Kategorie: Rennradgeschichten

Geschichten rund ums Rennradfahren

Motivation zum Training. Wer zögert, bleibt zurück.

Motivation zum Training

Die Zeit ist umgestellt. Zurückgestellt. Eine Stunde weniger Tageslicht. Seit gestern. Das tut weh und zeigt, wie gnadenlos der Sommer sein Ende gefunden hat. Gegen 1700 Uhr war und ist ein sicheres Rennradfarhen auf öffentlichen Straßen kaum mehr möglich. Bei schlechter Sicht sogar viel früher. Das rote, blinkende Licht an der Sattelstütze kandidiert sich als täglicher Begleiter. Sicher ist sicher. Da hat sich in den letzten Jahren ja sehr viel getan. Vom Equipment her gibt es keine Ausreden. Einzig die Motivation zum Training lässt zu wünschen übrig. Der Blick raus aus dem Fenster und das akkurate Studium der verschiedensten Wetter-Apps werden zum Ritual. Zumindest bei mir.

Dunkel geht die Motivation zugrunde.

Sonntag. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind die Prognosen für den heiligen Tag des Rennradfahrers leider nicht die besten. Der erste Sonntag seit langem, der ins Wasser fällt. Die Wetteranimation der Zamg zeigt über meinem Kopf ein grünes, teils blaues Band, gegen den Uhrzeigersinn drehend. Niederschlag. Es ist 9 Uhr. Winterliche Sommerzeit. Bis 13 Uhr soll und kann es regnen. Die Straßen sind noch nass. Jetzt wird gerechnet. Kopfkino. Wieviel Zeit bleibt dann noch für die verpflichtende Sonntagsrunde?

Frühstück. Dann Büroarbeit. Ein paar Dokus auf youtube. Und schon läuten die Kirchenglocken. Es ist tatsächlich bereits 12 Uhr. Je mehr Zeit vergeht, desto kürzer muss die Runde werden. laKetterechts überrascht mit einer selbstgemachten Lasagne. Mittagessen deluxe. Sie will auch raus. Wenn. Ja wenn. Die Straßen trocken werden. Wunschdenken. Das Mittagessen gesellig. Es ist unangenehm chillig. Der Kopf macht es sich schon bei einem Ruhetag gemütlich. Der „Point of no Return“ steht unmittelbar bevor.

Motivation beim Training. Denken auf Messers Schneide.

Meine Gedanken darf und will ich hier nicht veröffentlichen. Surreal. Krank. Wie jene eines Süchtigen. Es fehlen noch ein paar Kilometer auf das Wochenziel. Und die Jahreskilometer? Zögern macht unglücklich. Nachdenklich. Und dick. Übergewicht droht. Denken auf Messers Schneide. Die Jeanshose spannt schon. Die Fettreserven wachsen. Nur keine Schwäche zeigen. Resolut sein. Sich stellen. Ich muss die Tischrunde unhöflich beenden. laKetterechts kann mir nicht folgen. Sie wil. auch nicht. Vielleicht doch? Umziehen. Wegfahren. Motivation beim Training ist keine Frage des Wetters und auch keine gute Laune. Diese Motivation beim Training ist eine innere Einstellung. Aufstehen. Immer. Und immer wieder. Den Hintern hochheben. Keine Gedanken verschwenden, ob das richtig sei, oder nicht. Wobei Training? Wir schreiben immer noch Ende Oktober.

Die ersten Kilometer sind diesmal wie immer die schlimmsten. Die Hoffnung auf trockene Straßen löst sich in Luft auf. 10° plus. Es ist bedeckt. Leichtes Nieseln. Warum einfach, wenn man es auch herbstlich depressiv haben kann. Spritzwasser von unten. Dusche von oben. Vorschau auf die kommenden Wochen und Monate. Umdrehen? Die Grenze zwischen Held und Memme ist schmal. Nein. Einmal umdrehen, immer umdrehen.

Wer zögert, bleibt zurück.

Es kommen wieder harte Zeiten auf uns zu. Viele Willensprüfungen werden auf uns warten. Nässe. Kälte. Schnee. Eis. Dunkelheit. Die Motivation fürs Training befindet sich im Keller. Der Weg dorthin steinig. Er führt vorbei am Kühlschrank und vorbei am Sofa. Zögern ist fatal. Sommersportler werden im Winter geformt. Wer zögert, bleibt zurück. Jetzt und dann im Frühjahr. Wenn es bei jeder Ausfahrt wieder heißt: Feuer frei.

ktrchts

Warum immer diese depperten Radfahrer?

diese depperten Radfahrer

Radfahrer-Bashing scheint ziemlich in Mode zu sein. Die Gesellschaft braucht wohl dringend einen Sündenbock. Für alles was auf unseren Straßen so nicht läuft. Und im eigenen Leben vieler. Zur Ablenkung. Immer diese depperten Radfahrer. Was sind das für Trotteln. Echt jetzt. Fahren alle bei rot über die Ampel. Alle meiden Sie die extra für sie errichteten Fahrradwege. Sie behindern Fußgänger auf Gehwegen. Sind rücksichtslos, frech und arrogant. Und sie fahren tratschend nebeneinander zum nächsten Kaffee. Auf öffentlichen Straßen. Furchtbar. Radfahrer sind das moderne Hass-Objekt der Begierde. Die Abels unter den Verkehrsteilnehmer. Und ein Ventil für frustrierte Zweispurer. Aber warum immer diese depperten Radfahrer?

Über Radfahrer wutbürgern ist in Mode.

Anstoß für diesen Blogbeitrag war und ist ein Artikel von Tom Drechsler, inthronisierter Chef der Auto-Bild. Ein Netzfund. Herr Drechsler schreibt darin, dass es ihm reicht. „Radfahrer sind nun mal die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Es würde helfen, wenn sie sich auch so benehmen.“ Zitat Ende. Dass der Chef einer von der Autoindustrie am Leben erhaltenen und finanzierten Zeitschrift nicht über „seine“ Autofahrer wutbürgern wird, ist logisch. Dass Herr Tom Drechsler seine schlechte Laune an den Radfahrern auslassen muss, ist fad, substanzlos und populistisch.

diese depperten Radfahrer

Was hat Herr Tom Drechsler geraucht?

Wobei ich gestehen muss, dass mir der Artikel und die Worte von Herrn Drechsler echt am A… vorbeigehen. Verhalten eines Profilierungsneurotikers und Reichweitenjägers, der seinen Schäfchen billigen und gepanschten Fuselwein einschenken muss. Süchtige brauchen Stoff. Und den liefert er. Viel mehr sind mir die vielen Reaktionen auf diesen Artikel fremd. Zum Beispiel bei Facebook. Scheint, als müsste unsere Gesellschaft keine gröberen Probleme lösen. Wenn ich mir das genau durchlese – und das habe ich gemacht, bekomme ich die Gewissheit, dass draußen potentielle Mörder herumrennen. Menschen, die öffentlich (ja, soziale Medien sind öffentlich) zugeben, den einen oder anderen Radfahrer am liebsten „niederzumähen“ zu wollen. Geht’s noch? Wird sind nicht beim Tatort. Das ist real life.

Diese depperten Radfahrer. Weg von der Straße.

Lustig ist das nicht. Und lustig ist es auch nicht, wenn große Brands wie sixt Autovermietung, sich demselben Spielchen anschließen. Auf die Schwächeren draufhauen, ein altbewährtes und probates Mittel, die Schuld von sich zu weisen. Warum sixt? Selber ein Urteil bilden. Mag sein, dass dies eine kreative Idee ist, mit der sich Kreativagentur und sixt Geschäftsführung selbst befriedigen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen.

diese depperten Radfahrer

Aufruf zum Radfahrer-Killen?

