Rennradurlaub 2023

Rennradreisen 2023

Urlaub machen und Rennrad fahren wird auch 2023 das zentrale Motto der von und mit mir sein. Mit bewährten Destinationen und erweitertem Programm und neuen Terminen. Für sie, für ihn und natürlich für beide. Es geht wieder ins sonnige Burgenland, in die appetitanregende Emilia Romagna, in die zauberhaften Dolomiten, durch Österreich und an den mythischen Monte Grappa. Hier das vorläufige Angebot der Rennradreisen 2023. Highlights für den Rennradurlaub 2023? Der Sellaronda Bike Day in den Dolomiten, die Novecolli in Cesenatico und der Austria Giro. Letzterer ist zwar noch in Planung, aber …

Rennrad Saisonbeginn in Cesenatico.

Die ersten warmen Sonnenstrahlen. Ein Cappuccino am Canal Grande. Meeresluft. Und der Flair einer radsportbegeisterten Region. Der Rennrad Saisonbeginn in Cesenatico ist die erste Gelegenheit, nach dem langen Winter gemeinsam in der Gruppe Kilometer zu sammeln und an der eigenen Form zu basteln. Schluss mit Smarttrainer und stinkiger Kellerluft. Die Rennrad-Saison 2023 beginnt in Cesenatico vom 25. März bis 1. April 2023.

Das Angebot für den Rennradurlaub 2023 in Cesenatico:

  • 7 Tage ****Bike Hotel direkt am Meer mit beheiztem Außenpool
  • täglich geführte Touren in verschiedenen Gruppen
  • ab € 574,- pro Person im DZ mit Super Halbpension (Frühstück After-Bike Buffet und Abendessen)

Information und Buchung hier

Saisoneröffnung in Cesenatico
Strade Bianche rund um Cesenatico.

Rennradurlaub in Riccione.

Ostern in Riccione. Schlag auf Schlag geht es weiter und in der Karwoche ist Riccione vom 1. bis 8. April 2023, Schauplatz eines entspannten Rennradurlaubes. Feinstes familiär geführtes Hotel direkt am Strand und die Möglichkeit geführter Rennradtouren in Gruppen durch das romagnolischen und emilianischen Hügelland. Urbino, San Marino, Monte Carpegna oder die atemberaubende Panoramica. Der Rennradurlaub in Riccione richtet sich an GenussfahrerInnen, aber auch an sportlich ambitionierte RadsportlerInnen mit ausgeprägtem Entdeckergeist.

Das Angebot für den Rennradurlaub 2023 in Riccione:

  • ***Bike Hotel direkt am Meer
  • täglich geführte Touren in unterschiedlichen Gruppen
  • ab € 550,- pro Person im DZ mit Super Halpension (Frühstück, After-Bike Buffet, Abendessen)

Information und Buchung hier

Rennradurlaub in Riccione
Frühlingserwachen in der Emilia Romagna.

Novecolli Cesenatico

Neu im Programm ist 2023 die Rennradreise zur Novecolli, der legendären Granfondo mit über 10.000 TeilnehmerInnen vom 18. bis 22. Mai 2023. Das Paket umfasst den Aufenthalt in einem **** oder ***Bike Hotel direkt am Meer mit beheiztem Außenpool und All-Inclusive Service sowie den garantierten Startplatz und die Möglichkeit in einem der vorderen Startblöcke zu starten.

Das Angebot für die Novecolli 2023:

  • **** oder ***Bike Hotel direkt am Meer 5 km vom Start der Novecolli entfernt
  • All-inclusive Hotelpaket (Sauna, Spa, Getränke, Wäscheservice …)
  • garantierter Startplatz in vorderen Startblock
  • persönliche Betreuung vor Ort
  • ab € 904,- pro Person im DZ mit Super Halbpension (Frühstück, After-Bike Buffet und Abendessen)

Information und Buchung hier

Rennradurlaub und Novecolli
9 Colli – 1 Abenteuer.

Rennradfahren am Monte Grappa.

