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Local Legend – der neue Strava KOM

Local Legend - der neue Strava KOM

Heftiger Sturm, eine sagenhafte Entwicklung über die Wintermonate oder eine ganze Schar von Wasserträgern – ohne einer dieser Hilfen ist der beliebte Strava KOM Ritterschlag kaum mehr zu holen. Vielleicht da und dort, wenn man sich ein Segment selbst zusammenstellt. Wohl eher nicht. Denn die Straßen sind wie der Tiefschneehang Minuten nach heftigem Schneefall zerbombt. Lücken für All-time-Bestleistungen kaum mehr zu finden. Das Rennradfahren ist aber deshalb nicht langweiliger geworden. Local Legend – der neue Strava KOM heißt die neue Challenge. Höher, schneller, weiter war gestern. Heute fährt man möglichst oft dieselbe Strecke, um sich virtuelle Lorbeeren zu holen. Mit demselben psychologischen Effekt wie der KOM. Keiner will ihn, aber jeder ärgert sich, wenn er weg ist.

Motivationsfaktor Strava.

Nicht wollen, müssen. Rennrad fahren kann Spuren von „Müssen“ enthalten. Seit es Strava gibt, ist dieses „Müssen“ noch ausgeprägter. Das Netz setzt dann noch einmal eins obendrauf und macht die Lust zur Sucht. Motivation am Boden? Beine leer? Hundewetter? Egal, man muss raus. Die Wochenkilometer müssen erreicht werden und der Polster für die angepeilten Jahreskilometer will aufgebaut werden. Und dann gibt es noch die Wilderer, die sich sowieso immer und immer wieder herumschleichen. Ihnen das Revier zu überlassen, wäre fahrlässig. Auch sie gehören in Schach gehalten. Sonst ist er weg. Der Local Legend – der neue Strava KOM.

Das schmerzt oft mehr als das Laktat in den Muskeln

Plötzliche Verluste schmerzen.

Sie sind unvorhersehbar und kommen immer unangemeldet. Sie schmerzen mehr als das Laktat in den Muskeln. Diese Verluste sind ein Stich ins eigene Ego und das Eingestehen der eigenen Schwäche. Wenn man nicht mehr Local Legend ist, geht die Welt unter. Oft ist es nicht die Faulheit oder der so notwendige Ruhetag. Es kann auch nur die ungewollte kurzfristige Entscheidung sein, eine andere Route gefahren zu sein. Die Seitengasse war dann schuld am Verlust. Und das eigene Revier gehört jetzt einem Wilderer.

Local Legend – der neue Strava KOM ist die neue Währung, mit der man im Netz bezahlen kann. Man bekommt dafür Lob und Anerkennung. Gehandelt wird der Local Legend mit Schweiß und Disziplin. Denn der Verlust kommt oft schneller, als man denkt. Und vor allem unvorhersehbar und unangemeldet.

#ktrchts

Festive 500 – alle Jahre immer wieder.

Festive 500

Alle Jahre immer wieder. Zum bereits 5. Mal in Folge habe ich „The Festive 500“ (Rapha Festive 500 powered by Strava) erfolgreich absolviert. Nach der Premiere 2015 (damals mit 501 km in 5 Tagen das Minimalziel erreicht) und weiteren Teilnehmen 2016, 2017 und 2018, war ich dieses Jahr zum 10jährigen Jubiläum auch wieder unter Meinesgleichen. Fest im Sattel. Am Rad. Zwischen 24.12. und 31.12. Für einen Stofffetzen der besonderen Art. Ein Abzeichen mit viel Bedeutung. Eine weltweit angesehene Trophäe.  So groß wie eine Briefmarke. Ich war mittendrin, statt nur daheim. Habe jeden der 753 Kilometer in 8 Tagen Outdoor erstrampelt. Kein persönlicher Rekord. Der liegt ein oder zwei Jahre zurück. Damals waren es knapp über 800 km.

Gruppendynamische virtuelle Angeberei.

Was wie immer als Schnapsidee entstanden ist, wirkt heute, 10 Jahre später wie eine gruppendynamische, virtuelle Angeberei. Ein Balzen auf zwei Rädern. Für viele geht es nicht mehr darum, die 500 Kilometermarke zu erreichen. Es geht darum die 500 Kilometer an einem Tag zu fahren. Oder die Latte doppelt so hoch anzussetzen. Und das nicht nur bei den Freunden der südlicheren Halbkugel. Von denen war ich es gewohnt. Nein, jetzt fangen auch schon die Kollegen aus der Nachbarschaft damit an. Der beste „Österreicher“ hat heuer, 50 km Luflinie von mir, die 1.000 km geknackt. Der weltweite „Sieger“ knapp die 2.000er. Unvorstellbar.

