Das war der fünfte Streich. Der nächste folgt sogleich. Frühestens aber im nächsten Jahr. Schade. Nach Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und Oberösterreich habe ich dieses Mal Kärnten umrundet. Mit dem Rennrad. Solo. Unsupported. Bikepacking light. Angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit habe ich mir etwas mehr Zeit gelassen und das Abenteuer auf 3 Tage aufgeteilt. Im Summe 505 km und knapp 8.000 Höhenmeter. Unbestrittene Highlights: die Nockalmstraße extended, Hochrindl und Flattnitz an einem Tag. Das Rennradfahren in Kärnten hat mich von der Strecke her fasziniert und elektrisiert, von der Straßenbeschaffenheit ziemlich durchgerüttelt. Obwohl ich fast jeden gefahrenen Winkel schon kannte, war die Kombination aus allem Neuland.
„Lafn losn“ – wenn Rennradfahren nur so einfach wäre.
Ich wurde gefragt, ob ich einmal rund um Kärnten fahren möchte. Ja. Meine Antwort knapp und spontan. Die Strecke war vorgegeben. Wie und wie lange habe ich mir selbst zurechtgestutzt. Ich wusste um die Berge. Deshalb habe ich mich für folgende Strategie entschieden: Flach und lang am ersten Tag, hochalpin und anstrengend am zweiten sowie hügelig und kürzer am letzten. Am Papier hatte das alles machbar ausgesehen. Chillig. Am Ende durfte ich das nicht mehr behaupten. Ich hätte gelogen. Mit einem Kampfgewicht von über 90 kg samt Rennesel und Packtasche haben sich die Berge als äußerst charakterbildend präsentiert. Auch weil ich mich am ersten Tag um ein paar hundert Höhenmeter verschätzt hatte. Aus flach und lang wurde gar nicht flach und zu lange. Rennradfahren in Kärnten ist rundherum eine geile Hatscharei.
Die Idee Kärnten mit dem Rennrad zu umrunden zusammengefasst auf drei Tagesetappen.
1. Tag: Klopein – Gmünd. 240 km und 2.891 Höhenmeter
2. Tag: Gmünd – Althofen, 138 km und 3.260 Höhenmeter
3. Tag. Althofen – Klopein, 128 km und 1.867 Höhenmeter
Seen, Berge und Schlaglöcher. Kärnten ist genau meins.
Auf meiner Bundesländer-Umrundungstour habe ich einiges erleben dürfen. Mein Verhältnis zu den heimischen Autofahrern hat sich dabei nicht gebessert. Fix ist, dass es überall ganz besondere Trotteln gibt. Ganz oben auf der Kärntner Best-of-Liste die Truppe von City Dach Klagenfurt. Auf der Abfahrt von der Hochrindl habe ich die Schlaglöcher mit Bravour überlebt, den Konvoi von City Dach nur knapp.
Schlagwort Schlaglöcher: Diese sind in Kärnten stets ein treuer Begleiter. Einige Abfahrten beanspruchen die Vorausseh-Fähigkeit, die Bremsen und das Steuerlager enorm. Die Auffahrten zwar auch, aber da ist es ziemlich egal. Ich habe die Abfahrt vom Schaidsattel und jene von der Hochrindl immer noch im Nacken und in den Oberarmen. Die an drei Tagen zu Tode gebremsten SHIMANO Bremsbeläge L03A sind ausgediente Zeitzeugen. Die Nockalmstraße ist da eine Ausnahme. Diese für Motorradfahrer*innen beliebte Strecke ist ein hochalpiner Asphaltteppich in 1A Qualität. Laut und schön. Ich war dort zusammen mit gefühlten Millionen von Harley-Davidson Maschinen unterwegs. Das jährliche Harley Treffen am Faaker See war bis hinauf zur Schiestlscharte und Eisentalhöhe zu riechen und zu hören. Was dem atemberaubenden Panorama und die einzigartigen Formen der Nockberge nicht geschmälert haben. Für mich war es eine Premiere. Die Nockalmstraße war ich noch nie von Norden Richtung Süden gefahren.
Die Strecke rund um Kärnten ist ein Leckerbissen.