Egal wie man es nimmt, dreht und wendet. Das Problem dieser depperten Radfahrer sind nicht die depperten Radfahrer, sondern die Deppen. Die Trotteln. Guido Tartarotti hat das 2013 bereits in seiner Kolumne im Kurier treffend formuliert. „Der Fahrradtrottel ist kein Trottel, weil er Rad fährt – sondern weil er ein Trottel ist. Er ist es auch dann, wenn er nicht Rad, sondern Auto fährt oder ganz etwas anderes tut. Die Tatsache, dass das Fahrrad auch von Trotteln benutzt wird, macht es noch nicht zu einem schlechten.“ Das sollte man Herrn Drechsler einmal zeigen. Vielleicht sieht er die Welt dann etwas anders. Nicht nur aus seiner Vergaser- und Selbstzünder Brille.

Gesellschaftlich hilfreich wäre es auch, wenn sich zudem die anderen Wut-Fuzzis aus den sozialen Netzwerken Tartarottis Worte zu Herzen nehmen könnten. Die intelligenter angehauchten würden möglicherweise dabei erkennen, dass nicht diese depperten Radfahrer das Problem unserer Gesellschaft sind, sondern sie selbst.

ktrchts

PS: Ein auf Harry G. machender Marco Wagner tanzt da nicht aus der Reihe. Auch die Reaktionen auf sein Video im Netz.

Romeo und Julier – meine Liebe zu edco Laufräder.

edco Laufräder

Romeo und Julia. Wer kennt sie nicht. Diese äußerst tragische Liebesgeschichte zweier junger Liebender, die verfeindeten Familien angehören und unter unglücklichen Umständen durch Selbstmord zu Tode kommen. Weniger bekannt hingegen ist die Geschichte von Romeo und Julier. Die ketterechts Romanze. Begonnen im Spätsommer und jetzt im Herbst immer noch aktueller denn je. Eine weit weniger tragische, aber umso romantischere Geschichte rund um Liebe auf den ersten Blick. Hauptdarsteller dabei neben Romeo, die edco Laufräder. Genauer gesagt die Julier 28. 1.449 Gramm leicht, 28 mm tief, 25,5 mm breit (außen). Handgefertigt in Deutschland.

In der Not fährt der Teufel auch Alu-Laufräder.

Besser hätte auch Rosamunde Pilcher das Drehbuch dafür nicht schreiben können. Die eine Tür ist zugegangen, eine Neue hat sich aufgetan. Eine Entscheidung des Schicksals. Zuerst die glückliche Beziehung zu den enve Laufrädern Spes 4.5. Was war das für ein geiler Sommer.

Dann die Trennung. Endgültig. Rückgabe. Ein Abschied mit Tränen. Trost wurde bei den DT Swiss r-460 Alu Laufrädern gefunden. Ein schwacher Trost. Aber immerhin. In der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen. Und er fährt, was zur Verfügung steht. Eine harte Lebensphase. Doch für Liebeskummer bliebt nicht viel Zeit. Andere Mütter haben auch schöne Laufräder. Sehr schöne sogar.

edco Laufräder – Wunder warten bis zuletzt.

Es war wie aus heiterem Himmel, als mich Christian D. von edco kontaktierte. Vielleicht hat er meinen Schmerz gelesen und gespürt. Oder er hatte einfach nur Mitleid mit mir. Egal. Ich solle doch auch einmal edco Laufräder testen. edco? Ich muss zugeben, diesen Namen hatte ich bis dahin nicht in meinem Mindset. Freund Google musste mir da schon auf die Sprünge helfen. Ich verbrachte viel Zeit damit, mich zu informieren und schlau zu machen. Das war kurz vor dem Austria Race Around Burgenland und dem Ötztaler Radmarathon. Neugierig und interessiert verfolgte ich die Spuren von edco im Netz. „Such dir was aus und dann reden wir darüber.“ Ich liebe diese Art von „shoppen“. Da ich mich nicht wirklich entscheiden konnte, bekam ich ein Blind Date mit Julier 28.

edco Laufräder

So schön darf Carbon sein.

Ein großes Paket kam dann rasch zu mir nach Hause. Das Auspacken erinnerte mich an die ungewisse Spannung zu Weihnachten. Samt Kribbeln im Bauch. Schritt für Schritt näherte ich mich dem Inhalt. Die Verpackung hochwertig. Intelligent. Schützend. Eine Wertschätzung gegenüber der Kostbarkeit, welche sich im Karton verstecken sollte. Dann der erste Anblick. Edel. Zauberhaft. Qualitätsvoll. Und leicht. Ich hob eines der beiden Laufräder vorsichtig in die Höhe. Mein Arm flog regelrecht durch die Luft.

Laufräder sind zum Laufen da.

Nie hätte ich gedacht dass Carbon-Laufräder eine derartige Faszination auslösen könnten. Zumal es keine klassischen, von uns allen wegen der Optik präferierten Hochprofil-Felgen waren. Es waren nur 28 mm. Diese 28 mm waren aber optisch einfach „Wow“. Vielleicht genau deshalb.

edco Laufräder

© Athletics Leithaprodersdorf

Natürlich fackelte ich nicht lange und begab mich gleich zum Umrüsten. Unterfangen, welches sich dann aber leider etwas zu sehr in die Länge gezogen hatte. Im Rückblick zum Ötztaler Radmarathon ist diese Odysee etwas ausführlicher dargestellt.  Kurzum: Die von mir verwendeten Drahtreifen (Conti 4000SII und Hutchinson Fusion Performance) wollten einfach nicht ordnungsgemäß auf der Felge Platz nehmen. Das hat mir ein paar graue Haare gekostet. Letztendlich war aber nach mehreren Versuchen im Abstand von Tagen dank Seifentrick alles dort, wo es sein musste. Der Reifenwulst schön genau im Felgenbett. Exakt. Alles sauber. Ohne Höhenschlag. Ich kann mich noch genau erinnern, wie die hinter mir auf der Terrasse ruhig gestellten Drahtreifen am Laufrad unter dem Druck von 10 Bar langsam und sicher die gewünschte Position eingenommen haben. Das mehrmalige laute Knallen war in diesem Fall ein wohlgesonnener Nebeneffekt.

edco Laufräder

Wer richtig bremst, verliert nicht.

Nun liebe ich als Romeo diese Juliers schon seit etlichen Kilometern und Abendteuern. Ich kann mich optisch nicht satt genug sehen. Sie sind eine Augenweide. Und sie sind schnell. Vor allem bergab läuft alles wie gut geschmiert. Diese Laufräder sind zum Laufen da.

Achtung Kurve. Na und? Ich fahre und bremse edco.

Diese edco Laufräder sind wendig, stabil und spurtreu. Wer richtig bremst, gewinnt. Die edco Bremsbeläge sorgen für die subjektive und objektive Sicherheit. Aber nicht nur bergab sind die Julier der Hamemr. Auch in der Ebene und am Berg spielen die Juliers ihre Qualitäten aus. Am Berg ihre luftige Leichtigkeit. In der Ebene ihre kompromisslose Steifigkeit. Man kann damit ganz schön Druck machen. Wie beispielsweise beim King of the Lake. Kompliment an die Macher. Ich bin begeistert.

edco Laufränder

edco Juier 28 – VR

Ich muss gestehen, dass ich diese Laufräder bis jetzt im Einsatz nicht geschont habe. Nirgends. Auch nicht im Regen. Selbstverständlich bin ich sorgfältig damit umgegangen. Habe sie regelmäßig gepflegt. Immer wieder von Staub und Schmutz erlöst. Wie es sich gehört. Sie sind nach X-Kilometern aber immer noch genau dieselben, die ich ausgepackt habe. Alles läuft noch rund und geschmeidig. Und für die Statistik: Kein Defekt. Genau so darf und muss es sein.

