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Austria Giro 2016 – von Bregenz nach Wien. Tag 6

Austria Giro - Polar 400

Tag 6. Und ich bin auf Entzug. Garmin Entzug. Heute habe ich einmal auf Garmin verzichtet (politisch korrekt ausgedrückt – in Wahrheit habe ich auf Garmin geschissen) und meine Polar M400 in den Volldienst genommen. Obwohl ganz verzichtet habe ich nicht. Ich habe mir den Spass nicht nehmen lassen, den Garmin Edge 1000 beim Sterben zuzusehen. Einschalten ließ er sich noch, dann hat das Gerät ca 30 km lang immer wieder das GPS Signal verloren, weitere 321 Runden (laps) eigenständig gewertet und nach 3h23min war wieder alles tot. Mit automatischen Wiederbelebungsversuchen. Immer wieder hat sich das Gerät eingeschaltet und dann selbständig wieder ausgeschaltet. So lange, bis der Akku komplett leer war. Derweil ruht der Garmin in einer Reisschüssel. Ein Versuch ist es wert. Der Reis sollte dem Gerät die Restfeuchtigkeit nehmen. Weil, und das ist das Problem: Ich kann keinen Hardreset machen. Denn die Start/Stop Taste funktioniert nicht.

Das wars dann auch schon mit Garmin. Der M400 hat ganze 7h55min seine Dienste erbracht. Die Anzeige „Akku schwach“ nach knapp 7h hat mich leicht verunsichert. Aber alles ist gut gegangen. Ich habe den Track. Und das zählt. 203 km und 3.900 Höhenmeter. 27,3 km/h Schnitt. Danke. Die ersten 151 km mit einem Schnitt von 29,8 km/h. Danke. Den Rest mit Pfaffensattel und Feistritzsattel mit 23 km/h Schnitt. Ausbaufähig.

Der Tag begann mit einer rasanten Abfahrt von Maria Taferl hinunter zu Donau. Von Pöchlarn folgte ich der B1 bis nach St. Pölten. Dann das Traisental. Bis nach Freiland. Ohne besondere Vorkommnisse. Ok. Gegenwind. Viel Gegenwind. Und ein depperter Autofahrer, der meinte, er müsse mich ausbremsen und mich auf den Radweg „oarschlochen“. Ich spürte schon die Nähe zu Wien.

Ab der Abzweigung Richtung Kalte Kuchl war mir die Strecke ganz neu. St. Aegyd am Neuwalde und Kamelhof. Ein großes „Industriedorf“ (die Firma Teufelberger hat hier ein Werk) und ein „weißer Zoo“ sind die hiesigen Attraktionen. Die Attraktion für Rennradfahrer ist die Auffahrt zur/zum Gscheid. Ein böser bissiger Berg. Mit 12% Steigung. Auf der Straße. Der daneben verlaufende Radweg hat Rampen mit bis zu 20%. Am sechsten Tag kann dir so was schon die Grenzen aufzeigen. Ich mag eigentlich keine Radwege – aber dieser Abschnitt ist empfehlenswert.

Die Abfahrt nach Ternz unspektakulär. Der nachfolgende Ansteig zum Lansattel auch nicht wirklich attraktiv. Er tat mir aber weh. Das Mürztal hingegen war wieder High-Speed Revier. Einige TT Segmente bei Strava konnte ich mit persönlicher Bestzeit zurücklassen. Mürzsteg. Kappern. Mürzzuschlag. 152 km und ein knapper 30er Schnitt bis hierher. Zeit zu Essen. Der Spar kurz vor Spittal am Semmering war einladend genug. Wurstsemmel mit Schinken und Gouda. Dazu ein Lattella Himbeere/Zitrone. Bereit für den Pfaffensattel.

12 km von Steinhaus am Semmering bis zum Pass. Gut dosiert war ich rasch oben. Die Temperaturen mittlerweile auf Oktober Niveau. Kurz/kurz schon sehr fahrlässig. Die Abfahrt vom Pfaffensattel nach Retteneg hat viel mit der Paris-Dakar gemeinsam. Sie ist zwar nicht so lang, hat aber mindestens so viele Schlaglöcher. Beim letzten Auftritt hier mit dem Radsporttreff holte ich mir einen Defekt. Diesmal zum Glück nicht.

Den Pfaffensattel musste ich mittnehmen, um zum Feistritzsattel zu kommen. Den höchsten Pass Niederösterreich. In Retteneg dachte ich mit es wären ca. 10 km. In Wahrheit waren es über 17.  Leicht bergauf. Weniger leicht bergauf. Und am Ende ziemlich bergauf.

Ich drückte auf die Tube, denn ich hatte oben am Sattel ein Rendevouz. Mit meiner Rennschnecke. Ausgemacht war, dass sie mir von Kirchberg a. W. entgegenkommt. Doch ich wurde oben versetzt. Niemand da. Also Beweisfoto und ab nach unten. Ca. 2 km unterhalb des Sattels dann doch das Date mit Rennschnecke. Sie hatte ganz oben kehrtgemacht. Ich war ihr wohl zu langsam. Plötzlich war mein Puls auf 180. Bergab. Gemeinsam rollten wir nach Kirchhberg. Wobei rollen etwas untertrieben ist. Die Rennschnecke hielt meine 42 km/h im Windschatten locker mit.

Abgefroren wie zwei Eiszapfenl erreichten wir das Etappenziel. Tag 6 geht zu Ende. Morgen noch Tag 7. Das Burgenland wartet. Verhältnismäßig leichte 152 km und 2.300 Strava Höhenmter. Mit dem Anstieg über St. Corona am Wechsel zum warm werden. Dann geht es über Aspang, Zöbern, Bad Schönau, Kirschlag in der buckeligen Welt nach Lockenhaus zum Geschriebenstein. Dem höchsten Pass Burgenlands. Etappenziel ist dann Eisenstadt.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#austriagiro16 #ketterechts

