Schlagwort: Rennradblog

Die teueresten Rennradschuhe – Mavic Comete im Test

Rennradschuhe

Jetzt haben wir den Salat. Besser gesagt, die teuersten Rennradschuhe der Welt. Mavic Comete für läppische € 1.000,-. „Der Rennschuh mit der besten Kraftübertragung und direktesten Verbindung zum Bike aller Zeiten“. Genau das versprechen die Franzosen. Gut, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, mit diesen Rennradschuhen ein paar Runden zu drehen. Nicht vorenthalten möchte ich euch, wie es mir dabei ergangen ist.

Was ich alles für € 1.000,- Schuhe mache.

Mittwoch Vormittag. Ich plage mich über den Radweg am Gürtel Richtung Mountainbiker. Etwas was ich sonst nie mache. Denn ich hasse Radwege. Die Wiener Radwege insbesondere. Wer diese so angelegt hat, war wohl noch nie mit einem Rennrad unterwegs. Schlimmer als jede Form des Autoverkehrs in Bari oder Neapel. Die Gefahr lautert überall. Links- und rechtsabbiegende Autos, Straßenbahnen, Busse und Taxis. Letztere sind die Ärgsten. Gesetzeslos agieren sie. Alles und alle im Auge zu behalten fällt mir schwer. Zum Glück fährt die U6 oberhalb. Ein Feind weniger. Dazu noch Schienen, Fußgänger und Polizeiautos. Ein solches patroullierte mitten am Radweg. Seitlich kaum 30 cm Abstand. Ich habe mir erlaubt die Beamten auf gut wienerisch mit Schweibenwischer freundich zu grüßen. Alles nur für € 1.000,- Rennradschuhe.

Dann der große Moment. Ich bekomme beim Mountainbiker die Rennradschuhe. Nein. Ich bekomme eine schwarze Box mit einem kleinen gelben Streifen. Unboxing – nennt sich das in der Fachsprache. Fritz „Magic“ assistiert mich. Der 6fache Staatsmeister und 8fache WM-Teilnehmer ist heute mein Mann an Ort und Stelle. Box öffnen, Schuhe einzeln aus einer feinen Stofftasche nehmen, eine kurze Einführung in das neue Verschlusssystem (Mavic Ergo Dial-Drehverschlüsse mit Zwei-Wege-Mikro-Justierung) und ich darf mich austoben.

Mit diesen Rennradschuhen muss man schnell fahren.

Vorsichtig und behutsam schlüpfe ich in den Innenschuh. Ich will jede Sekunde voll aufnehmen und spüren. Natürlich habe ich ein anderes Gefühl wie im Suplest Edge3. Der Mavic Comete fühlt sich eben anders an. Enger und steifer. Vor allem seitlich und in der Ferse. Das Anziehen erinnert mich an meine Zeiten als Skifahrer und das Plagen mit dem Dobermann von Nordica mit 150er Flex. Mit beiden Beinen am Boden wage ich erste Schritte. Nein. Der Mavic Comete ist nicht zum Gehen geeignet. Da gibt nicht viel nach. Nur der Innenschuh hebt sich beim Spaziergang durch den Shop hinten ein wenig aus dem Schaft heraus. Ob Größe 42 die richtige ist? Größer auf keinen Fall.

Rennradschuhe

Macht einen schlanken Fuß

Ich weiß nicht ob es eine Steigerungsform für Beton gibt. Wenn ja, dann beschreibt sie die Kombination aus Mavic Comete und Solestar Carbonsohle. Diese habe ich nämlich den zwei mitgelieferten Mavic Sohlen vorgezogen. Vorerst ohne nennenswerten Durckstellen, verlasse ich den Shop und mache mich auf den Weg.

Der erste Eindruck nach ein paar Flachkilometern auf der Donauinsel? Mit diesen Rennradschuhen muss man einfach schnell fahren. Vielelicht aus Furcht verletzt zu weden oder einfach nur, um schneller wieder retour zu sein. Man weiß ja nie, wie lange die Blutzirkulation in den Fußen damit gewährleistet ist. Möglicherweise auch, weil am Versprechen von Mavic etwas dran sein könnte. Direkte Kraftübertragung. Das Gefühl, immer genug Druck am Pedal zu haben ist schon da. Placebo hin oder her. Kopf, Beine, Schuh und Pedal harmonieren ganz gut und agieren sehr schnell. Die Wattangaben sehen vielversprechend aus. Insbesondere im Wiegetritt und mit der Kette rechts habe ich den Eindruck, dass der Schuh sein ganzes Potential aussschöpft.

55 Strava Pokale – jetzt darf man interpretieren.

Die Schuhe sitzen fest im Sattel. Stehend wie sitzend. Die niedrige Zunge erlaubt ein besseres Rotieren am Toten Punkt. Keine Wissenschaft. Reines Bauchgefühl. Und nach wie vor keine nennenswerten Druckstellen. Links vorne tut mir die große Zehe weh. Die Hornhaut war Schuld. Und eine leichte Falte in der Innensohle. Der Schuh also hier unschuldig. Solestar und Mavic sind vielleicht nicht so gut abgestimmt. Teilweise fahre ich sogar mit komplett offenen Schuhen und habe trotzdem mehr als genug Halt. Sowohl beim Drücken wie auch beim Ziehen.

Rennradschuhe

Mavic Comete Rennradschuhe

Strava vermeldete mir 55 Pokale bei der Ausfahrt und Garmin Cycling Dynamics gab mir auch weitere Daten zur profunderen Analyse. Natürlich ist nicht nur der Schuh dafür verantwortlich. Ich war ja auch müde von der BikeAttack100 am vergangenen Sonntag. Eines ist klar. Der Schuh kann was. Die Frage ist, ob er € 1.000,- kann. Mir hat es sehr viel Spass gemacht. Ob ich den Fuß für einen Mavic Comete habe, wird sich zeigen. Ein paar Runden darf ich noch drehen. Zu Hause war einzig eine kleine Druckstelle links vorne unterhalb der kleinen Zehe zu sehen. Metatarsal.

Wir Konsumenten bestimmen den Preis.

Wie viel sind jetzt die € 1.000,- wert? Gute Frage. Berechtigte Frage. Es ist nicht meine Aufgabe über die Sinnhaftigkeit solcher Rennradschuhe und Preise zu urteilen. Auch nicht der Handel. Wie mir „Magic“ erklärt hat. Mavic hat es gewagt Evolution und Innovation in höhere Sphären zu heben. Aus meiner Sicht hat die Industrie das Recht und die Pflicht dazu. Es sind letztendlich wir Konsumenten jene, die entscheiden, ob dieser Schuh einen realen Platz am Markt finden wird. Immerhin haben wir den Preis für Carbonräder weit über die € 10.000 Grenze geschraubt. Jene für Carbonlaufräder liegt auch schon jenseits der € 4.000,-. Da machen € 1.000,- für ein Paar Schuhe das Kraut auch nicht mehr fett. Wer nicht damit einverstanden ist, der kann ja einen anderen Schuh kaufen. Und ganz unter uns: Neben einem € 1.000,- Schuh wirkt ein € 400,- Schuh gleich viel günstiger.

Interessant ist der Mavic Comete abgesehen von den subjektiven Empfindungen wie Optik und Preis schon. Die Konstruktion mit Carbonschadft und herausnehmbaren Innenschuh, das neue Verschlussystem, die Optik der Verpackung und das Gesamtpaket mit mitgelieferten zum Patent angemeldeten Überschuhen, separaten Schutzbeuteln aus Stoff sowie einem extra Putztuch sind stimmig.

Fazit: Ich kann persönlich jedem nur emfpehlen, sich selbst seine Meinung zu bilden. Mountainbiker in Wien hat Testschuhe. Hingehen, Größe auswählen und lostreten. Eines ist gewiss. Der Mavic Comete ist nicht für jeden geegnet. Ich behaupte mal, dass man schon einen sehr schmalen „Sidi“ Fuß haben muss.

ktrchts

PS: Den Mavic Comet habe ich als Leihgabe zu Testzwecken bekommen. Danach findet der Schuh wieder den Weg zurück unter die Viaduktbögen. Der Artikel erscheint unentgeltlich. Ich bin zwar jung und würde das Geld brauchen, ober so sind die Regeln.

Ergänzung:

Jetzt habe ich auch die mitgelieferten Radüberschuhe testen können. Bei leichtem Nieselregen und 9°. Fazit: wenn schon die Schuhe ihr Geld nicht werd sind. Die Überschuhe sind es allemal. Perfektes Fitting, sehr gut verschweißt (nicht genäht). Einzig der Reißverschluss hinten hat ein wenig gezickt. Muss sich wohl noch etwas einarbeiten.