Der Monte Grappa ist mittlerweile der Klassiker unter den Rennradreisen mit Urlaubsschwerpunkt. Vom 25. bis 30. Mai 2023 gastieren wir wieder direkt am Fuße des mystischen Berges in einem alten Kloster. Von hier kann man die 10 + 1 Auffahrten auf den Berg in wenigen Tritten in Angriff nehmen. Nicht nur. Die Gegend rund um die Hauptstadt des Prosecco Valdobiaddene lädt nicht nur zum Rennrad fahren ein.

Das Angebot für den Rennradurlaub 2023 am Monte Grappa:

  • Übernachtung mit Frühstück in einem ehemaligen Kloster am Fuße des Monte Grappa
  • täglich geführte Touren
  • ab € 360,- pro Person im DZ

Information und Buchung hier

Rennradurlaub am Monte Grappa
Rennradparadies Monte Grappa.

Rennradurlaub in den Dolomiten.

Die Rennradreise in die Dolomiten haben wir 2023 ein wenig früher angesetzt, damit den Teilnehmerinnen die Möglichkeit gegeben wird, am 10. Juni 2023 beim Sellaronda-Bike-Day dabei zu sein. Einmal um das Sellamassiv über vier Pässe. Ganz ohne Abgase und Motorgeräusche. Vom 4. bis 11. Juni 2023 geht es also ins Gadertal (Badia), von wo aus täglich geführte Touren zu den Klassikern der Dolomiten angeboten werden. Ich zeige euch dabei die schönsten Plätze meiner Heimat.

Das Angebot für den Sellaronda Bike Day 2023:

  • ****Bike Hotel inmitten der Dolomiten
  • täglich geführte Touren
  • Spa- und Wellnesmöglichkeiten im Haus
  • ab € 714,- pro Person im DZ mit Halbpension
  • Sellaronda Bike Day

Information und Buchung hier

Rennradurlaub in den Dolomiten
Südtirollen in den Dolomten.

Austria Giro.

Noch in der Planungsphase ist der Austria Giro 2023. Eine Radreise von Bregenz nach Wien. Durch die Bundesländer und über die schönsten und spektakulärsten Gebirgspässe der Alpen. 6 – 7 Tage mit Busbegleitung und Gepäcktransport. Ein Rennradabenteurer der Superlative. Termin Ende Juli/Anfang August 2023

Austria Giro Rennradurlaub
Großglockner Hochalüpenstraße.

Rookie Rennradcamp.

Aufgrund des großen Erfolges wird es auch 2023 ein Rennradcamp für Rookies geben. „On the bike“ lernen und festigen wir die wichtigsten Skills für ein sicheres und entspanntes Fahren in der Gruppe. Wir werden am Rad herumschrauben und uns die Finger schmutzig machen. Auch erfahren wir das, was uns Google und Facebook nie verraten können. Denn Rennrad fahren kommt vom Rennradfahren. Termin Mai 2023.

Rookie Rennradcamp im Burgenland
Burgenland – die Sonnenseite Österreichs.

Saisonausklang in Cesenatico.

Auch für den Saisonausklang 2023 setzen wir auf ein bewährtes Konzept und schlagen unsere Zelte wieder in Cesenatico auf. Warum? Ganz einfach. Weil es dort schön ist und das Essen so gut ist. Vom 21. bis 28. Oktober oder vom 28. Oktober bis 4. November 2023 spüren wir uns die letzten Sonnenstrahlen vor dem Winter und holen noch einmal Frischluft auf den Spuren des Giro d’Italia oder der Novecolli.

Programm für den Saisonausklang 2023 in Cesenatico:

  • ****Bike Hotel direkt am Meer mit eigenem Strand
  • beheiztes Außenpool mit Salzwasser (29° C)
  • täglich geführte Touren in verschiedenen Gruppen
  • ab € 553,- pro Person im DZ mit Super Halbpension (Frühstück, After-Bike Buffet und Abendessen)

Information und Buchung hier

Rennradulraub in Cesenatico
Canal Grande in Cesenatico.

Individuelle Radurlaube und Rennradreisen.

Selbstverständlich organisiere ich in Kooperation mit einem Reisebüro auch individuelle Pauschalreisen für Vereine und Gruppen oder plane gerne bevorstehende Individualreisen. Frei nach dem Motto für den Rennradurlaub 2023: Mach Urlaub, fahr Rennrad. Oder Gravel.

Melde dich Newsletter an und verpasse keine Neuigkeiten auch zum Thema Rennradurlaub.