The real festive 500
So darf und muss es sein.

Radsport als Wintersport.

Die Grenzen haben sich einfach verschoben. Radsport ist Wintersport und Wintersport ist mittlerweile Radsport. Während andere Skifahren, Langlaufen oder Tourengehen, wird südlich und auch nördlich des Äquators in die Pedale getreten. Als gäbe es keine Kälte, keinen Schnee und kein schlechtes Wetter. So zumindest die Wahnehmung. Möglich, dass das vor Jahren auch so war. Gesehen hat das niemand.

Vielleicht mag auch der Klimawandel seinen Beitrag dazu geleistet haben. Immerhin sind die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr nicht mehr schneebedeckt, zum Glück trocken und teilweise auch angenehm mild. Das war „früher“ noch ganz anders.

Radtransport und ÖBB
MIt allen Tricks arbeiten

Nicht nur der Klimawandel, auch das verfügbare Material hat diese Entwicklung unterstützt und beschleunigt. So drehe ich im Winter meine Runden ausschließlich nur mehr mit meinem CX-Bike 1×11 mit 33 mm Reifen (Gravel Grinder und Almanzo von Challenge). Sowohl auf der Straße als auch abseits davon. Fühlt sich für mich subjetiv sicherer an und erhöht den Trainingseffekt. Mit der richtigen Kleidung und den richtigen Schuhen gibt es mittlerweile ja auch kein schlechtes Wetter mehr.

Höher, schneller, virtueller.

500 Kilometer in 8 Tagen zwischen 24.12. und 31.12. sind heutzutage keine wirklich große Herausforderung mehr. Ich meine für halbwegs Trainierte. Mehr als 96.000 waren heuer mit dabei. Auf der ganzen Welt. Entscheidend ist die Koordination. Das persönlicche Zeitmanagement zwischen den Feiertagen, der Familie, der Kinder und der Arbeit. Einzige plausible Ausrede. Wer die richige Einteilung findet, ist seinem Stofffetzen sehr nahe. Wer das nicht kann, hat viele andere Möglichkeiten. Höher, schneller und virtueller.

Mein Gegner 2019 hieß eindeutig Wind. Acht Tage starker Wind. Acht Tage starkes Leiden. Da wollte ich einfach nicht mehr. Musste aber. Der Gruppenzwang und die Aussicht auf einen virtuellen Top 10 Platz in Österreich. Also Windfinder konsultieren, ÖBB-Fahrplan checken, mit dem Zug ins entfernte Laa an der Thaya reisen und bei Nordwind „gemütlicher“ ins 153 km entfernte Eisenstadt fahren. Mit Siggi, der ist immer für jedes Abenteuer zu haben und sein Windschatten ist ein Gedicht. Mit Nordwind im Rücken war es trotzdem auch sehr anstrengend, denn eine gerade Nord-Süd-Verbindung in Windrichtung hatten wir nicht gefunden.

Der tiefste Punkt Österreich
Tiefer gehts in Österreich nicht mehr

Die Festive 500 waren eine perfekte Motivation. Für mich. Ohne Festive 500 hätte ich jetzt sicher zu den fünf über Weihnachten angefressenen Kilos weitere fünf unnütze Kilos mehr. Und ohne Festive 500 hätte ich keinen Plan und kein Ziel gehabt. Ich brauche einen Plan und ein Ziel. Und ich brauche Strava. Um zu sehen, was die andern machen. Und mich zu vergleichen. Auch messen. Aber das ist eine andere Geschichte.

ktrchts

PS: Gratulation an alle, die es durchgezogen haben. Weltweit waren 1.287 Radler*innen fleißiger als ich (von 96.896). In Österreich 12 (von ca 345). Nach Gewicht 322 (von 25.531). Nach Alter 279 (von 19.942).

Die Anzahl der dadruch verursachten Ehe-, Familien- und Beziehungskrisen ist statistisch nicht erfasst.

Stand 8.1.2020

Teufelszeug Strava und die Sucht nach Leistung.

