Kategorie: Rennradgeschichten

Geschichten rund ums Rennradfahren

Radfahren im Winter.

Radfahren im Winter.

Ich hätte es wissen müssen. Und ich habe es gewusst. Der Kick und die Suche nach dem Abenteuer waren aber wieder einmal stärker als die Vernunft. Warum also Zwift & Co. beehren, wenn es draußen schneit und stürmt? Skifahren und Langlaufen geht man ja auch bei winterlichen Bedingungen. Es war also unvermeidlich, dass ich nach dem ersten wahren Lebenszeichen des Winters seit langem – vor einem Monat bin ich in Cesenatico noch mit kurzer Hose herumgefahren, unbedingt den Weg ins Freie gesucht habe. Warm eingepackt und vollgestopft mit Erfahrungswerten aus den letzten Jahren. Es war ja bekanntlich nicht das erste Mal, dass ich mich bewusst gegen die Gesetze der Physik stellen wollte. Diesmal in der Hardcore-Version. Ganz ohne Spikes.

Die permanente Suche nach Traktion.

Radfahren im Winter hat so seine Tücken. Wie man es macht, kann es falsch sein. Zumindest in unseren Breitengraden, wo nach jeden noch so zartem Schneefall, die schwersten Geschütze in Sachen Winterräumung ausgefahren werden. Tonnenweise Salz landet auf den Fahrbahnen. Der Schnee verwandelt sich zu Gatsch, der Gatsch zu Wasser und wenn alles trocknet, dann liegt eine weiße Schicht am Asphalt. Eine, die so lange es trocken bleibt kein Problem für das eigene so geliebte und stets gepflegte Fahrrad darstellt. Wird es wieder nass, dann wird dieses Salz gefräßig. Ganz vergessen habe ich zu erwähnen, dass im Winter dort, wo die Radfahrinnen entlang fahren sollten, also am Straßenrad, der von der Fahrbahn geschobene Schnee, gerne vergessen wird. In gefrorenem Zustand ist dieser äußerst tückisch.

Radwege sind da meist eine Alternative. Wenn … Genau, wenn diese geräumt bzw. nicht von irgendeinem landwirtschaftlichen Fahrzeug oder Anrainer benützt würden. Fahrzeuge hinterlassen Spuren, Spuren werden zu Eis und Eis ist einfach böse. Radfahren im Winter in also eine permanente Suche nach Traktion. Traktion, die am Hinterrad fehlt, während die Rutschgefahr am Vorderrad lauert und jede Unachtsamkeit sofort bestraft.

Radfahren bei Schneeglätte.

Zwischen Adrenalinkick und Notaufnahme.

Der sicherste Weg als Radfahrer gut über Winter zu kommen, wir reden vom richtigen Winter, jener mit Schnee und Kälte, wäre Auswandern oder Smarttrainer. Alles andere in eine Gratwanderung zwischen Adrenalinkick und Notaufnahme. Meine Rippen können ein Lied davon singen. Mit entsprechender Vorsicht und Einsicht, lässt sich der Winter, so lange ist der ja dann auch wieder nicht mehr, halbwegs gesund überleben. Ein Restrisiko bleibt. Wie auch bei der letzten Ausfahrt. Genau das Thema Physik hat mich zu Fall gebracht. Etwas zu schnell gewesen, Vorderrad nicht hundertprozentig stabil gehalten und schon war es passiert. Die Situation noch immer bildlich im Kopf. In Zeitlupe. Das Vorderrad rutschte nach links, das Fahrrad kippte nach rechts, ich flog mit, streckte mich so weit es geht, um Körperspannung zu erzeugen, erster Aufschlag Hüfte, zweiter Aufschlag Knie, dann der Handballen und zuletzt ein heftiger Tusch mit dem Helm am Eis. Schnell aufgestanden, Brille und Insta360 gesucht, gefunden, kurzer Radcheck und weitergefahren. Mein Erfahrungsschatz hat sich um einen weiteren Abflug erweitert.

Tipps zum Radfahren im Winter.

Am Ende ist es Kraftausdauer.

Es kommt beim Radfahren im Winter letztendlich darauf an, was man bezwecken muss. Grundlagentraining macht Sinn, wenn die Bedingungen es erlauben. Kälte und trockene Straßen sind da nicht das Problem. Wenn es, wie zuletzt vereiste Radwege gibt (kann man ja nicht wissen), aber vor allem Schneeverwehungen, dann darf die Ausfahrt gerne zu einer Kraftausdauereinheit werden. Mit voller Kraftintervalle gegen die natürliche Bremse Schnee. In verwehter Form ein kaum zu durchbrechendes Hindernis. Wie Skitourengehen, nur auf zwei Rädern. So habe ich für 50 Kilometer fast 3 Stunden gebraucht und am Abend war ich fertig wie nach einem Ultracycling Event. Alter schützt vor Torheit nicht.

Radfahren statt Skitourengehen.

Natürlich habe ich wieder etwas daraus gelernt. Auch deshalb, weil ich einiges falsch gemacht habe und unterschätzt habe. Die Ausfahrt selbst war kein Fehler. Was hätte ich jetzt anders machen sollen? 1. Ganz klar, Spikes: Zumindest am Vorderrad. Hat im letzten Jahr perfekt funktioniert. Auch nur nach dem ersten Abflug. 2. Profilreifen aufziehen: Ein abgefahrener Schwalbe G-One Allround 40 ist nicht die beste Wahl. 3. Luftdruck: 2,5 Bar tun’s auch. 4. Pedal-Auslösehärte: Weniger ist im Winter mehr. 5. Ass-Saver oder Kotflügel: Ein nasser Hintern ist im Winter ein kalter Hintern. 6. Geschwindigkeit: Dort, wo es schnell geht, langsamer fahren. Speziell in den Kurven. 7. Einschlagwinkel: 90 Grad einlenken ist auf Schnee und Eis ungesund. 8. Übermut: Diese einfach zu Hause lassen (oder dosiert einsetzen).

Der Winter hat erst angefangen. Es wird sicher noch weitere Möglichkeiten geben, den Lerneffekt zu prüfen. Spätestens bei den 224 Meilen Burgenland Extrem am 24. Jänner 2024.

Wir sehen uns.
#ktrchts

Istria300 Rückblende.

Istria300 Rückblende

2.800 Teilnehmerinnen. Und das bei der dritten Ausgabe. Ausverkauft. Istria300 scheint den Geschmack und den Nerv vieler Rennradfahrerinnen getroffen zu haben. Meer, Sonne und die schier unmögliche Herausforderung triggern ganz ordentlich. Es ist also nicht verwunderlich, dass Poreč auch dieses Jahr überrannt worden ist und dass freie Zimmer in den umliegenden Valamar Hotels Mangelware waren. Es war wie schon 2021 und 2022 ein fantastisches Wochenende ohne herbstliche Vorboten. Wie mitten im Sommer. Ich weiß, dass der Veranstalter nicht für das Wetter verantwortlich sein kann, aber diese angenehme und spätsommerliche Atmosphäre, ganz ohne Regen und Wind, sollte das OK für die nächsten Jahre unbedingt beibehalten. Eine wesentliche Voraussetzung, die 155, 235 und 300 Kilometer laut Ausschreibung in der maximalen Zeit von 12 Stunden bewältigen zu können. Mittendrin, statt nur daheim, natürlich meine Wenigkeit. Fest entschlossen (und gewillt) die 300er Runde zu fahren. Am Ende des Tages stand jedoch leider ein schmerzhaftes DNF. Nicht der einzige Wermutstropfen, eines genialen Kurzurlaubes in Poreč. Vorhang auf, für die Istria300 Rückblende.

Welcome to Poreč.

Die Vorfreude auf das Event war dieses Mal besonders groß. Irgendwie fühlte sich alles sehr vertraut an. Routinemäßig. Heimisch. Anreise am Donnerstag, Einfahren am Freitagvormittag, Stadtbummel, Coffee-Stopp und natürlich das Flanieren durch das Expo-Gelände am Nachmittag. Man trifft einige und hat die Möglichkeit das eine und andere Gesicht einem Nickname zuzuordnen. Die Tage rund um Istria300 gehören in Poreč den Radfahrerinnen. Auch wenn die obligate Ausnahme, die Regel wieder einmal bestätigt hat. Der Schein trügt. Dass ein Autofahrer nach dem Überholen einer Rennrad-Gruppe bergab Richtung Limski Kanal absichtlich verlangsamt, um eine Gruppe einzubremsen (oder zu belehren) und dann noch eine Vollbremsung hinlegt, werte ich nicht als freundliches Dobrodošli. Vielleicht war man in Istrien schon Touristen-müde.

Egal. Das Wetter und die Stimmung waren zu perfekt, um mich aus der Ruhe bringen zu lassen. Nicht einmal das kaputte Steuerlager, welches ich noch 11 Stunden vor dem Start tauschen musste. Gut, wenn man immer einen Ersatz dabei hat. Beim mechanischen Support der Firma Keindl war ich auch. Schaltungs-Check für € 12,- Cash. Obendrauf gab es von der Firma blacksheep-eyewear eine neue Brillen und einen neuen Helm.

Istria300. Wir müssen reden.

Genau so ist es. Wir müssen reden. Meine Liebesbeziehung zu Istria300 hat während des Rennens einen Dämpfer bekommen. Nicht einmal der chillige und lazy Sonntag danach hat das Feuer wieder richtig zum Lodern gebracht. Istrien hatte mich von Anfang an verzaubert. Verführt. Noch lange bevor hier dieses Event auf die Beine gestellt worden ist. Schon damals habe ich aber mit den Straßenverhältnissen gehadert. Insbesondere mit den verkehrsarmen Straßen im Hinterland. Am Samstag, habe ich dann noch wildere Varianten dieser Offroad Abschnitte kennenlernen “müssen”. Entführt. Istria300 hat mich in Gegenden entführt, die ich sonst wohl nie gefunden hätte. Auch nicht gesucht. Nicht mit dem Rennrad. Ich dachte mir, ich sei im Gravel-Paradies. Auf 26 mm Reifen und 5 Bar Reifendruck. Ich wurde gefordert und mein Rennesel wurde gewaltig durchgeschüttelt. Keine Ahnung wie oft und wie lange die Kette auf die Kettenstrebe gepeitscht worden ist.

