wahrnehmung Glauben schenken darf, dann ist die Specialized-Produktwerbung kein übertriebenes Eigenlob.
Man muss mit dem neuen Tarmac Specialized SL7 Expert nicht schnell fahren. Das ist nicht notwendig. Man will aber. Womit wohl alles über dieses Rad gesagt bzw. geschrieben ist. Der Rest ist eine Frage des Budgets, des Geschmacks und vor allem der Verfügbarkeit.
Man muss mit dem Tarmac nicht schnell fahren. Man will.
Das für einen Seitensprung zur Verfügung gestellte Tarmac Model war mit einer mechanischen Ultegra Disc Gruppe ausgestattet. Das Fehlen einer Di2 war schon zu spüren. Die Schaltvorgänge waren langsamer und weniger präzise. Logisch. Auch sind die STI-Griffe im Vergleich zur elektronischen Schaltung wahre Monster. Obwohl Sie gut in der Hand liegen.
Am besten gefiel der Specialized Power Expert Sattel. Dieser war schon beim Testen des Venge postiv aufgefallen. Man sitzt so, als wäre man am Rad angeschnallt. Kein Vor- und Zurückrutschen. Egal ob Oberlenker-, Unterlenker- oder Bremshebelhaltung. Interessant auch die Flaschenhalter S-Works Carbon Zee Cage II. Hier wird die Flasche nicht von oben eingeschoben, sondern seitlich. Bis ich das verstanden hatte. Aber das ist eine andere Logik und Geschichte.
Ansonsten weist das Expert Modell mit mechanischer Schaltung keine Besonderheiten auf. Rahmen ausgeschlossen. Der ist und bleibt einer aufs Wesentliche reduzierter Hingucker. Einiges an Traditionellem, viel an Aero sowie die typische Verbindung Sitzstrebe zu Sattelrohr. Die hauseigenen Roval C38 peppen nicht nur die Optik auf. Sie verleihen dem Rad auch ein Minimum an Flex. Denn Komfort sucht man ansonsten vergeblich. Und wird diesen auch nicht finden. Das Tarmac ist eine Prinzessin auf der Erbse. Alles was zwischen Reifen (S-Works Turbo 26 mm ) und Asphalt liegt, wird 1:1 über den Rahmen direkt in Arme und Wirbelsäule übertragen. Nicht ungut, möglicherweise könnte sich das auf längeren Ausfahrten jedoch auswirken.
Soviel Aero wie nötig, soviel Klassik wie möglich.
Der Alulenker passt gut und reicht vollkommen aus. Altbewährte Rundungen. Der spezielle S-Works Tarmac SL7 Vorbau macht ein gutes Gesicht, auch wenn das viele Plastik statt der herkömmlichen Spacer etwas „billig“ ausschaut. Ähnlich wie bei BMC (und mittlerweile fast bei allen Aero Rahmen) werden hier Kunststoffteile kompliziert angeordnet und ineinander verkeilt. Schnell einmal Vorbau erhöhen oder senken wird wohl nichts für Ungeduldige und kann in unfreiwilliges Tetris-Spielen enden. Dass der Vorbau eine integrierte Computerhalterung in der Faceplate haben soll, dürfte entgangen sein. Für Testzwecke wurde die Garmin Original-Halterung für Edge 1000/1030 montiert.
Ein Lächeln sagt mehr als 1000 Testberichte.
Eine kleine und amüsante Anekdote steuerte laKetterechts zum Testgeschehen bei. Eingeladen, auch einmal kurz auf das Specialized Tarmac SL7 zu steigen, hat sie dieses nach anfänglicher und routinemäßiger Ablehnung des Probesitzens dann nicht mehr zurückgegeben und mich gezwungen auf ihrem Trek Domane 5.2 die Tour zu Ende zu fahren. Mit 3 bar Luftdruck im Vorderrad, der Ordnung halber erwähnt. Es ist also ein Nachteil, wenn er und sie fast dieselbe Schrittlänge haben.
Und plötzlich war sie schneller. Nicht unbedingt des Rades wegen. Einfach nur weil sie schneller gefahren ist. Sie hätte nicht müssen. Sie wollte. Mit Dauerlächeln im Gesicht und mit Semi-Compact 52/36 Kurbel und 11-30 Ritzel (habe ich ihr erst am Ende der Tour verraten). Auch den Berg hinauf. Locker und flockig.
Einmal mehr zeigt sich damit, dass nicht nur die Beine schneller machen. Rennradfahren ist und bleibt auch Kopfsache.
Fazit Testurteil:
Andere Mütter haben auch schöne Rennräder und es war ein Vergnügen mit einem davon ein Speed-Date gehabt zu haben. Die Testfahrt mit dem neuen Specialized Tarmac SL7 Expert war wie der One-Night-Stand, den man am Morgen danach nicht mehr nach Hause gehen lassen will.
Endlich wieder Emilia Romagna. Und endlich wieder Piadina, Cappuccino und Brioche con Crema. Diesmal an einem anderen Fleck. Einen ganz besonderen. Cesenatico. Berühmt und berüchtigt. Die Nove Colli muss jeder kennen. San Marino auch. Und Marco Pantani sollte auch vielen mehr als nur ein Begriff sein. Die meisten von uns sind mit Mallorca großgezogen worden, die wenigen haben die italienische Riviera rund um Cesenatico, Rimini und Riccione in ihrem Radfläschchen gehabt. Schade. Rennradfahren in Cesenatico war einst ein Muss. Beliebt und begehrt. Eine Trainingswoche im Frühjahr hier war eine Kampfansage für die restliche Saison. In den vielen Hügeln des Hinterlands wurde an Kondition, Kraft und Taktik geschliffen. Wer heute nach Cesenatico fährt, der will eben das noch. Das Rennradfahren spüren. Ciclismo und diese hier spezielle Art von Dolce Vita sind schwer erklärbar. Man muss sich darauf einlassen können.
Arriva il Giro. Rennradfahren wie ein Profi.
Dass der Giro d’Italia in Cesenatico seine Zelte aufschlagen wird, war natürlich ein weiterer Grund dafür, hier vorbeizuschauen. Von der Zielankunft in Rimini, über Start und Ziel in Cesenatico bis zum Start in Cervia. Drei naheliegende Möglichkeiten Giro-Flair zu schnuppern. An der Strecke und im Start- und Zielbereich. Und im Hotel. Hautnah mit dem Team Sunweb. Mit Jai Hindley, Wilco Kelderman, Nico Denz … Aber mit Abstand. Es war ein Spektakel und es war unmöglich sich dem Flair und dem Trubel rund um den Giro d’Italia zu entziehen. Eine ganze Region in Rosa. dieKetterechts mittendrin, statt nur daheim.
Der Giro d’Italia ist sowieso ein eigenes Kapitel und würde sich einen eigenen Beitrag verdienen. Organisierte Hektik auf engstem Raum. So könnte man die wenigen Minuten zusammenfassen, die das Vorbeirauschen des gesamten Giro-Trosses spürbar machen. Ein bunter Haufen aus Blech und Carbon auf engstem Raum. Dazwischen bis auf die Knochen abgemagerte Burschen (mit wenigen Ausnahmen). Dabei wird nicht nur von den Fahrern alles abverlangt. Was die leisten ist sowieso außergewöhnlich.
Eindrucksvoll ist auch die Leistung all jener, die das Peloton begleiten. Teamchefs, die ihre Autos samt Equipment (8 Räder am Dach) im Stile eines Rallyefahrers bewegen. Drei Wochen lang läuft hier alles nach strengem Plan und Protokoll. Wer darf von denen nach vorne, wer muss andere vorbeilassen und wer behält den Überblick. Radsport auf diesem Niveau ist Improvisation mit Plan. Das muss so sein. Sonst hätte man in Rimini 20 Stunden vor dem Eintreffen des Giro nicht gelassen noch die Straßen asphaltiert.