Teufelszeug Strava

Eigentlich bin ich ja kein ehrgeiziger Mensch. Eigentlich muss ich mich mit niemandem messen. Weder mit mir selbst noch mit anderen. Eigentlich finde ich, dass Leistung generell überbewertet wird. Im Leben allgemein und beim Radfahren speziell. Deshalb habe ich auch nie verstanden, warum ihn sein erster Weg nach einer Ausfahrt nicht in die Dusche, sondern zum Computer geführt hat. Ich habe auch nie verstanden, warum seine Augen zu leuchten begonnen haben, so als stünden fünf verschiedene Geburtstagstorten gleichzeitig vor ihm, wenn er das Ergebnis seiner hochgeladenen Daten betrachtet hat. Ich habe auch nie verstanden, wie es sein kann, dass eine kleine goldene Krone auf dem Bildschirm eine solch enorme Anziehungskraft auf einen erwachsenen Mann ausüben kann. Eigentlich habe ich dieses Teufelszeug Strava nicht verstanden.

Zuerst Hochladen. Dann duschen.

Du musst auch deine Daten aufzeichnen und speichern, hat er gesagt, alles, was nicht aufgezeichnet worden ist, bist du in Wirklichkeit nie gefahren und alles, was nicht in (auf) Strava landet, existiert auch nicht. Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. Hatte er das tatsächlich gesagt? Glaubte er diesen Schwachsinn wirklich? Strava. Aus seinen Erklärungen schloss ich, dass es sich hierbei um eine Art heilige Kuh der Radsportler und Triathleten handeln müsse. Um eine Plattform, deren einziges Ziel das Messen und Vergleichen ist. Ein Facebook für Sportler, bei dem Likes Kudos heißen.

Teufelzeug Strava

© Jakob Schmidlechner/Mohrenwirt

Das brauche ich sicher nicht, meine Antwort. Schon der Gedanke daran, meine gefahrenen Kilometer und Höhenmeter zu sammeln, so wie ein Eichhörnchen Nüsse sammelt, und schlimmstenfalls auch noch mit denen anderer zu vergleichen, hat mich Stresshormone ohne Ende ausschütten lassen. Ich bin Genussradfahrerin. Und Rennradprinzessin bin ich sowieso. Da brauche ich nicht noch ein zusätzliches Krönchen von Strava.

Teufelszeug Strava – wenn man nur aufhören könnte.

Eineinhalb Jahre habe ich mich gewehrt. Eineinhalb Jahre habe ich mich geweigert, dieser mir im höchsten Maße suspekten Plattform beizutreten. Eineinhalb Jahre habe ich auf die erstaunte Frage vor SportkollegInnen, ob ich denn gar nicht bei Strava sei, stolz geantwortet: Nein, und ich werde auch nie beitreten. Denn das bin nicht ich. Und ich muss immer ich sein.

Und dann kam alles anders. Wie immer eigentlich. Schuld daran war eigentlich der letzte Sommer. In jenem Sommer habe ich mich in unserem Urlaub erstmalig auf deutlich höhere als burgenländische Berge gewagt. Ohne Radcomputer. Wie ich dachte. Als ich damals jedoch mein Rad in Betrieb nehmen wollte, entdeckte ich einen auffälligen Fremdkörper am Lenker. Einen Radcomputer. Seinen Radcomputer. Er hatte seinen alten Garmin an meinem Rad montiert. Nur zum Testen, hat er gesagt. Widerstand zwecklos.

Teufelszeug Strava

Die Jagd nach Pokalen.

Ich habe also getestet. Und war überrascht. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass Bäume sogar mit 30kmh und mehr an einem vorbeifliegen können. Nie hätte ich gedacht, dass Steigungen in Prozenten gemessen, derart abartige psychologische Prozesse in Gang setzen können. Nie – wirklich nie, hätte ich gedacht, dass ich so ein Ding jemals haben wollen könnte.

Widerstand ist zwecklos. Rennradreisen mit Strava.

Und dann, ein paar Tage später hatte ich es. Dieses Ding. Mein eigenes. Er hat es irgendwo für mich erstanden. Und nicht nur das. Nun warf ich auch noch den Rest all meiner Prinzipien über Bord und meldete mich in einer Nacht- und Nebelaktion bei Strava an. Irgendwo mussten ja schließlich meine unzähligen Daten ihren Platz finden. Das Teufelszeug Strava hatte mich.