Austria Giro 2016 – von Bregenz nach Wien. Tag 5

Austria Giro - Maria Taferl

Tag 5 des Austria Giro 2016. Ein Tag den ich einfach und in weniger Worten beschreiben kann: f***! Und nochmals f***! Nicht nur, dass es heute ein klassischer badass ride war. Nein, auch sämtliche elektronischen Geräte sind mir heute ausgefallen. Allen voran mein Garmin Edge1000. Bereits nach vier Stunden meinte das Gerät, der Akku sei schwach. Akku war voll geladen. Anmerkung. Dann fängt das Gerät an, selbständig Runden (laps) zu zählen. Ganze 524 (!!!!) sind es zum Schluss geworden. Ständig dieses „pieps“ in den Ohren. Ich hätte am liebsten das Gerät am Koblberg Pass auf 1044m Seehöhe vergraben. Dort gehört es auch hin. Am Arsch der Welt. Ein Navigieren war so nicht möglich, weil ständig eine Rundenanzeige am Display war. Verfahren habe ich mich deshalb mehr als oft genug. Nach genau 6h3min hat der Garmin dann seinen Dienst quittiert. Im Stillen. Ganz leise. Zu diesem Zeitpunkt war ich irgendwo im Mühlviertel. Keine Ahnung wo. Am Weg Richtung Donau. Verschollen also. Und niemand, der mich hier rausholen hätte können. Nach Gefühl und ohne Orientierung habe ich dann doch den Weg aus dem Mühlviertel-Labyrinth gefunden. Ohne Garmin. Wer braucht den diesen Scheiß denn eigentlich. Niemand. Richtig. Und doch fahren wir damit. Pervers.

Badass ride vom Feinsten.

Die gezogene Arschkarte habe ich unmittelbar nach der Todesmeldung mit Plan B eingetauscht und meinen Polar M400 aktiviert. Um meine Heldentat zu dokumentieren. Von den 7h15min Fahrzeit auf 200 km mit 2.400 Höhenmeter habe ich ca. 6h45min bei Dauerregen absolviert. Armes Rad. Als es an der Donau angefangen hat aufzutrocknen, konnte ich erst die Folgen dieser Wasserschlacht erkennen. Sofort habe ich die erste Tankstelle aufgesucht und die furia rossa von Dreck und Schlamm befreit.

Der heutige Tag ist also komplett ins Wasser gefallen. Umso heldenhafter ist mein Soloritt zu beurteilen. Ja. Ein bisschen Selbstlob darf stimmen. Start um 0930 Uhr in Schlierbach (OÖ) bei Dauerregen. Tenzend: Gleichbleibend. Hoffnung: Keine. Somit war klar. Badass ride. Überschuhe, Windjacke und Sealskinz Handschuhe. Letztere haben sich 6h45min mehr als bewährt. Meine Hände und Finger waren zwar aufgeweicht wie eine Mafia-Leiche aus dem adriatischen Meer – kalt war mir an den Händen und Fingern nie.

Die ersten 66 km habe ich in 60 Minuten hinter mich gebracht. Vorbei an Linz Richtung Schwertberg und dem Aisttal. Dann der Beginn des Anstieges zum Koblberg Pass. Oberösterreichs höchster Pass auf 1.044m Seehöhe. Mein 6. von insgesamt 9 Streiche. Teile der Strecke kannte ich schon. Der Rest war für mich Neuland. Unnavigierendes Neuland. Dank der Zicke Garmin. Das nächste Mal nehme ich mir einen Freytag und Berndt Atlas mit. Der wird zwar auch nass, piepst aber nicht. Den Koblberg Pass habe ich nach gut 4h erreicht und passiert. 103 km waren hinter mir. 96 km fehlten bis zur Sauna.

Das Mühlviertel ist eine Achterbahn.

Von den 96 km waren die Hälfte nicht lustig. Ständig wechselte ich zwischen 900 und 700 m Seehöhe. Das Mühlviertel ist eine Achterbahn. Eine nasse. Zumindest heute. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich 0,5l Wasser zu mir genommen. Auf dem direkten Weg – von der Trinkflasche. Der Rest kam oral vom Himmel. Ein Peeroton Gel  und ein Fitness-Center Riegel mit weißer Schokolade waren die kulinarische Ausbeute.

Als ich von irgendwo da oben, irgendwie heimfahren wollte, war eine Strasse wegen Holzschägerungsarbeiten gesperrt. Da mein zu diesem Zeitpunkt noch funktionierendes Garmingerät – zickig aber funktionierend – meinte, das wäre mein Route, bin ich diese auch gefahren. Hinweise wie „Lebensgefahr“ und so habe ich nicht gesehen. Über Baumreste, Tannen, Zapfen ging es direkt in die Hände des dortigen Försters. Dieser hielt mich auf und sprach von einer Anzeige. Weil wir Radfahren immer tun was wir wollen und überhaupt würde er die Radfahrer hassen. Ich müsse jetzt für alle büßen. Er wollte meinen Namen und meine Daten. Als ich ihm versucht habe zu erklären, dass eine Strava Route nicht einfach so unterbrochen werden kann und dass ich hier durchfahren müsse, hat sein Hund im Auto bereits alle Zähne an der Glasscheibe zur Schau gebracht. Ich resignierte und drehte um. Die eingerichtete Umleitung war meine neue Herausforderung. Dann geschah es. Bei km 163 trennte sich mein Garmin von der Welt der Lebenden und überließ mich meinem Schicksal. Auf einer Umleitung. Ziel? Unbekannt. Ankunftszeit: Ungewiss. Wenn überhaupt.

Ich schaffte es, mich aus den Fängen des Mühlviertels dank Google Maps zu befreien. An der Donau bei Isperdorf hatte ich wieder Orientierung. Im Trockenen ging es weiter zur Bergankunft Maria Taferl. Aus Ende. Danke.

Abschließend noch etwas Luft ablassen: Ich bin so was von sauer. Auf Garmin und alle elektronischen Dingsda, die wir unbedingt brauchen wollen. Unzählige Abstürze. Ein Hardresets nach dem Anderen. Ständig RMA Zettel ausfüllen. Einschicken. Warten. Ich habe die Schnauze voll. Das nächste Mal zähle ich mir die Kilometer selber. Sind ja eh am Rande der Straße schön markant aufgelistet.
Gute Nacht. Morgen Tag 6. Niederösterreich wartet. Mit dem Pfaffensattel und den Feistritz Sattel. 209 km und über 3.000 Strava Höhenmeter. Wetter? Ich habe noch nicht nachgesehen.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#austriagrio16 #ketterechts

PS: heute war der kälteste Tag des ohnehin bescheidenen Sommers 2016. Am Obertauern hat es sogar geschneit.

Austria Giro 2016 – von Bregenz nach Wien. Tag 3.