Dann gibt es noch Polizei, Begleiter, Fotografen und Kameraleute, die auf ihren Motorrädern waghalsig versuchen, den Radrennfahrer in der Abfahrt Paroli zu bieten. Darüber hinaus noch die gesamte Technik und Sicherheit, die täglich auf- und wieder abgebaut werden muss. Lässig und ruhig wie von den Italiener gewohnt.
Der Rennradleidenschaft einfach folgen.
Wer sich in Cesenatico und in der Emilia Romagna bewegt, der lässt sich auf ein Abenteuer ein. Jede Ortschaft, jeder Hügel, jeder Castello und jede Bar erzählt eine Geschichte. Jene rund um das größte Hobbyrennen der Welt mit über 12.000 Startern, den Trainingsberg von Marco Pantani („la carpegna mit basta – die Carpegna reicht mir), dem Marco Pantani Museum, dem Kleinstaat San Marino oder eine der früheren Hauptstädte Italiens San Leo. Die Emilia Romagna ist ein Rennradparadies. Traditionell, urig, verschlafen aber gleichzeitig spannend und bewegend. Am besten erkundet man die Gegend in Begleitung eines ortskundigen Guides. Die meisten Hotels bieten täglich geführte Rennradtouren an. In verschiedenen Leistungsklassen und Sprachen. Selbstverständlich inklusive Geschichtskunde und Gossip.
Man hat hier die Qual der Wahl. Eine Woche reicht beim Rennradfahren in Cesenatico bei weitem nicht aus, um alles zu sehen. Landschaftlich, kulinarisch und kulturell ist das Angebot riesig. Die Betonung liegt dabei gleichermaßen auf allen drei Schwerpunkten. Wer gut essen will, der findet in den vielen Agriturismo die Möglichkeit, sich von der heimischen Küche verführen zu lassen. Die Gefahr, dass man von dort nicht mehr weg kommt ist groß.
Je nach Jahreszeit (März bis November) lädt jede Piazza zum Absteigen und Verweilen ein. All jene, die vielleicht doch zum Rennradfahren kommen, können sich im Hinterland bis weit in den Süden und tief in den westlichen Apennin austoben.
Reisetipp: Lungomare Bikehotel.
Wer Richtung Rennradfahren in Cesenatico aufbricht, der braucht auch eine passende Unterkunft. Ein Hotel zum Beispiel, welches sich voll und ganz auf die Wünsche der Rennradfahrer*innen konzentriert. Eines von vielen, aber vielleicht das renommierteste, traditionellste und deshalb auch wärmstens zu empfehlende ist das Lungomare Bikehotel. Direkt am Meer und am Strand gelegen, bietet das Lungomare Bikehotel ein Rundum-Paket aus Gastfreundschaftlichkeit, Geduld und Verständnis. Damit findet auch der pingeligste und anspruchsvollste Gast sein Glück. Und seine innere Ruhe.
Lungomare Bikehotel bedeutet in erster Linie Zuhause-Fühlen. Die Familie Pasolini führt das Hotel bereits in 4. Generation und man findet die vielen Familienmitglieder immer und überall im Haus. Immer da, aber nie im Vordergrund. Leise, diskret und vor allem freundlich und hilfsbereit. Mal auf Deutsch, dann in Englisch und vor allem auf Italienisch. Mit viel Esprit, Herzblut und Gestik.
Täglich werden von heimischen und ortskundigen Guides Touren angeboten. In bis zu fünf verschiedenen Leistungsklassen. Von „Kamillentee“ bis zu „Spritz“. Switchen jederzeit erlaubt. Einige Touren locken zudem oft mit feinen Überraschungen wie zum Beispiel einem Picknick hoch oben am Schloss von Longiano.
Ins Lungomare Bikehotel fährt man auch, um sehr gut zu essen. Vom ausgiebigen Frühstück weg, über das Stärken nach der Rennradtour bis zum Abendessen mit mehreren Gängen. Zu empfehlen sind sämtliche hausgemachten Nudelarten oder die selbstgemachte Pizza. Alle Liebhaber*innen von Antipasti dürfen jetzt schon anfangen zu träumen. Alle Ihre Wünsche werden in Erfüllung gehen. Und wer Süßes nicht mag, der wird hier mit Sicherheit bekehrt werden. An Möglichkeiten, die Kalorien dann auch zu verbrennen hat man ohnehin genug. Ein Fitnessraum im vierten Stock mit atemberaubendem Meerblick, ein beheizter 20 Meter Pool (März bis November) und natürlich das Rennradfahren.
Wo Bike draufsteht, ist viel Leidenschaft drinnen.
Ein weiterer große Pluspunkt ist das großzügige Rennradwohnzimmer, welches zigfach gesichert und gut überwacht ist. Hier können die Lieblinge unbekümmert ihre Nachtruhe genießen, um am nächsten Tag wieder fit zu sein. Waschen, schrauben und föhnen inklusive. Wer kein Rad dabei haben sollte, der ist im einzigen Pinarello Rent-Shop bestens bedient. Rennrad, E-Bike oder bald auch Gravel – alles da und einsatzbereit.
Man bekommt als Rennradfahrer*in im Lungomare Bikehotel die Lizenz zum Schwitzen. Denn ohne Schweiß kann die Gegend rund um Cesenatico kaum so intensiv erlebt werden wie mit dem Rennrad. Man muss also schon bereit sein, das eine oder andere Opfer zu bringen. Wem das zu sehr stinken sollte, der gibt seine Radwäsche bis 18 Uhr in der Rezeption ab und hat am nächsten Tag wieder frische Motivation. So einfach geht das.
Nove Colli – die neun Hügel des Grauens.
Alle Jahre wider. Die Nove Colli lockt bis zu 12.000 Verrückte nach Cesenatico. Einige davon (nicht wenige) experimentieren sich über die 204 km Originalstrecke. Auch die Profis des Giro d’Italia hatten heuer diese Ehre. Über Polenta, Pieve di Rivoschio, Ciola, Barbotto, Monte Tiffi, Perticara, Monte Pugliano, Passo delle Siepi und Gorolo. Die Strecke der Nove Colli ist perfekt ausgeschildert und kann jederzeit auch in Teilabschnitten gefahren werden. Seit Mai bei perfekten Bedingungen (teilweise). Denn für den Giro d’Italia wurde neuer Asphalt aufgetragen.
Aufgrund der coronabedingten Absage 2020 wurde eine Nove Colli Cicolturistica ins Leben gerufen. Cicloturistica Nova Colli. Eine Mischung aus Granfondo, Einzelzeitfahren, Orientierungslauf (weil ohne GPS-Track) und Sonntagsausfahrt. Keine Zeitnehmung, kein Rennstress, Wegfahren, wann man will, drei Routen zur Auswahl, Kontrollpunkte und Labestationen entlang der Strecke und mechanische Assistenz für alle, die in Nöten sind. Einfach aufs Rad steigen und losfahren. Herrlich. Im Oktober 2021 soll genau dieses Format in Cesenatico wiederholt werden.