Das Schaltwerk hinten hat Überstunden gefedert. Der Muskelkater an den Oberarmen ist heute noch spürbar. Vom vielen Ziehen im Sitzen. Aufstehen bei 20 %? Gefährlich. Bergab saß ich fast am Hinterreifen, um keinen Highsider zu riskieren. Meine kurz vor dem Rennen entlüftete Bremsleitungen und die neuen Bremsbeläge brauchen eine erneute Begutachtung. Auch die Bremsscheiben haben jetzt ihre maximale Lebensdauer überschritten. Und am Ende kamen noch zwei Reifenplatzer dazu. In der Istria300 Rückblende, einer zu viel.

Nicht jedes Bike ist ein Gravel Bike.

Es war traumhaft und hart zugleich. Aber … Genau dieses “aber” beschäftigt mich. Und ich weiß ehrlich immer noch nicht, wie ich darüber schreiben soll. Es geht um die für mich, sagen wir politisch korrekt ausgedrückt, verbesserungsfähige Streckenführung speziell auf der 300er Runde ab Pazin. Eine kurzfristige und notwendige Streckenänderung hat den Veranstalter wohl gezwungen, zwischen Pazin und Livade Kilometer und Höhenmeter zurückzuerobern, damit sich am Ende der 300er mit den 5.000 Höhenmetern plus ausgehen kann. Da hat sich der Streckenplaner im Hinterland rund um den Butoniga-Stausee regelrecht ausgetobt und mitgenommen, was mitzunehmen war. Mitnehmbar ist aber nicht immer gleichzusetzen mit zumutbar.

Es waren Auf- und Abfahrten dabei, die eher für Gravel Bikes mit mindestens 30 mm Reifenbreite, wenn nicht sogar Fullys geeigneter gewesen wären. Senkrecht bergauf ist ok, aber freier Fall bergab auf brüchigem Asphalt ist lebensgefährlich. Geschwindigkeitsempfehlungen des Veranstalters für diese Abschnitte (siehe Karte Gefahrenstellen): 10 – bis 15 km/h. Ich habe FahrerInnen erlebt, die hier in den steilen Kurven geradeaus gefahren sind, weil sie nicht mehr bremsen konnten (Felgenbremsen). Es gab Furchen, so tief wie eine Hochprofil-Carbonfelgen, Wurzeln und jede Menge Schotter. Teilweise fehlte sogar der Straßenbelag komplett. Für eine Rennradveranstaltung nicht unbedingt der gewünschte Untergrund. Vielleicht habe ich in der Ausschreibung etwas übersehen.

Natürlich wird es TeilnehmerInnen geben (vor allem jene, die das Rennen beendet haben), die jetzt meinen “halb so schlimm”, “war in Ordnung”, “waren ja nur ein paar Meter”, “Scheiß dich nicht so an” … Es gibt aber auch Teilnehmerinnen, die viel Geld und Haut im Hinterland liegengelassen haben. Gestrandet, eingesammelt und dann eingepfercht im Besenwagen. Ich stelle mir (uns) die Frage, ob so etwas notwendig ist und wem damit ein Gefallen gemacht wird. Geht es immer nur um das Spektakel und das Extreme? Schaut ganz danach aus. Dann aber bitte ehrlich kommuniziert.

Das Schaltwerk hat Überstunden gefedert.

Istria300. Wir müssen reden. Eine Istria300 Rückblende über alles. Über die wirklich guten Sachen. Dass hier den Damen eine eigene Bühne geboten wurde, ist lobenswert. Chapeau. Auch, dass man einiges (vieles) richtig gemacht hat. Wir müssen aber auch über die Streckenführung reden. Denn nicht jedes Bike ist ein Gravel Bike. Und mit Biegen und Brechen “Limits” einzubauen darf auch nicht Sinn und Zweck sein. “Ride your Limits” ist ein geiles Motto und passt zu den 300 Kilometern und 5.000 Höhenmetern in 12 Stunden. Wenn aber diese “Limits” auf der Straße liegen und sogar die Straßen selbst das Limit sind, dann haben wir die Diskussionen. Egal ob jetzt auf 168, 242 oder 300 Kilometern.

Wir kommen nach Istrien, unter anderem auch um auf den versprochenen gesperrten Straßen fahren zu können. Dass diese Straßen überwiegend auch Schotterwege sind, die nicht einmal von Einheimischen benutzt werden, ist ein schlecht gemeinter Witz.

Der Erfolg der gesamten Veranstaltung gibt dem Veranstalter das Recht zu tun und zu walten wie er es gerne möchte. Die Pläne nächstes Jahr auf 4.500 TeilnehmerInnen zu springen sind auch schon öffentlich. Dann wird sich voraussichtlich am 28. September 2024 einiges wiederholen mit einer weiteren Istria300 Rückblende auf dem Gravel Bike. Die Frage ist, ob sie mich überhaupt noch mitfahren lassen.

#ktrchts

PS: Schreibt mir gerne in den Kommentaren, wie ihr #istria300 erlebt habt. Mich würde eure Meinung interessieren.

Gesprächsstoff.

Was man unbedingt beibehalten sollte.

  • fast alles
  • das sommerliche Wetter insbesondere
  • die Kleber mit den Streckenabschnitten (kann man zwar nicht lesen, aber cool ist es trotzdem)
  • die Kulanz am Ende des langen Tages (12 Stunden plus)
  • Heineken Freibier 0,0 %
  • Frühstück in den Valamar Hotels ab 4:30 an den Renntagen
  • Rennräder mit aufs Zimmer (Valamar Hotels)

Was man ändern könnte:

  • farbige Startnummern je nach Streckenwunsch (zur Orientierung)
  • Radständer an den Labstationen (wenn jeder mit seinem Rad Gels und Flaschen holt, wird’s eng)
  • Service auf der Strecke und nicht nur an den Labestationen
  • Streckenposten an den gefährlichen Stellen
  • weniger (gar kein?) Offroad
  • rigoroses Durchgreifen für all jene, die ihren Müll außerhalb der Wegwerfzone entsorgen
  • Durchfahrt durch Pazin (242k Strecke)
  • Warnung vor den unzähligen Fahrbahnwellen (sind in der Gruppe kaum zu erkennen und werden auch nicht angezeigt)
  • Genügend Nachschub auch für die Langsameren (die letzten Laben waren leergeräumt)

    Gleichberechtigung von Frauen im Radsport.

    Gleichberechtigung von Frauen im Radsport

    Eines vorweg. Dieser Beitrag soll neutral wie möglich sein. Weder möchte ich hier irgendjemanden anschwärzen, noch in Schutz nehmen. Ich habe meine persönliche Meinung und die steht für absolute Gleichberechtigung von Frauen im Radsport. Gleichberechtigung, nicht nur im Radsport. Auch in Bezug auf den King of the Lake. Hier habe ich schon seit Jahren das Gefühl, dass da die Zeichen der Zeit nicht erkannt worden sind. Beim Schreiben diverser Beiträge ist mir das dominante “King” immer wieder im Weg gestanden. Deshalb habe ich, wo es möglich war, versucht, King und Queen gleichzustellen. War nicht immer einfach (SEO lässt grüßen – zu meiner Schande). Auch die Idee, heuer mit drei Damen an den Start zu gehen, sehe ich für mich als eigener Beitrag zur Gleichberechtigung.

    Genderprofi aus Überzeugung.

    Richtig Gendern ist nicht das, was man einfach mit M/W/D ergänzt oder mit */I kennzeichnet (es gibt auch noch andere Möglichkeiten). Gendern darf (muss) eine Einstellung sein. Eine innere Überzeugung. Wie auch immer man diese dann zum Ausdruck bringt. Und wenn jemand anderer Meinung ist, dann ist das auch zu akzeptieren. Es hat auch jede*r das Recht dazu, dies zu kommunizieren. Wie immer macht aber der Ton die Musik. Jede Form der Kommunikation muss mit gegenseitigem Respekt erfolgen. Respekt, der zwischen dem Veranstalter (King and Queen of the Lake) und einer Starterin (Name bekannt) einseitig gefehlt hat.

    Was ist passiert? Magdalena hatte in einem Instagram Post die Veranstalter gefragt, ob es beim King of the Lake (Queen of the Lake) nicht auch eine Damen-Elite Wertung mit Preisgeld geben kann. In der Klasse King of the Lake Herren Elite, werden immerhin € 1.000,- an den Sieger ausbezahlt. An und für sich eine einfache und auch nicht falsch zu verstehende Frage. Die Antwort des Veranstalters kam dann prompt und sagen wir einmal salopp ausgedrückt, etwas “angepisst” (siehe Screenshot).

    King and Queen of the Lake fail

    Ich weiß nicht, welcher Teufel da den Veranstalter (oder die Social Media Abteilung) geritten hat. Respekt und Wertschätzung sehen anders aus. Dass hier eine Lawine losgetreten worden ist, versteht sich von selbst. Erschreckend dabei, dass es sogar Solidarität mit dem Veranstalter gegeben hat. Mit Sicherheit wurden, wie so oft, Themen gemischt und durcheinander gebracht. Man liest, was man lesen will (selektive Wahrnehmung) und vergisst ganz gerne die Reflexion.

    Zuerst denken, dann schreiben.

    Man kann in einer Diskussion nicht mehrere Fliegen mit einer Klatsche fangen. Zuerst denken, dann schreiben ist in Zeiten der schnellen Kommunikation das Zauberwort. Auch, wenn man nachher zurückrudert. Obwohl #nopology die nächste Gefahrenstufe darstellt. Wenn dies wieder ohne zuerst denken, passiert.