Rennradschuhe

Geschweißt – nicht genäht.

woom bikes – Wertschätzung den eigenen Kinder gegenüber

woom bikes

Kinder wachsen über sich hinaus. Nicht nur in ihren Fertigkeiten, sondern auch in ihrem Körper. Schuhe, Hosen, Shirts und Kleider werden zu klein. Auch Fahrräder müssen deshalb ersetzt und getauscht werden. Aus diesem Grund habe ich letzte Woche persönlich bei woom bikes in Klosterneuburg vorbeigeschaut. Nachdem ich schon einmal über diese Kinderräder geschrieben habe, wollte ich dem Phänomen Woombikes dieses Mal noch näher kommen.

Bei woom bikes weht ein anderer Wind.

Bewappnet mit jeder Menge Fragen erreiche ich nach einem Irrgang durch das Gewerbegebiet das Woombikes Headquarter. Beim Betreten des Office merke ich sofort: Hier weht ein anderer Wind. Ohne Umwege bin ich sofort direkt im Geschehen. Mehrere Köpfe sehen mich an. Auf mein „Ich habe einen Termin bei Marcel“ erhebt sich ein junger Mann im Open Space und kommt auf mich zu. Es folgt Marcus – einer der CEO’s und Eigentümber. Handshake und es geht über die Werkshalle ins Besprechungszimmer. Ein Loft mit Blick auf Kartonagen, Radständern und jede Menge Schrauber. Keine Tür. Kein Glas. Kein „Wir sind toll und super“. Understatement. Start Up Feeling. Immer noch. Obwohl Woombikes bereits 2013 gegründet worden ist.

„Wir wollten einfach nur gute Kinderräder bauen.“

Es dauert eine Weile, bis ich den beiden Herren am Tisch meine vollste Aufmerksamkeit schenken kann. Meine Blicke kreisen. Meine Neugier ist kaum zu stillen. Danach frage ich einfach, was das Besondere an Woombikes sei. Die Antwort kommt wie aus dem Luftkompressor geschossen. Man wollte einfach nur gute Kinderräder bauen. Kinderräder, die ergonomisch an die Körperform der Kinder zugeschnitten sind und Kinderräder, welche die Komplexität eines Rades reduzieren. Das Ergebnis lässt sich sehen. Woombikes sind die leichtesten ihrer Kategorie. Intelligente Details machen Radfahren zum kinderleichten Vergnügen. Nur Bremsen, Pedale und die Schaltung sind Standard. Der Rest ist Eigenbau. Gabel, Bremshebel, Kurbel entwickelt in Kosterneuburg.

Woombikes scheut keine Entwicklungkosten. Zahlen wurden mir keine genannt. Aber drei 3-D-Drucker zeugen, dass man hier nicht kleckert. Überall liegen Prototypen herum. Es wird geforscht, wo bis dato noch keiner geforscht hat. Keinem anderen Hersteller sind die Kinder in ihrer Eigenheit so wichtig. Mit Stolz erzählt Marcus von den letzten Sitztests für den neuen Woombikes Sattel. „Die Beckenknochen. Es gibt noch so viel über die Beckenknochen der Kinder zu lernen.“ Auch neue Pedale sind bereits in Planung. Was, wie und warum – streng geheim.

Die Kinderfahrradindustrie ist eine Dinosaurierindustrie.

Ich lausche gespannt den teils auch kritischen Stimmen zu. Alles klingt so plausibel und logisch. Es ist erstaunlich, dass bis dato niemand anderer auf diese Ideen gekommen ist. Gut kann ich mich noch erinnern, wie ich in den Jahren 1995 bis 1998 bei Sports Experts gearbeitet habe. Als Produktmanager für Bike habe ich zugesehen, wie wir Kinderräder der Marke Taifun für 990, ÖS regelrecht verschleudert haben. Nur wegen des Umsatzes. Qualitättiv war das damals Schrott. Nicht unbedingt ein Akt der Wertschätzung gegenüber Kinder. Wenn man bedenkt, welchen Wert das eigene Fahrrad hat, bekommt diese Gleichung fast schon einen knausrigen Beigeschmack.

woom bikes

woombikes 4 – mit Gangschaltung

Die Investition in ein Woombike zahlt sich doppelt aus. Fahrvegnügen und Rentabilität. Mein bestelltes Woombike 4 kostet € 399,-. Für das gebrauchte Woombike 3 bekomme ich auf willhaben.at ca. € 250 bis €280. Der Wiederverkaufswert ist hoch und hält sich erstaunlich gut. Dass das ein gutes Geschäft ist, lässt sich ohne Taschenrechner leicht ausrechnen. Für Kleinanzeigenmuffel gibt es die Möglichkeit, das „alte“ Modell bei Woombikes einfach in Zahlung zu geben. Für 40% Gutschrift auf das Model Upgrade.

Kinder wachsen über sich hinaus. Aus diesem Grund habe ich meiner Tochter ein Woombike Upgrade geschenkt. Aus Wertschätzung.

Gewinne ein Woombike 3 in rot.

Dass mein Besuch ein Gewinn für alle sein wird, war bis zum Zeitpunkt, an dem mir ein Woombike 3 in rot für ein ketterechts Blog Gewinnspiel versprochen wurde, nicht geplant. Umso schöner ist es jetzt. Ein Gewinn für alle. Wer dieses schöne Kinderrad per Post zugeschickt bekommen möchte, möge einfach meinen Newsletter abonnieren. Das geht ganz einfach. www.dieketterechts.com aufrufen und das entsprechende Feld anklicken. Für interessantes und spannendes zum Thema Rennrad. Tut nicht weh. Im Gegenteil.

 

woombikes

woombikes Gewinnspiel (c) woombikes

Einfach weitersagen und mit etwas Glück fährt euer Kinde in Zukunft auch leichter Rad. An dieser Stelle Danke an Woombikes für den schönen Preis. Informationen über woombike findet ihr hier. Die Verlosung erfolgt am 31. Oktober 2017. Der Rechtweg ist ausgeschlossen. Keine Barablöse des Preises möglich. Der Gewinner/die Gewinnerin wird per Email verständigt.

ktrchts

PS: Woombike hat an einem neuen Kinderhelm geforscht. Ich konnte den Prototypen bereits sehen. Da kommt echt was stylisches auf uns zu. Wenn ich nicht so ein Dickschädel wäre. Als Commute Helm würde ich ihn auch tragen.

ketterechts beim King of the Lake 2017

ketterechts beim King of the Lake 2017

Der dichte Nebel über dem Attersee hat es diesmal nicht eilig. Der Wettergott hat wohl verschlafen. Grau und düster präsentiert sich die Marina in Kammer bis in den späten Vormittag hinein. Die Temperatur einstellig. Am Expogelände und im Festzelt herrscht bei meiner Ankunft kurz nach neun Uhr angespannte Ruhe. Die einen hämmern noch fleißig, die anderen schieben Absperrgitter über den Asphalt und der Rest ist damit beschäftigt, Sponsoren-Transparente zu fixieren. In Kürze werden hier 1.200 Athleten samt Carbon-Anhang die Straßen verschwitzen. Mittendrin statt nur daheim wie angekündigtt auch ketterechts beim King of the Lake 2017. Das farbenfrohe Mixed Team mit „magenta“ Maria, „blau“ Paul, „schwarz“ Thomas  und dem weißen Ego sitzt bereits beim koffeindoping im Cafè Das.Zimt. Die Startnummern 169 bis 172 sind bereit für das Abenteuer Mannschaftszeitfahren.

Knapp vorbei ist auch nur Vierter.

Kurz vor 1500 Uhr rollen wir mit 500 Watt zu Dritt über die Ziellinie. 1:12:03 lautet die offizielle Zeit. Ziemlich knapp an der 1:11er Zeit gebremst, welche wir von einer namhaften Astrologin ausrechnen haben lassen. Wunsch. Traum. Realität. Knapp vorbei ist auch nur Vierter. 54 Sekunden – eine Ewigkeit – hinter dem Platz an der Sonne. Sofort beginnen wir mit der Ursachenforschung. Trotz des Spaßes, den wir hatten. Sehr viel Spaß. Die zwischen Kammer und Weyregg zwei Stunden vor dem Start geübte Renntaktik war es nicht, die uns die goldene Ananas beschert hat. Wohl mehr die unsauberen Wechsel. Hier haben wir uns etwas verzettelt. Waren nicht zügig genug. Ich liebe Selbstkritik.

Übung macht bekanntlich den Meister. Wer Meister werden will muss üben. Notiz an uns für den King of the Lake 2018. Pro Wechsel 1 Sekunde verschenken heißt am Ende 60 Sekunden verschenken. Aus. Auf die Idee, dass wir vielleicht nicht alle voll gefahren sind, konnten wir ad hoc im akuten Sauerstoffmangel und Laktatüberschuss nicht kommen. Möglich ist das schon. Drei von uns waren nach dem Rennen nach wie vor sehr agil. Noch jetzt schließen wir dafür aus, dass wir es nicht drauf gehabt hätten. Dieses Jahr waren drei Mixed Teams schneller. Das müssen wir anerkennen.

ketterechts beim King of the Lake 2017. Das Video.