Austria Giro - kurze Pause

Tag 3. Ich halte mich kurz. Der heutige Tag hat etwas länger gedauert als geplant. Es galt ja in der Früh noch ein Campagnolo Schaltseil zu tauschen. Geklappt hat das bei Zweirad Bodner in Sillian. Es war ein learning by doing. Noch nie wurde dort ein Campagnolo Schaltseil getauscht. Geschweige denn auf einem Pinarello. Warum? Weil man so etwas nicht vorrätig hat. Ein Shimano Schaltseil wurde einfach adapitert. Sonst war Vorsichtig das Gebot der Stunde. Logik und Fingerfertigkeit waren die Tugenden. Jetzt könnte ich es auch machen. Könnte. Danke an dieser Stelle an den Chef persönlich.

Start statt 0830 Uhr kurz vor 1000 Uhr. Von Sillian nach Lienz. 36 km in der ersten Stunde. Dann gleich der Iselsberg. Ich war heute nicht allein. Martin hat sich entschlossen, mich zu begleiten. Gemeinsam sind wir den Berg hinauf. Und hinunter. Von Winklern Richtung Heiligeblut nutzen wir den Rückenwind und machen brav Meter. Nach 2h10min sind wir bereits in Döllach. Wir überfallen den ADEG Markt und gönnen uns Getränke. Entgegen der ursprünglichen Route entscheide ich mich, über Apriach zur Fleißkehre zu klettern. Ich finde diese Straße, den schönsten Abschnitt der ganzen Region. Hoch über dem Mölltal ist der Ausblick genial. Keine einzige Wolke trübt den sattblauen Himmel. Als sich auch seine Majestät der Großglockner bemerkbar macht, ist das Glück komplett.

Ab der Fleißkehre fahren wir die Großglockner Hochalpenstrasse. Es herrscht bereits reger Verkehr. Es ist Mittag. Am Kasereck halte ich inne und warte auf Martin. Immer noch keine Wolke am Himmel. Doch. Eine einzige hat sich hier her verirr. Kurze Verschnaufpause und weiter geht es hinunter zum Kreisverkehr. Eh schon wissen. Den höchstgelegenen in Europa. Dann die letzten 7 km und knapp 650 Höhenmter. Je höher ich komme, desto frischer der Wind. Gegenwind. Teilweise. Und es liegt ab dem Wallack-Haus Schnee. Ok. Es liegen Schneereste. Die Reste der Kaltfront von Freitag. Busse, Autos und Motorräder überholen mich. Ich überhole Mountainbiker. Mit diesen fetten und schweren Bikes da hinauffahren – für mich unvorstellbar. Ich ziehe meinen Hut.

Hochtor. 2.504m. Die Temperaturanzeige am Tunnelportal ist leider ausgegfallen. In der Sonne lässt es sich aber gut aushalten. Genau so darf es sein. Ich vernichte den teuersten Eistee mit Höhenzuschalg. Fotosession und weiter gehts. Fuscher Lacke und Fuschertörl. Der gemeinste Gegenanstieg der Welt.

Die Abfahrt nach Ferleiten ist mir dieses Mal zu langsam. Zu viel Gegenverkehr. Ich will nichts riskieren. Überhole immerhin doch  ein paar Busse, Autos und Motorräder. Unten in Fusch begrüßt uns wieder starker Gegenwind. Bruck erreichen wir trotzdem. Dann biegen wir auf die B311 ab. Richtung Schwarzach. Den Radweg lasse ich aus. Er lässt keine angenehme Reisegeschwindigkeit zu. Auch ist er wie alle Radwege einfach zu verwinkelt. Links, rechts, auf, ab, unter der Straße, über der Straße. In Taxenbach erneuter Stop beim Billa. Ein Laugendreieck mit Schinken und Käse. Dazu ein Latella Marille. Saukalt. Aber so gut.

Kurz vor Schwarzach dann doch Radweg. Tipp von Paul. Hinauf nach Unteroberberg. Weitere extra 200 HM. Weil wir es können. Das nachfolgende Labyrinth bis nach St. Johann i. P. verdränge ich aus meinen Erinnerungen. Die Auffahrt nach Wagrain aber nicht. Vollgas. Früher, als ich noch den Amadè Marathon genau hier gefahren bin, habe ich gelitten. Heute war es ein Kindergeburtstag. Mehr oder weniger. Wagrein – Flachau detto. Schön Druck am Pedal. Martin im Windschatten.

Einzig die furia rossa machte mir jetzt Sorgen. Ein lautes Knacksen und Quietschen. Klingt starkt nach Tretlager. Hört sich überhaupt nicht gut an. Morgen mal selber was versuchen. Wenn das nicht klappt, muss ein Plan B her. Aber welcher?

Nach 7h23 Minuten Fahrzeit, 3.600 Höhenmetern und 4.400 verbrauchten Kaloiren ist Radstadt erreicht. Tag 3 hatte es in sich. Morgen Tag 4 und Halbzeit. Wenn mein Rad mitspielt. Und mein Hintern. Da hat sich wieder mal was eingewachsen. Tut höllsich weh bie Sitzen. Es warten mit Obertauern, Sölkpass und Phyrnpass gute 200 km. Ziel Kirchdorf an der Krems.

Gute Nacht.
Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#austriagiro16 #ketterechts

ps: Fotos gibt es auf Facebook

Austria Giro 2016 – von Bregenz nach Wien. Tag 2.

Austrai Giro - Timmelsjoch

Tag 2. Gestern die längste Etappe. Heute jene, mit den meisten Höhenmetern. Es waren 3.600. Über das Timmelsjoch und den Jaufenpass, durch das Eisacktal und dann das Pustertal. Von Sölden nach Sillian. 190 km. 8h14min Fahrzeit. Insgesamt 8h44min unterwegs.

Ab Sölden gleich bergauf. 1.250 Höhenmeter auf den ersten 25 km. Bis zum Jaufenpass bei km 72 dann gleich 2.600 Höhenmeter. Das nennt sich Einstand nach Maß. Moderat aus diesem Grund auch das Tempo. Obwohl von Sölden auf das Timmelsjoch habe ich heute meine persönliche Bestzeit unterboten. Um ganze 7 Sekunden. Das Wetter war heute nahezu perfekt. Typische Ötztal Frische am Morgen und Eis am Timmelsjoch. Aber dann weiter nach Süden Sonnenbrandgefahr.

