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quaeldich.de Schweiz Rundfahrt. Tag 3.

Den heutigen Blogbeitrag beginne ich mit einer kleinen Wettervorschau auf den morgigen Tag. Bäh. Grausig. Scheiße. Kacke. Das sind in meiner Welt 51 mm Regen über den Tag verteilt. In der Region in der wir morgen unterwegs sein werden. Und weil das noch nicht genug ist, sind am Stilfser Joch Schneefälle bei 0 Grad angesagt. Zum Glück erst am 2200. Bis dahin sollten wir oben sein. Hoffentlich.

Aber zurück zum heutigen dritten Tag der quaeldich.de Schweiz Rundfahrt. Von Andermatt nach Pontresina. 160 km und über 3.000 Höhenmeter. Über den Oberalp und den Albula. Dazwischen etwas „rollen“.

Der Tag beginnt für mich mit etwas Hektik. Ein Schlauchwechsel ca. 15 Minuten vor dem Start kann einem ganz schön ins Schwitzen bringen. Ich denke mir nichts dabei. Bin ich halt warm, wenn es losgeht. Direkt vom Hotel auf den Oberalp. Keine 10 Meter zum einrollen. Schlauchwechsel geht ohne gröberen Probleme über die Bühne. Dafür waren meine Hände schmutzig. Ich gehe mir die Hände waschen. Noch 3 Minuten bis zum Start. Ich bin nevös. Warum? Noch habe ich keine Ahnung. Erst ein paar Sekunden später erfahre ich den Grund. Ich trage noch Turnschuhe. Also keine Radschuhe. Jene, mit denen  man in die Klick-Pedale kommt. Wo ist der Bus? Schon weg? Zum Glück nicht. „Hallo, bitte nochmals hinten aufmachen, ich brauche meine Radschuhe“. Es geht sich aus. Knapp aber doch.

Los geht’s. Hinauf auf den Oberalp. Die Grenze zwischen den Kantonen Uri und Graubünden. 10 km bei mäßiger Steigung. Lukas hat uns ein Zwischenhoch versprochen. Ich höre auf seine Worte. Kurze Hose. Kurze Trikot und „nur“ eine Windjacke im Schlepptau. Es hat kaum 10 Grad. Auf dem Weg nach oben wird mir nicht wirklich warm. Je höher wir steigen, desto mehr Reif sehen wir bereits auf den Almwiesen. Uuuups. Die Sonne schaffte es kaum die Wolkendecke zu durchbrechen. Ich ahne noch nicht das Böse. Locker und fast geschlossen gehts auf den 2.000m hoch gelegenen Oberalp. Wir passieren einen Tunnel. Im Tunnel ist es angenehm. Trocken. Kaum verlassen wir den Tunnel fahren wir in eine dichte Nebelwand. Und es ist jetzt saukalt. Nochmals uuuups. Der Pass ist wenig spektakulär. Außer, dass man da oben einen Leuchtturm findet. Ich gehe in das Gasthof, hole mir ein Tischgedeck und stecke mir dieses unter das Radtrikot. Alter „Gazzetta dello Sport Trick.“ In den Helm stopfe ich Servietten. Damit meine Frisur nicht unter der Kälte bei der Abfahrt leidet.

Die Abfahrt vom Oberalp ist grenzwertig. Nebelig. Es nieselt. Die Straße ist nass. Wir sehen kaum 20 Meter. Mir friert. Keine Handschuhe. Keine Knielinge. Keine Beinlinge. Keine Ärmlinge. Keine Mütze. Es ist Winter und ich komme daher wie im Hochsommer. Klassisch verspekuliert. Selber Schuld.

Augen zu und durch. Selten so gefroren. Zum Glück sind wir bald unten. Blindflug. Schlangenlinien. Wegen des Zittern am ganzen Körper. Nur noch schnell zusammenwarten und dann weiter. Gutes Tempo. Die Straße wieder trocken. Der Körper noch nicht auf Betriebstemperatur. In Disentis halten wir nochmals an. Jetzt entledigen sich die anderen von ihren warmen Sachen. Ich habe ja keine. Also bin ich momentan arbeitslos.