Fazit: Optik und Performance haben mich überzeugt. Die Alltagstauglichkeit erst recht. Mit knapp 8 bar und meinen 25mm Reifen gehe ich keine Kompromisse ein. Ich spüre das Rad in jeder Sekunde.

Ob ich die enve vermisse? Enve? Ach ja, da war einmal was. Doch einer Ex darf man nicht nachtrauern.

 

ktrchts

PS: Der Beitrag spiegelt persönliche Erfahrungen wider und erhebt keinen Anspruch auf einen wissenschaftlichen Test. Die Laufräder gehen nach Ende der Testphase wieder an den Eigentümer zurück. Leider. Dem nächsten Einsatz beim Rennradfahren in Südtirol wird schon entgegengefiebert.

Athletics Leithaprodersdorf – der nette Nachbar nebenan.

Athletics Leithaprodersdorf

Hinter den Bergen bei den sieben Zwergen. Moment. Stop. Das ist die falsche Geschichte. Richtig muss es heißen: Hinter dem Berg, bei den Athletics Leithaprodersdorf. Genau. Dort fand nämlich die Saison-Abschlussfahrt statt. Und Familie ketterechts mittendrin, statt nur daheim. Der nette Nachbar von nebenan ist ja nur 18 km vom Wochenend-Base Camp auf der anderen Seite des Leithagebirges weit entfernt. Und außerdem lockte das anschließende Essen im Weingut Liszt. Da spart man sich auch gleich das Kochen.

Ende gut, alles traurig. Servus Rennradsommer.

Standesgemäß trifft man sich im ländlichen Raum immer dann vor der Feuerwehr, wenn man etwas Größeres vorhat. Sonntags. Eine Autosegnung zum Beispiel. Oder eine Radausfahrt. Zum Abschied des Radsommers. Also ich dort in Leithaprodersdorf ankam, standen sie schon da. Die athletischen Hausherren und die geladenen Gäste. Kurz vor neun Uhr. Leicht zu erkennen waren die Athletics in ihren auffälligen Vereinstrikots. Und an ihren durchwegs unrasierten Beinen. Ob das zum Dresscode des Vereins gehört, konnte nicht restlos aufgeklärt werden. Auf jeden Fall war trotz kühler Temperaturen, es ist immerhin schon Oktober, die kurze Hose state of the art. Mit Beinlingen und Langarmtrikot war nur ich zur Stelle. Der Italiener friert eben leichter und Temperaturwahrnehmung ist und bleibt ein subjektives Empfinden.

Athletics Leithaprodersdorf

Der Berg ruft.

Nach einer herzlichen Begrüßung durch das Duo Bernd und Bernhard ging es schon los. Irgendetwas mit 95 km und eher flach mit nur einem kleinen Berg. Eingefleischte wissen, was das heißt. Ach ja. Dass man niemanden zurücklassen wolle, wurde auch noch explizit erwähnt. Immerhin war auch eine „Newcomerin“ dabei. Ihre erste Gruppenausfahrt. Das sei noch festgehalten.

Athletics Leithaprodersdorf – die Gallier unter den Radvereinen.

Radvereine führen ein eigenes Leben. Ein Leben zwischen Statuten und Protokollen. Bei den Athletics Leithaprodersdorf scheint das nicht der Fall zu sein. Hier regiert mehr das Zwischenmenschliche. Verein bedeutet im Dorf an der Leitha vereinen. Zusammenbringen. Zusammenführen. Als Gast fühlt man sich schnell Teil des Ganzen zu sein. Zwar wird auch hier bei Fortdauer der Ausfahrt, das kompakte Feld immer mehr in die Länge gezogen. Am Ende landen aber alle gemeinsam hungrig und wohlauf beim Zielsprint an der Ortstafel.

Die Gallier unter den Radvereinen lieben es, sich der Herausforderung zu stellen. Gemeinsam. Bei den Radveranstaltungen in der Region und bei kollektiven länderübergreifenden Ausfahrten. Es geht also auch raus aus dem Burgenland. Das eine odere andere Bier noch vor dem Mittagessen ist nicht ausgeschlossen. Vielleicht sogar Standard. Die Gallier lieben es auch Feste zu feiern, wie sie fallen. Meistens fallen sie nach einer Radausfahrt an.


Ein Berg und flach. War wohl nicht ernst gemeint.

Ein Berg hat mehrere Gipfel und flach ist eine Frage der Interpretation. Das wissen alle, die sich Rennrad-Gruppen anschließen. Dazu kommt auch, dass 95 km dann doch über 100 sind. „Darf’s ein bisserl mehr sein?“ Natürlich darf es. Bei dem Wetter und der geselligen Runde war es auch kein Problem. Zudem war der Wind mehr als gnädig. So ging es stetig auf und ab, kreuz und quer, schnell und langsam durch das pannonische Hügelland. Gesittet und geordnet. So darf eine Sonntags-Ausfahrt sein. Beim netten Nachbar hinter dem Berg.

Athletics Leithaprodersdorf

Malzeit beim Liszt.

Ende gut, alles traurig. Der Radsommer endete für die Athletics Leithaprodersdorf spät aber doch bei Kümmelbraten und Semmelknödel im Weingut Liszt. Jetzt darf der Winter genau so mild bleiben bevor es im Frühjahr wieder wärmer wird.

ktrchts

Rad-WM 2018 in Innsbruck – wie geil ist Radsport.

Rad-WM 2018 in Innsbruck

Nach der WM ist vor der WM. Nach Innsbruck 2018 folgt Yorkshire 2019. Und es wird auch dort wieder die beste WM aller Zeiten sein. So wie es 2017 in Bergen war. Und 2016 in Richmond. 2016 lassen wir aus. Die WM in Doha ist ja bekanntlich im Sand verlaufen. Gegenwärtig ist noch Innsbruck Rad-Weltmeister. Mit Recht. Denn Ski-Tirol hat allen gezeigt, dass man dort auch Rennrad-Tirol sein kann. Ich war anfangs skeptisch. Hatte Bedenken darüber, ob der Funken Euphorie auf die Bevölkerung und das Publikum überspringen würde. Anfang August war bei meinem Besuch im Kufsteinerland das WM-Fieber noch in Quarantäne.

Rad-WM 2018 in Innsbruck. Mittendrin und doch daheim.

Auch wenn ich nicht live vor Ort sein konnte. Ich habe die WM soweit es mir möglich war, mittendrin und von daheim verfolgt. Via TV und Social Media. Vom MZF bis hin zur Entscheidung der Herren Elite gestern Nachmittag. Es war etwas ganz Besonderes. Und es bleiben mehr als nur ein paar Erkenntnisse.

Die Höll von Gramartboden.

Das Tüpfelchen auf dem „i“ im gestrigen Herren Elite-Rennen. Knapp 450 Meter mit Spitzen bis zu 28%, die im Vorfeld bereits mythologisiert worden sind und jetzt auf der ganzen Welt Inbegriff für böse Rampen sein werden. Einen Dumoulin, der sich Zick-Zack nach oben windet ist schon ein starkes Bild, welches die Rad-WM 2018 in Innsbruck in die ganze Welt geschickt hat. Man wollte ein WM-Rennen für starke Bergfahrer und hat ein WM-Rennen für starke Bergfahrer bekommen. Es war ein klassisches Ausscheidungsrennen.

Die jungen Wilden.

Laura Stigger hat die österreichische Radsportgeschichte umgeschrieben. Als amtierende MTB Nachwuchs-Weltmeisterin hat die 18jährige Ötztalerin bei ihrem erst zweiten Straßenrad-Rennen in Innsbruck auch den Juniorinnen WM-Titel geholt. In einer souveränen und abgebrühten Manier die sonst nur wenige beherrschen.