#machurlaubfahrrennrad
Cristian Gemmato

Istria300 – oder die Angst vor sich selbst.

Istria300

Was Mütter sagen, hat immer Hand und Fuß. Manchmal dauert es Jahre, bis man das versteht. Am Start der Istria300 ist mir das so richtig bewusst geworden. Die Worte meiner Mama, dass man im Leben immer ganz genau wissen soll, wo man hingehört, haben um Punkt 7 Uhr des 8. Oktobers 2022 den Lügentest bravourös bestanden. Ich weiß jetzt, dass ich im ersten Startblock eines Radmarathons, nur knapp hinter dem Führungsfahrzeug, nichts, aber schon gar nichts verloren hatte. Die feinen Vorteile dieses Daseins verflogen rasch nach der Aufhebung der Neutralisierung. War es bis dahin ein halbwegs gesittetes Dahinrollen mit der Meute, die sich unaufhaltsam von hinten herangeschlichen hatte, blieb danach nur mehr die Flucht nach ganz rechts. Um nicht gleichzeitig überrollt, überfahren und überfordert zu werden. Mehr als 300 Watt ab Kilometer drei sind für ein Unterfangen, welches bis zu 12 Stunden dauern sollte, einfach nicht ratsam.

Meer, Sonnenuntergang, Trüffel und Burek.

Istrien, Poreč, Sonnenuntergang, Meer, Trüffel, Burek … eigentlich reicht das aus, um sich immer wieder hier her zu verirren. Besitzt man eine Yacht (eine wirklich große Yacht), dann ist das Ankern im Hafen sowieso ein Muss. Nennt man aber ein Rennrad sein Eigen, dann ist die Teilnahme an Istria300 die Kür einer langen Radsaison. Heuer fand dieses einzigartige Event zum zweiten Mal statt. Bei besten Bedingungen. Und dieses Mal ohne Bora. 155, 230 oder 300 Kilometer über knapp 2.000, 3.600 oder 5.400 Höhenmeter. Mittendrin statt nur daheim, wie sollte es anders sein, meine Wenigkeit. Unentschlossen von Anfang an, die abschließende Krönung zu beantragen. Um es gleich vorwegzunehmen: Wieder nur die 230 Kilometer solide beendet. Gescheitert an der Altersvernunft. Die Komfortzone ist schon etwas Schönes.

Die Teilnahme an Istria300 ist unbedingt mit einem Kurzurlaub zu verbinden. Auch weil die Partnerhotels von Valamar (Hauptgeldgeber der Veranstaltung) mit einer Mindestaufenthaltsdauer von drei Nächten samt Rabattcode locken. Eine durchdachte Strategie. Als Touristiker ziehe ich meinen Hut. Ein paar Tage in Poreč sind kurzweilig. Die Touren rund um die Hafenstadt vielfältig und empfehlenswert. Nicht umsonst, war Poreč lange Zeit auch Brennpunkt vergangener Rennradreisen.

Österreich Enklave Istrien.

Geschichtlich betrachtet war Istrien einmal Teil der Kaisertums Österreich. Danach wechselten die Herrschaften. Noch heute findet man in Istrien zum Beispiel Spuren italienischer Vergangenheit. Neben den sowieso anzutreffenden Urlaubern aus Deutschland, sind es aber immer noch die ÖsterreicherInnen, die Istrien fest in der Hand haben. Das fängt bei der Istria300 Organisation an und findet in der Zweidrittelmehrheit der TeilnehmerInnen seine Bestätigung. Neben “dobro”, “hvala”, “molim” oder wahlweise “dobro jutro”, “doberdan” bzw. “dobra večer“, kann ungeniert Deutsch gesprochen werden. Auch weil, sich die schlauen Einheimischen, insbesondere KellnerInnen, Bar- und RestaurantbesitzerInnen, den zahlenden deutschsprachigen Touristen gut angepasst haben. Mit zynischem und lakonischem “Servas” oder “Pfiat di” werden den Urlaubern Heimatgefühle vorgegaukelt. Eine Art Koratien-Saga.