Noch ca. 50 km bis zur Verpflegung. Tendenziell leicht abfallend. Mit einer kleinen Asphaltblase. Die Rheinschlucht muss überwunden werden. Da ich mit Garmin Track fahre kann ich mir die Kräfte ganz gut einteilen. Ich übernehme die Gruppe. Bringe diese in den Berg bei Ilanz Richtung Versam. Dann eröffnet Lukas das Bergmassaker. Er hat Hunger. Und will schnell nach Thusis. Wir auch. Die 300 HM sind schnell überwunden. Die Rheinschlucht eine traumhafte Strecke. Kompliment an den Routenplaner. Bonduz – Thusis erledigen wir im Eiltempo. Endlich Verpflegung. Und die Gewissheit. 42 km und über 1.700 HM bis auf den Albulapass. Es ist heißt. Die Sonne brennt jetzt ganz schön ordentlich. Die Frage nach der richtigen Bekleidung stellt sich jetzt jeder. Was soll man auf den Berg hinauf mitnehmen? Die Vorhersage meint ja Gewitter am Nachmittag. Und die böse Front, welche uns am Mittwoch stressen wird, soll auch vorbeischauen.

Gruppe 1 dezimiert sich auf 6 Leute. Janina als einzige Dame ist auch noch dabei. Chapeau. Es ist ruhig in der Gruppe. Tiefencastel ist erreicht. Hier könnte man über den Julienpass direkt nach St. Moritz und unseren Etappezielort fahren. Mit dem Auto sicher eine schnellere Variante. Mit dem Rad nicht wirklich. Die gesamte Gruppe bleibt auf Kurs. Logisch. Mitgehangen, mitgefangen. Ich genieße die Landschaft und sauge mir berühmte schweizer Destinationen ein. Lenzerheide und Davos sind von hier aus erreichbar. Und auch Chur.

Tiefencastel, Filisur, Bergün. Unsere nächsten Stationen. Die Straße noch nicht wirklich passtauglich. Stetig bergauf, aber nicht wirklich. Außer kurz vor Bergün. Hier windet sich die Straße über ein paar Kehren etliche Höhenmeter nach oben. Genau wie die Rätische Bahn auf den Albula. Über 100 Brücken muss sie nach oben überqueren. Sie ist UNESCO Weltkulturerbe.

Dann wird es kitschig. Die Straße und die Bahnstrecke geben sich immer wieder die Hand. Man passiert sie einmal darunter, dann wieder darüber. Bis nach Preda, die letzte Ortschaft vor dem Pass. Hier wechselt das Panorama. Statt dichtem Wald, saftige Wiesen und Almen. Die schroffen Spitzen der Berge sind gut erkennbar. Cresta Mora. Piz Üertsch und Piz Blaisun. Knappe 4 km und noch 300 Höhenmeter. Nicht steil. Zeit zum genießen. Ich tue es. Meine GoPro ist im Dauereinsatz. Einfach nur genial. Rückenwind auch noch. Endlich oben. 42 km bergauf in einem Stück. Für mich eine Premiere. Noch 23 km bis ins Ziel.

Die Abfahrt auf gut asphaltierter Straße ein Genuss. Spitzen von über 80 km/h sind hier leicht zu erreichen. Zuerst geht es fast gerade aus. Und bergab. Dann ein paar Kehren. Auf etwas holprigem und welligem Untergrund. Macht Spass. Wir sind im Engadin. Es geht entlang des Inns stromaufwärts Richtung St. Moritz. Hinter uns wäre Zernez, Scoul und mit guten Beinen auch Nauders oder Landeck. Wer den 3Länder Giro schon mal gefahren ist, kennt diese Gegend. Wir werden am Donnerstag nochmals über Umbrailpass und Ofenpass hier vorbeischauen.