    Ich selbst fahre nicht nur Rad (!). Mein Hauptberuf ist in der Kommunikation. Und ich weiß, dass man diese Situation viel besser hätte lösen können. So, dass der Köder dem Fisch schmeckt (Zuhören, Konsens, Empathie, Verständnis …). Wir leben in einer Zeit des Wandels. Mit vielen alten und neuen gesellschaftsrelevanten Diskussionen, die zu wichtig sind, um sie unter den Tisch zu kehren oder mit der Holzhammermethode im Keim zu ersticken. Auch im Radsport. Ich begrüße es, dass es sehr gute und sehr wichtig Ansätze gibt. Die diesjährige Tour de France für Frauen war ein Spektakel. Andere Veranstalter forcieren eigene Damenkategorien (Istria 300 Ladies zum Beispiel). Freuen wir uns über diese immer mehr werdenden Möglichkeiten und dann reden wir noch über die Namen der Veranstaltungen. Denn Diskriminierung steckt oft auch hier dahinter. Aber das würde jetzt zu viel. Ganz spontan ist mir “Qeeing of the Lake” eingefallen. Blöde Idee. Zu progressiv.

    Ganz egal. Was liegt, das pickt. Und in Sachen “King an Queen of the Lake” ist jetzt ein Jahr Zeit, eine Equality-Richtung einzuschlagen. Diese hat der Veranstalter auch in seinem Statement versprochen.

    Hoffentlich schläft die Diskussion jetzt nicht ein und wird sachlich und fair weitergeführt. Mit einem richtig guten Statement von der VICCRD gehe ich wieder zurück in die Beobachterkabine. In diesem Sinne: Der König ist tot, es lebe die Königin und der König.

    #ktrchts

    King of the Lake Rückblick.

    King of the Lake Rückblick

    Premiere gelungen. Eigentlich wäre damit schon alles gesagt. Ein knackiger King of the Lake Rückblick. Der Plan, dieses Jahr mit drei Damen ins Rennen zu gehen, ist voll aufgegangen. Mittendrin, statt nur daheim. Wie jedes Jahr, wenn sich am Attersee das Who is Who unter den Laktatjunkies mit Vorliebe für den Unterlenker treffen, um sich auf der 47 Kilometer langen Uferstraße im Uhrzeigersinn so schnell wie möglich einmal um den See zu drehen. Wenn der Radsportverein Atterbiker rund um Ok-Leiter und Obmann Erwin Mayer samt Team ruft, ist Widerstand zwecklos. Und das bereits zum 13. Mal. Die Krönung am Attersee zum King und zur Queen of the Lake ist und bleibt der absolute Ritterschlag.

    Die Geschichte dreier Damen und eines Herren.

    Es war kurz vor 10 Uhr. Martina schrieb in die Gruppe, dass das Café Klimt noch geschlossen sei. Wir haben es aber trotzdem beim Treffpunkt belassen. Das geplante Blind Date (dank Social Media nicht ganz so blind) fand am Parkplatz statt. Martina, Stefanie und Vanessa sahen sich zum ersten Mal. Vor ihnen ungewisse Stunden. Alle drei wurden auserwählt, mit mir eine flotte Runde um den Attersee zu drehen. Mixed Heros by ktrchts der Titel des ausgeschriebenen Abenteuers unter der Sonne des Salzkammerguts. Die Damen waren gespannt, vielleicht nervös. Ich verteilte noch schnell feinsten Zwirn. Wir wollten nicht nur schnell sein, sondern auch gut aussehen. Die Startnummern, das Startergeschenk, den Zeitnehmchip und je zwei Kabelbinder gab es obendrauf. “Bitte beim Befestigen darauf achten, dass die Speichen nicht mit befestigt werden.” Ein Wink, ein Rat, ein Schmäh. Nicht umsonst. Abgang. Für das Team gab es noch einen letzten Freigang. Wir sollten uns um 12 zum Einfahren wieder zusammenfinden.

    Dann wurde es langsam immer ernster. Neben einem allerersten Miteinander-Fahren gab es auch taktische Besprechungen. Ich habe zuerst vorgeschlagen, dass wir uns abwechseln. Ganz nach Protokoll. Dann aber vorsichtig und leise auch die Idee ins Spiel gebracht, auf der ganzen Runde im Wind zu fahren. Als Windschattenspender. Eigentlich hätte ich mir für diesen Plan Gegenwehr erwartet. Diese blieb aber aus. Unsere Renntaktik war also beschlossen. Auf einen Schwur haben wir verzichtet. Dass wir alle gemeinsam ins Ziel kommen wollten, stand für mich nie außer Frage. Nur nach Vorweisen eines ärztlichen Attests, hätte ich eine Dame widerwillig zurückgelassen.

    Start beim King of the Lake

    Mit Teamgeist das Laktat verstoffwechseln.

    Die Sache mit den Kabelbindern hatten wir dann auch gelöst. Der Hinweis war nicht umsonst. Gut, dass ich schon 8 Mal beim King of the Lake gewesen bin. Erfahrung ist alles. Dann war noch das Thema Startrampe. Für jene, die da noch nie losgelassen worden sind, fühlt sich das Halten irgendwie schief an. “Du musst dich zu 100 % in die Hände eines Mannes fallen lassen”. Ja, die Funktion des Starthelfers ist beim King of the Lake noch fest in männlicher Hand. “Es ist aber keine Schande, einen Fuß am Boden zu lassen und dann später einzuklicken. Die ersten paar hundert Meter hat man noch Zeit. Da passiert nicht viel” Drei, zwei, eins … wir wurden losgelassen und unserem Schicksal, unserer Renntaktik, übergeben.

    Schnell ging es den ersten Hügel hinauf. Zeit, sich zu formieren. Anschnallen, Zug fährt ab. Die ersten Kilometer, wie aus dem Lehrbuch. Dann erste kleine Systemstörungen, die uns gezwungen haben, das Tempo leicht anzupassen. Um uns bergauf nicht ganz aufzulösen. Erste Teams begannen zu diesem Zeitpunkt schon an uns vorbeizufahren. Schöne Grüße an dieser Stelle an Stefanie (@la_pedalera) und Mario (@el_pedalero) vom Team Radl-Eck Racing. Es war ein kurzes Vergnügen. Vom Team BOA Ladies hingegen habe ich mir einen entscheidenden Move abgeschaut. Learning by pedaling. Man lernt nie aus.

    Ein Rennraddrama in mehreren Akten.

    Der King of the Lake ist ein Rennraddrama in mehreren Akten. Ohne Pause dazwischen. Die Gefühlswelt, eine Achterbahn. Das Drehbuch, kaum einzuhalten. Improvisation ist gefragt. Und wenn’s nicht mehr läuft, muss es trotzdem laufen. Mit fremder Hilfe. Gemeinsam wegfahren und gemeinsam ankommen. So gab es ab den ersten nennenswerten Anstiegen nach Weißenbach am Attersee Schubkraft und eine helfende Hand. Dazu ein Erfolgserlebnis. Wir konnten nach 21 Kilometern ein Team überholen. Und das bergauf. Die Hälfte war geschafft. Jetzt nur noch Gegenwind und ein paar Hügel.

    Wie immer wird es am westlichen Ufer des Attersees eng. Teilweise vermischen sich die Teams untereinander. Formationen lösen sich auf. Es herrscht leichtes Chaos. Wer fährt jetzt mit wem und wo sind die anderen? Fragen über Fragen. Auch begegnet man hier “Zurückgelassene” anderer Teams. Wir hingegen setzten auf maximalen Schub. Auch in der Ebene. Mit veränderter Formation gings über den Buchberg, den Litzlberg und auch über den letzten Schubser vor dem Tiefflug ins Ziel. Gute Teamarbeit hilft, Laktat besser zu verstoffwechseln und Grenzen zu verschieben.

    Teamarbeit beim King of the Lake

    Alles schreit nach Wiederholung.

    Es darf ein bisschen Spass machen und es wird ein bisschen weh tun. Oder habe ich es anders formuliert? Es darf ein bisschen weh tun und es wird ein bisschen Spass machen. Egal. Ende gut und alle im Ziel. Die Geschichte dreier Damen und einem Herren hatte das Happy End. Mit knapp 35 km/h Schnitt auch ziemlich flott. Eine Premiere im King of the Lake Rückblick. Zuerst zusammengewürfelt und am Ende zusammengeschweißt. Der King of the Lake hat neue Fans gewonnen.

    Dieses Event zieht dich in seinen Bann. Es reißt dich mit. Fordert dich heraus. Nimmst du die Herausforderung an, lässt es dich fliegen. Der King of the Lake macht dich stark, wenn du dich seiner physikalischen Kraft stellst. Vanessa hätte es nicht besser zusammenfassen können. “Feet in the pedals – head in the clouds.”

    Alles schreit nach Wiederholung. Schauen wir einmal. 2024 wird es hoffentlich einen weiteren King of the Lake geben. Irgendwann im September. Davor wird es heiß hergehen, wenn es wieder heißt, Anmeldungen geöffnet.

    #ktrchts

    PS: Danke an dieser Stelle an Martina, Stefanie und Vanessa fürs Dabeisein und fürs Mitfahren.

    Tour de France in Italien.

    Tour de France in Italien

    Die Spatzen haben es bereits im vergangenen Jahr im Rahmen des EMCC (European Media Cycling Contest) von den Dächern gepfiffen. Das Gerücht ist dann mit der Zeit immer lauter und letztendlich auch offiziell bestätigt worden. “Die Tour de France in Italien” lautete dann das historische Pressestatement. Grand Départ in Florenz am 29. Juni mit entsprechender Teamvorstellung am Tag davor. Von Florenz geht es gleich zur Sache und über 205 Kilometern und 3.800 Höhenmetern nach Rimini. Am 30. Juni von Cesenatico nach Bologna (200 Kilometer) und am 1. Juli von Piacenza nach Turin (225 Kilometer). Verständlich, dass man in der Emilia Romagna und auch in Cesenatico alle Hände voll zu tun hat, dieses einmalige Ereignis zu organisieren. Voll im Stress die Organisationen Apt Servizi Emilia-Romagna e Visit Romagna.