Schon der Startpunkt meiner Tour war eine gute Wahl. Der Klopeinersee ist idealer Startpunkt für einen Rennradurlaub oder einer Rennradreise. Die Überlegung nächstes Jahr auch hier zu verweilen schwingt immer noch nach. Zu schön die Gegend rund um die Seetaler Alpen mit dem Seebergsattel oder dem Paulitschsattel. Aber nicht nur. Slowenien und Italien sind vor der Haustür. Wo ein Wille auch eine lange Tour.
Gleich nach dem Start gibt es zum Aufwärmen den Schaidsattel. Kennt man kaum, sollte man aber. Der Schaidsattel ist durch und durch zweistellig. Besonders die letzten Kilometer. Dann öffnet sich das Tal und nach ein paar Schupfern ist man schnell in Ferlach, wo das Rosental wartet. Übrigens Originalstrecke des Race Around Austria. Wellig und entlang der Drau gehts am Faaker See vorbei Richtung Villach. Hier war 1987 die UCI-Straßenweltmeisterschaft zu Gast. Mit Sicht auf die Ruine Finkenstein ist Arnoldstein nicht weit weg. Am Weg dorthin empfehle ich den Radweg zu benutzen. Hohes Konfliktpotenzial vorhanden. Eben weil es neben der Straße einen Radweg gibt. Den man nicht benutzen muss.
Hat man die hupenden Trotteln hinter sich biegt man ins Gailtal ab, welches bis Kötschach-Mauten nicht mehr verlässt. Zuerst abseits der B111 und dann verkehrstechnisch mittendrin. War aber nicht so tragisch. Hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Vielleicht war auch der Rückenwind daran schuld, dass ich gut mit dem Verkehr mitschwimmen konnte. Der Teilabschnitt Hermagor – Kötschach ist auch beim Super Giro Dolomiti dabei. Für einen Zwischenstopp empfiehlt sich die Bäckerei Matitz Stärkung vor dem Gailbergsattel. Ein feiner Übergang vom Gailtal ins Drautal.
Feistritz, Ferlach und Dellach. Kärntner Déjà-vu.
Rennradfahren in Kärnten heißt sich ständig zwischen Feistritz, Ferlach und Dellach zu bewegen. Alle drei Ortschaften gibt es in wohl in allen Tälern. Drautal, Gailtal, Rosental …
Dafür ist Rennradfahren im Drautal teils lebensgefährlich. Man kann sich hier aussuchen: Gravel-Nebenstraßen mit mehr Schlaglöchern als die Paris-Dakar oder feiner Asphalt mit Holztransportern, die einem um die Ohren fliegen. Ich habe mich für einen Mittelweg entschieden (entscheiden müssen). Bin aber auf der B100 teilweise um mein Leben geradelt. Nach 200 km hatte ich deshalb noch gut Druck am Pedal. Zwischen Oberdrauburg und weit nach Greifenburg. Dann die Rettung über Steinfeld, Lengholz, Kleblach bis Sachsenburg. Ein wenig B100 noch bis Lendorf und dann ist man wieder halbwegs „safe“. Tag 1 endete bei mir im Liesertal auf der B99 Richtung Katschberg in Gmünd. Hier hatte ich nur Hunger und keine Zeit für das Porsche Museum.
Ab Gmünd fährt man das Katschtal bis nach Kremsbrücke. Immer leicht bergauf. Die Abzweigung nach Innerkrems bedeutet bergauf fahren. Zuerst 12 km taleinwärts und dann 12 km bergauf bis auf über 2.000 Metern. Die Eisentalhöhe ist auch der höchste Punkt der Tour. Rundumblick nicht vergessen. Ein paar Kehren und 500 Tiefenmeter bergab und schon geht es erneut hoch. Wieder auf über 2.000 Metern. Die Schiestelscharte ist erreicht. Erneut Rundumblick nicht vergessen, bevor es lange und zügig nach unten in die Ebene Reichenau geht.
Achtung Straßenschäden. Und Längsrillen.