Aber es ist noch Dienstag. Wir müssen nach Pontresina. Ein starker Gegenwind erschwert uns das. Vorbei am Flughafen des Engadins und des Golfplatzes St. Moritz. Noch 3 km. Wir sind fertig. Und es fängt an zu regnen. Wir haben die schweizer Pünktlichkeit.

Fazit. Lange Etappe. Mit viel Abwechslung. Kalt. Warm. Hoch. Höher. Und wieder runter. Die Schweiz hat hohe Berge. Warum? Weil die so tiefe Täler haben. Und die Schweiz hat sehr berühmte Passstraßen. Einige davon sind wir gefahren. Einige warten noch auf uns.

Einen weiteren Kommentar über das Wetter morgen erspare ich mir. Denn wer weiß, vielleicht ist Gott ein Pinarello Fahrer.

Stay tuned.
Cristian Gemmato aka @_ketterechts

quaeldich.de Tauernrundfahrt. Tag 5.

Die 6. quaeldich.de Tauernrundfahrt ist Geschichte. Darum gleich die freudige Nachricht ganz am Anfang. Es wird eine 7. geben. Vom 1. bis 5. August 2015. Wer will kann sich diese 5 Tage bereits jetzt in seinem Kalender farbig anmalen. Um mich nur einmal kurz zu wiederholen: knapp 700 km und 12.000 Höhenmeter in 12 Tagen. Salzburg – Kaprun – Spital an der Drau – Innerkrems – Filzmoos – Salzburg. Die Höhepunkte: Rossfeld, Hirschbichl, Fuschertörl, Hochtor, Hochrindl, Nockalmstrasse, Prebersee, Sölkpass und Postalm. Tag 5 begann bei strahlendem Wetter und endete auch so. Somit sind die 2 Regentage zu Beginn fast schon vergessen und aus dem Körper hinausgewärmt. Wir werden uns zurückerinnern. Und wir werden sehr lange darüber reden dürfen.

Noch einmal hieß es alle Kräfte und vorhandenen Körner erneut abzurufen. Was wir auch getan haben. Die letzte Etappe endete nach 124 km und 1.600 HM mit einem Schnitt von über 30 km/h. Und sie endete mit dem (fast) traditionellen Kaiserschmarrenschmaus. Doch dann war die Zeit gekommen Abschied zu nehmen. Die einen sieht man bald wieder (Ötztaler, Kärnten, Friaul Slowenien), die anderen vielleicht nächstes Jahr. Ich fahre am Samstag zur quaeldich.de Schweizrundfahrt. Ja. Ich spinne. Nein, ich habe nicht Urlaub.

Persönlich ziehe ich eine sehr positive Bilanz. Für das Wetter kann niemand was. Für den Rest war quaeldich.de verantwortlich. Und da gibt es gar nichts zu meckern. Hotelauswahl, Tourauswahl, Verpflegung, psychologische und mechanische Betreuung – von Feinsten und so wie man es sich vorstellt. Es war kein Rennen und trotzdem wurde ich gefordert. Es war kein Urlaub und trotzdem habe ich ab dem zweiten Tag nicht mehr an den Alltag gedacht. Es war viel Schweiß dabei und genau deshalb hat es Spass gemacht. Es waren ganze 5 kurzweilige Tage inmitten einer Truppe interessanter Menschen, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Schade, dass ich nicht mit jedem ein paar Worte und Gedanken austauschen konnte. Die Themenvielfalt wäre sehr groß gewesen. Neben dem obligaten Wattgesprächen. Es war wie ein Klassentreffen. Weil ich viele schon von früheren quaeldich Reisen kenne. Ich kann die Tauernrundfahrt jedem empfehlen. Bergziegen wie Genussfahrern. Flachlandrolleurs wie Klettermaxe.