Der King of the Lake ist und bleibt ein Muss für alle Tempo-Freaks. Das größte Einzelzeitfahren Österreichs auf 48 km gesperrter Straßen kann man mit Attributen schwer beschreiben. Es ist dieses einmalige Flair einer Großveranstaltung im familiären Kreis. Eine Art Maturatreffen. Mit all den Strebern, den Rabauken, den Klassenbessten, den Unscheinbaren und den Wegbegleitern aus vergangenen und aktuellen Zeiten. Es ist eine geile Party ohne Exzesse. Mit Elektrolyte statt Alkohol. Im Temporausch statt Alkohohlrausch. Jeder gegen jeden und doch alle miteinander. Was das Team vom Atterbiker rund um Erwin Mayer diesmal wieder am herbstlich dampfenden Attersee auf die Füße gestellt hat, ist einfach eine Herzblut-Veranstaltung mit Charme. Ein Lycra Woodstock für Laktat Junkies.

Lycra Woodstock für Laktat Junkies.

Einzelzeitfahren und Mannschaftszeitfahren. Damen, Herren, Mixed. Dazu noch die Elite der Rad Bundesliga, welche beim King of the Lake 2017 ihr Finale im Mannschaftszeitfahren absolviert. Oben drauf auch der österreichische Meister im Einzelteitfahren Georg Preidler, welcher als Letzter ins Rennen geht und nach knapp 55 Minuten im kitschigen Abendrot dem Rundkurs seine persönliche Vorstellung von Kraft, Ausdauer und Aeordynamik diktiert. Streckenrekord. Vorbilder und Stars zum Greifen nahe.

Natürlich wurden wird vom Wetter verwöhnt und der Wettergott ist noch rechtzeitig munter geworden. Das gehört dazu. Es ist die Region rund um den Attersee, welche ihren Beitrag dazu leistet. Die blaue Wasserfarbe des Sees, das darin reflektierte Sonnenlicht und die bunten Blätter, welche im Wind am Fahrstreifen tanzen, sind ein Balzruf, den wenige widerstehen können. Das Ganze bei grau in grau zu fahren, wäre dann etwas für die wirklichen Carbonbekifften und weniger lustig. Der Cappuccino auf der Terrasse mit Blick auf die Yachtmasten und den Schafberg im Fön schmeckt drinnen sicher nicht so gut.

Fazit:

Wir sehen uns wieder am 22. September 2018. Dem ist nichts hinzuzufügen. Wenn wir einen Startplatz ergattern können und nicht auf der 1.000 Namen langen Warteliste Platz nehmen müssen.

ktrchts

PS: Für Zahlenfreaks die Runde auf strava. Fotos und Ergebnisse hingegen hier.

Radtrikot gestalten – werde dein eigener Designer.

Radtrikot gestalten

Werde dein eigener Designer. Für die ketterechts Sonderkollektion Frühjahr 2018 suche ich ein ausgefallenes Design. Und jetzt kommt ihr ins Spiel. Eure Ideen und Eure Entwürfe sind gefragt. Hauptsache feschgeil. Jetzt Radtrikot gestalten und im Früjahr damit auf KOM-Jagd gehen. Schickt mir eure Entwürfe und Ideen. Der beliebteste Vorschlag geht in Produktion und natürlich wird der Gewinner komplett damit ausgestattet. Hose und Trikot. Erlaubt ist, was schön und schnell macht.

Rennradbekleidung sucht Designer.

Wer schon immer ein Radtrikot gestalten wollte, der hat jetzt die große Chance dazu. Mit eigenen Ideen und nach eigenen Vorstellungen. Nur ein paar kleine produktionstechnisch bedingte Vorgaben sind einzuhalten. Für den Rest gibt es freie Hand. Dabei ist es ganz egal ob klassisch, retro, bunt, schrill, laut oder einfach nur einfarbig. Mit oder ohne Aufschrift, Spruch oder Zitat. Revolutionär oder zeitlos.

Radtrikot gestalten – die Rahmenbedingungen

Jeder kann mitmachen. Die Vorschläge können per Skizze oder Grafikdokument (.pdf, .psd, .ai) eingereicht werden. Einsendeschluss ist der 11.11.2017. Ich werde mit meinem Produzenten die eingereichten Vorschläge genau unter die Lupe nehmen und nach Machbarkeit prüfen. Drei Vorschläge wollen wir dann auf Facebook und in diesem Blog zur Abstimmung freigeben. Die beliebteste Idee – also jene mit dem größten Zuspruch und den meisten Likes, soll dann in Serienproduktion gehen und im ketterechts Shop erhältlich sien. Limiteirte Auflage, versteht sich. Ganz exklusiv. Der Urheber der Idee wird als Belohnung von mir mit seinem individuellem Entwurf voll eingekleidet.

Radtrikot gestalten

Radtrikot gestalten – werde ketterechts Designer

Auf die Plätze fertig los. Ich freue mich auf Eure Vorschläge. Einreichungen und Anforderung der graphischen Vorlage bitte an office@gemmato.com.

ktrchts

Durch die Anforderung der Vorlage und der Einsendung des Designvorschlages entstehen ketterechts keinerlei Verpflichtungen. Die Einsender mit Ausnahme des am Ende beliebtesten Vorschlages, hat keinen Anspruch auf irgendwelche Gegenleistung finanzieller und materieller Art.

Einzelzeitfahren rund um den Attersee – der King of the Lake

Einzelzeitfahren

Möglichst oft und möglichst lange Rennrad fahren. Das ist meine Devise. Das Tempo spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Dieses ergibt sich meist von selbst. Manchmal ist es gemütlich, manchmal auch etwas schneller. Im Schnitt aber so, dass ich wohl keine Bäume ausreiße. Da und dort ein KOM, aber mehr durch Zufall und Glück. Was habe ich also bei einem Einzelzeitfahren zu suchen? Die Antwort liegt auf der Hand. Nichts. Trotzdem bin ich am 30. September beim King of the Lake wieder mittendrin statt nur daheim. Nach 2015 meine zweite Teilnahme. Vergangenes Jahr war ich zur selben Zeit bekanntermaßen mehr mit Becken- und Bodenturnen beschäftigt.

Ein Kampf mit sich selbst und gegen eine unsichtbare Wand.

Einzelzeitfahren als Königsdisziplin des Rennradsports. Nirgendwo anders zählt die beste Kombination aus Kraft, Ausdauer und Rennintelligenz. Der aerodynamische Kampf mit sich selbst und gegen eine unsichtbare Luftwand erfordert Strategie. Und deshalb wieder die Frage, was ich bei einem Einzelzeitfahren zu suchen habe. Die Antwort hatten wir schon. Darum bin ich diesmal im 4er Mannschaftszeitfahren am Start. Mixed Team. Maria, Paul und Thomas begleiten mich die 48 km rund um den Attersee. Damit sich mein Cordoba nicht wiederholen kann. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Einzelzeitfarhen

Allein gegen eine unsichtbare Wand

Dass ich ein 4er Mannschaftszeitfahren erst ein Mal im Leben bestritten habe, soll sich am Ende mildernd auswirken. Im Zweifelsfall für den Langsamen. Dass ich (wir) es nie geübt haben nicht. Es wird mit Sicherheit lustig werden. Das letzte und einzige Mal haben Florian, Martin, Mister X (Name der Redaktion nicht mehr bekannt) und ich, uns von Lambach auf die Großalm bereits auf den ersten drei Kilometern so richtig vernichtet. Was bei anderen so geschmeidig und einstudiert ausgesehen hatte, war bei uns ein Ziehen an einem vierfachen Strang. Unrhythmisch, unorganisiert und unkontrolliert. Es kann also am Attersee nur besser werden.

Einzelzeitfahren zwischen FTP und VO2max.

Mit meinen Teammitgliedern bin ich ständig in Kontakt und im Austausch. Ich lese mit, wie sich Paul und Thomas über „Sweet Spot“, „FTP“ und „VO2 max“ austauschen. Begriffe, die ich zwar kenne, im Training aber gerne vernachlässige. Möglichst oft und möglichst lange ist ja meine Devise. Trotzdem wollte und will ich niemanden zur Last fallen und habe die letzten Tage mein Training dann doch etwas gröber umgestellt und den Fokus auf Intervalltraining gelegt. Die dabei erzielten Werte sind nach einer Saison, die bei mir schon ein paar Jahre dauert, ganz passabel. Müde sind meine Beine aber erst recht. Leistung ist da. Nur wie lange?

Einzelzeitfahren

Intervalltraining – Vollgas

Noch habe ich genau 10 Tage Zeit, um mich in eine halbwegs akzeptable Mannschaftszeitfahrform zu bringen. Am Rad und im Netz. Deshalb studiere ich auch die Theorie. Ich lese viel und hole mir den letzten Schliff. Interessant der Blogbeitrag von Jürgen Pansy im Allgemeinen und speziell über so ein Einzelzeitfahren zum Thema Aufwärmen am Renntag oder die Ernährung. 200ml Kaffee kann ich sicher organisieren, aber woher noch schnell eine Rolle zum Aufwärmen? Jetzt will ich auch. Wie die Pro’s. Schaut nicht nur geil aus, soll auch was bringen.