Eines ist in Istrien noch (ab 1. Jänner 2023 wird diese Herausforderung wegfallen) wichtiger als die Bereitschaft sich genussvoll zu quälen. Nämlich das Rechnen. Trotz der Tatsache, dass Kroatien bei der EU ist und trotz der Tatsache, dass sämtliche Reiseführer behaupten, in Istrien würde der Euro als Zahlungsmittel gelten, wird dieser kaum bis gar nicht akzeptiert. Kuna über alles. Die Suche nach einem fixen Wechselkurs kann man sich sparen. Und bei jeder Behebung am Bankomat, werden 3 – 5 Euro Gebühren und Spesen eingehoben. Das lässt die guten alten Zeiten des Geldwechselns zu Hause bei der Hausbank (wer hat denn noch eine?) vermissen.

300 Kilometer sind lang. Ziemlich lang.

300 Kilometer sind lang. Ziemlich lang. Dieses Ziel gleich zu Beginn der Istria300 aufs Spiel zu setzen, war nicht Teil meiner Rennstrategie. Diese lautete (ohne wirklich daran zu glauben), vor 1230 Uhr in Pazin zu sein, um dann heroisch auf die lange Strecke abzubiegen. So musste (und wollte) ich die Schmach des sich Durchreichen lassen widerwillig und stoisch, aber besonnen auf mich ergehen lassen. Hunderte hechelten an mir vorbei. Niemand wollte meinen komfortablen Windschatten. Noch. Mein Einzelzeitfahren füllte ich mit Foto- und Filmaufnahmen.

Über Rennstrategien könnte man sowieso einen eigenen Beitrag schreiben. Einen, der tief in die Psyche einiger durchdringen müsste. Nicht jener, die vorne weg sind. Die wollen das und können das. Es sind vielmehr andere, die mich beschäftigen. 300 Kilometer sind lang. Auch 230 Kilometer sind es. Warum also, Kraft und Energie gleich zu Beginn zu vergeuden? Genau dieser Frage würde ich gerne nachgehen.

Europameister und Paris Roubaix Sieger.

Wir kennen es alles. Das Bild von Sonny Colbrelli nachdem er 2021 die Schlammschlacht Paris Roubaix gewonnen hatte. Im selben Jahr wurde Sonny UCI Europameister. Bei der Vuelta erlitt er dann einen Herzstillstand. Heute lebt er mit einem Defibrillator im Körper. Ob er je wieder Rennen fahren wird, weiß niemand. Er auch nicht. Mit ihm eine Runde drehen zu können und Trüffel-Tagliatelle zu essen, war deshalb etwas ganz Besonderes. Der Typ ist einzigartig. Seine neue Lebenseinstellung vorbildlich. Seine Kraft nach wie vor unglaublich. Ihm zuzusehen, wie kompakt er am Rad sitzt oder einfach nur steht – wie aus dem Lehrbuch. Grazie Sonny.

Ride your Limits.

Das Interessante an Istria300 ist die Tatsache, dass trotz der vielen Höhenmeter eine ganz andere Durchschnittsgeschwindigkeit gefahren werden kann. Und muss. Will man die Zeitlimits schaffen. Weil es keine langen Auffahrten gibt und die Höhenmeter bei ständigem auf und ab über die Distanz verteilt aufs Konto gutgeschrieben werden. Das ist im Vergleich zu einem Ötztaler Radmarathon nicht minder anstrengend, es fühlt sich aber anders an. Drücker sind im Vorteil und Schwergewichte wie ich können sich da und dort gut über die Hügel schwindeln.

Die fehlende Bora (einmal reicht) und die Streckenkenntnis haben dazu geführt, dass auch ich das erste Zeitlimit mit weniger Bauchschmerzen erreichen und passieren konnte. Auch danach war es solides Dahinrollen. Trotz einiger Streckenänderungen wie die Durchfahrt bei Labin und eine Rampe am Weg nach Pazin. Pazin, das ich genau um 1220 Uhr erreichen konnte. Trotzdem ließ ich mich verleiten, nach links auf die 230 Strecke abzubiegen. Noch heute ärgert mich das. Ich habe mich vor mir selbst angeschissen und das Finish einem möglichen Sterben vorgezogen. Dass man im Alter vernünftiger wird, ist kein Vorteil. Plan B also. Damit war die Kraft frei für die letzten ca. 85 km.