Stay tuned.

Cristian Gemmato aka @_ketterechts

quaeldich.de Tauernrundfahrt. Tag 4.

Guten Morgen aus Filzmoos. Bin halbwegs wieder im Zeitplan was das bloggen betrifft. Der gestrige Tag war nicht ohne. Eine fast Königsetappe nach der Königsetappe. Mit 140 km und 2.600 HM ganz schön heavy. Auch wenn man bedenkt, dass Gruppe 1 einen Schnitt von 28 km/h zusammengebracht hat. Meine Beine sind schon sehr schwer. Mafiosi würden keine Betonblöcke brauchen, um mich im Meer zu versenken. Die Tage am Rad haben ihre Spuren hinterlassen. An meinem Körper und an meinem Rad. Der Princess of Pain geht es den Umständen entsprechend sehr gut. Mir auch.

Zum Start in der Innerkrems war gleich ein 2,5 km Anstieg auf den Schönfeldsattel zu meistern. Frühstücksverdauung am Rad. Auch ein Highlight der Tauernrundfahrt. Danach folgte eine sehr lange und schöne Abfahrt hinunter über Bundschuh in den Lungau. Mit vielen Viehsperren und Viechern. Kühe wohin das Auge – falls bereits offen – reichte. Das Wetter spielte mit. Es war frisch und von den nächtlichen Regenschauern noch etwas nass. Aber sonst perfektes Radwetter. Über Tamsweg ging es dann hinauf zum Prebersee. Diesmal von der südlichen Rampe aus. Diese ist im Vergleich zur Nordanfahrt steiler. Es ist ja die fast Königsetappe nach der Königsetappe. Ich habe mich bergauf zu Gruppe 2 zurückfallen lassen. Zum Fotografieren und Filmen. Wir schlenderten uns nach oben. Vorbei an den Ausläufern von Gruppe 3. Am Garmin Track bereits die Banane für die Verpflegung sichtend. Oben Reunion. Alle wieder zusammen. Kurz was essen und trinken. Gruppe 1 (ich wechselte wieder) bereits startklar.

Die geniale Abfahrt nach Schöder nahmen wir mit hohem Tempo. Dieses wurde immer wieder durch den schlechten Asphalt gedrosselt. Spass hat es trotzdem gemacht. In Schöder begann dann schon der Ansteig zum letzten großen Hügel dieser Etappe. Es ging auf den Sölkpass. Von Süden nach Norden. Premiere. Über 10% Steigung am Anfang. Dann ein kurzes Flachstück. Die letzten 5 km dann auch wieder zwischen 10 und 12%. Gruppe 1 war gleich zerrissen. Vorne weg, wer vorne weg konnte (und musste). Hinten der Rest. Ich hielt mich am Hinterrad von Gudie Hannes. Vor allem im Flachstück wollte ich nicht abreißen lassen. Allein wäre ich wohl gestorben. Die letzten Kilometer nur ein Kampf. Filmen, Fotografieren und Pedalieren. Das sind drei Dinge in einem. Und zwei zu viel. Pedalieren. Der Sölkpass zieht sich. Gewaltig. Oben angekommen sind wir dann aber alle. Verpflegung. Gewand wechseln und den Rest auf den letzten Metern anfeuern. Dann gleich wieder hinunter ins Ennstal. Laut Insidern sollte unten die Sonne scheinen.