Gleich vorweg. Mein erster Weg nach einer Ausfahrt führt mich in die Dusche. Immer noch. Mein zweiter Weg führt mich in die Küche. Immer noch. Mein dritter Weg führt mich auf die Couch. Immer noch. Bis dahin hat er schon mindestens dreimal gefragt, ob ich meine Daten schon hochgeladen habe. Und je ungeduldiger er ist, umso langsamer werde ich. Irgendwann verbinde ich dann den Garmin mit dem Computer. Damit er endlich aufhört zu fragen.

Teufelszeug Strava

App und zu gemeinsam.

Manchmal beginnen meine Augen dann angeblich zu leuchten. Ziemlich sehr sogar. Zumindest drei Geburtstagstorten glutenfrei. Sagt er jedenfalls. Er glaubt dann immer einen ursächlichen Zusammenhang mit dem ein oder anderen goldenen Krönchen oder dem ein oder anderen Pokal auf dem Bildschirm zu erkennen. Aber er liegt natürlich falsch.

Denn eigentlich bin ich ja kein ehrgeiziger Mensch. Eigentlich will ich mich mit niemandem messen. Doch zu meinem Entsetzen tue ich das.

laktrchts

PS: Mittlerweile verbindet sich mein Garmin mit Strava in seinem Sinne sofort. Kabellos. Und ich bekomme nach dem Duschen gleich seine Analyse und Auswertung meiner Ausfahrt.

Für eine handvoll Likes. Die Sucht nach Anerkennung.

Die Sucht nach Likes

Rang 1031 von 82.411 gesamt weltweit. Mit 720 km in 8 Tagen. Für ein banales Stoffabzweichen, welches ich erst irgendwann im Februar bekommen werde. Teilweise bei tief winterlichen Bedingungen mit Temperaturen weit unter dem komfortablen Gefrierpunkt. Eingepackt in Gore und Daunen, vollgepflastert mit Fußwärmern und vollgestopft mit präventiven Halslutschtabletten. Stets an der Kippe zur Grippe. Mit einem Bein täglich fast im Krankenbett. Einmal senil bettflüchtig und dann wieder Nachteule. Bewegungszeit zwischen 5 Uhr Morgens bis tief in den Abend hinein. Vereiste Bartstoppeln statt goldenes Engelshaar. Die festive500 haben mir jede Restwärme aus dem Köper gezogen. Meiner Leidenschaft die Grenzen aufgezeigt und meinem sozialen Leben einen Riegel vorgeschoben. Ich bin nahe an der Sucht.

Sucht? Ich bin sicher nicht bescheuert.

Das ist keine Ausrede. Das ist Fakt. Weil es andere gibt, die noch bescheuerter sind. Nicht nur bei Strava, sondern auch in der Winterliga des Radsporttreffs. Egal was, wie lange, wie weit oder wie hoch ich spinne. Es gibt immer eine/n, die/der noch länger, noch weiter und noch höher spinnt. Letzte Woche fahre ich insgesamt 605 km und lande in der Winterliga damit nicht einmal unter die Top 3. Zum Glück reicht mein 250 km Ritt vom 23.12. noch für die längste Fahrt. Noch. Es gibt ein paar Kandidaten, die an diesem Thron schon sägen. Der 300er ist deshalb schon in meinen Gedanken. Was ist da eigentlich los?  Sagt es mir. Ich weiß es nicht. Auch finde ich keine Antwort. Je länger ich darüber nachdenke.

Was sportlich gesehen ein Vorteil sein könnte, ist psychologisch bedenkbar. Wohin geht die Reise? Wartet am Ende der gruppendynamischen Motivationsskala vielleicht doch die Sucht? Und was Süchtige zu leisten imstande sind, will ich mir gar nicht ausrechnen.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#ketterechts #festive500 #winterliga #derradsporttreff

PS: Gerne würde ich weiterschreiben, aber ich muss gleich wieder Radfahren gehen.

 

Rennradfahren in der Buckeligen Welt. Immer wieder ein schweißtreibendes Erlebnis.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog und Eventliveblogger
Die Buckelige Welt – schweißtreibendes Rad-Erlebnis.

„Sie haben gewonnen.“ Mit dieser Anzeige auf meinem Garmin Edge Display beendete ich nach 143 km und 1.900 Höhenmetern meine zweite Solofahrt auf und ab in der Buckeligen Welt. Mit einem Schnitt von knapp 29 km/h.