    European Cycling Contest (EMCC).

    Ein Pressevent jagt das andere und so wurde auch der diesjährige European Cycling Contest zum Launch des Events unter den eingeladenen PressevertreterInnen aus ganz Europa genutzt. Am Programm standen diverse Pressetermine, der Besuch des Italian Bike Festival in Misano, eine Besichtigung der Originalstrecken und ein Kräftemessen über 15 Kilometer beim Einzelzeitfahren im Velodrom Fausto Coppi in Cesenatico. Wer übers Rennrad fahren schreibt, sollte auch (schnell) Rennrad fahren können. Die schnellsten SchreiberInnen waren Seriensiegerin Giulia De Maio aus Italien (tuttobiciweb.it) und ex Radprofi Thomas Cepka aus der Slowakei.

    European Media Cycling Contest 2024
    © Andrea Manusia

    Stargast 5fach Tour de France Sieger Bernhard Hinault.

    Begleitet wurde das 3tägige Presseevent vom 5fachen Tour de France Sieger Bernhard Hinault, der sich auch nicht die Gelegenheit entgehen ließ, mit den PressevertreterInnen eine Runde zu drehen und das Einzelzeitfahren zu bestreiten. Eine außergewöhnliche Gelegenheit. Und zwar nicht auf irgendwelchen Straßen, sondern auf jenen, die Schauplatz der Tour de France Etappe von Florenz nach Rimini sein werden. Begleitet von Davide Cassani, in der Doppelrolle als ehemaliger Radprofi und Italiens Rad-Teamchef sowie Präsidenten der APT Emilia Romagna.

    Der gesamte Pressetross wurde zudem auch noch vom ehemaligen Radprofi und Gewinner des diesjährigen Ötztaler Radmarathons Manuel Senni begleitet. Bernhard Hinault zeigte sich dabei äußerst neugierig. Hinault wollte alles über die Strecke, den Schwierigkeiten und den Anstiegen wissen. Fokussiert folgte er den Worten von Cassani. 3.800 Höhenmeter von Florenz nach Rimini werden kein Spaziergang sein. Dabei werden Pogačar, Vingegard & Co bekannte “Hügel” nicht auslassen. Barbotto (bekannt von der Novecoll), San Leo, Montemaggio und San Marino stehen dem Peloton dann im Weg.

    Emilia Romanga diesmal im Tour de France Fieber.

    War es die letzten Jahre der Giro d’Italia, der die Herzen radsportbegeisterter Fans höher schlagen ließ und die Region in Rosa hüllte, wird 2024 die Farbe Gelb tonangebend sein. Ein Schub für die ganze Region, die sich schon seit Längerem wieder stark auf den Radtourismus konzentriert.

    Auf den Spuren der Tour de France 2024.

    Urlaub machen und Rennrad fahren in der Emilia Romagna. Vom 21. bis 28. Oktober 2023 oder vom 28. Oktober bis 4. November 2023. Es gibt noch freie Plätze. Bereits am € 553,- pro Person im Doppelzimmer. Natürlich mit geführten Touren auf den Spuren der Tour de France und des Giro d’Italia. Hier gehts zur Anmeldung.

    Weitere Termine 2024: Cesenatico 16. bis 23. März, Riccione 23. bis 30. März (Karwoche). Anmeldungen demnächst offen.

    An einem speziellen Tour de France Paket wird gearbeitet.

    #ktrchts

    King of the Lake 2023. Frauen an die Watt.

    King of the Lake 2023

    Es gibt Dinge, die waren immer schon so und werden genau deshalb immer so bleiben. Typisch Österreich, könnte man behaupten. So auch die Mixed Staffeln beim King of the Lake bzw. bei der Queen of the Lake. Es wäre mir nicht bekannt, dass anstatt drei Männern und einer Frau (klassisch, typisch, eh so wie immer) eine andere geschlechtliche Zusammenstellung je am Start gewesen sei. Vielleicht da und dort eine zweite Dame. Ich habe es nicht recherchiert. Damit sich Dinge, die immer schon so gewesen sind, auch ändern, muss man sie ändern. Und genau das habe ich getan. Bereits beim letztjährigen King of the Lake ist mir diese sozial-kulturelle Disruption in den Sinn gekommen. Wer mich kennt weiß, dass ich Ideen dann auch ganz gerne umsetze. Somit geht beim King of the Lake 2023 eine radikal umgekrempelte 4er-Mixed-Heros-Teamstaffel an den Start. Als Premiere. Mit drei Damen und einem Herrn.

    Mannschaftszeitfahren = Mannschaftsschnellfahren.

    Eine “Mixed Heros Staffel by ktrchts” gibt es beim King of the Lake schon seit 2107. Damals mit Maria, Paul und Thomas feschgeil knapp das Podium verpasst. 2018 folgte dann die Revanche mit leicht verändertem Ensemble im frisch genähten exklusiven ktrchts-Einteiler. Mit Maria, Paul und Dietmar, war der 40er-Schnitt ein ganz besonderer Ritterschlag. 2019 dann der Abstieg. Mit nur 39,5 km/h Schnitt abermals mit Maria, Paul und Neueinstieg Andreas. Das Jahr danach, neues Glück mit Ariane, Martin und Andreas ganz im Magenta-Look, 2021 eine Teamdress Reunion mit dem Race Around Austria Team Ariane, Martin und Siggi und im vergangenen Jahr die Unterwasserschlacht mit Tina, Jolly-Joker Paul und erneut Siggi. Immer brav einer ungeschriebenen Konvention entsprechend. Mit einer Dame und drei Herren.

    Heuer werfe ich mich mit tatkräftiger Unterstützung von Martina, Stefanie und Vanessa ins Getümmel rund um den Attersee. Alle drei Damen nach einem komplizierten und äußerst transparenten Auswahlverwahren ausgesucht.

    King of the Lake Teamsuche

    Die neuen Attersee Heldinnen.

    Experimente sind spannend, weil man nicht weiß, was am Ende des Tages bzw. am Ende des Experimentes als Ergebnis dastehen wird. So ist das Experiment “Mixed Heros reverse” beim King of the Lake 2023 umso spannender. Niemand, nicht einmal ich, weiß, wie wir unsere Runde rund um den Attersee, sagen wir salopp formuliert überstehen werden. Martina (Motto: “Ich nehm was kommt und dann schau ma mal ..”), Stefanie (Motto: “Stillstand ist der Tod”) und Vanessa (Motto: “Life’s a climb, but the view is great”) kennen sich (noch) nicht. Alle drei Auserwählten sind aber jetzt schon die neuen Attersee Heldinnen.

    Zum Glück gibt es die sozialen Medien. So kann man Menschen auch stalken. Strava, Facebook oder Instagram verraten einiges. Ganz so unbekannt sind mir die Damen also nicht. Sie mögen es mir verzeihen, dass ich mich auf ihre digitalen Fußabdrücke geheftet habe. Auf alle Fälle können wir uns auf ein Event der Superlative freuen. Ob Martina, Stefanie und Vanessa ahnen können, worauf sie sich da freiwillig eingelassen haben?

    King und Queen Spielregeln.

    Die Spielregeln in der Mixed Wertung sind einfach. Drei von vier FahrerInnen müssen das Ziel erreichen. Darunter mindestens eine Frau. Der oder die dritte FahrerIn bestimmt die Zeit. Der King of the Lake ist unumstritten ein Wettkampf gegen das eigene Laktat. Auch wenn es einige nicht zugeben wollen. Sobald Mann und Frau oben auf der Startrampe stehen, passiert etwas ganz Besonderes. Ein Schalter legt sich um. Alles, was mit gemütlich oder chillig in Verbindung gebracht werden könnte, schwindet in Windeseile und löst sich in Luft aus. Das Publikum an der Strecke verstärkt diese Wandlung. Wer hier in die Menge schaut, weiß sofort, wofür das alles führen wird. Jeder Starter und jede Starterin wird hier zum Jäger und zur Jägerin. Sekunden sind rund um den See wie Ewigkeiten. Bereits die ersten paar hundert Meter werden zu Plan B. Sofern man die Startrampe überlebt. Nicht überziehen wird zum gut gemeinten Rat, den niemand einhalten kann. Und will. Der King of the Lake darf, nein muss wehtun. Am Ende schmerzen die Beine oder es blutet das Herz.

    Allein oder im Team. Ab Kilometer null wird rund um den Attersee rückwärts gezählt und hochgerechnet. Wer kann, schaut nur nach vorne. Alle anderen schauen auf die Geschwindigkeit und die Watt. Wer einen Plan hat, braucht gute Nerven und eine eiserne Disziplin. Es ist bekannt, dass der King of the Lake erst in Unterach beginnt, wenn man sich über die Seeache Brücke von der B152 zur B151 empor schnauft. Das westliche Seeufer hat es nämlich in sich. Neben dem herrlichen Seeblick warten einige Stufen. Parschallen, Nußdorf, der legendäre Buchberg, Litzlberg und ganz zum Schluss noch die Henkers-Auffahrt Richtung Zielschuss, bevor die Fliehkräfte und die Fahrtechnik entscheiden, ob die 90 Grad Kurve über die Ager zum Triumphzug wird oder eben nicht.

    Liebeserklärung an den Unterlenker.

    Frauen an die Macht und an die Watt. Drei Damen und ich als Herr. Das wird schon schiefgehen. Wir haben noch genau 10 Tage Zeit, um den Unterlenker wieder lieben zu lernen. Um an unserer Aero-Position zu arbeiten. Uns windschlüpfig zu verkleinern und unsere Fahrräder so leicht wie möglich zu downsizen. Wir werden noch beten und uns perfektes Wetter wünschen und am Samstag, 16. September 2023 um 11 Uhr unser gemeinsames Abenteuer als Ride-Date starten. Ich klopfe auf jeden Fall auf Holz, dass alles gut gehen wird.