26 km Abfahrt. Tendenziell. Ein langes Flachstück dazwischen. Mit Gegenwind. Nordföhn. Sehr hohes Tempo im Windschatten. Der Sonnentipp bewahrheitete sich. Gefühlte 30 Grad. Plus. Schweiß. Unten kurzer Kaffee Stop. Bei mallorcatauglichen Temperaturen. So muss Rennrad fahren. Entlang des Ennstales Richtung Schladming genossen wir diesen Sommertag. Nur kurz. Dann der kurze knackige Anstieg hinauf in die Ramsau war genau so wie, der Name es vermuten lässt: Eine Sau. Er verlangte von uns nochmals alles ab. Rechts von uns der Dachstein. Ein herrliches Bild. Nur noch wenige Kilometer bis zum Hotel. Ramsau – Filzmoos, das ist auch die Originalstrecke des Amadè Radmarathons. Landschaftlich ein Traum. Mit kurzen Stichen. Aber vor allem mit einer sehr schönen Abfahrt. Mein Tacho zeigte 80 km/h.

Filzmoos. Ende der 4. Etappe. Und endlich eine Stiegl Sportweisse. Für alle. Zumindest bis die mitgebrachte Kiste leer war. Fachsimpeln am Parkplatz. Über den Tag. Über neue Pläne. Und weil wir (Roli, Hannes und ich) noch nicht genug hatten ging es noch ein paar km taleinwärts an den Fuße der Bischofsmütze. Landscape seeing – Kraft tanken.

Morgen (heute – ich schreibe in aller Herrgottsfrüh) geht die Tour zu Ende. Schade.

Stay tuned.
Cristian Gemmato aka @_ketterechts

ARBÖ Radmarathon Bad Kleinkirchheim.

1,2, 3 … Start zum ARBÖ Radmarathon Bad Kleinkirchheim

Der ARBÖ Radmarathon Bad Kleinkirchheim. Das sind 106 km und 2.200 Höhenmeter. Über die Nockalmstrasse und entlang des Millstätter Sees. Mit Start und Ziel in Bad Kleinkirchheim. Diesmal war ich in doppelter Funktion vor Ort und dabei. Als Kärntentracker für die Kärnten Werbung und als Ketterechts Blogger natürlich aus. Drei Tage im wunderschönen Bad Kleinkirchheim. Ein Örtchen welches ich schon vom Winter her kenne. Ich sage nur Powder Alarm! Aber das wäre jetzt eine ganz andere Geschichte. Eine die nicht zum Radfahren passt. Viel zu kalt.

Drei Tage Kulinarik, Sport, Genuss und Side Events. Denn zu meinem Glück fand zeitgleich das Fischfest in Feld am See statt. Natürlich habe ich dieses besucht. Zusammen mit Christoph – mein Kärntentracker Kollege. Was sich rund um den Radmarathon so abgespielt hat, das können Sie hier nachlesen. Folgender Blogbeitrag widmet sich ausschließlich mit meinen Erlebnissen beim Rennen.

Vorweg: Die Organisation des Radmarathons ist perfekt. Die Startnummernausgabe funktioniert tadellos. In wenigen Minuten habe ich meinen Zeitnehmchip und jede Menge Gutscheine in der Hand. Pasta, Getränke, freier Eintritt ins Römerbad, Gratis-Massage und ein Radtrikot der Firma Sportful. Bleibt noch viel Zeit um sich in Bad Kleinkirchheim umzuschauen. Beim Krone Kids race zum Beispiel. Oder beim Promi Radrennen zu Gunsten von Licht ins Dunkel. Mit den heimischen Olymmpiasiegern Franz Klammer und Matthias Mayer. Und natürlich bei der Pasta Party. Carboloading wie es so schön heißt. Da man von diesen Kohlehydraten nicht genug kriegen kann, gönne ich mir noch im Genusshotel Almrausch einen deliziösen Kaiserschmarren. Mit Apfelmus.