Mit dem nötigen Respekt bin ich das Ganze angegangen. Die Gefahr war groß, das Frühstück schnell wieder loszuwerden. Heute erneut mit Knielingen und Ärmlingen. Dafür mit Windweste. Eine gute Entscheidung. Auch die Uhrzeit war gut gewählt. Kaum Verkehr auf der Mautstraße hinauf auf 2.500m Seehöhe. Ein paar Motorräder und ein paar Münchner. Sonst nur ich. Und die Kühe. Das Panorama atemberaubend. Ein dunkelblauer Himmel als Hintergrund einer trostlosen Felslandschaft.

Halbwegs schnell war ich oben. Die Abfahrt nach St. Leonhard für mich eine Premiere. Noch nie bin ich diese Strecke runtergefahren. Eine verdammt lange Abfahrt. Kaum zu glauben, dass ich beim Ötztaler Radmarathon Ende Augsut schon wieder da rauf muss. Eine verdammt lange Auffahrt. Es herrschte auf der engen Straße Hochbetrieb. Radfahrer, Autos und viele Motorräder, teilweise auf meiner Seite. Selten so oft und so lange bergab bremsen müssen. Und den Vogel gezeigt.

Unten angekommen suchte ich nach was Essbarem. Gefunden hat ich einen kleinen Kiosk. 0,5l Gatorade und ein Mars. Das Gatorade habe ich in die Trinkflasche gegeben. Das Mars habe ich dort vergessen. Als ich das bemerkt hatte, wollte ich nicht mehr umdrehen. 20 km Anstieg, 1.300 Höhenmeter ohne fester Nahrung. Ich war schon 2h15 unterwegs.

Nach knapp mehr als vier Stunden erreiche ich die Passhöhe. Gut dosiert. Ich überfalle den Kiosk links und schnappe mit eine Ritter Schokolade Schoko Keks. So schnell konnte ich nicht schauen, war sie schon weg. Verputzt. Dann in die Abfahrt. Bis Kalch lasse ich es krachen. Noch sind es 110 km bis nach Sillian.

In Sterzing entscheide ich mich für den Radweg nach Franzensfeste. Es weht Rückenwind. Ein Vorteil für mich. Der Nachteil ist der Radweg. Der führt auf und ab, von links nach rechts, vorwärts und wieder retour. Über kleine Umwege erreiche ich Franzensfeste. Nach der Festung biege ich links ab ins Pustertal. Vorbei an Aicha und Schabs. Alles Ortschaften, die ich von meiner Kindheit kenne. Habe ich doch hier überall das Tor gehütet. In der A-Jugend und in der Amateurmannschaft.

Kurz vor Mühlbach plagt mich der Hunger. Ich halte bei Lanz. Früher war das eine Holzhütte. Äpfel wurden verkauft. Heute ist es eine riesen Rasstation. Ich hätte gerne ein belegtes Brot. € 8,40 will der Wirt. Ich gehe wieder. Mein Budget von € 10,- reicht nicht aus. Ich fahre weiter Richtung Vintl. Dort kehre ich in einer Tankstelle ein. Zwei Marmelade Crossaints und 1l Eisteee für € 6,-. Es schmeckt. Weiter gehts. Noch 50 km bis Innichen. 64 bis ins Ziel. Seit dem Jaufenpass bin ich mit einem Schnitt von über 30 km/h unterwegs.

Bis Bruneck benutze ich die Staatsstraße. Kaum wieder zu erkennen. Fast nur mehr Umfahrungen. Am Horizont taucht schon der Kronplatz auf. Bruneck ist nicht mehr weit. Ich fahre durch die Stadt und über Umwege hinauf nach Percha. Dann weiter auf der Straße nach Olang. Hier nehme ich wieder den Radweg. Die Rennschnecke hat sich angekündigt. Sie will mir entgegenkommen. Am Radweg. Wieder geht es auf und ab, kreuz und quer. Vorwärts und Rückwärts. Keine Ahnung wer diesen Radweg geplant hat.

Beim Stausee in Olang endet der geteerte Teil des Radweges. Ich fahre knapp 7 km auf Schotter. Vollgas. Der Rennschnecke wegen. Dann passiert es. Das rechte Schaltseil reist. Vermute ich. Ich kann leider nicht mehr schalten. Das kleinste Ritzel ist aufgelegt. Ich habe nur mehr 2 Gänge. 50/11 oder 34/11. Die Rennschnecke hat inzwischen umgedreht.

Ich kämpfe mich mit einer Umdrehung von unter 40 über die Hügel des Pustertals bis Innichen. Dann nehme ich wieder die Staatsstraße. Bei starkem Gegenwind geht es nach Sillian. Mit zwei Gängen. Lustig wars nicht immer.

Morgen steht der Großglockner am Plan. Zuerst aber muss das Schaltseil ausgetauscht werden. Hoffentlich ist es nur das. Entweder gehts zum Zweirad-Center Bodner in Sillian oder mit Kette rechts zu ProBike Lienz. Wäre gelacht, wenn nicht einer von beiden ein Campagnolo Schaltseil hat.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#austriagiro16 #ketterechts

PS: durch die Radwegorgie hatte ich 190 kam statt 184 km am Garmin stehen.

 

Austria Giro 2016. Der Vorabend.

Bregenz am Bodensee

1723 Uhr. Nach mehr als 7stündiger Fahrzeit sind wir via Linz, Passau, München, Memmingen in Bregenz angekommen. Über 7h Fahrzeit statt der geplanten 5. Starker Regen, Baustellen und jede Menge deutscher Freunde haben mich etwas aufgehalten. Jetzt kann der Austria Giro 2016 endlich losgehen.

Vorfreude auf den Austria Giro 2016.

Die Vorfreude ist groß. Der Hunger auch. Etwas Sightseeing an der Promenade, obligates Seefoto inklusive Festbühne und dann die Suche nach einem Italiener. „Holzofenpizza“ googeln. Ein Suchergebnis. 20 Minuten Fußmarsch. Don Camillo erreicht. 30 Minuten mit knurrendem Magen auf die Pizza gewartet. Pizza verschlungen. Essbar. Aber nichts Besonderes. Zahlen. Zurück in die Stadt. Eis. Unbedingt. Schlemmen. Frieren. Zurück ins Hotel. Route für morgen checken. Track auf den Garmin laden. 217  km über die Silvretta. Ziel ist Sölden. Wetterbericht nicht so schlecht. Start früh. Wir lesen uns. Gute Nacht.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts
#austriagiro16 #ketterechts

PS: 1400 km in 8 Tagen warten auf mich. Mehr als 21.000 Höhenmeter. Österreich von West nach Ost.