Nicht minder sensationell hat sich bei den Junioren Remco Enevepoel wohl selbst am meisten überrascht. Doppel Weltmeister. Straße und EZF. Frech, draufgängerisch und mit viel Herz. Und mechanischen Fähigkeiten. Minutenlang hantiert er nach einem Sturz an der Hinterradbremse seines beschädigten Rades, warte auf ein Ersatzrad, lässt sich von seinen Mannschaftskollegen wieder nach vorne bringen und steht am Ende ganz oben auf der Eins. So muss und darf Radsport sein.

Rad-WM 2018 in Innsbruck

© Bettini Photo

Funkstille.

Der Italiener Caruso vorne und aus dem Feld greift sein Landsmann Cataldo an. Italien schlägt sich selbst. Radrennen ohne Funk können ganz schön verwirrend sein. Dafür sind sie spannend und bis zum Ende offen. Bitte mehr davon. Unbedingt. Wie in den guten alten Zeiten als man Rennen noch „lesen“ musste. Damals hat oft nicht der stärkste Fahrer gewonnen, sondern der intelligenteste. Wir wollen Rennen sehen. Rad an Rad. Und keine ferngesteuerten Computerspiele.

Die Sieger. Mehrfachnennung möglich.

Den einzelnen SiegerInnen herzlichen Glückwunsch. Auch an Alejandro Valverde. Ihm sei der Sieg, den er 15 Jahre lang nachgefahren ist, vergönnt. Er hat gezeigt, was es bedeutet, akribisch auf ein Ziel hinzuarbeiten und nichts dem Zufall zu überlassen. Die ganze spanische Mannschaft stand geschlossen hinter ihrem einzigen Kapitän. Die Rollen ganz genau definiert. Valverde ist ein schlauer Fuchs. Alter schützt nicht vor einem Weltmeistertitel. In der Hölle hat er Kräfte gespart, in der Abfahrt das Tempo gemacht und am Ende von vorne den Sprint angezogen. Trotz eines auf Zehenspitzen heranschleichenden Dumoulin. Ein würdiger Weltmeister.

Rad-WM 2018 in Innsbruck

© Bettini Photo

Das Wetter und das Massen-Picknick im Grünen.

Alle reden darüber. Tirol hatte es. Das schöne Wetter. Sonne pur am Höhepunkt der WM und die Woche davor. Was wäre gewesen, wenn. Ja, wenn. Egal. Es war nicht. Zum Glück. Somit hat sich alles was wollte und konnte Richtung Innsbruck auf die Beine gemacht. An die 600.000 Zuschauer. 250.000 allein am Sonntag. So die offiziellen Zahlen der Polizei. Die Bilder mit den vielen Tausenden am Straßenrand waren eine fantastische Werbung für den Radsport. Die Kulisse kitschig und wie von den Werbestrategen der Tirol Werbung am Computer entworfen.

Rad-WM 2018 in Innsbruck

© Bettini Photo

Was bleibt ist die Hoffnung auf eine weitere Rad-WM in unmittelbarer Nähe. Auf eine weitere Rad-WM, die nicht im Massensprint entschieden wird. Eine würdige Rad-WM mit einer selektiven und interessanten Strecke. Mit Experimenten a la „Höttinger Hölle“. Und natürlich weiterer Funkstille.

Möge der und die Stärkste gewinnen.

ktrchts

Mit dem Rennrad rund um Wien – Vienna Roundabout.

mit dem Rennrad rund um Wien

Wien ist groß, Wien ist anders, Wien ist anstrengend. Nein, nicht die Stadt. Die auch. Manchmal. Es ist anstrengend, wenn man mit dem Rennrad rund um Wien fahren will. Nicht in Wien, nicht durch Wien, sondern ein Mal rundherum ohne dabei das Stadtgebiet zu betreten. Dann sind es nämlich knapp 100 Meilen oder wie am vergangenen Samstag exakt 158 km. „Roundabout Vienna“ heißt dieser Spass, den eine noch überschaubare Anzahl an „Velocisti“ über sich ergehen hat lassen. Freiwillig. Versteht sich von selbst. Von Mödling bis Mödling. Durch den Wienerwald, das Marchfeld und zwei Mal über die Donau. Bei am Ende traumhaftem Herbstwetter. Die erschöpften Gesichter strahlten am finalen Checkpoint Hofer-Filiale mit der tiefstehenden Sonne um die Wette.

Viagra für die Rennradfahrer-Seele.

Die Route rund um Wien bietet eine Vielzahl unterschiedlicher Highlights. Wie beispielsweise die zweimalige Überquerung der blauen Donau. Einmal mit der Rollfähre von Klosterneuburg Richtung Bisamberg und ein zweites Mal bei Orth an der Donau mit einem Behelfsboot nach Haslau. Erstere ist wenig spektakulär und recht solide. Nebelunfälle ausgeschlossen. Zweitere hingegen ist wohl von der Gattung „Stoßgebet“. Hier steuert der Kapitän 10 Räder samt Fahrer knapp über der Wasseroberfläche je nach Wellengang und Strömung irgendwo ans andere Ufer. Mit Spritzgarantie. Es empfiehlt sich, vorher ein schnelles Telefonat mit dem Liebsten zu führen und die eigenen Koordinaten für eine eventuelle GPS-Suche freizugeben. Man weiß nie. Blindes Vertrauen ist eine Sache. Die vielen Strudel und die aus dem Wasser herausragenden Steine eine andere.

Mit dem Rennrad rund um Wien

Testament schreiben und abschicken.

Nach drei Überfahrten und kollektivem Wandertag über Baumstamm und Stein Richtung „Austria next Top Asphalt“, war das Teilnehmerfeld wieder komplett und zur Weiterfahrt bereit. Die Wartezeit hätte für ein Lagerfeuer und saftige Steckerlfische gereicht. Statt dessen gab es eine kostenlose Apache-Hubschrauber-Show. Diese Stahldinger sind ziemlich laut. Speziell dann, wenn sie einem auf Augenhöhe begegnen.

Mit dem Rennrad rund um Wien.

Wessen Ideen es war, Wien so zu umrunden, weiß ich nicht. Auf alle Fälle eine gute und geniale Idee. Es war heuer meine dritte Teilnahme. Von sechs. Seit Siggi dieses „end-of-summer“ Großereignis in die Hand genommen hat, fahre ich mit. Bin quasi Wiederholungstäter-Light.

Roundabout Vienna ist kein Rennen. Dafür eine gemeinsame Ausfahrt mit Freunden. Teilweise mit Renncharakter. Wenn der Wind von hinten schiebt, geht vorne meistens die Post ab. Wind aus Nordwest ist dabei die beste Konstellation, die man sich auf dieser Runde wünschen kann. Dann vergehen die 50 km nördlich der Donau mit einem Schnitt jenseits der 30 km/h. Anders geht es auch. Bei starkem Ost- oder Südwind muss man ganz schön schwitzen, um nicht vom Rennrad zu fallen.

Diesmal war das Wind-Glück auf der Seite der Mutigen, die sich um 9 Uhr am Treffpunkt gezeigt hatten. Einige trotz kühler Temperaturen im einstelligen Bereich optimistisch (oder eher hartgesotten) im Sommer-Dresscode.

Mit dem Rennrad rund um Wien

Roundbaout Vienna – der Track.

Die Wiener Rennrad-Szenerie.