Ganz schön schnell Rennrad fahren.

Auf jeden Fall werde ich dafür sorgen, dass wir nicht nur schnell Rennrad fahren werden, sondern auch ganz schön schnell Rennrad fahren werden. Ein ausgegklügeltes Style Konzpt ist schon erstellt und fixiert. Der Shop-Fundus voll ausgeschöpft.

Einzelzeitfahren

Einziges ketterechts Team-Meeting

Die restliche Renntaktik ist auch schon fixiert. Im ersten und einzigen Team-Ketterechts-Lehrgang haben wir diese festgelegt. Besser gesagt, ist diese festgelegt worden. Bei der gemeinsamen Ausfahrt habe ich durch Abwesenheit geglänzt. Ich war lieber mit Eddy Merckx unterwegs. Schnell wegfahren und dann noch schneller eingehen. Was sonst. Auf die Analyse bin ich schon gespannt.

ktrchts

PS: Natürlich nehmen wir das Einzelzeitfahren sehr ernst und peilen einen Podestplatz an. Dazu müssten wir mit einem Schnitt von über 40 km/h in einer Zeit von 1h10min das Ziel erreichen. Theoretisch fast unmöglich. Praktisch genauso.

Eddy Merckx Classic Radmarathon 2017

Eddy Merckx Classic

Wir sehen uns wieder. Das waren meine letzten Worte, als ich Anfang August im Hotel Mohrenwirt ausgecheckt hatte. Und ich bin wieder gekommen. Zum Eddy Merckx Classic Radmarathon 2017. Ich war neugierig auf das Rennen und das Konzept von Jakob Schmidlechner, Mitorganisator und Betreiber des ersten Rennrad- und Triathlon Hotels Österreichs. Denn die Durchführung eines Radmarathons in Österreich ist seit den Vorfällen beim ARBÖ Radmarathon in Bad Kleinkirchheim nicht mehr so einfach und selbstverständlich. Ein paar bekannte Veranstalter haben deshalb und aufgrund der restriktiven Auflagen seitens der Behörde heuer bereits das Handtuch geworfen. Zu groß ist mittlerweile das Risiko der Verantwortlichen, für Unfälle der Teilnehmer persönlich zu haften.

Nahe am Wasser gebaut. Zwischen gestern und heute.

Der Eddy Merckx Classic Radmarathon ist eng mit der Legende Eddy Merckx verbunden. Die Idee entstand im Jahr 2006 während der UCI Straßen WM in Salzburg. 2017 fand die Veranstaltung zum 11. Mal statt. Und Eddy Merckx war jedes Mal selber vor Ort. Es ist der Kannibale, welcher in der Früh die TeilnehmerInnen auf die Reise läutet und es ist die belgische Ikone, welche die TeilnehmerInnen im Ziel erwartet und die Siegerehrung vornimmt. Der Eddy Merckx Classic Radmarathon ist ein echter Eddy Merckx Radmarathon.

Eddy Merckx Classic

Der Kannibale Eddy Merckx

Wobei Eddy Merckx nicht der einzige ehemalige Weltmeister war, der heuer wieder in der Fuschlseeregion gesichtet wurde. Der Italiener Maurizio Fondriest (Ronse 1988), der Franzose Laurent Brochard (San Sebastian 1997), der Niederländer Rob Harmeling (Colorado Springs 1986) und die beiden Österreicher Franz Stocher und Roland Königshofer, beide auf der Bahn erfolgreich, gaben sich rennradnah. Mit Maurizio Fondriest konnte ich mich während der Charity Ausfahrt zugunsten der  Sitfung Wings for Life sogar über seine Räder und das Thema Scheibenbremsen austauschen.

Eddy Merckx Classic

Radweltmeister Maurizio Fondriest

Eddy Merckx Classic – mit allen Wassern gewaschen.

Die heurige Ausgabe des Radmarathons hatte sich gewaschen. Es war eine äußerst pitschnasse Angelegenheit. Schade. Wir alle hätten uns mehr Sonne verdient. Da half keine Esoterik und Spiritualität. Postives Denken und Schönreden waren fehl am Platz. Regen wurde vorausgesagt und Regen wurde es. Von den mehr als 1000 Angemeldeten, haben 559 das Ziel erreicht. Chapeau. Davon 45 Damen. 131 finishten auf der langen Distanz mit 169 km und 2.609 HM (123 Herren, 8 Damen), 246 auf der mittleren Distanz mit 106 km und 1.400 HM (229 Herren, 17 Damen) und 182 auf der kurzen Distanz mit 63 km und knapp 1000 HM (162 H und 20 Damen). Ich war selbstverständlich mittendrinn – nass – statt nur daheim. Natürlich auf der langen Distanz. Ich konnte mich einer extensiven Radwäsche nicht entziehen. Mein schwarzes Lenkerband ist jetzt wieder original weiß.

Eddy Merckx Classic

Nass von Anfang an.

Eine solche Fahrt bei Regen schreit nach Pathos und Heldentum. Noch mehr Pathos und Heldentum aber verdient die Fahrt jedes Einzelnen (inklusive meine) durch die Tatsache, dass es für viele ein Einzelzeitfahren gewesen sein muss. Für mich war es eines. Verantwortlich dafür war natürlich das Wetter, aber auch wie eingangs erwähnt die Behörde. Diese mag und will keine großen Gruppen auf der Straße haben. Der Veranstalter ist also gezwungen, Ideen und Maßnahmen umzusetzen, die dies verhindern.

Mit sich allein auskommen. Mit sich allein ankommen.

Beim Eddy Merck Radmarathon erfolgte deshalb ein Start in Blöcken. Zeitversetzt. Block A, Block B, VIP, Block C und dann Block D. Ich war in Block C und bin 19 Minuten nach Block A und 10 Minuten nach Block B ins Rennen gegangen. Warum Block C? Bei der Anmeldung gab es drei Möglichkeiten: A) um den Sieg mitfahren, B) im 1/3 fahren, C) mitfahren, um Spass zu haben. Bescheiden wie ich bin, habe ich Variante C gewählt und bin somit in Block C gelandet. Obwohl ich mich für die lange Distanz angemeldet hatte. Und genau hier ist das Detailkonzpet versteckt. Die Behörde „untersagt“ am Start Blockbildungen nach Distanz. Damit eben die Fahrerfelder nicht zu groß werden. Jakob Schmidlechner: „Sonst würden wir keine Genehmigung bekommen“. Keine Genehmigung heißt kein Radmarathon. So einfach ist das.

Am Start mischte sich also alles bunt und gut durch. Drei Distanzen und drei Anmeldemöglichkeiten. Dazu kam noch der Regen, welcher die Teilnehmerzahl auslichtete. Als dann noch der Sprecher den Block B auf die mittlere Distanz verabschiedete, war bei mir das Chaos komplett. Ich fragte ein wenig in die Runde und wollte wissen, wo ich überhaupt stehe und wohin der Rest des Blockes will. Keiner in meinem Umkreis, war süchtig nach der langen Distanz.

Rennrad Hotel

Eddy Merckx Classic Radmarathon Strecken

Regenerationstraining mit Betonung auf Regen.

Damit ist mein gesamter Rennverlauf in wenigen Sätzen zu erklären. Von den 169 km bin ich ganze 161 im Wind gefahren. Nicht einmal 10 FahrerInnen habe ich auf der Stecke überholt. VIPs ausgenommen, welche zwei Minuten vor uns gestartet sind und bereits am ersten Berg Richtung Thalgau eingeholt werden konnten. Ansonsten einen am Anstieg zum Gaisberg, einen auf der Abfahrt, vier mit blauer Block B Startnummer irgendwo im Nirvana, den Letzen der mittleren Strecke samt Schlussfahrzeug knapp 20 km vor dem Ziel und dann noch zwei oder drei am letzten Anstieg von St. Gilgen Richtung Fuschl. Die lange in meinem Windschatten fahrende Startnummer 3043 war leider auch nicht unbedingt gesprächig.

Zeitweise dachte ich mir, ich sei der Letzte, weil mich anfangs der Rettungswagen überholt hatte. Vor allem auf der Extra-Schleife nach Faistenau, Hintersee und eben hinauf auf Gaisberg. Sollten sich dort vielleicht eventuell ein paar Zusschauer verirrt haben. Sorry, habe euch aufgrund des Regens und des Nebels nicht gesehen. Die Brille war angeschlagen.

Die Menschheit traf ich nach dem Start erst wieder an der ersten Labestation. Ansonsten war es eine meditative Regenerationsfahrt mit Betonung auf Regen. Pulslos, wattlos, geschwindigkeitslos  – Garmin und Wasser sind keine Freunde. Kilometer für Kilometer leider wenig Aussicht auf Aussicht. Ich vermute, die Landschaft um die 11 Seen (!) ist traumhaft schön.

Salzburgerland. Komm Rennrad fahren.