Nach der „hurt me plenty“ Aktion im April, eine etwas kürzere und „leichtere“ Variante der Buckeligen Welt Achterbahnfahrt. Kurzweilig war es allemal.

Diesmal habe ich mich auf Strava verlassen. Schnell ist dort eine Route erstellt. Wenn man sich in der Gegend ein wenig auskennt. Ein paar Punkte als Highlight markieren und schon hat man den Track. Meiner schlug mir eben die 143 km mit 2.300 Höhenmetern vor. Mit den Zuckerln Bromberg, Thernberg, Schlag und Kirchschlag i.d.B.W., Sieggrabner Sattel und Marzer Kogel. Altbewährtes und natürlich Neues. Für das Ganze sollte ich mir 5h11min Zeit nehmen. Errechnet aus dem Schnitt meiner letzten Ausfahrten. Herausforderung akzeptiert. Wird doch der Griller um 1500 Uhr eingeheizt.

Los ging es mit einer kleinen Verzögerung. Die 220 km von Linz nach Wien am Feiertag und die regenerative Ausfahrt tags zuvor haben meinem neuen Vittoria Schlauchreifen nicht gut getan. Beim Aufpumpen auf 10 Bar pfiff es. Aus einem kleinen Loch. Keine 400 km und schon wieder defekt. Über Nacht. Wie aus dem Nichts. Panik? Nein. Vittoria Pit Stop. Doch dieser zeigte keine Wirkung. Das Loch ließ sich nicht von innen schließen. Panik? Nein. Super Kleber. Ein paar Tropfen von außen auf das kleine Loch reichten. Der Schlauchreifen war wieder dicht. Aus Sicherheitsgründen nahm ich einen weiteren Pannenspray, eine CO2 Patrone und eben den Super Kleber mit auf die Tour.

Pöttschinger Berg – der Laktatregler

Eisenstadt – Steinbrunn. Zum Aufwärmen. Vom ersten Kilometer weg gebe ich Gas. Meine Devise: So weit wie möglich fahren. Und hoffen, dass genug Luft bleibt. Wetter traumhaft. Temperaturen frisch. Kurze Hose und kurzes Trikot. Windweste und Ärmlinge bleiben diemal zu Hause. Die Fahrt bis jetzt ohne besondere Vorkommnisse. Außer den üblichen ungarischen Autofahrern. Steinbrunn – Pöttsching. Die ersten zwei Wellen. Kette rechts. Pötsching- Neufeld. Es ist Samstagmorgen. Die Menschen gehen einkaufen. Es ist eng auf den Straßen. Ich treffe an einer roten Ampel zwei Radfahrer auf Zeitfahrmaschinen. Kurze Plauderei. „Wo geht’s hin?“ Die einen wollen nach Seebenstein. Ich nicht. Es wird grün. Ich fahre kurz hinter den beiden. Dann höre ich im linken Ohr ein vertrautes Geräusch. Ein sich anschleichender Traktor. Sofort weiß ich, was zu tun ist. Schwung holen. Fertig machen für den Windschatten. Doch der Traktor biegt ab. Ich bleibe am Drücken. Immer an der 300 Watt Schwelle. Der Pöttschinger Berg ist und bleibt mein Laktatregler. Was ich hier kann, kann ich später auf der ganzen Tour. Mein Kette rechts Hügel. Knapp 2 km lang. Am Ende des Tages sollte es ein neuer PR werden. 4 Minuten 297 Watt Durchschnitt.

Bis Neufeld habe ich etwas Zeit Laktat abzubauen. Neufeld – Katzeldorf via Neudörfler Holzfarbrik. Hier treffe ich erneut die beiden von der Ampel. Sie haben wohl eine Abkürzung gekannt. Kurzes Kopfgrüßen und weiter über Kleinwolkersdorf, Schlainzer Kreuz und Walpersbach Richtung Bad Erlach. Es bläst mäßiger Südwind. Die erste Stunde ist um. Rechts abbiegen. Bromberg ich komme. Eine grenzgeniale Gegend diese L142. Kein Verkehr. Gegenwind und die Sonne. Mehr brauche ich nicht. Es grünt wie in besten Frühlingszeiten. Der Schweiß verdampft am Asphalt. Zuerst schmiert es gleichmäßig, dann erhebt sich die Straße recht ordentlich in den zweistelligen Bereich. Nicht lange, aber lange genug, um richtig zu transpirieren. Zwei Kehren kurz hintereinander und Bromberg ist erreicht. Von hier könnte man nach Hochwolkersdorf und auf die Rosalia (empfehlenswerter Track). Oder rechts nach Schlag (Achtung: hurt me plenty!). Ich wähle die Abfahrt nach Thernberg.