Mit dem Rennrad rund um Wien bedeutet auch, fast alles zu sehen, was die Stadt für Rennradfahrer bieten kann. Außerhalb der Stadtgrenze. Sanfte Anstiege im Wienerwald, teilweise verkehrsarm und in gutem Zustand. Den höchsten Punkt auf 525 Metern in Hochtorherd – die Cima Coppi. Die Atemberaubende Fernsicht am Tulbinger Kogel. Flache, windanfällige Passagen, Querfeldein-Spaziergänge nach den Landung in Haslau und die dortige Hölle. Keine ganz normale Berggasse, sondern die Berggasse. Sie lässt die Herzen höher schlagen und deckt unverschämt auf, wer über den Sommer gut trainiert hat. Oder wer rechtzeitig die richtige Übersetzung wählen kann. Einmal Absteigen heißt hier, Rennrad schieben.

Roundabout Vienna lässt sich in der Gruppe gut bewältigen. Die Möglichkeit sich taktisch zu verstecken und mitzurollen ist gegeben. Zum Glück gibt es immer welche, die gerne im Wind fahren wollen und sich in den Dienst der Gruppe stellen. Kritisch wird es nur, wenn da und dort das Rennfahrer-Herzblut durchgeht oder auch die Disziplin auf der Strecke bleibt. Schnell sind da ein paar „Löcher“ offen, die man schließen muss.

 

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Biketanic. #bikemovie #ketterechts #cyclingexplorers #fromwhereiride #lifebehindbars #cycling #cyclingapparel #inloveonbike #donube #roundaboutvienna

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Disziplin ist auch das Zauberwort. Wenn knapp 30 Velocisti die Straßen rund um Wien belagern, ist Ordnung geboten. Eine schöne und saubere Zweierreihe ist schon einmal der Anfang. Denn immer noch nicht ganz bei den Autofahrern durchgedrungen ist die „Erlaubnis„, dies tun zu dürfen.

Ungezwungen und miteinander Wien umrunden.

„Roundabout Vienna“ spiegelt sehr die Wiener Rennradszenerie wider. Sie ist ein ungezwungenes Miteinander. Und sie wächst. Bereits im April 2015 habe ich darüber einen Beitrag geschrieben. Seit dem hat sich vieles getan. Die Familie ist größer geworden. Aus ehemaligen „Facebook Gruppen“ sind „Racing Divisions“ geworden. Professionell. Mit Altersklassen-Staatsmeistertiteln und dergleichen. Dank der sozialen Netzwerke findet Mann und Frau sich in und rund um Wien da und dort zu einer gemeinsamen Ausfahrt. Oft auf Initiative einiger Unermüdlicher. Egal wie lange und egal wie weit: Hauptsache Rennrad fahren. Mit oder ohne Pausen für Kaffee und Kuchen.

Mit dem Rennrad rund um Wien.

Keine Ausfahrt ohne Kaffee und Kuchen.

Wien ist groß, Wien ist anders und Wien hat das gewisse Rennrad-Etwas. Glücklich, wer den Rennradsport hier leben kann. Auch wenn es manchmal nicht so einfach ist. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte. Passend zur Wiener-Melancholie eine fast perfekte „Raunzer-Geschichte“.

ktrchts

PS: Mit dem Rennrad rund um Wien – 7th Roundabout Vienna 2019, am letzten Samstag im September. Oder so. Je nach Wetter. Und Wind.

ASVÖ King of the Lake 2018. Einmal übergeben bitte.

ASVÖ King of the lake

Aufhören, wenn es am Schönsten ist. Wer diesen Spruch erfunden hat, war sicher kein Rennradfahrer. In diesem Sport hört man erst auf, wenn man zu langsam ist. Wie ich vergangenen Samstag. Beim 8. ASVÖ King of the Lake 2018. Es war Maria, unsere Dame im Mixed Heros Team. Mehrmals schrie sie diese für mich bis dato kaum wahrgenommenen Wörter ins Getümmel der 47 km lange Schleife rund um den Attersee. In meine Richtung. „Schneller!“ Mein schwerer Atem, mein schnappartiges Luftholen und mein lauter Herzschlag erschwerten dabei das Ankommen ihrer mahnenden Worte. Ihren Wunsch konnten meine Beine nicht mehr ganz erfüllen. Einmal übergeben bitte. Oder schöner gesagt: Der ASVÖ King of the Lake ist ganz schön hart.

Nach Superlativen suchen und den ASVÖ King of the Lake finden.

Wer nach Superlativen sucht, der landet schnell beim ASVÖ King ot the Lake. Das von Atteriker rund um Obmann Erwin Mayer organisierte Einzelzeitfahren rund um den Attersee ist mittlerweile das europäische Top-Event im Kampf Frau und Mann gegen die Uhr. Zwischen der geilsten und steilsten Startrampe an der Esplanade und der Marina Schörfling sowie der Zielgerade entlang des Gustav Klimt Hauses liegen mehr als 47 laktaktträchtige Kilometer. Bereits kurz nach Öffnung der Anmeldung sind die Startplätze weg. Nicht wie die warmen Semmeln. Schneller. Viel schneller. Seit letztem Jahr, findet hier im Salzkammergut sogar das Finale der ÖRV-Rad-Bundesliga mit einem Mannschaftszeitfahren statt.

Höher, schneller und weiter. Mit der Betonung auf schneller. Der Streckenrekord liegt mittlerweile bei 53:29,35 (53 km/h Schnitt) im Einzel und bei 52:37,42 im Mannschaftszeitfahren. Georg „predi“ Preidler, Pro beim Team Groupama-FDJ hatte es heuer wieder einmal sehr eilig. Allein. Etwas schneller zu sechst, das Team Felbermayer Simplon Wels. Jahrelang war es die große Frage, ob die Strecke unter 1 Stunde bewältigt werden könnte. Heute ist das kein Thema mehr. Diese Schallmauer ist kein Schreckgespenst mehr. Auch im Hobbybereich. Der Radsport wird immer professioneller. Es wird gezielter trainiert. Sogenannte Sonntagsfahrer sind in Wirklichkeit Halbprofis, die sich selbst sponsern.

ASVÖ King of the Lake

ketterechts Mixed Heros

Feste soll man kurbeln wie sie fallen.

Der ASVÖ King of the Lake ist ein Radfest. Mitten im idyllischen Salzkammergut. Wo sich normalerweise Fuchs und Hase treffen, surren die Freiläufe. Die Wiese wird zum Campingplatz. Die Ortschaften rund um den See zu Fanzonen. Mit Dorffest, Blasmusik und Disco-Sound. Eine ganze Region feiert mit. Mit wenigen Ausnahmen. Der Fahrer des grauen Autos mit VB-Kennzeichen war so eine. Nicht weil er minutenlang vor uns fahrend seine Scheibe geputzt hat. Mit viel Scheibenreiniger. Zitrusgeschmack. Nein, nicht deswegen. Er hat es mit Absicht gemacht. Darum. Wahrscheinlich ist er nicht damit klar gekommen, dass man ihm seine geliebte B152 ein paar Minuten später für die Dauer des Rennens sperren würde. So wie die B151 auch. Auf der anderen Seite des Sees.

Straßensperren bei Radrennen im Hobbybereich sind in Österreich sowieso ein heikles Thema. So etwas ist nicht billig und schwer von den Behörden zu bekommen. Wir ziehen deshalb vor dem Orga-Team den Helm.

ASVÖ King of the Lake

© sportograf.de

Ende gut. Alles übergibt sich.

„Alles geben“ ist hier am Attersee kein geflügeltes Wort. Keine Floskel. Kein Kalenderspruch. Es ist die einzige Bedingung. Das Mindeste. Die Voraussetzung im Kampf um Ehre, Anerkennung und den Titel „King“ oder „Queen“. Wer nicht mindestens einen Schnitt von 40 km/h halbwegs locker und ohne Delirium auf Strava hochladen kann, der war nicht nur nicht hier, sondern verschwindet in der Rangliste auf die hinteren Seiten. Dort wo es niemanden interessiert. Natürlich. Dabeisein ist alles. Auch beim King of the Lake. Aber hier will und muss man auch Gas geben und sich beweisen. Für viele endet beim King of the Lake die Saison. Versöhnlich oder auch nicht. Ob für manche auch das Rennradlerleben endet ist nicht überliefert.