Für den Regen kann der Veranstalter nichts. Auch für die Auflagen der Behörden. Für das „mimimi“ Getue mancher erst recht nichts. Im Gegenteil. Man ist hier gewillt, auch für die Zukunft weiterzuexperimentieren. Wenn aber am selben Tag, ca. 100 km Luftline entfernt auch ein Radmarathon stattfindet, dann wird das nicht leichter. Die Fuschlseeregion hat viel, was einen Radmarathon attraktiv machen kann. Das sind nicht nur die drei Strecken für Jedermann und Jederfrau. Und das ist nicht nur Eddy Merckx. Wer ganze 11 Seen auf einer Länge von 169 km verbinden kann, der hat etwas ganz Besonderes. Schon deshalb ist der Eddy Merckx Radmarathon eine Empfehlung wert.

Attraktiv ist der Eddy Merckx Radmarathon an sich ja schon genug. Gute Organistation, schnuckelige Location, attraktives Starterpaket, überschauliche Startgebühr, schmackhafte Labstationen, rennradfreundliche Hotelinfrastruktur, penible Streckenabsicherung, Rundumversorgung sind sehr gut. Für das i-Tüpfelchen ist aus meiner Sicht aber noch genug Luft nach oben. Ich hatte während der Fahrt viel Zeit nachzudenken und ein paar Ideen sind da diesbezüglich nicht ausgeblieben.

Wo liegt jetzt die Zukunft der Radmarathons in Österreich?

Diese Frage zu beantworten liegt mir fern. Auch weil ich am vergangenen Sonntag einen neuen Aspekt dieser gesamten Auflagen-Posse miterlebt habe. Ich wäre dafür, bei Radmarathons die offizielle Zeitnehmung zu streichen. Vielleicht eine Wertung für die ersten fünf. Gesamt und Altersklasse. Das braucht man wohl für die Medien und die Sponsoren. Für den Rest des Feldes sollte das gemeinsame Erlebnis zählen. Die Zeit hat sowieso jeder für sich auf seinem Garmin stehen. Platz 80 oder 112 ist doch vollkommen egal.

Wenn jetzt die Behörde hergeht und dieses gemeinsame Erlebnis kappt, weil sie nicht duldet, dass ein paar Rennradfahrer an einem ganz bestimmten Tag in größeren Gruppen eine selbst durch Steuergelder mitfinanzierte Straße samt deren Behörde (!) in Anspruch nehmen, dann wird es etwas langweilig. Dann brauche ich keinen Radmarathon mehr. Weil allein herumkrebsen kann ich auch ohne.

Der Reiz eines Radmarathons ist ja auch, einen Tag im Jahr in einer ganz bestimmten Region den Schutz der Exekutive und der Freiwilligen sowie den Vorrang zu genießen. In einer Gruppe. Da fährt es sich einfach leichter. Für mich allein, braucht sich kein Beamter an eine Kreuzung stellen, um den Verkehr zu regeln. Allein regle ich mir das schon selber.

ktrchts

PS: Ich komme wieder. Die Fuschlseeregion kann auch schönes und warmes Wetter.


Totgesagte radeln länger. Mein Ötztaler Radmarathon 2017

Ötztaler Radmarathon

Die Zimmer sind schon reserviert. Jetzt brauche ich nur noch einen dieser begehrten Startplätze. Klappt das und Göttin Fortuna steht mir bei, sehen wir uns 26. August 2018 in Sölden wieder. The same procedure as every year. Der Ötztaler Radmarathon lässt mich nicht los. Dieses Jahr hat er mich abgeworfen. Genau dort wo ich ihm Paroli bieten wollte. Am Berg. Wieder einmal. Unerbittlich. Gnadelnlos. Im Notprogramm habe ich den Radmarathon wider Willen beendet und mir das viel zu enge Sportful Finisher Trikot geholt. In einer Zeit, die es nicht einmal unter die Top 5 meiner Ötzi-Bestenliste geschafft hat. Keine reife Leistung. Finishen ist nicht die Kunst für jemanden wie mich mit großer Klappe. Es gibt keine Ausreden dafür. Aber ein paar Ursachen.

Es gibt keine Ausreden. Aber ein paar Vermutungen.

Es gab einen Plan. Eine Marschroute. Eine Tabelle. Wie die letzten Jahre. Diesmal jedoch konservativ und ehrlich. Bremsen bis zum Brenner. Dann langsam in Fahrt kommen. Bis ca zur Hälfte hätte alles geklappt. Auch wenn es nicht leicht war. Dafür bin ich sogar von ganz weit hinten weggefahren. Aus den Tiefen der Dorfstraße. Eine Bummelfahrt bis Ötz. Eine Tratschrunde hinauf aufs Kühtai. Adrenalin pur mit einer Spitzengeschwindigkeit von 108 km/h hinab nach Kematen, einmal kurz Antreten Richtung Innsbruck, um eine Gruppe zu erreichen und dann quasi als Solist hinauf auf den Brenner. Immer im erlaubten Watt-Bereich. Mein Herz blutete bei jeder Gruppe, die mich Richtung Italien überholt hat. Inklusive Stop an der Labe war ich voll im Plan.

Sterzing erreichte ich locker am Oberrohr sitzend auf der Überholspur. Nichts deutete noch auf das Debakel hin, welches ich noch erleben sollte. Bis Gasteig alles im Plan. Sogar etwas darunter.

Ötztaler Radmarathon

Aus dem Lehrbuch

Der Ötztaler Radmarathon schenkt dir selten was.

Schon auf den ersten Metern hinauf Richtung Passhöhe Jaufen spührte ich kleine Ungereimtheiten. Ein Ziehen links im Gesäßmuskel. Hatte ich schon öfters. Ich schenkte dem keine größere Bedeutung. Immer noch voller Watt-Drang kurbelte ich mich in Zeitlupe nach oben. Es wurde aber nicht besser. Im Gegenteil. Es wurde schlimmer. Der ganze hintere Oberschenkel links zog jetzt mit. Ich war nicht mehr rund im Tritt. Konnte nur mehr Drücken. Plötzlich fehlten mir gute 20 Watt. Erste Zweifel an meinem Plan eroberten meine Gedankenwelt. Plan B wurde hochgefahren. Sicherheitshalber. In weiser Vorahnung. Zuerst einmal die Labestation erreichen.

Nach 6 Stunden und 8 Minuten sollte ich dort oben sein. Nach 6 Stunden und 18 Minuten war ich oben. Unrund. Ziemlich unrund. Psychisch und körperlich geschwächt. Inklusive Jaufen-Labestop, wo ich vergeblich nach dem suchte, auf das ich mich gefreut hatte und mechanischem Doping. Mein Vorderrad bekam noch einmal 3 Bar Luftdruck für die Abfahrt nach St. Leonhard dazu. Latexschläuche haben eben ihre Nachteile. Kurze Pausen auch. Kurz vor dem Pass auf Höhe des Sportografen, meldete ich der rechte Oberschenkel innen. Plan A, Plan B und jetzt Plan C. Wie schon geschreiben: Alles auf Notprogramm umstellen. Ich hatte alles auf meine Beine gesetzt. Ab jetzt musste der Kopf wieder die Kastanien aus dem Feuer holen und mich nach Hause bringen. Noch 72 km bis Sölden. Der Jaufen ist und bleibt für mich ein Henker.

Ötztaler Radmarathon

Kampf mit den Krämpfen

Richtig abgefahren, abgefahren.

Motivationstrainer meinen, man solle sich immer wieder selbst belohnen, um neue Kraft zu schöpfen. Dies tat ich mit meiner bis dato schnellsten Abfahrt vom Jaufenpass. Logisch. Bergab gilt ja Masse vor Muskelkraft. Hinter mir ein Rudel von Kontrahenten, denen ich eine Line vorgeben konnte. Zur Verteidigung der Straße nach St. Leonhard im Passeier sei anzumerken, dass sie durch menschliche und maschinelle Eingriffe viel von ihrer Gefährlichkeit verloren hat und somit leichte Beute für Geschwindigkeitsjunkies geworden ist. Im unteren Teil ist sie fast schon eine massentaugliche Autobahn und ein Affront gegenüber Scheibenbremsen, die nicht nur hier überflüssig waren.

Irgendwie war ich unten am Kontrollpunkt St. Leonhard durch den freien Fall vom Jaufenpass halbwegs wieder, noch im Plan. Zurück, aber nicht um Welten. Der beschwerliche Weg zum Joch hatte aber erst begonnen. Motiviert von der Geschwindigkeitsinjektion kotzte ich noch schnell ein Peeroton Gel, Geschmacksrichtung Cola in mich hinen. In der Hoffnung damit eine Art Druiden-Zaubertrank-Reaktion auszulösen. Es blieb bei der Hoffnung. Sobald sich die Straße um ein paar Zehntelprozent in die Höhe schraubte, verweigerten die Beine ihren Dienst. Meine ganz persönliche Demütigung begann. Hier.