Ohne wenn, aber mit viel aber.

Ab Pazin ging also die Post ab und ich spendete genügend Windschatten. Auch für jene, die anfangs keinen wollten und sich entlang der Strecke hinter mich gesellten. Mir gefiel die Rolle des Gejagten. Ein paar Versuche in der Führungsarbeit abgelöst zu werden (auf dem Weg zur goldenen Ananas) scheiterten an der kollektiven Arbeitsverweigerung der restlichen Gruppe. Es blieb mir also keine andere Wahl, als bei der nächsten besten Gelegenheit die Flucht nach vorne zu ergreifen und fast solo das Ziel zu erreichen.

Am Ende blieben viele Fragen offen. Ohne wenn, aber mit viel aber. Was wäre gewesen, wenn ich die 300 Kilometer gefahren wäre? Bin ich nicht. Aber einige, mit denen ich bis Pazin unterwegs war und mindestens so gelitten hatten wie ich, haben es geschafft, in 10, 11 und unter 12 Stunden ihre Grenzen zu überwinden. Was wäre gewesen, wenn ich mit ihnen gefahren wäre? Bin ich nicht. Altersbedingte Vernunft ist keine Tugend im Rennradsport.

Istria300 ist und bleibt ein Abenteuer. Für Solisten mit starkem Charakter oder Gruppen mit Gemeinschaftsgefühl. Für sich fahren und da und dort Verbündete zu suchen kann helfen. Nur so überlebt man den Kurzurlaub in Poreč samt Radmarathon, bei dem einzig und allein der Wille zählt, die magischen 300 Kilometer in 12 Stunden zu knacken. Wir sehen uns hoffentlich wieder am 7. Oktober 2023. Mit altersbedingter Unvernunft.

#ktrchts

Immer wieder King of the Lake.

Immer wieder King of the Lake

Noch wenige Minuten bis zum Start. Neben der üblichen Nervosität und dem Bedürfnis zum x-ten Mal in die Büsche zu springen, macht sich beim besorgten Blick in den Himmel zusätzliches Unbehagen bereit. Die Frage, ob und wann es regnen würde, ist in diesem Moment beantwortet. Damit wird die begonnene Aufwärmrunde am Parkplatz abrupt unterbrochen. Wo sind noch schnell die Regenhandschuhe und die Überschuhe? Die Zeit rennt. Die Handschuhe lassen sich finden, die Überschuhe bleiben verschollen. Immer wieder King of the Lake, heißt auch immer wieder das Nervenkostüm zu strapazieren. Es gibt keine Routine. Zumindest nicht bei mir. War es im letzten Jahr der ausgefallene Powermeter, so meint es heuer das Wetter gar nicht gut. Es gibt Wetter-Apps, die können ganz schön treffsicher sein. Zum Nachteil.

Ertrinken im eigenen Laktat.

Viele Jahre lang waren wir vom spätsommerlichen Wetter des Salzkammerguts mehr als nur verwöhnt worden. Dass der Attersee gnadenlos auch anders kann, wissen wir seit heuer wieder. Eine besondere Herausforderung für das Mannschaftszeitfahren. Die Diskussion, wer vorne fährt, wird bei diesen Bedingungen heftiger als sonst diskutiert. Wer will schon bei Nässe von unten, vorne und von oben, heftigem Gegen- und Seitenwind, sowie Blätter übersätem Asphalt blind jemanden hinterherfahren? Genau. Niemand. Wir, Team Mixed Heros mit Tina, Paul, Siggi und meiner Wenigkeit, waren uns deshalb schnell über die anzuwendende Rennstrategie uneinig. Das bereits vorprogrammierte Chaos wurde potenziert.

Der King of the Lake ist Vollgas. 47 Kilometer rund um den Attersee. Ein Privileg, das seinesgleichen sucht. Auf abgesperrter Straße. Traumhaft. Genial. Sich die Straße mit Platzregen und Sturm zu teilen, ist Nebensache. Das Erlebnis bleibt vordergründig und lässt sich von einem kleinen Wintervorgeschmack nicht trüben. Das zeigen auch die Leistungen der Ersten. Kaum ein Unterschied zu den schnellen Zeiten aus dem Vorjahr. Die Ausrede Wetter kann nicht geltend gemacht werden. Schade. Denn so hatten auch wir vom Mixed Team nur zuzugeben, dass wir einfach zu langsam waren. Trotz Regen, Sturm, Kälte und Hochwasser. Der Pathos lässt grüßen.