Wir Mixed Heros haben uns im Vergleich zum letzten Jahr, um 2 1/2 Minuten verbessert und um 3 Plätze verschlechtert. Das ist die Realität. So schaut’s aus. Maria hat es gespürt. Am Buchberg, wo ich eine hinter, vor und neben uns fahrende Gruppe gesprengt hatte, brüllte sie nochmals dieses „schneller“ inbrünstig aus ihr heraus. Dann folgte ein „Foar“. Ich war wohl zu langsam.

ASVÖ King of the Lake.

Fast alles gegeben.

Die Dominanz der Vollscheibe und des Einteiler.

Der King of the Lake ist eine Modeschau. Mann und Frau zeigen nicht nur was sie können. Sie zeigen auch, was sie drauf und drunter haben. Hier dominiert der Einteiler, die Carbon-Vollscheibe und das 53er Kettenblatt. Nicht zu vergessen der Vollvisierhelm. Nur das Neueste dreht die 47 km Runde. Blitzblank am Start, schweißgetränkt am Ende. Das Bad in der Menge genießt hier jeder. Die persönliche Vorstellung auf der Startrampe, das Bad in der Menge kurz danach, der ewige Berg in Unterach, der kurze und knackige Buchberg und die letzte Kurve über die Ager. Jeder Meter muss und darf schmerzen, damit sich der Zieleinlauf umso erlösender anfühlt.

Der King of the Lake ist kein Rennen. Er ist das Rennen. Das Lycra-Woodstock, das Carbon-Festspiel im Vollscheiben-Beat und der jährliche Fixpunkt wie Weihnachten und Ostern. Wir sehen uns 2019 wieder.

ktrchts

Ergebnisse und Fotos hier.

*aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

 

 

Der Ötztaler Radmarathon Rückblick.

Ötztaler Radmarathon Rückblick

Eine Woche später. Aufgetaut. Erkältungsfrei. Nach erfolgtem Rückbau ist es Zeit für einen Ötztaler Radmarathon Rückblick. Da war ja was mit dem kurzfristigen Langzeittest beim Countdown. Dem Experiment kurz vor zwölf. Neue Laufräder, eine neue Kassette und die Ungewissheit, ob am Weg zu einer Handvoll Lycra alles so reibungslos funktionieren kann.

Ende gut. Alles läuft noch.

Ganz oben stand die Frage, ob eine 11-32er Kassette mit einem kurzen Käfig SRAM eTap reibungslos laufen würde. Die Frage kann man jetzt vorsichtig, aber doch mit einem klaren ja beantworten. Man muss nur etwas riskieren und hoffen. Und vielleicht zwecks Garantie und Ähnlichem, dies nicht an die große Glocke hängen. Zum Beispiel in einem Blogbeitrag. Vorsichtig wie ich war (bin), keine leichte Entscheidung. Erst nachdem ich mehrere Meinungen und Tests durchgeführt hatte, fiel die Entscheidung, beim Ötztaler Radmarathon 2018 damit an den Start zu gehen. Diese Monoblock Kassette (214g – stahlgehärtet und -gefräst) wurde mir vorerst einmal von Niki Fleisz (früher Radklinik und Mechaniker des österreichischsen Nationalteams) montiert und eingestellt. Ohne Schaltauge-Verlängerung und ohne Kürzung der Kette. Ein Belastungstest noch am selben Tag, brachte aber leichte Ernüchterung. Rund ist das nicht ganz. 36-32 läuft gut, aber 52-11 springt. Egal. Ab nach Sölden.

Ötztaler Radmarathon Rückblick

Monoblock Kassette 214g © edco

Drei Tage vor dem Ötztaler Radmarathon erfolgte ein weiterer Belastungstest. Sölden – Rettenbachferner. 12 km, im Schnitt 10%. Viel schalten, im Sitzen, im Stehen, im Antritt. Die Zweifel immer noch da. Es läuft. Aber nicht alles so, wie ich es von der eTap gewohnt war. Vielleicht (sicher!), ist das Schaltauge nicht ganz korrekt in Schräge und Position.

Der Ötztaler Radmarathon Rückblick.

Der verregnete Freitag war perfekt, um Sicherheit zu tanken. Zuerst in der Sporthütte Fiegl und dann bei den Mechaniker von Mavic in der Expo. Diese haben da und dort nochmals geschraubt. Das 32er Ritzel läuft mit Abstand zu den Schaltröllchen friktionsfrei. Trotzdem: Alle Angaben ohne Gewähr. Kinder zu Hause, bitte nicht nachmachen. Ich selber hatte während der 4 Anstiege Kühtai, Brenner, Jaufenpass und Timmelsjoch keine Schaltprobleme. Zumindest nicht am größten Ritzel. Der Rest ist teilweise dem Wetter zum Opfer gefallen. Es war aber alles fahrbar. Die Kombination 36-32 war im Nachhinein eine sehr gute Entscheidung und für diese Distanz, für mein Gewicht und für mein Alter überlebensnotwendig.

Ötztaler Radmarathon Rückblick

© sportograf.de

Die zweite entscheidende und offene Frage, war jene der Laufräder. Von edco bekam ich zwei Wochen vor dem Ötztaler Radmarathon zwei nagelneue Julier 28mm Carbon-Laufräder (1449g) zum Testen. Clincher. Für den Berg. Nein, für die eben schon erwähnten Berge. Der erste Test hätte schon beim Austria Race Across Burgenland stattfinden sollten. Hätte. Hat er aber nicht. Ich war nicht in der Lage, meine gebrauchten Drahtreifen zu montieren. Seitenschlag, Höhenschlag – unfahrbar. Leicht verzweifelt, habe ich verzichtet. Nicht die ersten Drahtreifen, welche ich in meinen Leben montierte habe. Dieses Mal aber haben mich die Laufräder besiegt.

Lauft Räder, lauft.

Zum Glück hat mich das Kriseninterventionsteam von edco gerettet. Danke Christian. Die diesbezügliche Messenger Konversation wird aufgrund der Länge nicht transkribiert. Mit Spülmittel ist es dann doch gelungen den Reifenwulst in das Felgenbett zu zwingen. Nachdem der Reifen ein paar Stunden bei 10bar+ in der Sonne ausharren musste.

Sölden hatte mich also mit neuen Laufrädern. 28mm Carbonflanken. 25mm Drahtreifen. Vorne Hutchinson Fusion5 und hinten Continental 4000SII. Das ist nicht üblich. Oder nachahmenswert. Es hat kein System. Das hat sich so ergeben. Null Erfahrungswerte und null Gefühl. Experimentelle Neugier also. Die Kassetten Belastungstests waren die einzigen Rückmeldungen, welche ich bekommen konnte. Die Gewissheit, dass es nass werden würde, beruhigte mich jetzt nicht wirklich. Ganz im Gegenteil. Nachdem ich auf der Abfahrt vom Rettenbachferner auf 12 km, fast die Hälfte meiner edco Bremsgummis verbrannt hatte (auf trockener Straße) stieg mein Puls im Ruhestand um einiges.

 

Der Ötztaler Radmarathon Rückblick

Mechaniker wird aus mir keiner.