Ötztaler Radmarathon

High Speed Abfahrt als Belohnung

Am Ende meiner muskulären Kräfte stellte ich mich auf einen längeren Dienstweg nach Sölden ein. Gedanken an den Besenwagen konnten kaum verdrängt werden. Die Angst, den Kontrollpunkt am Timmelsjoch um 1930 Uhr zu verpassen auch. Sogar die Spekulation, um den letzten Platz zu kämpfen musste ich akzeptieren. Mein Kopf war ein Computer, der sämtliche Optionen im Bruchteil einer Sekunde zu analysieren versuchte. So intensiv, dass ich dabei überhitzte.

Fertig ist, wenn der Kopf sagt, fertig ist.

Oberhalb von Moos in Passeier, vor der zweiten Kehre erspähte ich eine Bank am Straßenrand. Sie lag so schön in der Sonne. Sie war mir hier bis dato noch nie aufgefallen. Ein schöner Nebeneffekt, wenn man so langsam fährt. Die Bank rief meinen Namen und lud mich ein, vom Rad abzusteigen und eine kleine Pause einzulegen. Was ich auch machte. Auch ganz ohne Beat und Bässe wippten meine Beine im Rhythmus des Nervenzuckens. Der Blick von der Straße abgewandt. Die an mir Vorbeiziehenden bemerkte ich nicht. Kurzer Chat mit Sonja und die Nachricht, dass ich wohl etwas später nach Hause kommen werde.

Nach einer gefühlten Ewigkeit (es waren ganze 15 Minuten) ging es nicht wesentlich schneller wie bisher weiter. Bis zur Kraftquelle. Kaltes Wasser direkt vom Felsen und die nächste kurze Pause. Jetzt war ich nicht mehr der einzige, der leiden musste. Bekannte Geischter taten es mir gleich. Willi von Mountainbiker am See zum Beispiel oder Bernd, den ich nur aus diesem Gesichtsbuch kenne. Sogar Zeit zum Plaudern blieb. Mit der Erkenntnis, dass die Welt klein ist. Auch hier oben. Denn Bernds Frau besucht einen Kurs bei mir im Wifi Eisenstadt.

Wie schlecht ich unterwegs war, zeigte auch der Umstand, dass ich sogar im Flachstück vor der Labe Schönau überholt wurde. So ändern sich die Zeiten. Mit Schönau machte ich kurzen Prozess. Hier halte ich schon lange nicht mehr an. Andere schon. Einige davon standen mir deshalb im Weg, weil sie das Rad rechts abgestellt hatten und gedankenlos meine Fahrtrichtung querten. Zum Glück war meine Stimme noch kräftig genug, um mit einem astreinen „Vaffanculo“ mit süditalienischem Akzent meinen ganzen Frust abzubauen.

Um Timmels Willen. Wie lange noch?

Zwöfl Kilometer bis zu Passhöhe. Wie sehr ein stinknormales Schild am Straßenrad verletzend sein kann. Noch vier Kilometer bis zur letzten Labe. Meine Rettung. Ich habe Hunger. Mir ist schlecht. Ich friere und schwitze zugleich. Das System rebelliert. Ein Tritt jagt den anderen. Trittfrequenz bei ca. 60 U/min. Maximal. Und das bei 34/29. Wie lange noch?

Ötztaler Radmarathon

Um Timmels Willen

Die letzte Labe ist diesmal auch ein Reinfall. Warme Pepsi Cola und warmes Red Bull. Danke. Nein. Ein paar Trockenfrüchte gehen runter. Mehr nicht. Die heiß ersehnten Nüsse fehlen. Wie gesagt. Die Labstationen haben an Charme verloren. Wer braucht trockene Cornys oder Kokosflocken? Ich nicht. Also weiter. Ein E-MTB überholt mich locker. Danke. Das hat auch noch sein müssen. Jetzt bestraft mich mein Charma. Mir hängt längst schon die Zunge heraus. Irgendwie bin ich dann doch oben. Jetzt habe ich den Traum eines anderen. Meiner hätte ganz anders ausgesehen. Nur mehr hinunter nach Söden.

Nach der Abzweigung Obergurgl beginnt es zu regnen. Ich drücke trotzdem nochmals drauf. All in. Das bin ich mir schuldig. Ich brauche einen positiven Abschluss. Scheiß auf Muskelzucken. Nass, ausgelaugt und enttäuscht überquere ich die Ziellinie. Ich habe es verkackt. Als der Zorn nachlässt wird mir schlecht. Richtig schlecht. Der Galgenhumor in der Werkstatt im Zielgelände dauert nicht lange an. Ich muss ins Hotel. Schüttelfrost. Ich trau mich nicht unter die Dusche. Womöglich ertrinke ich dort. Es vergehen Stunden im Bett unter der Decke. Ungeduscht. Es melden sich Darm und Magen. Sie Klopfen an. Wollen was losweden. Dann greife ich zur Hausapotheke. Ein Mittel gegen Druchfall, soll meinen Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung bringen. Es schmeckt wie Salzwasser. Ist es auch. Ein kurzes Bad und dann bin ich zu 20% wiederhergestellt.

Ende gut, nichts gut.

Heute, fünf Tage später habe ich noch immer keinen geregelten Stuhlgang. Auch zwicken die Beine immer noch. Die linke Wade und die linke Gesäßmuslulatur melden sich ab und wann. Vom Radfahren hält mich das nicht ab. In 10 Tagen muss ich zum Eddy Merckx Classic Radmarathon. Da darf ich dann wieder viele Fehler machen.

ktrchts

PS: Ich habe vor dem Ötztaler Radmarathon meinen Sattel zerlegt und gereinigt. Möglicherweise habe ich ihn nicht auf den Millimeter genau wieder eingestellt. Und ich habe mir vor dem Ötztaler Radmarathon auch neue Garmin Cleats montiert. Möglicherweise habe ich diese auch nicht wieder millimetergenau angeschraubt. Und ich habe während des Ötztaler Radmarathons zu wenig auf meinen Natirum- und Salzhaushalt geachtet. Trotz Last-Minute-Tipps. Das sind jetzt keine Ausreden. Nur Vermutungen. Möglicherweise aber Ursachen. Eine letzte Vermtung darf ich nicht äußern. Ich würde wieder Single sein.

Vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu alt für diesen Scheiß.

Last Minute Tipps zum Ötztaler Radmarathon

Last Minute Tipps

Rennwochenende. Noch ein paar Mal schlafen und der Wecker wird uns kommenden Sonntag zeitig in der Früh wecken. Es ist endlich Ötztaler Radmarathon Zeit. Für viele unter uns der Höhepunkt der Saison. Für die einen schon wieder, für andere zum allerersten Mal. Der Ötztaler Radmarathon ist und bleibt etwas ganz Besonderes. Da brauchen wir nicht lange herumreden. Organisation, Flair, Zuschauer, Strecke und das Wetter. Alles eigen. Die vielen Fragen in den diversen Facebook Gruppen und Foren zeigen, dass Frau und Mann sich schon sehr damit beschäftigen und der Tag X kein Tag wie jeder andere ist. Darum hier noch ein paar Last Minute Tipps, um die kommenden Nächte mehr als nur ein Auge zudrücken zu können.

Last Minute Tipps für den Ötztaler Radmarathon

Vom Training selber, die Anreise nach Sölden, die Tage zuvor, das Rennen im Detail, die Verpflegung rundherum, die Bekleidung, die Übersetzung, die Rennstrategie. Jedes dieser Themen würde einen eigenen Schwerpunkt verdienen. Aber in der letzten Woche vor dem Rennen ist es wohl zu spät damit. So wie es zu spät ist, jetzt noch für den Ötztaler zu trainieren.

Zügeln ist die Kunst des Wartens.

Klingt hart. Ist es auch. Wer es jetzt nicht drauf hat, wird wohl vergeblich nach der Form oder nach den fehlenden Watt suchen. Auch wenn wir Zweifel haben, genug getan zu haben. Das beste Ötztaler Training sind die 50 Wochen zuvor. Nicht die letzten 10 bis 14 Tage. Jetzt ist es viel wichtiger, den Körper die nötige Erholung zu geben. Und wenn ich das einmal behaupte, dann steckt viel Selbstkritik dahinter. Denn eine Regenerationswoche bzw. ein vernünftiges Tapering halte ich einfach nicht aus. Mein Motto ist „aus dem Training heraus“. Das geht gut. Selten – nein, eigentlich nie, ist das aber beim Ötztaler Radmarathon aufgegangen. Zügeln ist die Kunst des Wartens. Sich zurückhalten. Kurze und doch intensive Einheiten, halten den Körper auf Spannung und reizen die Muskeln. Es geht darum, Spritzigkeit zu gewinnen und das Verlangen nach Berge zu erhöhen.

Last Minute Tipps.

Allein in Gedanken.

Wer zuletzt kommt, hat kaum zu lachen.