King of the Lake 2022

Hobetten Europameisterschaft.

Was das Team rund um OK-Leiter Erwin Mayer jährlich auf die Beine stellt, kann man nicht oft genug und im höchsten Maße loben. Sich diesen internationalen Stellenwert erarbeitet zu haben, zeugt von höchster Professionalität. Und trotzdem kommt beim King of the Lake das Familiäre nicht zu kurz. Man fährt zwar zum wohl bedeutendsten Einzelzeitfahren Europas, landet dann aber bei einem Familienfest. Mit Sportgrößen, die man sonst nur aus Funk und Fernsehen kennt. Wo sonst kann man UCI World Tour Fahrer Patrick Konrad (BORA Hansgrohe) oder Ultracycling Legende (lebende Legende) Christoph Strasser so locker und lässig begegnen?

Immer wieder King of the Lake ist Motto. Wer einmal herkommt, der will nie mehr wieder am dritten Samstag im September etwas anders vorhaben müssen. Als Solist, im 4er oder auch im 10er Team. King oder Queen of the Lake zu sein, ist zwar eine inoffizielle Krönung, aber eine, die zählt. Auf die man stolz sein kann.

Vom Protzen und Klotzen.

Der King of the Lake vereint alles, was protzt und klotzt. Allein die Zeitfahrräder, die hier aufkreuzen, sind getunte und gepimpte Monster mit modernster Technik. Ein 60iger Kettenblatt ist keine Seltenheit. Hier findet man auch, was es im Handeln nie geben wird. Eigenkonstruktionen der besonderen Art. Ideen, die schneller machen. Beim King of the Lake wird nicht gekleckert.

Immer wieder King of the Lake heißt, sich um einen Startplatz früh genug zu bewerben. Das Glück auf seiner seine zu haben und auf das große Los zu hoffen. Es heißt aber auch, ein wichtiges Saisonziel zu verfolgen. Egal ob sportlicher oder touristischer Natur. Eine Reise an den Attersee zahlt sich immer aus. Es muss ja nicht nur Radfahren sein. Kann es aber. Sollte es.

Die Sehnsucht nach dem See.

Es ist wie eine gesunde Abhängigkeit. Schon allein einen Startplatz sein eigen zu wissen, befriedigt die Sehnsucht. Die Frage, ob man wieder dabei sein wird, geht einen Sommer lang die Runde. Wer die Eintrittskarte zu diesem Laktatfest bekommt, braucht kein Weihnachtsgeschenk mehr. Der Lockruf des Sees löst eine Kettenreaktion aus. Für Haudegen und Rookies zugleich. Wer am Start steht, ist bereit, sich seiner persönlichen Prüfung zu stellen. Allein gegen die Zeit. Egal, wie man es dreht und wendet. Das einzige, was zählt, ist die Durchschnittsgeschwindigkeit. Je höher diese ist, desto kürzer gestaltet sich der Arbeitstag. Kurz leiden und lange davon zehren.

Diese Sehnsucht nach dem See ist ein großartiges Geschenk. Ganz egal, ob man wie heuer im eigenen Laktat ertrinkt. Wer will schon bei Nässe von unten, vorne und von oben, heftigem Gegen- und Seitenwind, sowie Blätter übersätem Asphalt blind jemanden hinterherfahren? Genau. Niemand. Aber wenn es so ist, dann ist das auch egal. Hauptsache immer wieder King of the Lake.

Wir sehen uns 2023 wieder. Hoffentlich.

#ktrchts

European Media Cycling Contest – für einen Mund voll Piadina.

European Media Cycling Contest

“Guarda Cristian, stiamo organizzando una cosa veramente speciale.” Mit diesen Worten hat mich Andrea schon vor über einem Jahr neugierig gemacht. Die Rede war von einem European Media Cycling Contest im Rahmen des Italian Bike Festival und der Granfondo “La Gialla Cycling.” Quasi eine Art Europameisterschaft für JournalistInnen, BloggerInnen und InfluencerInnen. Das alles im Land der unbegrenzten Radmöglichkeiten, mit Start und Ziel im Tempel des Motorsports, dem Misano World Circuit Davide Simoncelli. Schon damals wusste ich, dass diese Idee mehr ein kulinarischer als ein sportlicher Wettkampf werden wird. Auf den Spuren von Pizza, Pasta und Piadina.