Wenn der Giro kommt, dann sind die Straßen perfekt. Und auch gut abgesichert. Hat man dann auch noch die Frechheit, sich zwei Stunden vor dem Eintreffen der Radprofis auf eben diese zu „verirren“, dann erlebt man ein einmaliges Gefühl. Jenes, des Gejagten. Vollgas auf den letzten 30 km von Sogliano al Rubicone nach Cesenatico. Links und rechts die Werbebanner, leergefegte Straßen, an jeder Kreuzung Polizei, welche brav winkt und ein paar Zuschauer, die sich trotz Regen entlang der Strecke verirrt haben. Mit entsprechendem Kopfkino fühlt man sich Teil des Ganzen. Spürt die Meute und den Hauch der Verfolger. Einfach nur geil.
Von Mitte März bis November.
Die Saison fängt in Cesenatico Mitte März an, wenn die ersten Knospen aufgehen und das Grün die Farben des Winters übermalen. Dann geht es Schlaf auf Schlag bis die Badegäste kommen. Die Woche rund um die Nove Colli (23. Mai 2021) sind High Noon. Während der Herbst mit sommerlichen Temperaturen und bunten Kolorit locken.
Rennradfahren in Cesenatico ist für jene, die es zulassen können mit Sicherheit etwas Besonderes. Mit allen Ecken und Kanten. Natürlich gibt es viele andere Destinationen. Keine Frage. Alle empfehlenswert und mit eigenen Reizen. Cesenatico und die Emila Romagna punkten aber mit ihrer lokalen und traditionellen Besonderheit. Mallorca & Co sind zum Radeln da. Cesenatico zum Leben. Mit dem Rennrad.
ktrchts #machurlaubfahrrennrad
PS: Für Informationen zu einem Rennradurlaub in Cesenatico und im Hotel Lungomare einfach Formular ausfüllen. dieKetterechts informiert gerne.
Das war der fünfte Streich. Der nächste folgt sogleich. Frühestens aber im nächsten Jahr. Schade. Nach Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und Oberösterreich habe ich dieses Mal Kärnten umrundet. Mit dem Rennrad. Solo. Unsupported. Bikepacking light. Angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit habe ich mir etwas mehr Zeit gelassen und das Abenteuer auf 3 Tage aufgeteilt. Im Summe 505 km und knapp 8.000 Höhenmeter. Unbestrittene Highlights: die Nockalmstraße extended, Hochrindl und Flattnitz an einem Tag. Das Rennradfahren in Kärnten hat mich von der Strecke her fasziniert und elektrisiert, von der Straßenbeschaffenheit ziemlich durchgerüttelt. Obwohl ich fast jeden gefahrenen Winkel schon kannte, war die Kombination aus allem Neuland.
„Lafn losn“ – wenn Rennradfahren nur so einfach wäre.
Ich wurde gefragt, ob ich einmal rund um Kärnten fahren möchte. Ja. Meine Antwort knapp und spontan. Die Strecke war vorgegeben. Wie und wie lange habe ich mir selbst zurechtgestutzt. Ich wusste um die Berge. Deshalb habe ich mich für folgende Strategie entschieden: Flach und lang am ersten Tag, hochalpin und anstrengend am zweiten sowie hügelig und kürzer am letzten. Am Papier hatte das alles machbar ausgesehen. Chillig. Am Ende durfte ich das nicht mehr behaupten. Ich hätte gelogen. Mit einem Kampfgewicht von über 90 kg samt Rennesel und Packtasche haben sich die Berge als äußerst charakterbildend präsentiert. Auch weil ich mich am ersten Tag um ein paar hundert Höhenmeter verschätzt hatte. Aus flach und lang wurde gar nicht flach und zu lange. Rennradfahren in Kärnten ist rundherum eine geile Hatscharei.
Die Idee Kärnten mit dem Rennrad zu umrunden zusammengefasst auf drei Tagesetappen.
1. Tag: Klopein – Gmünd. 240 km und 2.891 Höhenmeter 2. Tag: Gmünd – Althofen, 138 km und 3.260 Höhenmeter 3. Tag. Althofen – Klopein, 128 km und 1.867 Höhenmeter
Seen, Berge und Schlaglöcher. Kärnten ist genau meins.
Auf meiner Bundesländer-Umrundungstour habe ich einiges erleben dürfen. Mein Verhältnis zu den heimischen Autofahrern hat sich dabei nicht gebessert. Fix ist, dass es überall ganz besondere Trotteln gibt. Ganz oben auf der Kärntner Best-of-Liste die Truppe von City Dach Klagenfurt. Auf der Abfahrt von der Hochrindl habe ich die Schlaglöcher mit Bravour überlebt, den Konvoi von City Dach nur knapp.
Schlagwort Schlaglöcher: Diese sind in Kärnten stets ein treuer Begleiter. Einige Abfahrten beanspruchen die Vorausseh-Fähigkeit, die Bremsen und das Steuerlager enorm. Die Auffahrten zwar auch, aber da ist es ziemlich egal. Ich habe die Abfahrt vom Schaidsattel und jene von der Hochrindl immer noch im Nacken und in den Oberarmen. Die an drei Tagen zu Tode gebremsten SHIMANO Bremsbeläge L03A sind ausgediente Zeitzeugen. Die Nockalmstraße ist da eine Ausnahme. Diese für Motorradfahrer*innen beliebte Strecke ist ein hochalpiner Asphaltteppich in 1A Qualität. Laut und schön. Ich war dort zusammen mit gefühlten Millionen von Harley-Davidson Maschinen unterwegs. Das jährliche Harley Treffen am Faaker See war bis hinauf zur Schiestlscharte und Eisentalhöhe zu riechen und zu hören. Was dem atemberaubenden Panorama und die einzigartigen Formen der Nockberge nicht geschmälert haben. Für mich war es eine Premiere. Die Nockalmstraße war ich noch nie von Norden Richtung Süden gefahren.
Die Strecke rund um Kärnten ist ein Leckerbissen.
Schon der Startpunkt meiner Tour war eine gute Wahl. Der Klopeinersee ist idealer Startpunkt für einen Rennradurlaub oder einer Rennradreise. Die Überlegung nächstes Jahr auch hier zu verweilen schwingt immer noch nach. Zu schön die Gegend rund um die Seetaler Alpen mit dem Seebergsattel oder dem Paulitschsattel. Aber nicht nur. Slowenien und Italien sind vor der Haustür. Wo ein Wille auch eine lange Tour.
Gleich nach dem Start gibt es zum Aufwärmen den Schaidsattel. Kennt man kaum, sollte man aber. Der Schaidsattel ist durch und durch zweistellig. Besonders die letzten Kilometer. Dann öffnet sich das Tal und nach ein paar Schupfern ist man schnell in Ferlach, wo das Rosental wartet. Übrigens Originalstrecke des Race Around Austria. Wellig und entlang der Drau gehts am Faaker See vorbei Richtung Villach. Hier war 1987 die UCI-Straßenweltmeisterschaft zu Gast. Mit Sicht auf die Ruine Finkenstein ist Arnoldstein nicht weit weg. Am Weg dorthin empfehle ich den Radweg zu benutzen. Hohes Konfliktpotenzial vorhanden. Eben weil es neben der Straße einen Radweg gibt. Den man nicht benutzen muss.
Hat man die hupenden Trotteln hinter sich biegt man ins Gailtal ab, welches bis Kötschach-Mauten nicht mehr verlässt. Zuerst abseits der B111 und dann verkehrstechnisch mittendrin. War aber nicht so tragisch. Hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Vielleicht war auch der Rückenwind daran schuld, dass ich gut mit dem Verkehr mitschwimmen konnte. Der Teilabschnitt Hermagor – Kötschach ist auch beim Super Giro Dolomiti dabei. Für einen Zwischenstopp empfiehlt sich die Bäckerei Matitz Stärkung vor dem Gailbergsattel. Ein feiner Übergang vom Gailtal ins Drautal.