    #ktrchts

    Mit dem Rennrad rund um Salzburg.

    Mit dem Rennrad rund um Salzburg

    Alle Neun. Die noch vor einigen Tagen stabile Schönwetterlage musste genutzt werden, um das Projekt “Roundabout” zu Ende zu bringen. Somit sind jetzt von mir alle neun Bundesländer in Österreich mit dem Rennrad umrundet worden. Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Vorarlberg, das Burgenland, die Steiermark, Kärnten, Tirol und vor ein paar Tagen auch Salzburg. Es musste also schnell gehen, was wiederum mit der wenig flexiblen Möglichkeit einer bequemen und schnellen Anreise mit dem Zug erneut keine einfache Aufgabe gewesen ist. Mit dem Rennrad rund um Salzburg war eine Nacht- und Nebelaktion. Mit Betonung auf Nacht. Start frühmorgens um 4 in Eisenstadt und Rückkehr am Tag danach kurz vor Mitternacht. Zugfahren, Radfahren und Herumhängen. Alles in allem keine 48 Stunden. Aber wie immer schön der Reihe nach.

    Rennradfahren mit Dachsteinblick

    Roundabout Salzburg – der letzte Akt.

    Die Routenplanung war diesmal ganz einfach. Das hat wohl mit der Topografie des Bundeslandes zu tun. Die geplanten 360 Kilometern mit 4.800 Höhenmetern haben stark auch den Plan einer Nonstop-Umrundung aufflammen lassen. Plan, den ich bis zum Ende immer im Hinterkopf gehabt hatte und auch entsprechend vorbereitet wurde. Im Vergleich zu den anderen “Roundabouts” hatte ich diesmal keine Hotel-Vorreservierung und auch mein Packesel war auf Night-Modus StVO-tauglich gemacht worden.

    Vier weiße Reflektoren pro Laufradseite und einen pro Gabelseite (nach vorne gerichtet – meine waren fälschlicherweise seitlich montiert), rote Reflektoren an den Sitzstreben und am Sattelrohr (nach hinten gerichtet) und je zwei gelbe/orange Reflektoren an den Kurbeln (nach hinten und nach vorne gerichtet – meine waren fälschlicherweise rot). Auch eine Reflektorweste in stylischem Schwarz hatte ich mit (und teilweise an). Dazu noch Licht vorne mit Bracket für die Garmin Halterung (+ 1 Licht Reserve) und Licht hinten (+ 1x Reserve). Inklusive Powerbank. Erfahrung aus dem Race Around Austria kam mir zugute.

    Dann war noch das Thema Anreise nach Salzburg mit der ÖBB. Railjet Express, wenn möglich. Und die Frage, wie komme ich nach Wien? Am Ende wurde es die Sicherheitsvariante. REX von Eisenstadt nach Wien und dann RJX nach Salzburg. Die Nacht wäre aber richtig einladend gewesen, mit dem Rennrad nach Wien zu fahren. Zeitlich hätte es wohl kaum einen Unterschied gemacht. Um 0357 Uhr bin ich in Eisenstadt in den Zug gestiegen, kurz vor 0800 Uhr in Salzburg wieder ausgestiegen. Mit Zwischensprint am Wiener Hauptbahnhof. Rad geschultert und Cleats von Gleis 12 auf Gleis 8 in weniger als 4 Minuten. So ist das mit Anschlüssen, die anstatt 9 Minuten eben nur 240 Sekunden dauern dürfen.

    Will man einen Plan B?

    Am Weg nach Salzburg kamen mir erstmals Zweifel an meinem Schnellplan aufgekommen. Alle mir zur Verfügung stehenden Wetterdaten hatten über Nacht ihre positive und sonnige Ausstrahlung verloren und mir einen weit weg von stabilem Hochdruckwetter gewitteranfälligen Tag prognostiziert. Prognose, die der Blick aus dem Zugfenster im Raum Linz leidvoll bestätigte. Es schüttete wie aus Kübeln. Plan B? Habe ich keinen gehabt. Im Gepäck neben dem, was ich anhatte, nur eine Regenjacke, Beinlinge, Ärmlinge, Werkzeug (2x Schlauch, 2x CO₂ Patrone und Mini-Multitool), Zahnbürste, Zahnpasta und Ladekabeln. Alles, um Gewicht zu optimieren. Wenn ich etwas beim Radfahren überhaupt nicht leiden kann, dann ist es Regen von oben und Nässe von unten. Mein Frühstück bestehend aus zwei Packungen Mannerschnitten, nahm ich deshalb mit einem flauen Gefühl im Magen zu mir. Der so wichtige Morgenkaffee blieb aus. Kaffee aus dem Speisewagen ist nicht genießbar. Ein Koffeinmangel, der sich später mit massiven Kopfschmerzen rächen würde

    Mit Verspätung in Salzburg angekommen, suchte ich rasch die geplante Route durch den städtischen Dschungel. Es war zum Glück trocken und noch (oder wieder) schien die Sonne. Über das Navigieren mit einem Garmingerät (ich verwende den Edge 1030 – 4 Jahre alt – Akkuleistung mittlerweile bei unter 60 %) möchte ich separat meinen Frust auslassen. Ich begrenze mich hier nur auf ein paar f***s, denn von Usability ist Garmin weit entfernt. Zum Glück kannte ich mich auch in Salzburg etwas aus, sodass ich die Innsbrucker Straße und dann den Weg zum Walserberg via Flughafen gegen die Anweisungen meines Navigationsgerätes finden konnte. In Glanegg dann die ersten nennenswerten Regentropfen und ein Himmel, der immer grauer wurde. Plan B? Immer noch keinen.

    Nur nicht nass werden. Hallein, Golling, Pass Lueg und dahinter die Sinnflut. Ich bin direkt in eine Gewitterfront gefahren. Plötzlich hatte ich einen Plan B. Umdrehen, in den Zug einsteigen und heimfahren. Ich mag es nicht, wenn ich nass werde.

    Rennrad fahren in Salzburg

    Schwitzen ist viel besser als nass werden.

    Um das Nass von oben zu vermeiden, hielt ich kurz vor Tenneck am Straßenrad an. Dass zu diesem Zeitpunkt meine weißen Radsocken schon schwarz waren, nährte den Wunsch nach Plan B. RegenRadar meinte zu diesem Zeitpunkt, dass die Gewitterzelle nach Süden abziehen würde. Meine Route sollte mich über Werfen, Bischofshofen und den Dientner Sattel nach Westen bringen. Ich entschied weiterzufahren. Stehendes Wasser und ein fließender weißer Schaum in den Spurrinnen begleiteten mich. Ich hasse Spritzwasser.

    Am Fuße des Dientner Sattel und hinauf nach Mühlbach am Hochkönig dann ganz andere Bedingungen. Die Wolkendecke am Himmel riss auf und die Sonne brannte jetzt mit voller Kraft auf den feuchten Asphalt. Ein türkisches Dampfbad hätte zu diesem Zeitpunkt weniger spektakulär und kaum effektiver sein können. Innerhalb kurzer Zeit war ich so durchschwitzt, als wäre ich in voller Montur in einen See gesprungen. Die moderate Steigung hielt dieses Leid in Grenzen. Doch das würde sich schnell ändern.

    Ich kannte den Dientner Sattel und wusste, dass es oben hinaus steil werden würde. Ich hatte aber keine Erinnerung mehr daran, dass sich die Straße am Ende senkrecht in den Himmel hinaufbiegen würde. Eine nicht enden wollende Auffahrt ins Hochkönigreich mit Gepäck und direkter Sonneneinstrahlung im Genick war somit der erste Höhepunkt des Tages. Auch, weil Schwitzen viel besser ist als nass werden. Der zweite Höhepunkt ließ nicht lange auf sich warten. Nach dem Dientner Sattel ist vor dem Filzensattel. Dasselbe nochmals in verkürzter Form. Am Ende der Abfahrt waren Maria Alm und Saalfelden am Steinernen Meer erreicht. Zell am See in Reichweite. Am Horizont jedoch wieder schwarze Wolken über den Hohen Tauern und der Glocknergruppe. Nicht schon wieder Regen!

    Der Tauernradweg ist eine Achtebahn.

    Von Saalfelden über Maishofen nach Zell am See war es besser den Radweg entlang der B311 zu benutzen, um dann gut beschildert über den Tauernradweg (Salzburg – Zell am See) vorbei am Schloss Prielau direkt am (oder im) Zeller See zu landen. Der Blick von hier Richtung Süden (und dem Kitzsteinhorn) ist normal atemberaubend. Mein Anblick war jedoch ernsthaft mit Sorgen umhüllt. Noch würde Plan B greifen. Zell am See hat eine gute Zugverbindung nach Salzburg.

    Von Zell am See nach Bruck an der Großglocknerstraße war es nicht weit. Die Seeuferstraße? Verkehrstechnisch ein Nadelöhr. Der Mini-Radweg für Rennrad kaum geeignet. Aber warum sollten sich Autofahrer hier über mich ärgern, wenn ein Touristen-Bummelzug das größere Hindernis war? Dass dieser mitten auf der Fahrbahn parkt und Menschentrauben rundherum stehen lässt, weil sie den See fotografieren wollen (müssen), wird wohl eine ortsinterne, touristische Abmachung und Duldung sein. Mir war es egal. Ich erreichte Bruck und ließ die Großglockner Hochalpenstraße bei Kilometer 0 einfach rechts an mir liegen.

    Mein Ziel war der Billa in Taxenbach. Fast hätte ich wieder die Essenszeit übersehen. Sechs Stunden war ich mittlerweile schon unterwegs. Diese 12 Kilometer auf der B311 sind tricky, aber machbar. Den hier auf der anderen Flussseite verlaufenden Tauernradweg hatte ich verschmäht. Dafür den Eurovelo 14 (auch Tauernradweg) ab Taxenbach nach Schwarzach umso mehr aufgrund seiner achterbahnähnlichen Topografie genossen. Was man hier RadfahrerInnen anmutet, hat schon sadistische Züge. Gut, dass 99,9 % mit E-Bike unterwegs sind.