Die Wahrheit über Einlegsohlen für Rennradschuhe mit Carbonkern.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennrad Blog
Solestar kontrol BLK im Suplest Edge3+

Jetzt habe ich sie getestet. Die Solestar Kontrol BLK Einlegsohlen mit Carbonkern. Über 1000 km haben sie schon in den Schuhen. Und es werden mit Sicherheit mehr. Denn hergeben werde ich diese Einlegsohlen sicher nicht mehr. Mein Gefühl am Rad ist ein ganz neues. Volle Kraft voraus. Jeder Tritt geht direkt ins Pedal. Jede Kurbelumdrehung ein schöner Schub nach vorne. Keine müden Zehen. Keine Druckstellen. Die Kombination meines Schuhs mit dieser Sohle einfach perfekt. Ich kann behaupten, dass ich schneller geworden bin. Mehrere längere Ausfahrten mit vierstelligen Höhenmetern jenseits des 30 km/h Schnitts belegen mein subjektives Gefühl. Leider habe ich nur diesen Parameter als Vergleich. Mein Garmin Vector2 muss repariert werden. Wattmessung steht mir also zur Zeit nicht zur Verfügung. Damit wäre die Sache für mich erledigt. Ist sie aber nicht. Mich interessiert auch warum das so ist bzw. so sein kann.

Der Schuh darf ruhig drücken. Als Ganzes aufs Pedal.

Es gibt zwischen Rennrad und Rennradfahrer drei Kontaktpunkte. Der Lenker, der Sattel und die Pedale. Letztere sind zusammen mit den Rennradschuhen dafür verantwortlich, die Kraft aus den Beinen aufs Rad zu übertragen. Je besser und kompakter dieses Pedal/Schuh-System ist, desto weniger Kraft geht dabei verloren. Ziel ist es, das Maximum an Kraftübertragung zu erzielen. Systemstörungen bedeuten Kraftverlust. Kraftverlust bedeutet weniger oder langsamerer Vortrieb.

Der Rennradfahrer braucht also einen guten Schuh. Perfekt ist der Schuh, wenn er den Fuß millimetergenau umschließt. Er muss einfach passen. Und zwar dort, wo der Fuß am breitesten ist. Im Vorfuß und an den zwei äußeren Mittelfußknochen. Er muss eng sein, darf aber nicht drücken. Zunge und Verschlusssystem sind weitere Parameter. Die Suche nach dem richtigen Schuh kann also ein längerer Prozess sein. Haben wir ja alle schon mitgemacht. Dann kommt noch die Einlegsohle. Ihre Aufgabe ist es den Fuß richtig zu betten und den guten Schuh zu unterstützen. Weiters kann eine Einlegsohle die Kraftübertragung unterstützen. Ein biomechanisches No-Go wäre das Einknicken des Fußes in der Längsachse. Eine steife und kompakte Sohle kann also nicht schaden. Das wäre zumindest die Theorie.

Die Praxis hat Standardlösungen. In jedem Schuh. Vom hochpreisigen bis hin zum günstigeren Modell. Für jeden Schuh die selbe Sohle. Für jeden Fuß, die selbe Sohle. Die Praxis hat aber auch ältere und ausgelaugte Schuhe. Mit kaputten Zungen, ausgeleierten Verschlusssystemen. Rennradschuhe, die eben nicht mehr perfekt sitzen können.

Egal ob jetzt neuer Schuh oder alter Schuh. Schaut euch einmal eure Sohle an. Taugt sie nicht, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sie zu ersetzen. Von der orthopädischen Sohle, über Standardlösungen wie SQ-Lab oder BootDoc bis hin zu eben Solestar. Mit den Standardsohlen wie jene, die in den Suplest Schuhen „serienmäßig“ drinnen sind, bis hin zu den Kontrol BLK oder sogar den noch individueller anpassbaren Custom BLK.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog

Es ist jetzt nicht meine Aufgabe, die technischen Finessen dieser Sohlen zu beschreiben, noch deren Werbeaussagen zu wiederholen. Das kann jeder auf der Webseite nachsehen. Was ist kann ist meine subjektive Meinung dazu äußern. Nachdem ich in meinem Suples Edge3+ Schuhe bereits eine Solestar Sohle hatte, musste ich diese nur austauschen. 27,5 gegen 27,5. Sie neue Sohle hat als von Anfang an bestens gepasst.

Auffallend war (und ist immer noch), wie eng der Schuh mit der neuen Sohle geworden ist. Eine Enge, die aber nicht gestört hat. Ich musste beim Anziehen anfangs sogar den Schuhlöffel benutzen. Mittlerweile habe ich den Dreh heraus und behelfe mir mit dem Zeigefinger. Auffallend war auch ein gefühlter Fremdkörper im Schuh. Unter dem Fußgewölbe. Auch dieser war nicht störend. Mittlerweile spüre ich ihn auch nicht mehr. Ansonsten habe ich mich sehr schnell an die Sohle gewöhnt und will sie nicht mehr missen.

Ich habe mein Pedal/Schuh-System verbessert und ein paar km/h und Watt herausgeholt.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts.

Nachtrag 02.08.2016

Jetzt habe ich die Sohlen auch bei meinen 2 Jahre Alten Sidi Wire Carbon getestet. Und ich muss mich wiederholen. Der Schuh fühlt sich anfangs sehr komisch an. Nach 60 Minuten hat sich alles wieder normalisiert und ich konnte druckfrei in die Pedale treten. Die Sohle (selbe Größe) passt auch in den schmalen SIDI Wire und macht den Schuh wie oben bereits beschrieben ist zu einem perfektem Verbindungstück zum Rad.

Hutchinson Fusion5 Galactik. Ein Drahtreifen im Schnelltest.

von ketterechts - dem Rennradblog
Hutchinson Fusion5 Galactik im Volleinsatz

Zum diesjährigen SuperGiroDolomiti habe ich kurfristig meine Alu-Laufräder mit Hutchinson Drahtreifen überzogen. Die Auswahl fiel auf den Fusion5 Galactik. 23 mm vorne und hinten. Nach mehr als 700 km im Schnelltest, ist es Zeit ein paar Zeilen darüber zu verlieren.