Feistritz, Ferlach und Dellach. Kärntner Déjà-vu.
Rennradfahren in Kärnten heißt sich ständig zwischen Feistritz, Ferlach und Dellach zu bewegen. Alle drei Ortschaften gibt es in wohl in allen Tälern. Drautal, Gailtal, Rosental …
Dafür ist Rennradfahren im Drautal teils lebensgefährlich. Man kann sich hier aussuchen: Gravel-Nebenstraßen mit mehr Schlaglöchern als die Paris-Dakar oder feiner Asphalt mit Holztransportern, die einem um die Ohren fliegen. Ich habe mich für einen Mittelweg entschieden (entscheiden müssen). Bin aber auf der B100 teilweise um mein Leben geradelt. Nach 200 km hatte ich deshalb noch gut Druck am Pedal. Zwischen Oberdrauburg und weit nach Greifenburg. Dann die Rettung über Steinfeld, Lengholz, Kleblach bis Sachsenburg. Ein wenig B100 noch bis Lendorf und dann ist man wieder halbwegs „safe“. Tag 1 endete bei mir im Liesertal auf der B99 Richtung Katschberg in Gmünd. Hier hatte ich nur Hunger und keine Zeit für das Porsche Museum.
Ab Gmünd fährt man das Katschtal bis nach Kremsbrücke. Immer leicht bergauf. Die Abzweigung nach Innerkrems bedeutet bergauf fahren. Zuerst 12 km taleinwärts und dann 12 km bergauf bis auf über 2.000 Metern. Die Eisentalhöhe ist auch der höchste Punkt der Tour. Rundumblick nicht vergessen. Ein paar Kehren und 500 Tiefenmeter bergab und schon geht es erneut hoch. Wieder auf über 2.000 Metern. Die Schiestelscharte ist erreicht. Erneut Rundumblick nicht vergessen, bevor es lange und zügig nach unten in die Ebene Reichenau geht.
Achtung Straßenschäden. Und Längsrillen.
Ausrasten und die Hochrindl als weiteren Zwischenstopp sehen. Das kleine Skigebiet in den Nockbergen lockt mit typischer Kärntner Landschaft und ganz oben an Dekadenz grenzende Ferienhäuser. Das einzige Hotel oben ist hingegen dem Verfall überlassen worden. Hier war City Dach sicher nicht am Werk.
Über die Abfahrt schreibe ich nichts mehr. Viel mehr über das Gurktal, welches die Weiterfahrt prägt. Bis Klein-Glödnitz. Hier wäre es geradeaus nach Alhofen gegangen. Mein Ziel für den zweiten Tag. Überlegt hatte ich es mir schon. Aber ich wollte ja rundum Kärnten fahren. Nicht teilweise durch. Also rechts abbiegen und den vierten Berg in Serie genießen. Die Flattnitz. Am besten bei praller spätsommerlicher Sonneneinstrahlung. Mir bekannt aus früheren Jahren, aber nicht von der Südseite hinauf. Erinnerungen wurden wach. Zum Glück sind die KM-Angaben bis zur „Passhöhe“ nicht so ernst zu nehmen, denn man biegt ein paar hundert Meter davor ins Metnitztal Richtung Friesach ab. Zum Metnitztal muss man sagen, dass es zum Drücken einlädt. Achtung aber auf Längsrillen und Straßenschäden.
Von der Burgenstadt Friesach bis Althofen ist es nicht mehr weit. Außer man macht in Hirt Station in der gleichnamigen Brauerei. Kärntner Kasnudeln sind dort wärmstens zu empfehlen. Das Hirter Bier hingegen ist bevorzugterweise kühl zu genießen. Meine Nacht in Althofen verlief ruhig und die Möglichkeit schon ab 6.30 Uhr im Hotel Prechtlhof frühstücken zu können, erleichterte mir meine Zeitplanung für den dritten Tag. Früh raus, früh ankommen und früh die Heimreise antreten.
Ultracyling ist rückwärtsrechnen.
Alles was man frühstückt, merkt man spätestens, wenn nach 15 km die letzte große Hürde beim Rennradfahren in Kärnten vor sich hat. Das Klippitztörl auf 1.642 Metern. Zum Glück musste ich nicht die Ostauffahrt nehmen. Die ist nämlich 28 km lang. Diese 28 km durfte ich bergab fahren. Dabei habe ich mir die Zehen, die Ohren und die Fingerspitzen abgefroren.
Die Westauffahrt von Guttaring ist mit 13 km auch nicht leicht. Dieser Berg zieht sich und ich habe in meinem Leben selten so oft zurückgerechnet wie an diesen drei Tagen rund um Kärnten. Noch, noch und noch noch. Egal. Ist die Auffahrt zum Skigebiet einmal geschafft, geht es tendenziell nur mehr bergab. Auf alle Fälle bis Wolfsberg. Aber hier dann Neuland für mich. Denn die Strecke führt nicht über den Griffner Berg (zum Glück), sondern ins Lavanttal bis Lavamünd, nur wenige Tritte von der slowenischen Grenze entfernt. Hier trifft man auch wieder auf die Drau und der Kreis scheint sich zu schließen. Gut 60 Kilometer fehlen aber noch. Entlang der B81 geht es zügig und zweisprachig vorbei an Bleiburg mit Blick auf die Petzen zurück an den Klopeinersee, wo das Abenteuer fast mit einem Sprung in den See endete. Fast, weil es schwer ist einen öffentlichen Zugang zu finden. Und wenn man ihn gefunden hätte, darf dieser mit dem Rad nicht erreicht werden. Die Promenade ist mit einem Rad-Fahrverbot belegt.
Ich habe mich mit einer Katzenwäsche begnügt und bin dann die dreistündige Heimreise mit dem Auto angetreten.
Ende gut. Alles tut weh.
Ich weiß nicht welche meiner Umrundungen bisher die Schönste war. Kärnten-Ummadum war jeden Fall irgendwie besonders. Ich freue mich auf die Steiermark, Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Und vielleicht checke ich mir auch noch Südtirol. Und dann wäre ja noch ganz Österreich. Aber das ist eine andere Geschichte und ein anderes Projekt.
Was für ein verflixtes Radjahr 2020. Eine schmerzhafte Absage nach der anderen. Kaum ein Event, welches vom Frühjahr bis jetzt regulär stattfinden konnte. Erst vor kurzem wurde auch die für 10. Oktober geplante Istria300 auf das nächste Jahr verschoben. Tour de France, Giro d’Italia, Vuelta und eine in Windeseile aus dem Boden gestampfte UCI-Straßen-Weltmeiserschaft in Imola innerhalb von nur drei Monaten. Verrückt. Dass der diesjährige King-of-the-Lake trotzdem durchgeführt werden konnte, ist eine Meisterleistung seitens des Organisationsteams rund um Erwin Mayer inklusive aller freiwilligen Helfer*innen sowie der Sponsoren. Und natürlich auch der Behörden. Ich nehme es vorweg. Die wahren King und Queens of the Lake 2020 seid ihr. Chapeau.
Krone, Umhang und Thron. Die Krönung des Jahres.