Kriseninterventionsteam reloaded. Mit etlichen Missverständnissen. Ich optierte auf Swisstop Yellow King. Vorne. Auf Empfehlung. € 20 für ein subjektives Sicherheitsempfinden. Eingestellt von den Mannen des Mavic Teams. Fachmännisch. Mit einem einfachen Trick. Den ich mir merken muss. Ich habe nämlich beim Tausch der Bremsgummis, auch die Schräge zu den Bremsflanken verändert. Die Bremsgummis waren V-förmig angeordnet. Nur vorne. Hinten hatte ich wohl Glück. Die Bremsfläche also nicht gleichmäßig an der Flanke. Der außertourliche Verschleiß eine logische Konsequenz. Mechaniker wird aus mir nie einer werden.

 

Wer bremst verliert. Gewinnt aber Erkenntnisse.

Die Kombination für die 238 km hätte nicht bunter sein können. Zwei verschiedene Paare Bremsgummis und zwei verschiedene Reifen. Gleich nur die Laufräder. Hinten und vorne. Egal. Was ist das Resümee? Sehr leichte 3K Carbon-Laufräder. Nicht nur schön, sondern auch geeignet für den Berg. Tubless-Ready. Überrascht war ich von den guten Rolleigenschaften. Auch wenn ich es nicht schreiben darf. Oberrohr-Postion und ab ging die Post. Speziell hinunter nach Ötz, rollte ich in der Masse gut mit. Windschatten inklusive. Der Sound der Kassette eine Symphonie. Surren der Extraklasse.

Und das Bremsen? Im Trockenen überhaupt kein Problem. Dosierung leicht zu handhaben. Ein Crash im Feld konnte ich gut ausweichen (musste ich auch). Bremsen zu und auf. Lenker nach links und rechts. Vorbei an Rädern, Menschen und Zubehör. Hoffe, dass alles gesund da rausgekommen ist. Fahrer und Material. Speziell jene, die dann über alles nochmals drübergeflogen sind. Die Schreie der Liegenden habe ich heute noch im Kopf.

Ötztaler Radmarathon Rückblick

© sportograf.de

Das persönliche Risiko hängt vom Vertrauen ab.

Auch im Nassen fühlte ich mich gleich sicher. Natürlich war ich vorsichtig. Wer bremst verliert. Gewinnt aber zu Testzwecken viele Erkenntnisse. Die Verzögerung richtete sich je nach Wasserstand. Hinunter durch das Sellrain war sie etwas höher als später. Da war die Straße ja auch mehr ein Wildbach. Bei der Abfahrt am Jaufenpass war ich nur geringfügig langsamer als sonst. Trotz dichtem Nebel und Nässe. Das Vertrauen in die Bremsen und die Laufräder war schnell da. Und somit auch mein persönliches Risiko, welches ich eingehen konnte.

Bergauf zum Jaufen hingegen war ich so schnell wie noch nie. Trotz längerer Tratschpause an der Labestation. Die Gründe dafür liegen irgendwo zwischen Form, Motivation, Laufräder, Ernährung, Temperatur, Unbekümmertheit und was weiß ich. Aber das wäre wieder ein ganz anderer Beitrag.

Ötztaler Radmarathon Rückblick

© sportograf.de

Rückblickend betrachtet war es ein nasskaltes Rennen. Wenn das Material so einen Ötztaler Radmarathon überlebt (und der Fahrer auch), dann muss die Qualität passen. Die edco Laufräder sind schon geil. Ich kannte die Marke gar nicht. Eingefleischte Mechaniker haben mir aber postive Rückmeldungen gegeben. Ihnen ist der Name ein Begriff. Die 11-32 Monoblock Kassette ist schon wieder mit der Standard Kassette getauscht. Sie wandert jetzt auf das Rad von laketterechts. Dort ist sie besser aufgehoben.

ktrchts

PS: Der Beitrag spiegelt persönliche Erfahrungen wider und erhebt keinen Anspruch auf einen wissenschaftlichen Test. Die Laufräder gehen nach Ende der Testphase wieder an den Eigentümer zurück. Leider. Der nächste Einsatz beim King of the Lake am Attersee kommenden Samstag.

Der Ötztaler Radmarathon 2018. Für eine Handvoll Lycra.

Der Ötztaler Radmarathon

Kühtai. 2.017 Meter hoch. Es ist kurz vor 9 Uhr. Die Wolken hängen tief. Das wunderbare Bergpanorama versteckt sich hinter einem düsteren grauen Schleier. Ungetrübt ist hier oben am Berg zu diesem Zeitpunkt nur die Stimmung. Fans und Betreuer hüpfen, klatschen und schreien. Nicht wegen mir. Vielleicht wegen der knapp 5° feuchtkalten Temperaturen. Es regnet. Nein, es schüttet mittlerweile. Entgegen aller Wetterprognosen. Diese waren die vergangenen Tage eine Achterbahn der Gefühle mit Happy End in Gestalt von Wetterfee Lisa Brunnbauer. Ihre Worte bei der Fahrerbesprechung fühlten sich an wie eine hochsommerliche Brise inmitten des in Sölden heimgekehrten Winters. Die Worte „trocken“ und „Aufhellungen“ genügten, um massenweise ganze Felsbrocken von den Herzen der 4.112 auf Erlösung Wartenden fallen zu lassen. Trotzdem wird der Ötztaler Radmarathon 2018 in seiner 38. Auflage als einer der härtesten in die Mythologie eingehen.

Das einzig Sichere am Wetter ist die Unsicherheit.

Übers Wetter reden viele. Beim Ötztaler Radmarathon alle. In diesem Jahr noch mehr. Auslöser war die Großwetterlage. Seit Wochen ist die Entwicklung bekannt. Hitzeschlacht wird es keine. Der Hochsommer hatte sich pünktlich verabschiedet. Schnee? Regen? Kälte? Die verschiedensten Wetter-Apps schwanken zwischen allem, was für eine Prognose zu Verfügung stehen kann. Niemand will sich festlegen, niemand kann sich festlegen. Spannend. Speziell. Unsicher. Im kleinen Bergdorf Sölden fast am Ende des Ötztals gibt es schon Wartelisten für Regenüberschuhe und Handschuhe. Das einzig Sichere am Wetter ist die Unsicherheit. So stehen um 6:45 Uhr Optimisten, Pessimisten und ich gleichermaßen gespannt am Start. Noch ist es trocken. Irgendwo und irgendwann werden wir nass werden.

Der Ötztaler Radmarathon

Lukas Ennemoser © Ötztal Tourismus

Die Startvorbereitung wie immer ein Stelldichein Prominenter und Hobbyisten. Die einen werden persönlich begrüßt, die anderen verschwinden anonym in der Masse knalliger Regenjacken. Der frühe Vogel fängt den vordersten Startplatz. Wer zuletzt kommt, der steht hinter der 1000m Marke an der Talstation der Gaislachkogelbahn. Noch 10 Sekunden bis zum Start. Zweisprachige Moderation aus allen Lautsprechern. Der TV-Hubschrauber kreist. Ein lauter Knall und das Feld bewegt sich neutralisiert von vorne nach hinten über die Zeitnehmungsmatte bei km 0. Ab hier beginnt der Traum über 4 Pässe und 5.500 Höhenmeter.

Der Ötztaler Radmarathon. Ein ambivalenter Mythos.

Und es beginnt das Unverständnis. Darüber, was an „neutralisiert“, „StVO“, „Rechts fahren“ aber auch an „Müll wegwerfen verboten“ schwer zu verstehen ist. Vor allem dann, wenn von der Organisation und der Rennleitung eine Sperre von zwei Jahren angedroht worden ist. Bei der verpflichtenden Fahrerbesprechung in der Freizeit-Arena. Dreisprachig. Deutsch, italienisch und englisch. Schade. Das passt so gar nicht zum Mythos Ötztaler Radmarathon. Ein perfekt organisiertes Fest. Eine Traningsfahrt mit 4000 Freunden. Es ist erstaunlich, was intelligente Menschen bereit sind, beispielsweise auf den ersten 20 km eines 238 km langen Rennens zu riskieren. Gesundheit, Material, das eigene und das Leben anderer. Dieses Mal waren es nicht nur ein paar wenige schwarze Schafe, sondern eine ziemlich große Herde.