Schlag den Star.

Thernberg – Schlag. Diesmal in entgegengesetzter Richtung. Bergauf. Es geht auf über 800 Meter Seehöhe. Ein idyllisches Tal. Der Asphalt hier katastrophal – aber fahrbar. Ich trainiere mein Fahrkönnen. Zwischen Rollsplitt und Schlaglöchern ist nicht viel Platz. Manchmal kaum 23 mm. Kurz vor Eichberg Alpenfeeling. Drei fesche Kehren. So etwas mag ich. Dann geht es weiter durch einen dichten Fichtenwald. Rampenartig. Schlag ist erreicht. Typisches „Hochplateau“. Windanfällig. Weitläufig. Noch ein letzter Kilometer. Geradeaus. Bergauf. Cima Coppi für heute. Nach 2h2min, 53,1 km ist der höchste Punkt der Tour mit 835 Metern Seehöhe erreicht. Es ist frisch. Die Sonne versteckt sich hinter den Wolken. Weiter. Bergab. Und wieder weiter bergauf. Kaltenberg – Lichtenegg. Typisch Buckelige Welt. Lichtenegg lockt mir ein Lächeln raus. Der Blick auf den Dom weckt Erinnerungen. Und das Ende der Abfahrt auch. Ich bin im Bilde. Ich bin in der Gegend um Spratzau. Ein kleines Tal. Links ein Hang. Ein paar Häuser. Die Straße. Ein Bach. Rechts ein Hang. Es rollt bei Gegenwind. Noch 13 km bis Kirchschlag i.d.B.W. Hier will ich mit verpflegen.

Ich mache die Rechnung ohne dem Track. Dieser will mich nach Hollenthon schicken. Was ich auch mache. Das Schild 17% ist mir an dieser Stelle nicht unbekannt. Die Welt ist klein. Die Buckelige Welt auch. Diesmal hält sich die Furcht in Grenzen. Wenn man so einen Streckenabschnitt schon einmal gefahren ist. Hollenthon ist erreicht. Raus aus der Ortschaft. Immer noch bergauf. Eine kurze Zwischenabfahrt bis zur Abzweigung nach Kirchschlag. i.d.B.W. Scheint, dass hier alle Wege dorthin führen. Rechts wäre Wiesmath der nächste Ort. Volles Tempo und Zeit zum Nachdenken Was sagt mein Garmin? Knapp 1000 Höhenmeter erst. Wo soll ich denn die restlichen 1.300 fahren? In Blumau. Hier schwenkt die L149 rechts ab. Sie windet sich in die Höhe. Drei Kilometer. 250 Höhenmeter. Oben wieder typisch Buckelige Welt. Hochebene. Windanfällig. Weitläufig. Im Süden schwarze Gewitterwolken. Warm ist mir nicht. Kirchschlag lasse ich aus. Nur in den Ort zu fahren bringt nichts. Karl ruft.

Karl. Weingraben. Kaisersdorf. 

Eisenstadt 42 km. Eigentlich nicht mehr weit. Zumindest auf dem direkten Weg. Aber wer wählt denn so einen? Zwischen Rapsfeldern geht es von Karl, Weingraben nach Kaisersdorf. Immer ordentlich auf und ab. Rampe rauf. Rampe runter. Langsam macht sich Langweile breit. Ich will Alpenpässe. Markt St. Martin. Ich kenne mich wieder aus. Die B50 ist fast schon meine zweite Heimat. Weppersdort, km 95,5. Kurze Pause beim Billa. Bis jetzt noch nichts gegessen. Nur 0,5 Liter Melasan Sportgetränk mit BCAA. Ein Eistee Pfirsich Geschmack und zweimal Milka Tender klassisch finden den Weg in meinen Magen. Ein Gatorade Orange, jenen in meine Trinkflasche. Während ich da auf der Blumenerde sitze und speise, radeln die zwei von heute Morgen – jene von der Ampel, vorbei. Zufall? Die Zeit für ein paar Live Tweets und Instagram Postings bleibt noch.

B50 – mein Wohnzimmer.