Dass der King-of-the-Lake ein ganz besonderes Event ist, braucht man nach 10 Jahren nicht mehr zu schreiben. Trotzdem: Der King-of-the-Lake rund um den Attersee ist ein ganz besonderes Event. Europaweit einzigartig. Ein Einzelzeitfahren, welches sämtliche Superlative in vier Wörtern vereint und lebt: King of the Lake. Eingebettet in einer traumhaften Kulisse bietet der King-of-the-Lake allen Teilnehmer*innen (Hobby und Elite) eine sehr familiäre Atmosphäre rundherum sowie einmalig einen für den gesamten Verkehr abgesperrten Rundkurs über 47,2 km. Dass diese sauschnelle Runde um den wunderschönen Attersee bei vielen äußerst hoch im Kurs steht, zeigt, wie schnell die Startplätze auch dieses Jahr bereits im März weg waren. „Sold out“ für das EZF war nach nur sechs Minuten. Für das MZF hieß es nach 20 Minuten „rien ne va plus“. Der Traum vom Thron und die Krönung zum König oder Königin samt Krone und Umhang lebt in vielen. Auch das macht dieses Rennen so besonders.
Nicht die Schnellsten, aber doch bei den Schönsten dabei.
Mittendrin statt nur daheim war am 19. September auch wieder das Team „Mixed Heros powered by dieKetterechts“. Diesmal aber in neuer Besetzung. Das als Kaderschmiede bekannte Team dieKetterechts musste für die Teilnahme in diesem Jahr umplanen und Maria sowie Paul ersetzen. Maria wechselte im Sommer ablösefrei zu den späteren Siegern 2020 (Mixed Bewerb) und Paul hat sich eine Auszeit gegönnt. Dazu kamen Ariane und Martin. Beide Finisher bei der diesjährigen RAA Challenge rund um Oberösterreich. Gesetzt wie immer der Teamchef und Andi.
Die Mixed Heros waren heuer leider nicht ganz bei den Schnellsten, aber mit Sicherheit bei den Feschesten ganz vorne dabei. Dank feinstem Zwirn und einem weniger störrischen, dafür gezähmten Esel. Man muss nicht immer schnell sein, um zu gewinnen. Oft steht auch nur die Freude und der Spaß am Rennradfahren im Vordergrund. Der Spass war den Vieren anzumerken. Besonders an den kleinen giftigen Anstiegen mit Gegenwind auf der zweiten Hälfte des Kurses und bei Ariane. Sie hat die Gruppe und das gesamte Wochenende auf ihre Art geprägt. Übrigens, der 38er Schnitt war ihre bisher schnellste Radausfahrt. Kaderschmiede – wie schon gesagt. Erste Ansagen Richtung Edition 2021 waren schon zu hören. Auch das Wort TEAM Race Around Austria ist gefallen.
Seen und gesehen werden.
Jahr für Jahr ist der King-of-the-Lake ein Klassentreffen. Sehen und gesehen werden. Ein willkommener Treffpunkt, Mittelpunkt und Ausgangspunkt. 10 Jahre King-of-the-Lake sind ein Jubiläum. Ein besonderer Anlass. Den haben wieder viele genutzt und sind gekommen. Einige haben das schöne Herbstwetter genutzt und sind länger geblieben. Rennradfahren im Salzkammergut. Das heißt, Attersee, Mondsee, Traunsee, Fuschlsee, Wolfgangsee, Postalm, Grossalm, Almsee, Weißenbachtal … Für sie, für ihn, für beide.
Über die aktuelle Pandemie ist schon viel gesprochen und geschrieben worden. Auch im Zusammenhang mit Events rund um den Radsport. Der King-of-the-Lake war eine Gratwanderung. Die Organisation hat die Weichen gestellt und mit einem durchdachten Sicherheitskonzept viel zum Schutz der Athlet*innen vorgesorgt. Einbahnregelungen, kontaktloser Ablauf, Desinfektionsinseln, Verteilung von MNS-Masken … Der Rest war Eigenverantwortung. Mit dem gewohnten Restrisiko. Vielleicht müssen wir uns daran gewöhnen. Solange aber der Spass und die Freude nicht darunter leiden, soll das kein großes Problem sein.
Wir sehen uns 2021. Mit oder ohne Virus. Eventuell bei einer dieKetterechts Rennradreisen.
ktrchts #machurlaubfahrrennad
PS: Ich habe mich beim Verfassen dieses Beitrages, gefragt, ob man „die“, „der“ oder „das“ King of the sagt.
Feste soll man bekanntlich feiern, wie sie fallen. Das gilt auch für die Umrundung der Bundesländer mit dem Rennrad. Nach Wien, dem Burgenland und Niederösterreich stand dieses Mal Oberösterreich am Programm. Nicht nonstop wie bei der RAA Challenge im Rahmen des Race Around Austria, sondern in einer etwas gemütlicheren Variante auf zwei Tage aufgeteilt. Alte Männer brauchen ihren gewohnten Schlaf. Ich zumindest. Um trotzdem ein wenige Race Around Austria Feeling zu spüren, sind wir die originale Challenge-Strecke gefahren. Mit all ihren Highlights sowie Höhen und Tiefen. Vor allem jenen des Mühlviertels. 563 km mit 6.300 Höhenmetern. Herzlich willkommen beim Rennradfahren in Oberösterreich rund um Oberösterreich.
Mit dem Rennrad rund um Oberösterreich.
Einfacher geht’s nicht. Rennrad schnappen, das Nötigste in eine Satteltasche verstauen, Route hochladen und in die Pedale treten. Routine macht sich dabei schon bezahlt. Das Packen hat dann bereits System und die Planung ist eine schnelle Angelegenheit. Für ein Mal übernachten braucht es nicht viel. Sechs Ladekabel (iPhone, Garmin, RE-Camera, GUEE-Lichter, Di2 und Dura Ace Powermeter – sicher ist sicher), ein geladener Akkupack (man weiß nie), ein Reservetrikot, eine Unterhose für die Nacht (ich schlafe nicht gerne nackt), ein T-Shirt und eine leichte Hose für das Abendessen und das Frühstück, sowie das übliche wie Ärmlinge, Beinlinge, Windweste und Regenjacke. Etwas vergessen? Ja. Ein paar Gels, Iso-Tabletten und natürlich Mannerschnitten. Zur Sicherheit dabei auch immer ein Pannenspray, Kettenöl und ein Stofffetzen für die Radpflege.
Also Termin fixieren, Startpunkt wählen und Quartier bei der Hälfte der Strecke vorreservieren. Das Wetter sollte man auch nicht ganz außer Acht lassen. Wer will schon nasse Schuhe und Socken?
Wir haben uns für eine Ein-Stopp-Strategie entschieden, um das Ganze in zwei Tagen erledigt zu haben. Tagwache um 0245 Uhr, 1. Frühstück, um 0345 Uhr Abfahrt von Eisenstadt Richtung St. Valentin (mit Pick-Up Service für Siggi), Ankunft im Park & Ride und Abfahrt pünktlich um 0630 Uhr. Am Plan 280 km und mit gut 3.000 Höhenmetern. Etappenziel: Straßwalchen beim Jägerwirt. Warum Jägerwirt? Die Möglichkeit, bereits um 6 Uhr Morgens zu frühstücken war das entscheidende Pro-Argument. Nicht der Preis. Der war für ein paar Stunden Schlaf verhältnismäßig hoch. Für den zweiten Tag haben wir uns die restlichen 290 km und 3.300 Höhenmeter reserviert. Inklusive Heimfahrt retour nach Eisenstadt. Gegen 23 Uhr war das Abenteuer dann vorbei. Fast & Furious.
Ultracycling: Das ist mehr Tankstellen und Supermärkte plündern.