Der Reifen kommt in Faltform. Schön aufwendig verpackt. Leicht lässt sich die Konstruktion öffnen. Heraus kommt ein schwarzer Ring aus Gummi, welcher händisch in die richtige runde Form gebracht werden muss. Was nicht allzu schwer ist und das Andocken an die Felge ohne größere Probleme ermöglicht. Mit sehr leichten Handgriffen, sitzt der Drahtreifen dann gleich im Felgenbett. Mit dem Logo auf Höhe des Ventils. Der Schlauch kann anschließend leicht eingelegt werden. Experten unter uns wissen, dass das mit ein wenig Luft am leichtesten funktioniert. Das Stülpen der Felge war dann zu meiner Überraschung ein Kinderspiel. Leicht ließ sich der Draht vom Ventil beginnend in das Felgenbett legen. Mit leichter Kraft auch die letzten Zentimeter zum Schluss. Wie gesagt: 10 Minuten nachdem ich den Faltreifen aus der Verpackung genommen habe. Ohne Schweißausbrüche, ohne Blessuren und ohne Schäden an Material. Jetzt nur noch auf 8 bar aufpumpen und fertig. Übirgens: Der Hersteller empfiehlt maximal 8,5 bar. Das ganze wiederholte ich mit der zweiten Felge. Insgesamt nicht mehr als 20 Minuten Arbeit.

ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog
Der Franzose kommt schön verpackt.

Die Jungfernfahrt erlebten beide Reifen am Donnerstag vor dem Rennen im Wiener Stadtverkehr. Am Weg zur Radwerkstatt. Hin und retour. Ohne besondere Vorkomnisse. Die erste Belastungsprobe dann am Freitag bei meinem Ausflug von Lienz über den Iselsberg ins Mölltal, wo ich von Döbriach zuerst nach Apriach geklettert bin, um dann auf der Großglocknerstraße bis zum Kasereck zu fahren. Beide Hutchinson verhielten sich unaffällig. Einzig die paar „Gummifühler“ an der Oberfläche verabschiedeten sich reihenweise.

Bei der Abfahrt ließ ich nichts anbrennen und stürzte mich ins Tal. Vollgas in die Kehren hinein, kurz anbremsen, einlenken, reinlegen, rausbeschleunigen. Es war trocken und der Halt war sehr gut.

Von Heiligenblut bis Winklern dann starker Gegenwind. Angesichts des bevorstehenden SuperGiroDolomiti habe ich mich ein wenig zurückgehalten und bin das Tral kräfteschonend, aber trotzdem zügig ausgeradelt. Rollwiderstand? Gebremst hat mich gefühlsmäßig nur der Wind. Das Fahrrad rollte sehr gut. Sofern ich die Kraft hatte es zu bewegen.

SuperGiroDolomiti – der erste Härtetest

Sonntag dann der erste wahre Härtetest. Nicht nur für mich. Die zwei neuen Reifen wussten um 0630 Uhr auch noch nicht, was auf sie zukommen würde. Letztendlich waren es 213 km und über 5.000 Höhenmeter. Rasante, steile Abfahrten (Monte Zocolan – Sutrio), katastrophaler Straßenbelag (Plöckenpass – Kötschach sowie streckenweise im Lesachtal), eine Baustalle (Abfahrt Kartitscher Sattel nach Tassenbach) und starke Nässe durch ein kurzes kräftiges Sommergewitter. All das haben beide Reifen überlebt. Sehr guter Grip in den langezogenen und engen steilen Kurven, keine Defekte in den Baustellen (die eine befand sich in einer Abfahrt und ich habe diese kaum bremsend mitgenommen), kein Rutschen bei Nässe und eine für mich zufriedenstellende Rolleigenschaft. Trotz der 8 bar sehr komfortabel. Eigenschaft, welche ich aber eher den Alu-Laufrädern zuspreche.

Alles in allem ein zufriedenstellender Schnelltest. Möge es so bleiben. Fortsetzung folgt.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

PS: für diesen Blogbeitrag bekomme ich kein Geld.

Cyclassics Hamburg – das Rookie Programm.

Ein Bericht von ketterechts - dem Rennradblog
Leider kein Rookie mehr

Das ist nicht irgend ein Rookie Programm. Sondern das ist das Cyclassics Hamburg Rookie Programm. Noch sind Plätze verfügbar. Wer also das Abenteuer nicht scheut und gut vorbereitet zum größten Radrennen Europas reisen möchte, der hat jetzt die Chance.

Als Ambassador der Cyclassics in Hamburg, möchte ich euch dieses Programm ans Herz legen. Es gibt die Chance, sich in 8 Wochen gut auf das Rennen in der Hansestadt vorzubereiten. Kompetente Trainer vermitteln dabei Know How und arbeiten mit den Rookies an Fahrtechnik und Ausdauer. Schön nach Plan. So dass die Bewältigung der Strecke (kurz oder lang) zum Vergnügen wird.

Die Facts:

  • Dauer: 8 Wochen
  • Trainingsinhalt: Technik, Kraftausdauer, Teambuildung, Regelwerk
  • 3 Trainings pro Woche
  • Individuelles Coaching
  • Inklusive: Cyclassics-Startplatz und Trikot
  • Eigener Rookie-Startblock
  • Professionelle Begleitung im Rennen
  • Limitiert auf 100 Plätze
  • Early-Bird-Preis bis 31. Mai: 179,- statt 199,- Euro (149,- statt 179,- Euro für sportspaß-Mitglieder)

Anmeldungen sind noch möglich – weil Restplätze verfügbar.

Es geht in erster Linie um geschultes Training unter professioneller Leitung. Ein idealer Einstieg in den Radsport. Neben Technik- und Kraftübungen, steht auch die Vermittlung von Basisregeln des Rennens auf dem Trainingsplan. Der körperliche und geistige Grundstein für eine erfolgreiche Teilnahme will gelegt werden.

Leider ist das Programm „nur“ für jene geeignet, die in der Nähe von Hamburg zu Hause sind, oder keine Scheu davor haben, in Abständen dorthin zu fahren. Zum Beispiel für den Body Check zu Beginn. Dieser dient den Fitnesslevel jedes Rookies zu bestimmen und ein realistisches Ziel für die Hamburg Cyclassics zu setzen. Der Rest sind viele Einheiten aus dem Core-Trianing und dem Functional Fitness. Wozu? Das Core-Training ist ein Top-Workout für den Sixpack inklusive Stabilisierung des Körpers aus dem Rumpf. Agilität und Temposteigerung sind angenehme Nebeneffekte. Ergänzende Elemente für Beine, Brust und Arme kommen vom Functional Training.

Detail am Rande. Das Programm ist heuer leider nur jenen vorenthalten, die noch nicht für das Rennen angemeldet sind.