Weppersdorf – Sieggraben. Die B50 ist von hier aus ein perfekter Zubringer in den Norden. Parallel zur S31. Natürlich gebe ich Gas. Mein Rückstand auf den von Strava errechneten Schnitt beträgt 2min40sek. Sieggraben – Sieggrabner Sattel – Marz. Herrliche Speed Strecke. Bei Rückenwind. Bei Gegenwind kann dieser Teil sehr weh tun. Ich habe es blöderweise und glücklicherweise windstill. Beinahe. Es gibt ja auch den Fahrtwind. Das dritte Milka Tender, einstweilen im Trikot verstaut, muss herhalten. Die hohe Geschwindigkeit und die Temperatur gönnen mir nur die Hälfte davon. Der Rest ist Schokomus. Das brauche ich nicht. Marz – Marzer Kogel. Letzte Bergwertung. Natürlich mit PR. Milka Tender gibt Kraft. Das Gatorade hingegen ist kaum mehr brauchbar. Warm, süß, klebrig. Im Gegensatz zum Melasan Sportgetränk. Das bleibt viel länger fruchtig, frisch und trinkbar.

Bring me home.

Die Zeit wird knapp. Nicht nur jene gegen den virtuellen Partner. Auch die zur Verfügung stehende. Der Griller wartet schon. Loipersbach – Schattendort – Baumgarten – Draßburg. Vollgas. Was geht. Der Rückstand schon unter zwei Minuten. Leichter Süd-Ostwind. Zu meinem Vorteil.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog
Hurt me plenty light

Auch wenn die Oberschenkel schon mächtig brennen. Ich nutze den natürlichen Schub von hinten und hole auf. Zagersdorf – Siegendorf. Ein Zick Zack durch typisch burgenländische Ortsstraßen. Es ist Samstag, eng und hektisch.

Nach Siegendorf komme ich in den Löwenkäfig. Die L212 ist hier Spielweise ungarischer Rennrad-Wilderer. Von fünf Autos die mich schneiden und zu knapp vorbeifahren sind fünf mit ungarischem Kennzeichen. Ich mache mich mit internationaler Mittelfingersprache bemerkbar. Die Kommunikation verläuft aber im Sand.

Jetzt nur noch durch Eisenstadt. Dreimal Kreisverkehr auf der Ruster Straße mitten im Einkaufszentrum. Es ist Samstagnachmittag. Ich fühle mich nicht sicher. Als hätte ich es verschrien. Im letzten Kreisverkehr treffe ich auf den Taxler mit dem roten Ford Galaxy „E 141 TX“. Er fährt von rechts in den Kreisverkehr, obwohl ich schon drinnen bin und gleich raus will. Ich muss eine Vollbremsung machen. Im Kreisverkehr. Nur der Ordnung und der Schuldzuweisung halber. Mein Ausgang ist versperrt. Durch das rote Taxi. Tempo? Sicher über 30 km/h.

„Sie haben gewonnen.“ Mit dieser Anzeige auf meinem Garmin Edge Display beendete ich nach 143 km und 1.900 Höhenmetern meine zweite Solofahrt auf und ab in der Buckeligen Welt. Mit einem Schnitt von knapp 29 km/h. 400 Höhenmeter weniger als der ursprüngliche Track. Gut so.

Ein wunderschöner, kurzweiliger und landschafltich genießbarer Soloritt durch die Buckelige Welt ist beendet. Ein neuer ist schon in Planung. Schade um die verpassten Möglichkeiten der Einkehr. Ein gutes Kaffee wäre wünschenswert.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

Für die Technikfreaks: gefahren mit 50/34 vorne und 11/25 hinten.

PS: Track hier

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

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Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

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Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

Die Wiener Rennrad Szene – ein Lokalaugenschein.

Gemeinsame Ausfahrt im Wienerwald.

Es tut sich was. In Wien. Vor allem. Die Rennradszene lebt und zeigt sich. Mein drittes Jahr in Wien und ich muss nicht mehr allein durch die Gegend gurken. Dank Social Media bin ich informiert und organisiert. Wann, wohin und mit wem – das steht im Netz.