Trend ist, was im Trend ist. Ultracycling ist im Trend. Egal ob jetzt als Rennen oder einfach nur so. Die Herausforderung besteht darin, auf einer bestimmten Strecke möglichst viele Tankstellen und Supermärkte zu plündern. Weil „Unsupported“ auch so ein Trend ist. Einfach einmal das Rennrad schnappen, die Satteltasche füllen und den Beinen das Kommando übergeben. Frei von Zwängen. Das Ziel ist immer B von A ausgehend. Dazwischen viel Landschaft. Rund um Oberösterreich strampelt man durch den Nationalpark Kalkalpen, durch die Region Phyrn-Eisenwurzen, das Salzkammergut, das Hausruck- und Innviertel sowie das Mühlviertel. Man sieht Berge, Seen und Flüsse. Zwischendurch tänzelt man zwischen Autobussen und Motorradfahrern, vorbei an Fähren und Booten sowie kleinen Hütten und pompösen Hotels. Da und dort begegnet man Kühe und Pferde, Wanderer und E-Biker. Und immer wieder überwindet man Grenzen. Die eigenen und jene zur Steiermark, Salzburg, Niederösterreich und Tschechien.
Highlights sind auf der Rennradrunde rund um Oberösterreich mit Sicherheit der Hengstpass, der Ziehberg, die Grossalm, der Attersee und der Mondsee, die Mauer von Schärding hinauf nach Schardenberg, der Passaublick, die blaue Donau und die hohen Wellen des Mühlviertels. Die gesamte Strecke ist „nachfahrenswert“. Rennradfahren in Oberösterreich ist rundum betrachtet überhaupt nicht langweilig. Ganz im Gegenteil.
Mach Urlaub. Fahr Rennrad.
Ich weiß. Die wahren Helden fahren so etwas nonstop durch. Und weiter fahren sie auch noch. Viel weiter. Hut ab. Allein die Vorstellung, eine ganze Nacht freiwillig im Mühlviertel verbringen zu wollen macht mir Angst. Ich mache lieber Urlaub und fahre Rennrad. Das Mühlviertel war bei Tag schon eine charakterbildende Angelegenheit. Hier kann man ganz schnell verhungern und verdursten. Die offene Tankstelle in Kollerschlag war unser Schlaraffenland und im Cafè Kastner in Bad Leonfelden haben wir uns eine Henkersmahlzeit gegönnt. McDonalds in Freistadt haben wir ausgelassen. Zu schwarz der Himmel rund um uns. Und die Zeit schien im Regenwasser davonzurinnen.
Dazwischen war Askese angesagt. Auch weil wir zu Dritt unterwegs waren. Da wird nicht nur Rennradfahren in Oberösterreich eine komplexe Sache. Die Knack- und Streitpunkte? Meistens das Essen und das Pinkeln. Und die unterschiedliche Auffassung darüber, was gemütlich ist. Da kommt es schon vor, dass man diskutiert, ob wer heute zu schnell ist oder der andere einfach zu langsam. Kinderspiele für Erwachsene. An dieser Stelle beende ich dieses Kapitel. Es geht immerhin um Freundschaften.
Am Ende bleibt eine weitere perfekt genutzte Gelegenheit, sich ein wenig in der Gegend umzusehen. Vieles kannte ich noch von meiner Zeit als Linz-Exilant. Dort war ich über 10 Jahre dahoam. Die Hengstpass Ostrampe bin ich beispielsweise zuletzt vor 8 Jahren gefahren. Diese Challenge war teilweise wie eine schamanische Rückführung.
Wenn man es nicht drawig hat, ist Rennradfahren in Oberösterreich ein Märchenurlaub auf zwei Rädern. Goi!.
Wir haben es wieder getan und sind verreist. Dieses Mal in die Dolomiten. Sieben Tage imposante Kulissen und atemberaubende Felsformationen. Dazu ein Pass nach dem anderen und unzählige Kehren nach oben und nach unten. Dazwischen Apfelstrudel, Espresso, Cappuccino, Knödel in den Variationen Käse, Spinat, Speck und rote Rübe, gegrillte Steinpilze, Pizza und viel Schüttelbrot. Unser Rennradurlaub in den Dolomiten hat sportlich wie auch kulinarisch die hohen Erwartungen übertroffen. Zudem war er für mich eine Reise in die Jugendzeit. „Vecchi tempi“ oder „tempi passati“ würde man sagen. Besondere Emotionen mit besonderen Menschen.
Mit dem Rennrad die Dolomiten entdecken.
Eigentlich hätte es ja Bormio werden sollen. Kurzfristig sind es die Dolomiten geworden. Das UNESCO Weltkulturerbe ist somit für einige Teilnehmer’innen der ketterechts Rennradreise auf der Bucket List abgehackt. Voraussichtlich nicht zum letzten Mal. Auf den Pässen rund um Sella, Langkofelgruppe, Peitlerkofel, Marmolada, Civetta, Lagazuoi & Co herrscht Suchtgefahr. Auch weil das Gebiet so riesig ist. So schnell kann man gar nicht radeln. Wer sich auf die Dolomiten einlässt, kommt schnell vom Hundertsten ins Tausendste. Man könnte ja noch dies und jenes mitnehmen oder das eine umfahren. Es wären ja nur ein paar Höhenmeter mehr. Wer hier aufgewachsen ist, der kennt viele Winkel und beherrscht die Distanzen samt Höhenmeter im Schlaf. Da braucht es keinen Garmin. Ich bin hier aufgewachsen. Ohne Garmin.
Als Ausgangspunkt und somit Base-Camp eignen sich viel Ortschaften. Oft ist die Wahl der Unterkunft eine Frage des Budgets und der Add-Ons. Natürlich auch der Verfügbarkeit. Im August ist hier Italo-Hochsaison. Da ziehen die Preise in den Hotspots wie Corvara deutlich an. Wer drei Sterne plus residieren will, der braucht eine dicke Brieftasche. Wir haben uns für Badia/Predraces entschieden. Kein Luxushotel. Aber dafür eine feine ***Pension mit fast angrenzender Pasticceria im Zentrum von St. Leonhard. Badia ist ein guter Ausgangspunkt talauswärts (Würzjoch, Furkelpass, Bruneck, Pustertal), taleinwärts geradeaus (Corvara, Sellarunde …) und taleinwärts links (Valparola, Falzarego, Cortina, Giau …). Perfekt für den Rennradurlaub in den Dolomiten.
Rennrad-Achterbahn mit vielen Kehren.
Das Schöne in den Dolomiten ist die Möglichkeit, die Anstiege und die Ziele täglich variieren zu können. Sogar stündlich. Was wir auch getan haben. Wetterbedingt, kräftebedingt, und launebedingt. Meistens geht es 10 km bergauf und dann 10 km bergab. Das ganze wiederholt sich mehrmals. So oft man will. So oft man kann. Wer nicht mehr muss, kann umdrehen oder abkürzen. Höhenmeter kommen so oder so einige zusammen. Bis auf ein paar Ausnahmen, alle auf moderaten einstelligen Anstiegen. Die Ausnahmen? Passo Fedaia von Rocca Pietore/Malga Ciapela aus, der Passo Giau von Selva di Cadore, das Würzjoch von St. Martin/Thurn oder St. Peter/Villnöss, der Furkelpass von St. Vigil und etwas weiter weg die Drei Zinnen (Rifugio Auronzo) vom Lago di Misurina aus. Diese Auflistung ist nicht vollständig. Die Dolomitenpässe sind eine unendlich lange Achterbahn mit vielen Kehren.
Es gibt in den Dolomiten Klassiker. Grödnerjoch, Sellajoch, Pordoijoch und Campolongo. Und es gibt Pässe, welche das Potenzial zum Klassiker haben. Alle hier aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Aufgeteilt auf zwei Regionen und drei Provinzen reichen die Dolomiten weit in den Süden bis zum Monte Grappa. Man bräuchte Zeit. Viel Zeit, um alle möglichen Pässe zu fahren und das gesamte Angebot in Anspruch zu nehmen.