Anmeldungen sind noch möglich – weil Restplätze verfügbar. Würde mich freuen, die/der eine/n oder andere/n in Hamburg persönlich zu treffen.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

Der Radrennfahrer in der StVO. Können. Dürfen. Müssen. Ein Nachtrag.

Die Straßenerkehrsordnung

Die letzten Tage habe ich unter anderem damit verbracht, Gespräche zum Thema zu führen. Unter anderem mit den StVO Rechtsexperten des ARBÖ und ÖAMTC. Danke an dieser Stelle an Dr. Stefan Mann (ARBÖ) und Mag. Martin Hoffer (ÖAMTC). Ich möchte euch nicht vorenthalten, was dabei rausgekommen ist.

In erster Linie habe ich die Thematiken „Nebeneinanderfahren“, „Trainingsfahrt“ und auch alles rund um Haftung bei gemeinsamen Ausfahrten angesprochen.

Der Rennradfahrer in der StVO.

Zur Erinnerung: §68 StVO regelt die Rolle des Radrennfahrers im öffentlichen Verkehr. Die Norm ist umfangreich und gespickt mit interessanten Absätzen und Formulierungen. Gleichzeitig sind diese Absätze für mich kleine Fallen, welche viel Interpretationsspielraum offen lassen und so Platz für kreatives Zurechtrücken und -biegen bieten. Grundsätzlich gilt:

Radrennfahrer dürfen zu Trainingszwecken auf öffentlichen Straßen* nebeneinanderfahren

Laut Herrn Mag. Hoffer vom ÖAMTC ist diese Regelung auf Wunsch der Radfahrer-Sportorganisationen legalisiert worden, weil anders ein Halten des Standards österreichischer Radsportler gefährdet gewesen wäre. Wer jetzt meint, damit wäre alles gesagt, der irrt. Denn damit ist fast nichts gesagt.

    • im §68 ist nirgendwo „geregelt“, was genau eine Trainingsfahrt ist. Man spricht von einer Fahrt im Rahmen eines systematsich geplanten, pädagogisch fundierten und methodisch zielgerichteten Handlungsverlaufs zur Steigerung und Optimierung sportlicher Leistungen.
  • Es gibt keine formalen Kriterien diesbezüglich. Ausrüstung und Geschwindigkeit können in diesem Fall Aufschluss darüber geben, ob oder nicht. Also gefahrene Geschwindigkeit, die mit jener wie einer radsportlichen Veranstaltung vergleichbar ist, ein den Normen entsprechendes Rennrad (Fahrrad mit Rennlenker, dessen Eigengewicht im fahrbereiten Zustand 12 kg nicht überschreitet, dessen äußerer Felgendurchmesser mindestens 630 mm und dessen äußere Felgenbreite höchstens 23 mm beträgt) und einer entsprechenden Bekleidung (Vereinstrikot?).

    Zum Thema Bekleidung: Gestern erreichte mich ein Schreiben (danke Thomas), in dem geschildert wurde, dass zwei nebeneinanderfahrende Radrennfahrer von der Polizei ermahnt worden sind. Laut Aussage der Beamten: „Wenn Rennradler mit unterschiedlichen Trikots unterwegs sind, ist Nebeneinanderfahren verboten“. Keine Ahnung ob das so stimmt.

    Wir sehen, dass es eine große Wissenslücke gibt. Sogar bei der Exekutive.

    Laut Herrn Mag. Hoffer: „Mit dieser Regelung sollte aber keinesfalls ein allgemeines Nebeneinanderfahren von Radfahrern (Rennradfahrer? Radrennfahrer?) legalisiert oder gefördert werden. Wenn daher jemand bei solchem Verhalten „kritisiert“ wird, erscheint dies in Hinblick auf das oben Ausgeführte nachvollziehbar.“

Heißt jetzt was? Für mich heißt das jetzt, dass es zwar eine Regelung gibt. Im Falle eines Falles müsste nachgewiesen werden, ob es sich um eine Trainingsfahrt gehandelt hat. Lizenzfahrer haben da sicher einen Vorteil, denn diese können damit nachweisen, dass sie sich für (ein) Radrennen vorbereiten (Ich gehe davon aus, dass jemand, der eine Lizenz hat, auch beabsichtigt Lizenzrennen zu fahren). Hobbyfahrer? Hier wird es wohl etwas komplizierter. Trainieren Hobbyfahrer? Natürlich. Aber wofür? Fitnesstraining (also Kondition und so) ist damit wohl nicht gemeint. Eine Vorbereitung auf einen Radmarathon (oder Triathlon) kommt dem viel näher. Möglicherweise genügt eine Anmeldebestätigung für einen Radmarathon. Oder ein Trainingsplan. Nicht, dass man diese Papiere jetzt mithaben sollte. Sie können aber im Beweisfall vorgelegt werden. Welches Tempo jetzt jenem einer radsportlichen Veranstaltung entspricht, bleibt offen. Eindeutig ist die Regelung was MTB und Triathlonräder betrifft. Mit solchen darf man nicht nebeneinander fahren. Siehe auch interessantes Urteil.

Noch eine Frage stellt sich: Es gibt Felgen bei Rennrädern, welche 24,2 mm breit sind. Laut Regelung also nicht zulässig für Nebeneinanderfahren.

Vorsicht und gute Absicht.

Kommt es bei einer Trainingsfahrt, bei der nebeneinandergefahren wird, zu einem Zwischenfall mit anderen Verkehrsteilnehmern mit Schadensansprüchen, kann man sich auf diese Regelung stützen. Es ist aber wie immer so, dass im Einzelfall ein Richter darüber entscheidet, wie eine Regelung anzuwenden ist. Auch rückwirkend aufgrund der Umstände. Da nicht alles gesetzlich geregelt werden kann, gibt es diesen Spielraum. Vor Gericht gilt es im Nachhinein zu beurteilen, was richtig und falsch war und ein Richter wird entscheiden. Zwei Parteien, zwei „ehrliche“ Sachverhalte, zwei Sachverständigengutachten … ein Richter. Gute Nacht.

Die Verkehrsexperten raten also deshalb immer, die Vernunft walten zu lassen. Es darf kein Hintergedanke verfolgt werden. Wer also durch Nebeneinanderfahren, andere Verkehrsteilnehmer provoziert (zum Beispiel durch langsames Fahren und gleichzeitiges Plaudern), dem kann auch eine Teilschuld anerkannt werden. Es gilt wie immer und überall der Vertrauensgrundsatz.