    Komfort vor Abenteuer. Vernunft im Alter.

    St. Johann im Pongau war von Schwarzach ein Katzensprung entfernt. Wagrain in weiterer Folge auch nicht wirklich weit. Erinnerungen an den Amadè Radmarathon vor zig Jahren kamen auf. Damals, war das für mich noch eine kaum zu überwindende Steigung. Bis Flachau und Altenmarkt, the Home of Atomic, war mir vieles bekannt. Auch der Weg weiter nach Eben und Hüttau. Über das Lammertal sollte mich die Route weiter nach Abtenau und die Postalm führen. Ein paar Regentropfen haben mich aber davon überzeugt, nach 200 Kilometern und 2.800 Höhenmeter eine Nachtruhe einzuplanen. Obwohl es nicht einmal 19 Uhr war. So ist das im hohen Alter. Komfort geht vor Abenteuer. Das Hotel Post in Sankt Martin im Tennengebirge hatte mich kurzfristig als Gast gewonnen.

    Meine senile Bettflucht wurde tags darauf im Hotel mit einer vorverlegten Frühstückmöglichkeit tatkräftig und freundlich unterstützt. Während ich mich stärken konnte, wurde der Frühstücksraum gesaugt. Am Ende konnte ich am zweiten Tag um 8 Uhr mit dem Rennrad rund um Salzburg weiterfahren. Die Wetterprognose für diesen Tag: Hitze!

    Seen und gesehen werden. Das Salzburger Seenland.

    Die Postalm zum Frühstück? Eine Challenge. Auch weil die 20 Kilometer Anfahrt von St. Martin im Tennengebirge über Annaberg im Lammertal (the Home of Marcel Hirscher) wenig Möglichkeiten zum Aufwärmen geboten hatten. Ganz im Gegenteil. Eine lange Abfahrt und eine im Schatten liegende Seitenstraße entlang der Lammer nach Thalgau haben eher für Abkühlung gesorgt. Der Postalmstraße war das egal. Sie war jetzt da und musste bezwungen werden. 12 Kilometer und knapp 800 Höhenmeter. Ohne den Gegenanstieg nach dem erreichten Plateau mit eingerechnet. Klettern zum Frühstück.

    Rennradfahren auf die Postalm

    Am Weg mit dem Rennrad rund um Salzburg ist die Postalm das Tor zum Salzburger Seenland und ein Muss. Eine Umfahrung wäre eine Todsünde und außerdem nicht möglich, ohne das Bundesland zu verlassen. Dank Frühaufsteher-Gen war der Aufstieg einsam, entspannt und ohne Hektik. Im Kopf rannte immer eine virtuelle Zeituhr mit. Kilometer dividiert durch restliche Zeit ergaben den Schnitt, den ich mit leisten musste, um meine Zugverbindung um 1907 Uhr nicht zu verpassen. Getrödelt habe ich trotzdem nicht. Postalm hinauf, Postalm hinunter, Wolfgangsee entlang nach Gilgen, 200+ Höhenmeter wieder hinauf, dann wieder bergab und Fuschl am See war erreicht. Mein Wunsch nach Essbarem bliebt aber dort aufgrund des Ruhetages im Restaurant & Cafè dasJakob sowie der noch geschlossenen Küche im Hotel dasJakob unerfüllt.

    Mehr Zeit als einen Blick auf den See und die schnelle Weiterfahrt habe ich mir nicht gegönnt. Im Nachhinein betrachtet eine zu hektische Entscheidung. Mir wäre am Ende des Tages noch viel Zeit übrig geblieben, an einem der Seen im Salzburger Seenland zu verweilen. Ganze drei Stunden zu früh war ich nämlich zurück in Salzburg. Genussradfahrer bin ich leider noch keiner. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Schweißtreibender Abschied vom Salzkammergut.

    Dank Eddy Merckx Classic 2017 und der Rennradreise an den Fuschlsee 2018 wusste ich in diesem Moment, was hinter Fuschl am See auf mich warten würde. Eine böse Seestraße. Ein Stich auf leerem Magen. Mit dem wunderschönen Seepanorama im Rücken. Ein schweißtreibender Abschied vom Salzkammergut. Noch 90 Kilometer bis Salzburg entlang der Originalroute. Der direkte Weg wäre viel kürzer, aber trotzdem keine Option. Traumwetter muss man ausnutzen.

    Dank Komoot machte ich nach Thalgau Bekanntschaft mit einer kleinen giftigen Nebenstraße. Enzenbergdörfl und über den Wimmerweg auf die Henndorfer Landesstraße. Eine wirklich geglückte Überraschung. Da war das Erreichen von Henndorf und Neumarkt (beide am Wallersee) ein Kinderspiel. Die Zeit für eine Einkehr im örtlichen Spar war gekommen. Das Menü? Vier Ölz Schulmäuse, dazu ein kalter Cappuccino, einen gespritzten Apfelsaft und Wasser für die Weiterfahrt. Übrigens waren es am Tag zuvor nicht vier Schulmäuse, sondern vier Ölz Rosinen Brötchen. Achtung: Keine Werbung. Eine ganz besondere Diät.

    Das Salzburger Seenland besticht (bei Schönwetter) durch seine unendlichen Weiten und ständigen Achterbahnen. Es geht hier nicht hinauf, sondern immer wieder hinauf und gleich wieder hinunter. Zwischen Köstendorf bei Salzburg, Mattsee, Seeham, Berndorf bei Salzburg (hier heißt vieles bei Salzburg, obwohl Salzburg schon noch ein Stück entfernt ist), Mattsee, Obertrumersee und Grabensee. Eine Gegend, die zum Rennradfahren einlädt. Bei Schönwetter. Die Eddy Merckx Classic 2017 fuhr hier bei Sauwetter durch.

    Der bayrische Einfluss und die oberösterreichische Nähe.

    Die Grenze zu Deutschland ist hier sehr nahe und in Oberndorf bei Salzburg sogar passierbar. Die denkmalgeschützte und historische Salzachbrücke verbindet hier zwei Kulturen (!) und ermöglicht es in Laufen in der Gelateria Rizzardini ein echtes italienisches Eis zu genießen. Was ich, in falscher Eile befindend, natürlich nicht gemacht habe. Der Ruf Salzburgs war stärker.

    Zwischen mir und der Endstation am Salzburger Hauptbahnhof lagen entlang der Salzach nur noch Anthering und Bergheim bei Salzburg. Salzburg ist von hier über den Tauernradweg erreichbar. Ab Bergheim verläuft dieser direkt am Fluss. Die letzten Kilometer waren also eine kleine Tour d’Honneur und ein passender Abschluss (Triumphzug) meines Roundabout Projektes. Jetzt hatte ich sie. Alle Neune.

    Meine Ankunft in Salzburg war wie schon geschrieben viel zu früh. Es blieb noch Zeit in der Getreidegasse dem Massentourismus radeln auszuweichen und am Alten Markt sowie am Residenzplatz vorbeizuschauen, um dann am Hauptbahnhof in der klimatisierten Passage zuerst sowie später im überhitztem Bahnhof selbst einfach nur herumzuhängen. Wie schön wäre die Zeit an einem der vielen Seen gewesen. Statt dessen schlug ich mir die Zeit tot, Menschen zu beobachten, sie diese erstaunt und ungläubig meinen Rennesel beobachteten.

    Immer wieder Oje-ÖBB.

    Die Umbuchung meines Tickets auf einen früheren Zug war aufgrund mangelnder Radabstellplätze nicht möglich. Dafür war mein RJX maßlos überbucht. Auch mehr als 5 erlaubte Fahrräder wollten nach Wien. Dem Schaffner war das egal und der Dame, die ihr Fahrrad an meines lehnen wollte (nein, sie hat es zwischen zwei hängenden Rädern versucht einzukeilen) musste ich laut meine Meinung kundtun. So war die Fahrt angespannt und um 30 Minuten länger als geplant. Kurz nach 2200 war ich in Wien und es fiel mir nicht leicht dem REX-Anschluss gegenüber einer Fahrt mit dem Rad nach Eisenstadt den Vortritt zu geben. Ich habe das im Nachhinein bereut. Kurz vor Mitternacht, nicht einmal 48 Stunden nach Beginn meiner Reise war ich wieder dort, wo alles angefangen hatte.

    Die geplante Nachtfahrt habe ich dann einen Tag später nachgeholt. Bei angenehmen Temperaturen und einem auf Nacht-Modus getrimmten Rennesel.

    #ktrchts

    PS: Das ständige Hängen von Fahrrändern mit hydraulischen Bremsen (zB. beim Transport im Zug) kann den Bremsdruck verringern. Über mögliche unerwünschte Auswirkungen informieren Werkstatt, Shimano und Youtube.

    Rennradfahren in Tirol. Einmal rundherum.

    Rennradfahren in Tirol

    “Ticket nicht verfügbar.” Und das tagelang. Obwohl es pro Tag zwischen Wien und Tirol circa 10 Verbindungen mit dem ÖBB Railjet (RJ und RJX) gibt. Die schnellste aller Möglichkeiten, mit dem Zug samt Rennrad zum Rennradfahren nach Tirol zu fahren, wäre theoretisch ganz einfach. Praktisch aber weniger. Nur bis zu fünf Fahrräder, pro Zug, sind möglich. Und das ausschließlich mit Vorreservierung. Am verlängerten Wochenende rund um Maria Empfängnis waren, bis auf ganz wenige Ausnahmen, alle Fahrradmitnahme-Gelegenheiten ausgebucht. Nicht verfügbar. Eine flexible, dem Wetter (meistens schönem Wetter) angepasste Reiseplanung ist mit der ÖBB also kaum möglich. Rennradfahren in Tirol stand auf der Kippe.