Mit breiter Brust gegen breite Autos.
Die Dolomiten sind einzigartig. Ihre Geschichte faszinierend und gleichzeitig tragisch. Entstanden vor 250 Millionen Jahren sind sie heute eine Attraktion für viele. Auch für Autofahrer und Motorradfahrer. Und egal, wie breit die Dolomitenstraßen auch sind: Busse und SUV sind breiter. Schade, dass dann immer nur ein paar schwarze Schafe das Erlebnis Rennradurlaub in den Dolomiten trügen. Wild hupende Italiener auch. Der Ordnung halber sei erwähnt, dass es auch unter Rennradfahrern dunkelschwarze Schafte gibt. Denn wer in einer Kehre bergab durch Autos schlängelt und diese dann innen rechts überholt, hat entweder zu viel Testosteron oder zu wenig Hirn.
Man muss in den Dolomiten mit breiter Brust gegen breite Autos und Busse antreten und manchmal auch den sicheren Weg vom Rad wählen. Wenn ein öffentlicher Bus des Südtiroler Autobusdienstes (SAD) bergauf ein Überholmanöver startet, obwohl im Gegenverkehr gerade ein Kollege bergab fährt, wird es auf gleicher Höhe eng. Bus 1 bergwärts, Bus 2 talwärts und ein Rennrad sind wohl ein Rennrad oder ein Bus zu viel. So ist ein Sprung ins Bankett und ins Gras der sicherste Weg, eine solche Situation zu überleben, wenn ein Bus immer breiter wird, um den anderen Bus seine Rückspiegel zu retten. Ganz nebenbei, hat natürlich keiner was bemerkt. Ein offizielles Protestschreiben verläuft dann logischerweise im Sand. Bürokratische Mühlen mahlen langsam und Eier haben ist heutzutage keine Tugend mehr.
Die Dolomiten versprühen ein besonderes Flair. Natur, Kitsch und Tracht begleiten dich hier auf jeden Tritt. Eine Naturarena, welche ihresgleichen sucht. Hier verschmelzen Tradition und Moderne zu einem einzigartigen Ganzen und einem Farbenspiel der Gegensätze. Alles wird hier perfekt in Szene gesetzt. Vieles ist von Natur aus gegeben, den Rest hat man gekonnt und klug dazugesellt.
Deshalb darf man die Dolomiten mit dem Rennrad nicht einfach nur so bereisen. Die Dolomiten verpflichten. Man muss sich mit Ihnen beschäftigen. Zeit dazu hätte man. Weil hier großartiges geleistet worden ist. Nicht nur im Straßenbau. Die Erschließung geht weit über die vielen Pässe hinaus und reicht bis auf fast jeden Gipfel. Wanderer, Kletterer, Luftschnapper, Ausflügler … hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Mit Maß und scharf an der Grenze des Übermaßes. Manche Eingriffe in die Natur wären aber nicht notwendig. Auch muss nicht jeder Gipfel mit einer Seilbahn erreichbar sein.
Mit dem Berg und nicht gegen den Berg. Das ist der Dolomiten-Walzer.
Als die Rennradreise noch in Planung war, zeigte sich schon das Dilemma der Dolomiten. Innerhalb kürzester Zeit waren ganze 17 Routen geplant. Für eine Woche Rennradurlaub einige zu viel. Der Verzicht ist also die größte Herausforderung, welche man sich als Rennradfahrer*in in den Dolomiten stellen muss. Das gezielte Auswählen eine Überwindung. Einmal in Fahrt aber geniest man jeden Höhenmeter umso mehr. Denn die Dolomitenpässe haben eine ganz besondere Eigenschaft. Sie haben die sanftesten Kehren im gesamten Alpenraum. Teilweise geht es in den Kehren sogar leicht bergab. So bekommt man Zeit sich zu erholen und Tempo aufzubauen. Das Bergauffahren wird zu einem Spiel der Kräfte. Ein schwungvoller Tanz nach oben. Mit dem Berg und nicht gegen den Berg. Das ist der Dolomiten-Walzer.
Rennradurlaub in den Dolomiten ist praktisch. Man sieht viel, man erlebt viel und man lernt viel dazu. Das Ansteuern, Anbremsen und Antreten zum Beispiel. Bergab in den Kehren. Links, rechts und nochmals links und rechts. Ist die Straße frei und die nächste Kurve einsehbar, dann … natürlich immer schön nach der StVO. Das ist der Dolomiten-Swing.
Das Dolomiten-Büffet. Aufruf zur Selbstbedienung.
Das riesige Dolomiten-Büffet war eröffnet. Wir haben uns reichlich selbst bedient. Einige Leckerbissen haben wir öfters geholt. So wie das Würzjoch, welches ganze viermal am Menüplan gestanden ist. Die würzige Variante von St. Martin in Thurn hinauf, die mehrgängige und schwer verdauliche Variante vom Villnössertal über St. Peter empor sowie die kalorienarme Route über Brixen und St. Andrä entlang. Alle Routen können natürlich via STRAVA abgerufen und heruntergeladen werden. Als Aperitif und Vorspeise empfehlen sich diverse Zu- und Anfahrten. Interessant die Rampenanfahrt von St. Ulrich hinauf Lajen und dann der Sturzflug über Gufidaun Richtung Villnössertal.
Zu den Dolomiten muss man eine Beziehung aufbauen. Sie sind kein One-Night-Stand. Wer ihnen einmal verfällt, der wird die Räder nicht mehr davon lassen können. Auch wenn es schwer ist, sich diesen Harem zu erhalten. Deshalb kommen wir wieder. Nächstes Jahr. dieKetterechts Rennradreise in die Dolomiten findet 2021 Mitte/Ende Juli statt. Um den genauen Termin nicht zu verpassen, einfach Newsletter anmelden. ⬇️
ktrchts #machurlaubfahrrennrad
Tipps für den Rennradurlaub in den Dolomiten.
Pastry Hotel Pineta in Rocca Pietore (beste süße Belohnungen) Restaurant, Pizzeria La Tor in Stern (schnell und gut) Villa Mayr Rooms & Suites in Vahrn (Essen und Übernachten) Edelweißhütte Würzjoch (bestes Ködeltris) Hotel de la Poste Cortina (decadentes Cortina Millionärsflair) Hotel Kabis St. Peter Villnöss (traumhafte Terrasse mit Blick auf die Villnösser Geisler) Cafè Corso St. Ulrich (Espresso Kick mit Aussicht)
Es könnte ein Hobby werden. Oder auch eine Sucht. Eine Sehnsucht. Das Rundherumfahren. Mit dem Rennrad ein Bundesland umrunden. Nach Vienna Roundabout und Burgenland Radlummadum hat sich dieses Mal Niederösterreich aufgedrängt. Solo, unsupported. 620 km und 6.000 Höhenmeter aufgeteilt auf zwei Tage. Tag eins mit dem Alpenvorland rund um Semmering, Adlitzgräben, Kalte Rinne, Höllental, Ochsattel, Kernhof, Gscheid, Annaberg, Wastl am Wald und das Waldviertel rund um das Kleine Yspsertal, Arbersbach, Weitra sowie Gmünd. Dazwischen die blaue Donau. Tag zwei mit noch einmal viel Waldviertel, die tschechische Grenze zu Südböhmen, viel an der Thaya, die Weingegend rund um Retz und dann viel und noch mehr geradeaus zwischen Laa (an der Thaya), Hohenau an der March, Dürnkrut und Hainburg. Rennradfahren in Niederösterreich ist bergig, hügelig und flach. Genau deswegen interessant und schön. Manchmal auch etwas monoton.