Sonntag, 6. Juli 2014. 7.30 Uhr. Es geht los. Als Blogger habe ich das Privileg ganz vorne starten zu dürfen. Neben mir der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser. Auch er bereit für die 106 km. Chapeau. Und alle Favoriten des Rennens. Ich fühle mich wie ein Goldfisch im Haibecken. Demut. Respekt. Und etwas Angst. Meine Gefühlswelt zusammengefasst. Es geht los. Meine GoPros sind eingeschaltet. Eine am Lenker befestigt. Die eine hinten an der Sattelstütze. Ich bin der erste. Und führe die Meute an. Ich weiß. Lang wird es nicht dauern und sie werden mich überfahren. Ich genieße die Rolle des Führenden. Mache mich aber gleichzeitig auch ganz klein. Ich will nicht auffallen. Die ersten Ellbogenchecks stecke ich noch weg. Ein etwas stärkerer bringt mich und mein Rennrad ins Wanken. Ich vermeide einen Sturz. Mit Glück. Fluche. Präge mir die Startnummer des „Kollegen“ fest ein. Ich weiß zwar nicht, wo sein Auto steht, aber ich kenne mich in Social Media aus. (Starnummer 235, sofern wer nachrecherchieren will). Denke mir, was soll denn das. Aber das ist wohl Radsport. Das ist wohl Radrennsport. Hat man mir gesagt. Verstanden habe ich es nicht. Denn hier sind keine Profis am Start. Hier sind Hobbyradfahrer zu Hause. Die wie ich nur ein Ziel haben. Gesund am Abend über das Erlebte berichten zu können. Egal. Das Rennen geht weiter.

Die Abfahrt nach Patergassen ist wie immer ein Nadelöhr. Immer mehr Räder drängen sich von hinten an die Spitze. Es riecht nach verbranntem Bremsgummi. Der teilweise schlechte Asphalt ist Schuld. Dann geht es links ab nach Ebene Reichenau. Das Feld ist jetzt ein zusammenhängender Haufen an Carbonmaschinen. Es riecht nach Muskelöl. Es rauscht. Eine Symphonie aus Wind und Kurbelumdrehungen. Links und rechts tauchen immer mehr Räder auf. Ich werde ohne es zu wollen einfach nach hinten gespült. Das ist so. Entweder du pickst am Hinterrad deines Vordermannes oder jeder Millimeter wird ausgenutzt. Da sind schlaue Füchse am Werk. Geimpft mit allem was man im Radrennsport so an Tricks beherrschen muss um sich zu behaupten. Ich bin Laie. Ein Genussfahrer, der hier die falsche Spielwiese betreten hat. Oh mein Gott. Ist ein Triathlon schön und einsam.

Das Feld gleicht jetzt einer Ziehharmonika. Einmal lang gezogen und dann wieder ganz eng. Fast kuschelig. Dann geht es hinauf. Die Nockalmstraße wartet. Vorne weg, wer die Beine dazu hat. Auf nimmer Wiedersehen. Es scheint, als wären doch Profis am Start. Was für ein Tempo am Berg. Ich komme da nicht mit. Fühle meinen Pulsschlag im Hals. 175 Schläge die Minute. Zeit, etwas kürzer zu treten. Ich reihe mich ein. Ziehe meine Kamera aus der Trikottasche heraus. Neben den fixen am Rad habe ich noch eine mobile. Die neue Garmin VIRB. Mit ihr mache ich Bilder. Es ist jetzt schon ziemlich anstrengend. Treten, filmen und fotografieren. Und ja. Auch der eine oder andere Live Tweet geht raus. Auf Twitter und Facebook warten Fans und Follower auf die ersten Eindrücke. Christoph dient als Spotter und verteilt die Meldungen. Auch Kleinkirchheim ist fleißig Online und versorgt jene, die nicht dabei sind mit meinen Bildern. Der Kärnten Radmarathon ist digital. Kärnten ist digital.