Die Mutter aller gemeinsamen Ausfahrten in und rund um Wien ist wohl die legendäre Löwenbrücke Ausfahrt. Samstag und Sonntag 1000 Uhr. 12 Monate im Jahr. Selber bin ich da noch nie mitgefahren. Weiß aber aus Erzählungen, dass es hier immer ganz schön zur Sache geht. Ob Mythos oder Wahrheit. Einfach selber ausprobieren. Rennhärte und Rennfeeling kann man hier mit Sicherheit voll auskotzen. Ortskenntnisse sind von Vorteil. Man will doch auch wieder Heim kommen. Es hält sich hartnäckig ein ganz bestimmtes Gerücht

Seit gut einem Jahr gibt es neu den Vienna International Cycling Club. Von Stuart Marven ins Leben gerufen, hat der VICC bereits knapp 500 Mitglieder auf Facebook. Gut erkennbar durch die eigenen wunderschönen Cuore Radtrikots und Hosen. Treffpunkt ist Samstags und Sonntags auf der Yellow bridge Donauinsel. 0930 oder 1000 Uhr. Je nach Jahreszeit. Gefahren wird meist sportlich bis ehrgeizig. In Gruppen unterschiedlicher Stärke. Falls notwendig. Denn vor allem die Hügel und Berge treiben so manchen aus dem Sattel. Strava-Ego. Bevorzugtes Revier ist dabei der Wienerwald mit den Highlights Weidlingbachtal, Tulblingerkogel, Sophienalpe und Dopplerhütte. Aber auch im Nordosten von Wien wird gewildert. Ein Klassiker ist due Kreuttal-Runde.

Neu in Wien sind auch die Ausfahrten von Veletage – dem Salon für Radkultur. Treffpunkt Sonntags (nicht immer) um 0900 Uhr im Shop, Praterstrasse 13. Hier begrüßt Josh die Gäste mit einem Kaffee. So hat man Zeit sich untereinander kennen zu lernen und das Angebot seines Geschäftes zu begutachten. Josh selber fährt Amateurrennen und hat es ganz schön drauf. Auch was die Sicherheit der Mitfahrer betrifft. So werden Abbiegungen und Kreuzungen gut bewacht. Der eine und andere Autofahrer muss dabei auch mal Nachrang geben. Eine „Veletage ride“ Runde dauert 2 1/2 bis 3 1/2 Stunden und lässt sich in der Gruppe gut meistern. Auch Damen willkommen.

Speziell für Damen gibt es in Wien jetzt auf Initiative von Miriam Kathrein  eine „womans only“ Ausfahrt (LRL-Le Rouleur Lent  Women’s Training Rides). In Vorbereitung auf die #womans100 von Rapha am 26. Juli 2015. Wer also Lust und Laune hat ist hier gut aufgehoben. Treffpunkt ist Samstags im Veletage Shop in der Praterstrasse 13. Infos gibt die Seite Le Rouleur Lent und natürlich auch Facebook.

Auch von Le Rouler Lent (LRL) organisiert ist eine Ausfahrt am Mittwoch. Für Frühaufstehter mit verheißungsvollem Namen: Brutally Early Morning Ride. Von 0600 bis 0830 Uhr. Mixed. Damen und Herren. Infos dazu und die jeweilige Ausschreibung hier.

Weitere Ausfahrten werden auch von Roadbiker Wien organisiert. Infos dazu gibt es auf Facebook. Treffpunkt hier ist die Friedensbrücke.

Nicht ganz neu aber gut besucht und „anders“ sind die Radausfahrten mit Bernhard Kohl. Diese Dienstagsausfahrten sind schon sehr professionell organisiert und im Vergleich zu den oben beschriebenen „kostenpflichtig“. Kostenlos nur mit einem Kohl-Teamtrikot für € 79,-. Also doch „kostenpflichtig“. Bei jeder Ausfahrt ist ein Begleitfahrzeug dabei. Mit Ersatz- und Laufrädern sowie Wasser zum Nachfüllen der Getränkeflaschen. Abfahrt ist Dienstags um 1700 Uhr vor dem Shop in der Triester Straße. Gefahren wird in zwei unterschiedlichen Leistungsklassen, die wöchentlich wechseln. Der Abschluss einer Unfallversicherung von der Wiener Städtischen ist Pflicht. „Kostenpflichtig“ eben.

Falls wer weitere Ausfahrten kennt, der sei so frei und ergänze diese hier.

Eine ketterechts Ausfahrt? Bin am Überlegen, ob sich noch Platz findet bei so viel Angebot.

#faceyourpassion
Cristian Gemmato aka @_ketterechts

PS: Demnächst besuche ich die Wiener Rennradshops. Dran bleiben lohnt sich.