Bikepacking und das Rennradlerleben wird langsam.
Rennradfahren in Niederösterreich hat viele Facetten. Ich habe mir jene entlang der Grenzen zu Oberösterreich, Tschechien, Slowakei, dem Burgenland und der Steiermark vorgenommen. Die Strecke war jene des Race Around Niederösterreich. Mit leichten Adaptionen, um von Eisenstadt starten zu können und wieder in Eisenstadt ankommen zu müssen. Ein einfacher Plan: Zwei Mal über 300 km täglich. Mit jeweils 4.000 und 2.000 ungerecht aufgeteilten Höhenmetern. Alles einen Level höher als all das, was ich bisher im Sattel erleben durfte.
Mein Rennesel wurde schnell zum Packesel umgestylt. Der TopPeak Backloader 15L stand ihm gut und stramm. So wenig wie möglich und so viel wie nötig mitzunehmen ist und bleibt beim Bikepacking die Königsdisziplin. Erfahrung zahlt sich dabei immer aus. Der Frühstart war programmgemäß als früher Vogel hingelegt und ein kitschiger Sonnenaufgang begleitete mich ins Abenteuer. Zu Beginn gleich die erste Eingebung. Bikepacking macht das Rennradlerleben langsamer. Und unberechenbar. Zumindest das Handling des Rennrades. Erst als ich das kapiert hatte, kam ich in den Flow und der Pedaldruck wich dem Fahrgenuss.
Mathematik ist anstrengender als Rennradfahren.
600 Kilometer in 2 Tagen sind vor allem eine mathematische Herausforderung. Speziell am zweiten Tag, wo alles wieder bei null anfängt. Was man hatte, zählt dann nicht mehr. Ein harter Schlag. An beiden Tagen löste jeder Blick auf das Garmin-Display im Kopf eine Rechenaufgabe aus. Ich rechnete ständig herum. Kilometer, Höhenmeter, Zeit und Durchschnittsgeschwindigkeit mussten dem Ziel angepasst werden. Tagesziel, welches darin bestand, rechtzeitig bevor das Licht ausgehen würde, die schon im Vorfeld gebuchte Pension in Gmünd und das verdiente Bett in Eisenstadt zu erreichen. Gleichungen waren schon in der Schule meine Stärke und die Gefahr, mich zu verrechnen gering. Für den Fall hatte ich natürlich entsprechende Beleuchtung dabei. Vorne wie hinten.
Ein Highlight bei dieser ganzen Rechnerei war der erlösende psychologische Switch von „erst“ zu „nur noch“. Wobei das „nur noch“ am zweiten Tag erst bei 99 so richtig Freude aufkommen ließ. Eine schmerzverzerrte Freude.
Neben der vielen Rechnerei beschäftigte sich meine Ratio auch mit der Erfindung vieler Ausreden und Gründe, die Tour vielleicht doch noch zu vereinfachen. Am Anfang war das ein pragmatisches „Umdrehen“, später das Einreden, einen der vielen Bahnhöfe im Land aufzuspüren. Eine Verbindung nach Wien oder ST. Pölten sollte immer und überall zu finden sein. Perverser und unverschämt hingegen der immer wiederkehrende fromme Wunsch nach einem technischen Defekt. Je länger die Tour, desto erfinderischer wurde mein Geist. Es waren also nicht die müden Beine, die mich bremsten, sondern die Monotonie der Gedanken im Kopf.
Verkehrsarm und naturreich. Auch das ist Niederösterreich.
Das Waldviertel glänzt nicht unbedingt mit Abwechslung. Es geht hier auf und ab und dann wieder auf und ab und wenn es nicht auf und ab geht, dann geht es länger auf und ab. So gesehen war das wenig spannend. Also kämpfte ich mich von Lagerhaussilo zu Lagerhaussilo. Diese landwirtschaftlichen Leuchttürme waren stets am Horizont zu erkennen. Noch bevor der Kirchturm der nächsten Ortschaft sein Kirchturmspitze vorauswerfen konnte.
Interessant war auch die Tatsache, dass im Waldviertel 99 % der Orte an der Thaya liegen. An der Thaya hier, An der Thaya dort. Die Thaya selber habe ich nie gesehen. Oder einfach nicht bemerkt. Bemerkt, nein gemerkt habe ich mir hingegen die Autokennzeichen. WN, WB, NK, LF, SB, ME, ZT, GD, WT, HO, HL, MI, GF, BL und BN – lauter Hirnnahrung. Wobei mir die Aufklärung der Herkunft GF am meisten Hirnschmalz gekostet hatte.
Auf meinem Weg rund um Niederösterreich war ich nicht nur allein unterwegs, sondern mutterseelenallein. Abgesehen von einigen „kritischen“ Verbindungsstücken (Orstzentrum Wieselburg, Laa an der Thaya – Staatz, Wiener Neustadt – Neunkirchen) bei denen die LKW die Statik meines Packesels durcheinander gewirbelt haben, konnte ich die motorisierten und menschlichen Begleiterscheinungen auf meiner Nase zählen. Genial war das kleine Yspertal (L7285) bergauf nach Dorfstetten und dann weiter über die B119 nach Arbersbach. Oder die Abfahrt von Wastl am Wald (Cima Coppi der Niederösterreich-Umrundung auf 1.100 Meter Seehöhe) über Puchenstuben und St. Anton an der Jeßnitz nach Scheibbs (B28 und B25). Nicht zu vergessen der Anflug nach Retz von Hofern kommend durch die Weinberge (Reblaus Radweg/Windmühlenweg) oder das zufällige Ansteuern von Braunschlag aka Eisgarn. In Erinnerung bleibt mir auch das Teilstück des Traisental-Radweges hinauf nach Gscheid. Bist du g’scheit, war das steil. Rennradfahren in Niederösterreich. Verkehrsarm, naturreich und serienfilmreif.
Niederösterreich rundherum ist mittendrin.
Man muss sich bei solchen Umrundungen in das Rennradabenteuer einlassen können und man muss es zulassen. Und verlangsamen. Auch beim Bikepacking. Der Weg ist bekanntlich das Ziel. Am Ziel angelangt gehört dann alles der Vergangenheit an. Niederösterreich rundherum war dieses starke Mittendrin. Mittendrin im Abenteuer. Bestehend aus sportlicher Herausforderung und lokaler Neugier. Was ist wo und was ist warum? Lernen und Rennradfahren fürs Leben. Eine bessere Schule gibt es nicht.
Ich hatte Glück mit dem Wetter. Kein einziger Tropfen hat mich erwischt. Und das obwohl rundherum Starkregen und Gewitter gewütet haben. Glück hatte ich auch, keinen Defekt bekommen zu haben. Das Karma hätte zuschlagen können, nachdem im Kopf der Wunsch danach Vater des Gedanken gewesen ist.
Ich habe auf Holz geklopft, damit nichts passiert und ich bin auf Holz gefahren. Damit eben nichts passiert. Den tschechischen LKW-Fahrer verbuchen wir als Ausnahme. Ein Sattelzug hätte mich in der 90° Kurve fast erdrückt. Dumm (saudumm) von ihm, dass er mich davor noch überholt hatte. Gut für mich, dass man am Bankett auch Radfahren kann. Etwas tief in der Erde, aber immerhin.
Rennradfahren in Niederösterreich hat mir neue Möglichkeiten und Gegenden gezeigt. Plätze, die ich gerne wieder besuchen möchte. Zuerst kommt aber noch Oberösterreich. Eine weitere Challenge. Ich weiß nicht ob ich schon erwähnt habe, dass das Umrunden eines Bundeslandes zum Hobby werden könnte? Und zur Sucht.