Ausrasten und die Hochrindl als weiteren Zwischenstopp sehen. Das kleine Skigebiet in den Nockbergen lockt mit typischer Kärntner Landschaft und ganz oben an Dekadenz grenzende Ferienhäuser. Das einzige Hotel oben ist hingegen dem Verfall überlassen worden. Hier war City Dach sicher nicht am Werk.
Über die Abfahrt schreibe ich nichts mehr. Viel mehr über das Gurktal, welches die Weiterfahrt prägt. Bis Klein-Glödnitz. Hier wäre es geradeaus nach Alhofen gegangen. Mein Ziel für den zweiten Tag. Überlegt hatte ich es mir schon. Aber ich wollte ja rundum Kärnten fahren. Nicht teilweise durch. Also rechts abbiegen und den vierten Berg in Serie genießen. Die Flattnitz. Am besten bei praller spätsommerlicher Sonneneinstrahlung. Mir bekannt aus früheren Jahren, aber nicht von der Südseite hinauf. Erinnerungen wurden wach. Zum Glück sind die KM-Angaben bis zur „Passhöhe“ nicht so ernst zu nehmen, denn man biegt ein paar hundert Meter davor ins Metnitztal Richtung Friesach ab. Zum Metnitztal muss man sagen, dass es zum Drücken einlädt. Achtung aber auf Längsrillen und Straßenschäden.
Von der Burgenstadt Friesach bis Althofen ist es nicht mehr weit. Außer man macht in Hirt Station in der gleichnamigen Brauerei. Kärntner Kasnudeln sind dort wärmstens zu empfehlen. Das Hirter Bier hingegen ist bevorzugterweise kühl zu genießen. Meine Nacht in Althofen verlief ruhig und die Möglichkeit schon ab 6.30 Uhr im Hotel Prechtlhof frühstücken zu können, erleichterte mir meine Zeitplanung für den dritten Tag. Früh raus, früh ankommen und früh die Heimreise antreten.
Ultracyling ist rückwärtsrechnen.
Alles was man frühstückt, merkt man spätestens, wenn nach 15 km die letzte große Hürde beim Rennradfahren in Kärnten vor sich hat. Das Klippitztörl auf 1.642 Metern. Zum Glück musste ich nicht die Ostauffahrt nehmen. Die ist nämlich 28 km lang. Diese 28 km durfte ich bergab fahren. Dabei habe ich mir die Zehen, die Ohren und die Fingerspitzen abgefroren.
Die Westauffahrt von Guttaring ist mit 13 km auch nicht leicht. Dieser Berg zieht sich und ich habe in meinem Leben selten so oft zurückgerechnet wie an diesen drei Tagen rund um Kärnten. Noch, noch und noch noch. Egal. Ist die Auffahrt zum Skigebiet einmal geschafft, geht es tendenziell nur mehr bergab. Auf alle Fälle bis Wolfsberg. Aber hier dann Neuland für mich. Denn die Strecke führt nicht über den Griffner Berg (zum Glück), sondern ins Lavanttal bis Lavamünd, nur wenige Tritte von der slowenischen Grenze entfernt. Hier trifft man auch wieder auf die Drau und der Kreis scheint sich zu schließen. Gut 60 Kilometer fehlen aber noch. Entlang der B81 geht es zügig und zweisprachig vorbei an Bleiburg mit Blick auf die Petzen zurück an den Klopeinersee, wo das Abenteuer fast mit einem Sprung in den See endete. Fast, weil es schwer ist einen öffentlichen Zugang zu finden. Und wenn man ihn gefunden hätte, darf dieser mit dem Rad nicht erreicht werden. Die Promenade ist mit einem Rad-Fahrverbot belegt.
Ich habe mich mit einer Katzenwäsche begnügt und bin dann die dreistündige Heimreise mit dem Auto angetreten.
Ende gut. Alles tut weh.
Ich weiß nicht welche meiner Umrundungen bisher die Schönste war. Kärnten-Ummadum war jeden Fall irgendwie besonders. Ich freue mich auf die Steiermark, Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Und vielleicht checke ich mir auch noch Südtirol. Und dann wäre ja noch ganz Österreich. Aber das ist eine andere Geschichte und ein anderes Projekt.
ktrchts
#machurlaubfahrrennrad
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