    Ich wollte mit dem Zug nach Tirol reisen und von dort wieder nach Wien zurückfahren. Dazwischen mit dem Rennrad 3 Tage lang kurzurlauben. Die Suche nach einem freien Platz im Zug gestaltete sich mühsam und die Planung dieses Abenteuer war mehr oder weniger rollend und zum Schmeißen. Zig Verschiebungen und Umplanungen des Startpunktes und der Startzeit später, hatte ich meine vier Tickets. Für mich, meinem Fahrrad, meinem Sitzplatz und dem Fahrrad-Abstellplatz. Zu einer unchristlichen Zeit, aber immerhin. Rennradfahren in Tirol war gebucht. Einmal rundherum bitte.

    Fahrradmitnahme im Railjet der ÖBB

    Mit dem Rennrad rund um Tirol.

    Eigentlich. Ja, eigentlich wollte ich in Kufstein starten. Das Fehlen einer leistbaren Unterkunft für 6 Stunden Schlaf und einem Frühstück haben mich gezwungen, nach Wörgl auszuwandern. Ankunft um 2230 Uhr. Hotel gefunden, Zimmer bezogen. Zeitreise angetreten. In den Schlaf gewogen. Mit Kohldampf zu früh aufgewacht und bis 0730 Uhr spät in den Vormittag auf mein Frühstück gewartet. Um diese Zeit esse ich normalerweise zu Mittag. Egal. Um 8 war ich fertig ausgecheckt und am Rad. Ziel Imst. Über den Inntal-Radweg, das Mieminger Plateau, den Fernpass, das Lechtal und am Ende über das Hahntennjoch.

    Wie bei den anderen Roundabout-Routen (Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Vorarlberg, Kärnten, Steiermark) bestand die Challenge darin, Tirol innerhalb der Außengrenze zu umrunden. Ohne “Bundesland-Flucht” oder verbotenem Übertritt ins benachbarte Ausland. Was ja nicht immer ganz funktioniert hat. In Wien bedeutete Umrundung, außerhalb der Stadtgrenze zu bleiben. In der Steiermark war ich mit einem Bein in Slowenien und im Burgenland musste ich durch Ungarn. Dieser Regel ist bei Tirol rundherum dann leider Osttirol zum Opfer gefallen. Ob Osttirol Potenzial für eine sanfte Extra-Umrundung hat? Eventuell mit Südtirol zusammen? Interessanter Plan.

    Die Topografie Tirols machte es außerdem notwendig, einige Passagen im Inntal doppelt zu fahren. Die Alternative wäre gewesen, in eine Richtung nördlich des Inns zu bleiben und in der anderen Richtung südlich. Aus praktischen Gründen habe ich mich für den Inntal-Radweg entschieden. Ein schöner Radweg, auch wenn nicht durchgängig asphaltiert und teilweise sehr verwinkelt. Speziell durch die Ortschaften. Ich kam aber von Wörgl bis Telfs trotz einiger Zusatzschleifen halbwegs zügig voran. In Innsbruck haben mich meine Ortskenntnisse aus meiner Zeit an der Uni geholfen, das Goldene Dachl zu finden und dann weiter den Weg Richtung Flughafen und Kranebitten zu ohne Umwege zu meistern.

    Zeitdruck ist gut, um Druck am Pedal zu erzeugen.

    Die geplante Route hätte (!) 560 Kilometer lang sein sollen. Mit knapp 8.000 Höhenmetern. Aufgeteilt in 3 Tagesetappen. Am ersten Tag die längste (über 200k), am zweiten Tag jene mit den meisten Höhenmetern (3.700 HM) und am letzten Tag die kürzeste (140k), um rechtzeitig den Zug in Wörgl zu erwischen. Hätte. Die jeweiligen Unterkünfte hatte ich dieses Mal bereits im Voraus gebucht und reserviert. Etwas Zeitdruck ist gut, um Druck am Pedal erzeugen.

    Tirol mit dem Rennrad umrunden

    Wer bei 200 Kilometern auf den ersten 100 Kilometern kaum Höhenmeter macht, weiß, dass die zweiten 100 Kilometer umso schwerer sein werden. Was auch der Fall war. Ein Appetizer und Vorgeschmack war ab Telfs der “Aufstieg” zum Mieminger Plateau zuerst und der Fernpass gleich danach. Ja. Diese Strecke sollte man auf der Bundesstraße vermeiden. Vor allem dann, wenn der Arlbergtunnel gesperrt ist und diese Route als offizielle Ausweichroute angegeben wird. Es gibt aber leider keine Alternative. Zumindest keine asphaltierte. So zirkelte ich mich nebst holländischen Wohnwägen und stockendem Kolonnenverkehr kontinuierlich nach oben. Schön war es nicht, aber schnell. Auf der Abfahrt hatte ich dann aufgrund einer Straßensperre (Notarzthubschraubereinsatz) freie Bahn. Zuerst auf der Überholspur ohne Gegenverkehr und dann auf meiner Spur neben einer Kolonne stehender Autos in Gegenrichtung.

    Reutte war vorbei an der Zugspitze über Leermoos, Bichlbach, Biberwang, Heiterwang und unter der Highline179 durch am späten Nachmittag erreicht. Das Lechtal erwartete mich. Nur noch ein kleiner Schupfer namens Hahntennjoch. Schupfer, der sich als schier unüberwindbare Mauer entpuppte. Er hat mir gleich nach 500 Metern den Stecker gezogen. Die restlichen 15 Kilometer bis zum Scheitelpunkt waren eine Tortur. Gefühlte 200 Kilo habe ich im Schneckentempo irgendwie nach oben gebracht. Die Angst vor Tag zwei war mir ins Gesicht geschrieben. Einfach viel zu wenig gegessen. Ein unverzeihlicher Anfängerfehler.

    Mit dem Rennrad rund um Tirol

    Tirol ohne Kühtai ist wie das Kühtai ohne Kühe.

    Der Abend und die Nacht in Imst fühlten sich an wie der Aufenthalt in einer Krankenstation. Zwischen Übelkeit, Krämpfen und Resignation. Dass Tag zwei anders ablaufen würde, habe ich schon am Anfang des Hahntennjochs gewusst. Pillerhöhe und Kerschbaumer Sattel sollten meiner Leichtsinnigkeit und Fehler zum Opfer fallen. So blieb nur noch das Kühtai übrig. Denn Tirol ohne Kühtai ist wie das Kühtai selbst ohne Kühe. Imst, Haiming, Ötz und dann warteten schon die legendären 18 Kilometer hinauf zum höchsten Punkt der Tour. Mit größter Demut und haufenweise Respekt habe ich das Tagespensum an Höhenmetern in einem Allzeit-Negativ-Rekord abgehakt. Schnecken sind in Eile wahrscheinlich schneller. Nein. Sicher schneller.

    Bei traumhaften Bedingungen konnte ich die Abfahrt nach Kematen so richtig genießen. Im Vergleich zum Ötztaler Radmarathon, wo du hier ständig von links, rechts, oben und unten überrollt wirst. Der Rest des Tages ohne nennenswerter Vorkommnisse. Ein Besuch beim Bäcker Ruetz, eine Stippvisite im internationalen Studentenhaus in Innsbruck (meine studentische Vergangenheit), Kaffeestopp in Schwarz und eine kleine Stärkung in Rattenberg, bevor die Unterkunft, eine Pension direkt am Inntal-Radweg, bezogen wurde.

    Kaiserlicher Kaiserwinkel.

    Das Schönste beim Rennradfahren in Tirol zum Schluss? Mit Sicherheit das Leichteste. Denn ohne “Arschrakete” und ein paar Kilo weniger, ist das Rennradfahren in Tirol ein ganz anderes Erlebnis. Dank Schließfach am Bahnhof in Wörgl, wo ich alles, was ich nicht brauchen konnte, für ein paar Stunden deponiert habe, war die Abschlussrunde über Westendorf, Brixen im Thale, Kirchberg, Kitzbühel, St. Johann, Fieberbrunn, Pillersee, Waidring, Kössen und Walchsee via Kufstein retour nach Wörgl ein leichtes Spiel. Länger als geplant, aber umso befreiter. Badesehnsucht inklusive. Am Ende des Tages noch einmal über 155 nicht ganz freiwillige Kilometer und die Gewissheit, auch das heilige Land Tirol mit seinen Highlights umrundet zu haben.

    Ende gut, alles gut? Nein. Denn die Rückfahrt mit der ÖBB war erneut chaotisch. Aufgrund einer Störung im Deutschen Eck waren nämlich einige RJX-Verbindungen ersatzlos gestrichen worden. So tummelte sich im Regionalexpress von Wörgl via Zell am See nach Salzburg alles, was mit Fahrrad und sonstigem bewegt werden wollte. Für den Anschluss RJ in Salzburg bekam ich dann eine Stunde nach der Abfahrt die Information, dass die Wagenreihung geändert worden war. Zu spät, denn statt schön unter Dach einzusteigen, durfte ich im Wolkenbruch alle restlichen Waggons bis zum Anfang des Zuges marschieren, um meinen reservierten Platz zu erreichen. Drei Tage trocken geblieben und dann am Ende durchnässt in den Zug zu steigen. Genial.

    Acht von neun Bundesländern umrundet.

    Am Ende bleibt noch ein Bundesland übrig. Salzburg will auch noch umrundet werden. Vielleicht heuer noch. Und Rennradfahren in Tirol? Tirol isch lei oans. Eng und schmal. Dabei sind Anfang und Ende über einen Radweg verbunden. Was das Radfahren hier einfach macht. Habe sehr viele Artgenossen getroffen. Die vielen Seitentäler (Pitztal, Ötztal, Zillertal, Kaunertal, Alpbachtal, Achental, Wipptal, Paznauntal, …) bleiben bei einer Umrundung auf der Strecke. Leider. Oder vielleicht zum Glück.

    #ktrchts #machurlaubfahrrennrad #RAT23

    PS: Die Räder werden immer schwerer, die Menschen immer unbeholfener und gestresster. Der Platz im Zug für die Fahrradmitnahme bleibt aber trotzdem gleich. Logisch, dass beim Transport durch unsachgemäßes Handling Schaden entstehen. Danke an dieser Stelle an die unbekannte Person. Mein Holzrahmen weint.