Die Anreise nach Sölden ist und war für mich immer nur Stress. Entweder Freitag oder sogar erst Samstags bin ich recht gechillt von zu Hause weggefahren. Je näher Sölden kam, desto größer wurde das Kribbeln in mir. Habe ich dann noch beim Reinfahren ins Ötztal Rennradfahrer gesehen, war es aus mit dem gechillt sein. Ich muss auch. Ich will auch. Rennrad fahren! Die sind sonst besser. Davor aber noch das gebuchte Hotel suchen. Parkplatz finden. Einchecken. Rennrad zusammenbauen. Startunterlagen holen. Was? Die fahren alle mit Ärmlinge und Überschuhe! Ich habe keine Überschuhe mit. Wo ist das nächste Sportgeschäft. Und meine Gels brauche ich auch noch. Wo bitte kann ich hier in Sölden Enervit Gels kaufen?

Wer zuletzt kommt, hat kaum zu lachen. Mein Tipp: In Ruhe und rechtzeitig anreisen. Heuer insbesondere. Es gibt wegen des Pro Ötztaler 5500 einige Straßensperren am Freitag.

Last Minute Tipps

Die Traumseite des Timmelsjochs.

Rush Hour in der Ötztal Arena.

Wer Zeit hat und ungestresst angereist ist, genießt die Tage vor dem Ötztaler Radmarathon bei diversen offiziellen und inoffiziellen Rahmenveranstaltungen. Samstag zum Beispiel trifft man das halbe Teilnehmerfeld am Rennrad bummelnd hinein/ nach Vent oder von dort wieder retour. Locker, plaudernd und voller Träume. Mich trifft man am Freitag Vormittag am Weg zum Timmelsjoch und am Nachmittag im Ice Q am Gaislachkogel. Für Besuche in den diversen von der Sonne geküssten Kaffeehäusern im Ort selber, empfehle ich Platzreservierungen. Handtücher dafür gibt es im Hotel (Achtung: Satire!). Zum Abholen der Startnummer vermeidet die Stoßzeiten. Das ist vor allem am Samstag Nachmittag. Da geht es oft zu wie zur besten Rush-Hour in der Großstadt. Eine weitere Empfehlung ist das Aqua Dome in Längenfeld. Fahrerbesprechung, die Expo und ein Kaiserschmarrn ein weiteres Muss.

Nutzt auch diese „freie“ Zeit, um euer Material zu checken. Freitag und Samstag ist noch genügend Zeit für einen neuen Schlauch, einen neuen Mantel, eine neue Kette, ein sauberes Lenkerband, Umwerfer, Schaltwerk, Bremshebel, Sattelstütze, eine stabile Trinkflasche, Überschuhe, Ärmlinge, Beinlinge. Zum Beispiel in der Sporthütte Fiegl. Für den Fall, dass ihr letztere vergessen habt. Ich nehme sicherheitshalber ein paar mehr mit.

Last Minute Tipps

Beinahe Kältetod.

Das Rennen: Einzelzeitfahren mit Massenstart.

Der Ötztaler Radmarathon ist schnell erklärt. Ein Einzelzeitfahren mit Massenstart. Spätestens ab dem Jaufenpass ist jeder auf sich allein gestellt und fährt sein Rennen. Wer noch genug Kraftreserven hat ein schnelles, die anderen ein etwas längeres. Es bringt also nichts nach Ötz hinaus die Sau rauszulassen. Man gefährdet das eigene und das Rennen der anderen. Das gilt auch für die Abfahrt vom Kühtai. Und hinauf aufs Kühtai hat noch niemand den Ötztaler Radmarathon gewonnen. Nicht einmal Paul Lindner in seinen besten Zeiten. Mit den Kräften haushalten. Den eigenen Rhythmus fahren und nicht den, des Überholenden. Ich kann ein Lied davon singen. In Ötz, Kühtai, Innsbruck und am Brenner jedes mal deutlich unter Plan. Am Jaufen knapp noch im Plan und am Timmelsjoch elendig gestorben. Bis dahin hatte ich aber meinen Spass. Jedes Mal.

Last Minute Tipps

2015 – der wärmste Ötztaler Radmarathon

Iss oder stirb.

Das anstrengendste beim Ötztaler Radmarathon ist das Essen. Vor dem Rennen und im Rennen selber. Der Kaiserschmarrn bei der Pasta Party ist zu verlockend. Die verschiedenen Nudelgerichte auch. Und auf einen Teller passt so viel drauf. Dann noch die guten Mehlspeisen. Hier gilt es: Hände weg von Experimenten. Auch unterwegs. Esset und trinket. Aber nur, was ihr kennt und wo ihr sicher seid, es auch zu vertragen. Das gilt für die feste und auch für die flüssige Nahrung. Wer zuviel isst, der verschenkt auch Energie. Denn der Körper muss das alles ja auch verdauen. Ich zwinge mich beim Ötztaler regelmäßig zu essen. In den Abfahrten. Mannerschnitten mag ich am liebsten. Und Nüsse. Jede 1 1/2 Stunden fülle ich meine Speicher neu. Auch mit Gel. Enervitene, welche ich noch vor Ort besorgen muss. Je flüssiger, desto besser. Das schont den Magen und wirft meinen Fettstoffwechsel nicht in schiefe Bahnen. Last Minute Tipp: Salztabletten mitnehmen. Helfen viel mehr als jeder Iso-Drink.

Last Minute Tipps

Gute Laune nach getaner Arbeit.

Kleider machen Leute. Und Gewicht.

Last Minute Tipps rund um die richtige Kleidung sind die heikelsten. Kälteempfindung ist eine subjektive Angelegenheit. Meine Devise lautet, lieber zu warm, als zu kalt. Was aber nicht heißt, dass ich mich jetzt für eine mehrtägige Radexpedition einkleiden werde. Am Vortag studiere ich das Wetter samt Regenradar und dann wird entschieden. Das vom Veranstalter angebotene Hinterlegungs-Servcie macht ja alles noch viel einfacher. In vier verschiedenen Beuteln kann man an vier verschiedenen Versorgungsstellen Kleidungsstücke und Verpflegung hinterlegen. Wenn es nicht regnen sollte, reichen mir Ärmlinge und eine Windweste für die Abfahrten. Für heuer schaut es einmal ganz gut aus. Ein Tipp noch: Falls ihr doch auf Expedition gehen wollt, dann entledigt euch eurer Kleider nicht gleich im Kreisverkehr von Ötz. Da ist so schon Stau genug, weil viele mit dem schwersten Gang in den Berg fahren.

Last Minute Tipps

Wie warm wird es 2017?

Es gibt nur ein Ziel: Die Gesundheit.

Natürlich ist es jedem selbst zu überlassen, wie schnell er den Ötztaler Radmarathon beenden will. Und kann. Zeiten sind ja da, um ab und wann unterboten zu werden. Das will ich auch. Ohne aber dabei zu vergessen, dass das primäre Ziel die eigene Gesundheit sein muss. Es zahlt sich also nicht aus, für ein paar Minuten ein zu hohes Risiko einzugehen. Der Ötztaler Radmarathon fordert nicht nur die Beine, sondern auch das eigene Vermögen zu denken und zu reagieren. Bei Fortschreiten des Rennen sinkt auch die Konzentrationsfähigkeit. Passt einfach auf euch und die anderen ein klein wenig besser auf.

Schlau sein heißt übersetzt, hohe Gänge.

Wenn Zügeln die Kunst des Wartens ist, dann ist eine hohe Trittfrequenz die Kunst, im entscheidenden Moment zuzuschlagen. Idealerweise von St. Leonhard hinauf auf das Timmelsjoch. Hier schnell kurbelnd hochzukommen, das wär’s. Und das ist es. Genau hier herauf ist noch so viel drinnen. Wenn es die Kehren hinauf zum rettenden Tunnel geschmeidig läuft, dann ist das gut für die Psyche. Und gut für die angestrebte Endzeit. Das Timmelsjoch ist mehr Kopfsache. Glaubt es mir. Die Blicke jener, die erstmals oder wieder in der Schönau die letzten 11 Timmelsjoch-Kilometer in Gestalt einer sich aufstellenden Felswand sehen, sprechen Bände. Ich kann nur meinen Tipp wiederholen: Wer am Anfang etwas bremst, gibt am Ende mehr Gas.

Kette rechts und gute Beine allen Startern.

Zum Schluss noch ein letzter Tipp. Hört in euch hinein. Lasst euch von den vielen Tipps und Last Minute Tipps rundherum nicht verunsichern. Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist. Ihr habt euch so gut wie möglich auf diesen Tag vorbereitet. Ihr kennt euren Körper am besten und könnt jedes Signal auch richtig deuten. Genießt den Tag und freut euch auf alles was kommt. Es ist so oder so ein Geschenk. Ich bin mir sicher, das wird euer Tag.

ktrchts

Die Radzeiten ändern sich – 11x Ötztaler Radmarathon

Radzeiten

Es war meine erste Teilnahme. Mitte der Neunziger. Ich hatte mir im Frühjahr mein erstes echtes Rennrad gekauft. Ein Basso Coral. Mit Campagnolo Chorus Gruppe und Campagnolo Vento Laufräder. In Livigno. Von einem ehemaligen italienischen Radsportprofi. Danach die ersten Radmarathons bestritten. Jung, unerfahren, naiv und abenteuerlustig. Amadè, Samson Man und Ötztaler Radmarathon im selben Jahr. Damals noch mit Start und Ziel in Steinach am Brenner. Zuerst den Brenner, dann der Jaufen, anschließend das Timmelsjoch, das Ötztal raus bei Gegenwind, das Kühtai und zum Schluss von Kematen noch über Birgitz, Götzens und Mutters zurück. Seitdem haben sich die Radzeiten geändert. Nicht nur meine.