Zwei Mal knapp über 2.000 Meter Seehöhe. Das ist die Nockalmstrasse. Sie präsentiert sich heute von ihrer schönsten Seite. Einfach kitschig. Aber so ist Kärnten. Wenn die Sonne scheint. Und die scheint zum Glück sehr oft. Durch den frühen Start um 7.30 Uhr ist die Straße verkehrsarm. Man hat den Eindruck, die Straße sei für den Verkehr gesperrt. Kein Motorrad. Kein Auto. Kein Autobus. Streckenposten an jeder Gefahrenstelle. Also lasse ich es krachen. Mit 80 km/h Richtung Innerkrems. Mit vollstem Vertrauen zum Material. Rolle auf teilweise neuem frischem Asphalt. Hinter mir niemand. Vor mir niemand. Ich bin allein mit mir, meinem Rennrad und den Nockbergen. Ein Traum.

Allein mit sich zu sein ist für Geist und Seele recht gut. Ausgesprochen gut. Für ein Radrennen aber ein großer Nachteil. Pech. Von der Glockenhütte hinunter nach Innerkrems und Vorderkrems sowie hinaus auf die B99 bis Trebesing, also fast das gesamte Liesertal, im Wind. Das kostet Kraft. Viel Kraft. Die Gruppe vor mir ist zwar in Sichtweise. Aber allein kann und will ich diesen Husarenritt nicht wagen. Ich bin ja Hobbysportler. Ich schaue zurück. Aber es kommt keine Hilfe. Also weiterfahren. Allein. Dann kam die Rettung. Nicht das Rote Kreuz. Nein. Eine „Packerl“. Ich lasse mich einholen. Ordne mich ein und fahre mit. Wir sind bereits in Seeboden am Millstätter See. Noch knapp 25 km bis ins Ziel. Entlang des Sees wird Tempo gemacht. Wir wechseln uns vorne ab. Mit wir meine ich 2 – 3 Fahrer. Der Rest leistet keine Führungsarbeit. Aber auch keinen Wiederstand, wenn es leicht bergauf geht. Es gibt nochmals Wasser zum Nachfüllen. Dieses mal am Ende einer kleinen Steigung. Nicht auf der Geraden, wo man mit 40 km/h kaum eine Wasserflasche fassen kann. Wir erreichen das südliche Ende des Millstätter Sees. Es geht Richtung Radenthein. Die letzten 600 Höhenmeter warten. Es ist 11 Uhr. Sie Sonne brennt. Im Feld ist es still. Entweder taktiert man oder man ist kurz vor dem sterben. Metaphorisch gemeint. Leider gibt es heuer keinen „Empfang“ in Radenthein. Echt schade. Hier gab es die letzten Jahre immer Disco Beat und Cola bzw. Red Bull. Das hätte ich gebraucht. Eben für den letzten Kraftakt hinauf nach Bad Kleinkirchheim. Die letzten Bilder. Die letzten Videosequenzen. Die letzten Tweets. Bad Kleinkirchheim ist erreicht. Das Ziel in greifbarer Nähe. Noch eine Linkskurve. Zielbogen. Habe fertig. Chip retour geben. Kaution kassieren und ab zur Stärkung. Man trifft bekannte Gesichter und diskutiert gleich als wäre man im Sportstudio. Wie die Profis. Also doch. Zu erzählen gibt es vieles.

Der ARBÖ Kärnten Radmarathon 2014 ist Geschichte. Perfektes Wetter. Super Strecke. Bad Kleinnkirchheim nockt. Nicht nur weil der Radmarathon hier Station macht. Man kann hier entspannen. Aktiv, wie auch passiv. Adria Trail, MTB Trails, Rennrad, Laufen … meine Welt. Ohne dass der Genuss zu kurz kommt. Hier wird großer Wert darauf gelegt, heimsiches zu servieren. Von der Marmelade, über die Kräuter, die Fische und das Fleisch. Immer mit dem Gewissen extra. Kärntner Gaumenfreuden. Ich habe es genossen. Und komme gerne wieder. Mit oder ohne Rennrad. Eher mit Rennrad. Oder im Winter mit den Ski. Aber das wäre eine andere Geschichte.

Stay tuned.
Crisitan Gemmato aka @_ketterechts.

PS: Video vom Radmarathon gibt es natürlich auch.