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Bergfahren mit dem Rennrad. Gedanken eine Flachländerin.

Bergfahren mit dem Rennrad

Ich bin eine Flachländerin. Aufgewachsen und verwurzelt in der Pannonischen Tiefebene. Endlose Weiten. Sanfte Hügel. Er ist ein Bergmensch. Aufgewachsen in den Dolomiten. Hohe Berge. Karge Spitzen. Dünne Luft. So unterschiedlich wie unsere Herkunft auch unser Zugang zum Thema Berg. Zum Thema Bergfahren mit dem Rennrad. Wenn ich von Berg spreche, denke ich an den Ruster Berg. Oder vielleicht an den Leithaberg. Maximal an die Rosalia. 100 bis 500 Höhenmeter. 3 bis 7 Prozent Steigung.

Wenn er von Berg spricht, schwärmt er vom Monte Zoncolan, den Drei Zinnen, dem Col du Galibier. Ab 1000 Höhenmetern. In einem Stück. Mindestens 10% Steigung.

Höhenmeter müssten eine Faszination ausüben.

Wenn das Denken und Schwärmen aufhört und das Radfahren beginnt, sind bei uns Diskussionen vorprogrammiert. Wie viele Höhenmeter unsere nächste Ausfahrt denn hätte, stelle ich vorsichtig als Frage in den Raum. Laut Strava-Routenplanung 2000, seine Antwort. Aber das seien in Wirklichkeit ohnehin nur 1600. Ein Klacks also. Und sowieso auf 130 Kilometer verteilt. Also wirklich kein Grund zum Jammern.

Mir würden aber eigentlich schon 130 Kilometer ohne Höhenmeter reichen, werfe ich ein. Sein verständnisloser Blick sagt alles, bevor er überhaupt etwas sagt. Wie solle aus mir nur jemals eine richtige Radfahrerin werden? Höhenmeter müssten eine Faszination ausüben und meinen Ehrgeiz wecken. Der Berg rufe mich. Ob ich ihn denn nicht hörte?

Bergfahren mit dem Rennrad

Das pannonische Hochgebirge

Bergfahren mit dem Rennrad.

Bedingt, meine Antwort. Natürlich – das Ankommen hoch oben gefällt mir. Der Ausblick, der sich – manchmal sogar schon beim Hinauffahren – bietet, natürlich auch. Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, ist auch nicht schlecht. Die Aussicht auf eine lange Abfahrt sogar höchst verlockend.

Wenn ich in meinem Tempo klettern kann, macht das Bergauffahren manchmal sogar Spaß. Ich mit mir in meiner Zeit. Kein Drängen. Kein Strava-Segment. Oft erlebe ich es dann auch meditativ. Atmen. Treten. Ankommen. Das gefällt mir. Vorausgesetzt die Steigung bleibt unter 10 Prozent. Idealerweise natürlich im Schatten.

Alles darüber ist ein Kraftakt für mich. Wenn dann – wie heuer so oft – auch noch die Sonne von oben und der Asphalt von unten brennen, stelle ich die Sinnfrage. Mir und ihm. Und bevor er noch antworten kann, beginne ich damit, mir unendlich leid zu tun. Und ihn, den Bergmenschen, der mir das antut, zu verfluchen. Wenn ich dann auch noch sehe, dass mein Garmin bereits die, vor der Ausfahrt ausgemachten, 1600 gefahrenen Höhenmeter anzeigt und der Berg noch lange nicht zu Ende ist, steigert sich meine Unrundheit ins Grenzenlose. Nie wieder würde ich auf seine Routenplanung hereinfallen. Nie wieder.

 

Strava lügt. Und alle anderen auch.

Das Problem ist nur. Nicht nur seine Höhenmeterangaben davor stimmen nicht. Auch allen anderen sollte man (Frau) nicht trauen. So erlebt heuer gleich zweimal im Sommer. Die vorgeschlagenen Touren der einzelnen Tourismusverbände sind immer mit einem gewaltigen Höhenmeterplus zu Ende gegangen. Vielleicht absichtlich für Leute wie mich gemacht. Hätte ich zuvor gewusst, was mich erwartet, hätte ich wohl manchmal gestreikt und den Pool auf der Dachterrasse bevorzugt. Besonders gefährlich sind auch – wie kürzlich erlebt – Höhenmeterangaben von Einheimischen.

Wenn einem ein gestandener oberösterreichischer Rennradler sagt, dass die eine oder andere Tour wenig Höhenmeter habe und angenehm zu fahren sei, dann sollten bereits alle Alarmglocken klingeln. Denn Wahrnehmung ist relativ. Seine Wahrnehmung ist nicht meine. Und seine Beine sind schon gar nicht meine. Zum Glück hat die traumhafte Kulisse immer wieder die Mühe belohnt. Und der eine oder andere Kuchen danach hat jegliche Strapazen schnell vergessen lassen.

Bergfahren mit dem Rennrad

Freuden einer Flachländerin

Bergfahren kommt vom Bergfahren.

Was ich am Ende aber fairerweise zugeben muss: Jeder gefahrene Höhenmeter macht stärker. Im Kopf und in den Beinen. Das spüre ich aber immer erst später. Wenn ich Flachländerin dann nach einem Urlaub in den Bergen wieder die heimischen Berge emporklettere, habe ich kurzfristig sogar das Gefühl, dass der Begriff Berg für diese Erhebung vielleicht doch nicht ganz richtig gewählt ist.

laketterechts