Mit Heldenkurbel einen Heldentod sterben.

Damals (ja, damals – es sind ja mehr als 20 Jahre vergangen) konnte ich noch am Samstag vor dem Rennen eine Nachmeldung machen und als Heimschläfer im Studentenheim in Innsbruck am Renntag direkt anreisen. Heute brauchst Beziehungen, Losglück und mindestens eine ganze Woche Urlaub, um beim Spektakel in Sölden dabei sein zu dürfen. Die Radzeiten haben sich eben geändert. Mit an die mehr als 12 Stunden Gesamtzeit, war mein erster „Ötzi“ ein Pausen-Kapitel für sich. Mit Heldenkurbel bin ich nicht nur einen Heldentod gestorben. 53/39 vorne und 12/23 hinten. Am Kühtai nach dem Ochsengarten, dort wo heute die Gallerie einen Teil der steilsten Stelle entschärft hat, musste ich mein Rad schieben. Dabei war ich zu Fuß mit 4 – 5 km/h gleich schnell bis schneller als am Rad. Eine solche Übersetzung wäre heute undenkbar. Und auch ziemlich dumm. Ungeschickt. 32er Ritzel sind deswegen keine Seltenheit mehr. Auch bei den Spitzenfahrern.

Ötztaler Radmarathon 2015 from CristianGemmato on Vimeo.

Die Radzeiten ändern sich. Der Reiz ist geblieben.

Die Jahre vergingen und ich wurde kaum klüger. Noch einmal von Steinach am Brenner aus mit derselben Übersetzung, aber mit umlackiertem Rad versuchte ich mich erneut als Bergfex. Diesmal stoppte mich das so berühmt berüchtigte Ötztaler Wetter. Der obligate Wintereinbruch Ende August brachte mich an meine Grenzen. Handschuhe, Windjacke, Überschuhe sowie Sachen wie Gabba, Gore und ähnliche fürs Überleben im Tiroler Hochgebirge lebensnotwendigen Radutensilen waren mir fremd. Am Timmelsjoch habe ich mein geliebtes Rad in einen Schneehaufen gesteckt und bibbernd im Gasthof nach einem warmen Tee gefleht. Das selbe Stunden später am Kühtai. Aufgegeben habe ich mich aber nicht. Nicht damals und auch nicht die vielen Jahre danach. Nicht einmal 2003 und 2013 war es mir wert, auszusteigen. Beide Male bei Sauwetter und Regen bereits zum Start in Sölden. 2003 kamen von mehr als 3000 Startern, weniger an die 900 ins Ziel. Das Ötztal in der Früh war ein Kommen und Gehen. Die einen mit mir am Weg ins Kühtai, die anderen schon wieder zurück ins Hotel. 2013 derselbe Scheiß.

Was die Finisher in diesem Jahr geleistet haben, blieb auch bei den Veranstaltern nicht unbemerkt. So durften sich alle (!), die dem Sauwetter getrotzt waren, vor allen anderen für den Bewerb 2004 anmelden. Stellt euch das mal heute vor.

Radzeiten

Von Arne Hückelheim – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9579602

Einmal ist keinmal. Aber trotzdem bitter.

Wir schreiben das Jahr 2014. Ja, genau. Das Jahr nach dem „badass“ 2013. Die Wetterprognose war derart schlecht, dass die Organisation mitten in der Nacht per SMS die Teilnehmer vor stürmischen Zeiten warnen musste . Dieses Mal war ich erwachsen genug, um mich gegen einen Start zu entscheiden. DNS. Einmal ist zwar keinmal. Aber es tut trotzdem weh. Das Edelweiß-Finishertrikot fehlt mir. Im Kopf habe ich noch die Bilder jener, die mit Decken im Ziel vor dem Erfrieren bewahrt worden sind. Nur beim Anblick wurde mir kalt.

Man sagt, dass das Leben in den Bergen hart sei. Hart ist auch das Rennradfahren in den Bergen. Im Ötztal besonders. Sibirien an einem Tag, tropische Hitze am Tag danach. So wie vor zwei Jahren, als wir bereits am Start geschwitzt haben. Im Stehen. Es gibt aber auch Sibirien und tropische Hitze am selben Tag. Was die berühmteste aller Fragen in den Fokus wirft: „Was ziehe ich denn heute bloß an?“ Das hat sich bis heute nicht geändert und wird sich wohl kaum ändern. Der Ötztaler Radmarathon ist Roulette. Die Kugel rollt jedes Mal anders.

Der Traum vom Traum. Das macht den Mythos.

Wie sich die Radzeiten in den letzten Jahren geändert haben, zeigt auch die Tatsache, dass eine Teilnehme am Ötztaler Radmarathon heute ganz anders bewertet und wahrgenommen wird. Ein schwerer Radmarathon ist zum Mythos geworden. Viele haben diesen Traum vom Traum. War ich früher schon allein durch die Teilnehme am „Ötzi“ ein kleiner Held, muss  ich  heute mindestens eine Zeit unter neun Stunden fahren, will ich „Anerkennung“ ernten. Leistung ist in unseren Augen das, was zählt. Unsere Aufmerksamkeit liegt darin, zu messen und gemessen zu werden. „Wie schnell warst du?“ bzw. „Welche Zeit hast du vor?“, die allgegenwärtigen Fragen, die genau dieses Phänomen bestätigten. Heuer wird das noch extremer sein, denn am Freitag fahren Profis den Pro-Ötzteler-5500. Die eigenen Zeiten werden noch vergleichbarer. Das Abenteuer tritt in den Hintergrund.

Abenteuer ist es ja längst nicht mehr, seit der Ötztaler Radmarathon ein All-Inkl. Cluburlaub geworden ist. Früher war der Ritt über das Kühtai, den Brenner, den Jaufenpass und das Timmelsjoch härter. Was man am Start in Sölden dabei hatte, musste man die gesamte Strecke am Körper mitschleppen. Das machte schon einen recht ordentlichen Buckel. Die Trikottaschen voll wie nach einem Hofer (Aldi) Großeinkauf. Heute? Wäscheservice entlang der Strecke. Vier Mal umziehen. Trocknen, föhnen, kämmen. Die paar Wetterkapriolen sind plötzlich ein Kindergeburtstag.

Der größte Sieg ist der Startplatz selber.

Egal wie schnell jemand die knapp 220 km hinter sich kurbeln kann. Sieger sind heute all jene, die einen Startplatz haben. Nachmeldung war einmal. Heute wird verlost. Und zwar Monate davor. Mit aberwitzigen Methoden will man sich dabei den Platz an der Sonne (oder im Regen, im Schnee, im Wind und in der Kälte) sichern. Einzelanmeldung, doppelte Anmeldung, Merfachanmeldung, Fremdanmeldung, Gruppenanmeldung zuerst und dann Ummelden danach. Ganz offiziell. Gegen Bezahlung.

Radzeiten

Ötztaler Radmarathon – Rennstrategie

Ein offizieller Startplatz kostet bereits über € 100,-. Das perfide daran. Es zahlt sich aus. Es zahlt sich aus, für die paar Tage im Ötztal ein kleines Urlaubsbudget zu verbraten. Ein Hotelzimmer bekommt man nur, wenn man aktuell mindestens drei oder fünf Nächte bucht. Monate zuvor. Gegen Anzahlung oder Vorauskasse. Was man vermissen wird, wenn man nicht dabei ist, habe ich letztes Jahr selbst erlebt, als ich trotz Startplatz nicht teilnehmen konnte.

Es geht um nichts und doch um alles.

Die Radzeiten haben sich geändert. Ötztaler bleibt Ötztaler. Für Rookies (hier eine Anleitung für Ersttäter) wie auch für Wiederholungstäter. Kein Jahr gleicht dem anderen. Ausgeklügelte Rennstrategien gehen selten auf. Meine zumindest. Es geht um nichts und doch um alles. Ein Finishertrikot, welches mit Stolz und Würde getragen wird. Kein Radmarathon schreibt so viele unterschiedliche Geschichten. Bei jeder Teilnahme wird man reifer aber kaum gescheiter. Man verliert und gewinnt zugleich. Man lernt dazu und macht trotzdem die selben Fehler. Weil die Sinnfrage in den letzten Kehren hoch oben am Timmelsjoch Jahr für Jahr genauso dazugehört, wie das schmerzhafte aber erhabene Gefühl ein kleiner Held zu sein, wenn man in Sölden rechts Richtung Ötztal Arena abbiegt. Von dem her haben sich die Radzeiten doch nicht geändert.

ktrchts

PS: Von meinen früheren Abenteuern gibt es weder Fotos noch Videos. Nicht von mir noch vom Sportografen. Das waren einfach andere Zeiten.