Das ist die Sucht nach Anerkennung. Alle wollen und müssen immer höher, schneller und weiter. Schade. Diese Entwicklung ist nicht gut. Der Ötztaler Radmarathon hat sich das nicht verdient. Wie auch nicht den ganzen Müll, der außerhalb der dafür vorgesehenen Zonen, direkt auf oder neben der Straße weggeworfen wird. Danke an all jene, die nach dem Rennen die Sauereien dieser in einer anderen Welt lebenden Esel einsammeln und richtig entsorgen.

Ricardo Gstrein © Ötztal Tourismus

Schwimmen statt Rennardfahren.

Endlich habe ich den ersten Anstieg zum Kühtai überlebt. Mit den anderen mache ich mich auf eine nasse und kalte Abfahrt durch das Sellrain gefasst. Die Optimisten fahren immer noch mit kurzer Hose. Die Pessimisten und ich sind halbwegs eingepackt. Zittern aber trotzdem. Es ist so kalt, dass mir Nacken und Kiefer steiffrieren. Die Sicht äußerst eingeschränkt. Meine Bremsen im Dauereinsatz. Links und rechts fliegen die schwarzen Schafe an mir vorbei. Der Schutzengel habe sie lieb. Ich stelle mir zu Recht die Sinnfrage. Finde aber keine Alternative, um nach Sölden zurückzukommen. Die ersten Besenwagen stehen erst am Brenner.

Die Laune des Wetters schlägt hier voll ein. Lisa Brunnbauers Worte vom Vortag klingen jetzt mehr nach PR-Gag und Einladung, doch an den Start zu gehen. Bis weit nach Innsbruck fahren wir nicht Rennrad. Wir schwimmen ohne aufzuschwimmen. Kanaldeckel, Zebrastreifen und Bodenmarkierungen werden zu natürlichen Feinden. Einige hissen bis hierher bereits die weiße Fahne. Ich fahre für eine Handvoll Lycra weiter auf den Brenner. Das Schwimmen habe ich ja bereits im Hotel dieBerge üben können.

Leiden und beißen und das Verlangen nach Schmerz.

Erinnerungen werden wach. 2003 und 2013 war es ähnlich extrem. Damals war von Schauerneigung am Nachmittag aber keine Rede. Leiden und beißen. Diesmal würde das Ende ins Wasser fallen. Und das tat es auch. Auch wenn für viele unterschiedlich. Trocken, nass, nass, trocken. Brenner, Sterzing, Jaufen, St. Leonhard, Schönau, Timmelsjoch, Sölden. Eine Willensprüfung folgt der anderen. Im Dreivierteltakt geben sich Herbst und Winter die Klinke in die Hand. Anziehen, ausziehen, überziehen. Der Ötztaler Radmarathon 2018 wird auch deshalb seinen Platz in der Hall of Fame finden. Viele nutzen das Hinterlegungsservice. Haben sich am Samstag strategisch oder einfach zockend für einen blauen, grünen, orangen oder rosa Beutel entschieden. Kühtai, Brenner, Jaufen oder Timmelsjoch. Wo soll trockene Kleidung platziert werden? Aufgrund des Andrangs am Jaufen, hat dieser das große Los gezogen. Mir ist es mittlerweile egal. Nass ist nass und wird sich auch nicht ändern.

Der Ötztaler Radmarathon

Ricardo Gstrein © Ötztal Tourismus

Am Ende sollen es knapp 600 Fahrer nicht geschafft haben, das Ziel in Sölden zu erreichen. Sie werden es wieder probieren. So wie es jeder nochmals probieren will und muss. Der Ötztaler Radmarathon macht süchtig. Fährt man von hier zurück nach Hause, gibt es immer irgendeine offene Rechnung, die man begleichen muss.

 

Jeder Ötztaler ist anders. Aber immer gleich hart.

Meine Erkenntnis nach der bereits 12. Teilnahme ist nicht überraschend. Jeder Ötztaler Radmarathon ist anders. Aber immer gleich hart. Dieses Jahr war die Abfahrt vom Jaufenpass im Nebel ein Novum. Fünf bis zehn Meter Sicht. Ein Sturzflug im freien Fall. Ohne Anhaltspunkte. Ohne Bremspunkte. Niemand kann von Langweile sprechen, wenn man sich Jahr für Jahr das freiwillig antut. Und dabei noch eine Startgebühr bezahlt. Dass jeder einzelne der 238 km diese Startgebühr wert ist, wäre eine andere Geschichte.

Der Ötztaler Radmarathon

© sportograf.de

Eine von vielen Geschichten, welche der Ötztaler Radmarathon haufenweise schreibt. Jene über die 1000 freiwilligen Helfer. Auch sie stehen stundenlang an der Strecke. Ohne zu jammern. Die Geschichten über die Exekutive, die Feuerwehr, die Sanitäter, die Rennleitung. Ohne sie wäre nichts möglich. Und natürlich die persönlichen Geschichten jedes einzelnen Teilnehmers. Von den Siegern Laila Orenos und Mathias Notgegger bis hin zum Letzten, der nach 13 Stunden und 25 Minuten Sölden wieder erreicht hat. Helden sind sie alle.

Inzwischen befinde auch ich mich auf den letzten Kehren Richtung Tunnel kurz vor der Passhöhe am Timmelsjoch. Es ist ruhig. Die Zuschauer verständlicherweise irgendwo im Warmen. Dank Livestream und Internetübertragung auch kein Wunder. Die Strecke vom Tunnel zum Pass gleicht mittlerweile einer gut ausgebauten Autobahn. Es rollt, obwohl es immer noch leicht bergauf geht. Einer der insgesamt vier Pacemaker winkt mich am höchsten Punkt auf 2.474m durch. „Locker unter 10 Stunden“. Wieder verzichte ich auf’s Umziehen, Anziehen und Überziehen. Ich will nur noch ins Tal. Abfahrt, Kompression, Gegenanstieg Mautstelle, Abzweigung Obergurgl, Zwiestelstein, Sölden, Ziel. Und dann direkt in die Badewanne, wo ich gut 20 Minuten auftaue. Auf die Sauna habe ich verzichtet. Das hätte mir mein Kreislauf übel genommen.

Der Ötztaler Radmarathon

Lukas Ennemoser © Ötztal Tourismus

Mindestens einmal sterben ist normal.

Hart. Härter. Ötztaler. Keiner schafft den Ötztaler, ohne nicht mindestens einmal an der Strecke zu verzweiflen. An sich zu zweifeln. Am Material zu scheitern. Das Thema Übersetzung kommt 365 Tage im Jahr im Zusammenhang mit dem „Ötzi“ gleich nach dem Thema Wetter. Mindestens ein Mal sterben ist hier normal. Der Ötztaler ist und bleibt eine Obsession. Das Überqueren der Ziellinie ist eine gewaltige Erlösung. Eine Explosion an Gefühlen. Ein Sprung in die Unsterblichkeit. Hier weinen gestandene Männer. Das Tragen des Finisher-Trikots ist ein Balzen auf müden Beinen. Blicke anziehen, Gratulationen entgegennehmen, vieles vergessen, um gleich neue Pläne zu schmieden. Für 2019. Denn nach dem Ötztaler ist vor dem Ötztaler. Und es gibt noch jede Menge offener Rechnungen.

ktrchts

Ergebnisse hier.
Bilder Ötztal Tourismus: hier

*aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.