    Arlberg Giro 2023

    Arlberg Giro 2023

    Eigentlich. Sätze, die mit eigentlich beginnen, verheißen normal nichts Gutes. Oder sie deuten darauf hin, dass etwas nachgetrauert wird. In diesem Fall den WPCC (World Press Cycling Championship), die im Zuge des Arlberg Giro 2023 hätten stattfinden sollen, und dann leider abgesagt worden sind. Das zu geringe Interesse (nur etwas mehr als 30 Anmeldungen) haben den Veranstalter dazu bewogen, das Ganze abzublasen. Also kein Zeitfahren und kein Sprintrennen. Geblieben ist aber die Teilnahme am Arlberg Giro und Roundabout Vorarlberg in Eigenregie. Zimmer und Zeit in St. Anton am Arlberg waren ja gebucht. Wäre schade gewesen, nur herumzusitzen. Und ein bisschen Einfahren hat noch niemanden geschadet. Auch wenn es 228 Kilometer und 2.900 Höhenmeter waren.

    St. Anton ist um 5 Uhr ein finsteres Loch.

    Eigentlich (da haben wir es wieder) hätte das Rennen um 6 Uhr in der Früh starten sollen. Aufgrund behördlicher Vorgaben, schickte man uns aber still und heimlich bereits um 5 Uhr morgens los. Der gesperrte Arlbergtunnel und das damit verbundene höhere Verkehrsaufkommen auf der Arlberg Passstraße samt Sperre für Fahrradfahrer bergauf, hat das Land Vorarlberg veranlasst, diese uns sonst keine Startzeit zu genehmigen. Dieser Umstand hat das Rennen von Anfang an spannend gemacht. Mein Hotel war darüber zum Beispiel gar nicht informiert und fiel von allen Wolken, als ich für Sonntag 4 Uhr ein Frühstück bestellen wollte.

    Dann kam natürlich noch das Thema Dunkelheit. St. Anton am Arlberg ist Ende Juli zu dieser Zeit noch ein finsteres Loch. Bei bedecktem Himmel und Sauwetter ein stockfinsteres. Regen war ja angesagt. Laut Wetterbericht des Tourismusverbandes für Sonntag in Form von ein paar Regentropfen. Einige Wetter-Apps waren hingegen etwas pessimistischer. Die meisten tappten aber im Dunkeln. Könnte, sollte, eventuell, vielleicht … Im Endeffekt war es vom Start weg bis ins Ziel nass. 150 Kilometer Wasser von unten und immer wieder stark von oben. Was die Abfahrten zu Tänzen auf rohen Eiern mutieren hat lassen. Bengalische Feuer hinauf auf den Arlbergpass und mit aufgedrehten Xenon-Lichtern geparkte Autos am Pass selber, haben das Morgengrauen etwas erhellt. Spektakuläre Bilder und Eindrücke für die einen, Hosenscheißer-Feeling für die anderen. Dass einige auf den ersten 7 Kilometern den viel schnelleren Weg zurück nach St. Anton gesucht und gefunden haben, kann ich verstehen. Überlegt habe ich es mir einige Male.

    Soviel ich weiß, ist alles gut gegangen. Glück gehabt. Trotzdem frage ich mich, was sich eine Behörde dabei gedacht hat. Selbstverantwortung hin oder her. Am Ende entscheidet jeder der TeilnehmerInnen für sich. Ich hätte gleich ein Night-Race daraus gemacht. Mit Licht-Pflicht für alle.

    Die Strecke und ihre Verkehrsordnung.

    In Österreich gilt bei jedem Radmarathon die Straßenverkehrsordnung (StVO). Im FahrerInnen-Briefing am Samstag konnte nicht oft genug darauf hingewiesen werden. Die gesamten 150 Kilometer sind nämlich nicht für den Verkehr gesperrt. “Es ist überall und jederzeit mit Gegenverkehr zu rechnen”. Auflagen, Vorschriften, Regeln … und wenn sich die TeilnehmerInnen nicht daran halten, gibt es keine solchen Rennen mehr. Und was macht die Meute (das Feld)? Beim ersten Kreisverkehr, ca. 1 Kilometer nach dem Start, teilt es sich in zwei Teile. Die einen fahren vorschriftsmäßig rechts und andere links davon durch. Finde den Fehler. Die gesamte Strecke ist aber sonst bestens abgesichert und beschildert. Kaum Verkehr, was auch an die frühe Startzeit und auf das Sauwetter zurückzuführen ist. Vielleicht haben die Behörden außer beim Wetter doch mitgedacht.

    Der Arlbergpass fordert gleich zu Beginn von 0 auf 15 % alle, die Abfahrt durch das Klostertal, lässt die Durchschnittsgeschwindigkeit schnell wieder zweistellig werden und die Anfahrt zur Silvretta Hochalpenstraße durch das Montafon trennt den Ehrgeiz vom Gemüt. Alle, die hier in einer schnellen Gruppe mitfahren können, sparen Kraft. Wer hier in einer schnellen Gruppe unbedingt mitfahren will, lässt Kraft liegen. Und wer sich selbst gut kennt, fährt sein Tempo. Mit einer Gruppe oder auch allein. Der Berg ruft nämlich. Und ist dann auch da. 15 Kilometer und knapp 1.000 Höhenmeter von Partenen hinauf auf die Bielerhöhe. Beim Arlberg Giro werden hier die Queen und der King of Mountain gekürt (eigene Zeitnehmung auf einer Länge von 13 Kilometern).

    Silvretta Hochalpenstraße

    Ende gut, alles Radweg.

    Die Silvretta Hochalpenstraße ist schon etwas Besonderes. Das Panorama, sofern die Sicht frei ist, ein Traum. Viele Kehren hoch, zweimal Stausee, der 3.312 Meter hohe Piz Buin, weitere noch spärlich vergletscherte Nachbarn und eine rasante Abfahrt durch das Panznauntal. Das Finale des Arlberg Giro ist etwas für Laktatresistente. Immer vorausgesetzt, Mann und Frau trauen sich. Denn da gibt es schon ein paar knifflige Passagen, die auf nasser Fahrbahn und im Regen Grenzen aufzeigen könnten. Scharf rechts, links durch Galtür, die Kreisverkehre in Ischl, die Tunnelumfahrungen vor Kappl und die scharfe Rechtskurve unter der Trisannabrücke. Nur um einige zu nennen. Der Rest ist Augen zu und Unterlenker. Bis Pians. Dann geht es die letzten 20 Kilometer wieder bergauf.

    Dank Autobahn (Schnellstraße) ist dieser Abschnitt weiterhin sehr verkehrsarm und man kann die letzten verbliebenen Kräfte dosieren. Bis Schnann. Wo die Strecke des Arlberg Giro seit heuer auf den Stanzertal-Radweg ausweicht. An und für sich eine geniale Idee, die letzten 10 Kilometer chillig das Ziel anzuvisieren. Ob man jetzt ein “Rennen” auf einen Radweg verlagern soll, dürfen andere entscheiden. Zumal der Stanzertal-Radweg etliche 90° Kurven hat und auch Brücken. Jeder weiß, was es heißt, eine nasse Holzbrücke zu befahren. Wenn nicht, einfach Stefan Kirchmair fragen. Der amtierende UCI-Amateur-Weltmeister und spätere Zweite der Gesamtwertung rutschte auf einer aus und lag am Boden. Eigenverantwortung und Rennen sind oft schwer zu koordinieren.

    Auf Wiederradeln.

    Es war ein geniales Wochenende. Trotz fehlender WPCC. Vielleicht aber genau deshalb. Einmal rund um Vorarlberg, dann eine Ausfahrt mit dem Team Vorarlberg und ein Arlberg Giro, der seine Reize hat. Für das Wetter kann niemand etwas dafür. Auch wenn der Regen in St. Anton am Arlberg fast schon zum Inventar gehört.

    Die Region bemüht sich sichtlich darum, auch RennradfahrerInnen anzulocken. Die direkte Anbindung mit dem Zug, spricht dafür. Vielleicht fehlt ein wenig die Vielfalt. Man hat die Wahl zwischen Arlbergpass rauf oder Stanzertal raus, bevor sich wunderbare Routenmöglichkeiten in Tirol und Vorarlberg eröffnen. Vom Preisniveau gliedert sich St. Anton am Arlberg auf eine Stufe mit Sölden ein. Nicht die Startgebühr. Sondern beim Essen und Wohnen. Kein Wunder, dass Spar und Billa überfüllt sind. Eine Margherita für € 15,- kann und will sich nicht jeder leisten. Mit der Zeit findet man aber auch Preiswerteres. Vorausgesetzt, man schraubt die eigenen Ansprüche etwas herunter.

    Zu erwähnen ist, dass das Wochenende rund um den Arlberg Giro am Samstag ein spannendes Kriterium für UCI-FahrerInnen mitten im Ortskern bietet. Und auch das Finisher-Geschenk lässt sich sehen. Heuer war es eine Regenjacke von AGU. Jacke, die die meisten gleich im Renneinsatz hatten. Der nächste Arlberg Giro findet am 4. August 2024 statt.

    Arlberg Giro:

    • 150 Kilometer
    • 2.500 Höhenmeter
    • 4 Verpflegungsstationen (Gortipohl km 60, Bielerhöhe km 82, Pians km 124, Ziel km 150)
    • maximale StarterInnen: 1.5000
    • Start: normal 6 Uhr
    • Highlights: Arlbergpass, Abfahrt Stuben am Arlberg, Klostertal, Montafon, Bielerhöhe (Silvretta Hochalpenstrasse), Paznauntal
    • Pastaparty: Ja, mit Gutschein
    • Expo: Ja, mit verschiedenen Ausstellern, Bike-Service und Live-Musik

    #ktrchts #machurlaubfahrrenrnad