Sicherheit und Abstand.

Das Thema seitlicher Sicherheitsabstand ich auch so ein heikles. Es gibt ein Urteil des OGH, das besagt, dass der Seitenabstand davon abhängt, wie schnell die Geschwindigkeit des vorbeifahrenden Fahrzeuges ist. Der genaue Rechtssatz im Wortlaut: „Der Seitenabstand muss umso größer sein, je höher die Fahrgeschwindigkeit des überholenden Fahrzeuges und je labiler das überholte Fahrzeug (mehrspurig, einspurig) ist. Beim Überholen eines einspurigen Fahrzeuges ist unter normalen Umständen ein Seitenabstand von einem Meter ausreichend, nicht aber bei einer Fahrgeschwindigkeit von fünfundachtzig bis einhundert km/h und einer Sichtbehinderung gegenüber dem zu überholenden Fahrzeug.“

Was heißt das? Das heißt, dass auf Bundesstraßen Autos seitlich mehr als einem Meter Abstand halten müssten. Bedenkt man jetzt, dass ein Rennradfahrer nicht genau am rechten Fahrbahnrand fährt (aus Sicherheitsgründen), ist ein Überholen eigentlich nur durch Verlassen der rechten Fahrbahn möglich. Also nicht bei Gegenverkehr, bei Verkehrsinseln, bei Sperrlinien (einfach und doppelt). Theoretisch. Die Praxis sieht da ganz anders aus. Die 1,5m Seitenabstand sind gesetzlich nirgends festgehalten. Sie können aber aus den Umständen heraus abgeleitet werden. Auf alle Fälle sind sie eine Forderung der Radfahrerlobby. Und noch eins. Dieses Urteil des OGH heißt nicht, dass es immer so sein muss.

Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Zu guter Letzt noch ein heikles Thema. Die Haftung. Das Nebeneinanderfahren (und auch das Hintereinanderfahren) birgt Risiken und Gefahren, die oft auch im Krankenhaus oder bei Radhändlern des Vertrauens enden können. Wer haftet denn wann für was? Gute Frage. Auch hier gelten die Grundsätze der StVO. Also ist der Hinterherfahrende jener, der das Risiko zu tragen hat. So lange alles nach normalen Umständen abläuft und dem Vordermann keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Rein rechtlich. Auffahren auf den Vordermann ist also eigenes Pech. Stürzt dabei der Vordermann, hat man ein Problem. Zivilrechtlich wie auch strafrechtlich. Beim Nebeneinanderfahren wird’s komplizierter. Hier kenne ich ähnliche Fälle, die beispielsweise unterschiedlich ausgegangen sind. Selber erlebt. Von der Staatsanwaltschaft (ja, diese schaltet sich automatisch ein, wenn es zu Personenverletzungen kommt) wurde in diesem Fall das Verfahren eingestellt. Auch weil alle Beteiligten auf gegenseitige Ansprüche verzichtet haben. Bei einem anderen Fall kam es zu einer Anklage und Verurteilung wegen Körperverletzung. Siehe hier.

Was heißt das jetzt? Auf alle Fälle heißt es aufpassen. Dass nichts passiert. Gegenseitiges Vertrauen. Und natürlich gegenseitige Hilfe. Unter „Kollegen“ und Freunden sollte hier der Verstand siegen. Jeder von uns weiß um die Risiken von Windschattenfahren und Nebeneinanderfahren. Diese Risiken bewusst einzugehen heißt auch mit den Konsequenzen zu leben. Ohne Anwälte. Einzelfälle oder Extremfälle ausgeschlossen. Falls sich jemand „Fremder“ jetzt anhängt oder mitfährt und es passiert was? Fragt mich was Leichteres. Eine Haftpflichtversicherung und eine Rechtschutzversicherung empfehle ich sowieso.

Organisierte Gruppenausfahrten.

Neben der persönlichen Haftung bei Fahrlässigkeit (mit Betonung auf Fahrlässigkeit) gibt es noch die Haftung von Veranstaltern. Wie zB. bei Radmarathons. Ein Veranstalter hat für einen reibungslosen Ablauf seine Veranstaltung zu sorgen. Er haftet für sein Verschulden. Was das ist, wird auch im Nachhinein zu definieren sein. Ein Veranstalter haftet nicht für Verschulden der Teilnehmer oder Dritter. Haftungsauschlüsse seitens der Teilnehmer sind bindend – außer sie sind sittenwidrig. Auch hier sind Einzelfälle und Spezialfälle nicht einfach so pauschal abzuhandeln.

Viel interessanter wird es aber ,wenn es um Gruppenausfahrten geht. So wie sie heute über Facebook oder andere Plattformen organisiert werden. Wird so eine Gruppenausfahrt von einer Person aktiviert, dann kann diese Person sehr wohl auch als „Veranstalter“ im Sinne des Haftungsgesetzes gesehen werden. Beispielsweise, wenn diese Person Startpunkt, Startzeit und die genaue Route festlegt. Mit Betonung auf dem „könnte“. In diesem Fall könnte eine Haftung zum Tragen kommen, wenn beispielsweise die Strecke über eine Passage führt, die für Rennräder nicht geeignet ist (Schotter, Baustelle …), dadurch jemand zu Sturz kommt und sich verletzt. Nicht haftbar ist die Person aber wiederum bei Verschulden einzelner Teilnehmer oder Dritter (parkende Autos, Gegenverkehr …). Pasagen wie „jeder fährt auf eigene Gefahr“ sind mit Vorsicht (seitens des Veranstalters) zu genießen. Eine genaue Kenntnis der Strecke inklusive Plan B oder Ähnliches kann von Vorteil sein.

Ob so eine Gruppenausfahrt auch als Trainingsausfahrt gilt und ab einer bestimmten Anzahl von Teilnehmern angemeldet werden muss – das werde ich noch herausfinden.

Ich hoffe, so etwas mehr Licht in die Dunkelheit des §68 der StVO gebracht zu haben. Weiterhin viel Spass bei der schönsten Nebenbeschäftigung der Welt. Und passt bitte auf euch und die anderen auf.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

PS: auch der ORF hat sich dem Thema gewidmet. Systemgemäß mit einem Prominenten. Ehemaliger Exekutivbeamter und selber vor Gericht. Nicht alles was er sagt stimmt so. Das Video hier.

*nicht auf Schnellstraßen und Autobahnen