Auf den Spuren von Pizza, Pasta und Piadina.

Andrea, Nicholas und Roberto haben gerufen, gefolgt sind ihren Verlockungen am Ende nach strengem Ausleseverfahren 50 Auserwählte aus 15 Nationen. Mit Rennrad, Kameras und gespitztem Bleistift. Das Programm dicht getaktet und sportlich ambitioniert. Drei Tage Vollgas zwischen Strand, Hotel, Messegelände und den unendlichen Weiten der Emilia Romagna.

Es ist schwer, die Highlights einer Fahrradmesse mit über 500 Ausstellern und die Highlights einer Region, die für das Radfahren lebt, in wenigen Tagen herzuzeigen und zu sehen. Das wussten wir alle. Umringt von einem Media-Team, welches jeden einzelnen Moment in Film und Foto festhalten wollte, wechselten wir im Minutentakt von einem Momentum zum anderen. Gerade eben bestaunte ich noch das neueste € 13.000,- teurer Rennrad, wenige Minuten später testete ich es schon auf der eigens dafür geöffneten 4.226 Meter langen Rennstrecke über die 10 Links- und 6 Rechtskurven. Wenig später war ich schon in einem Gespräch verwickelt. Man wollte mir die Ultracycling Dolomitica schmackhaft machen. Was auch gelungen ist. Von den vielen Herstellern individueller Radbekleidung ganz zu schweigen. Natürlich habe ich mich umgesehen und schlau gemacht, was es in Sachen feinstem Zwirn so neues gibt oder geben könnte.

Italian Bike Festival

Das Italian Bike Festival ist ein echter Marktplatz. Laut, schrill, chaotisch und vor allem riesig. Sie waren alle da. Auffallend die sichtbare Dominanz der Gravelbikes. Nicht blank poliert, sondern frisch vom Abenteuer haben sie den edlen Carbon-Rennern längst die komplette Show gestohlen. Und zum Testen ging es direkt ins Gelände zwischen den langen Geraden und der Kurven inmitten der Rennstrecke.

Es blieb nicht viel Zeit, sich alles in Ruhe anzuschauen und jeder Plan, strukturiert vorzugehen, scheiterte spätestens an der nächsten Ecke. Zu viel Neues, Interessantes, Einzigartiges und Unerschwingliches stellte sich in den Weg. Dem n + 1 war schwer zu widerstehen. Nicht nur beim Rad.

Piadina Experience.

Die Piadina ist in der Emilia Romagna ein ganz besonders Heiligtum. Allein in der Piadina Expericence, eine Mischung aus Museum, Fertigungsfabrik und In-Lokal, werden täglich 100.000 Stück dieses Fladenbrotes hergestellt. Mit rein regionalen Zutaten. Weizen, Wasser und Salz. Wenig erstaunlich also, dass genau hier der erste Tag des European Media Cycling Contest ausklingen durfte. Mit Aperitivo, Rundgang, Multimediashow, Dauerhunger, Verkostung und einer anschließenden langen Nacht mit DJ-Musik. Ende gut, alle voll.

Via Romagna.

Samstag, noch ein Tag bis zum Rennen. Dem eigentlichen Grund für die Reise in die Emilia Romagna. Es war ein herrlicher, spätsommerlicher Tag. Und wir sind ausgezogen, um die Via Romagna kennenzulernen. Immer noch medial begleitet, als wären wir Stars. Ständig umringt von Paparazzi. Ein Foto hier, ein Drohnenvideo dort und zwischendurch Interviews. Davor aber galt es noch zwei Runden auf der Rennstrecke zu absolvieren. Während die einen das Cruisen auf frischem Asphalt sichtlich genossen, testeten andere ihre Laktatverträglichkeit ohne Rücksicht auf Verluste. Nach ganzen vier Runden waren die Favoriten für den European Media Cycling Contest bestimmt. Und all meine Hoffnungen auf eine Top-Platzierung unter dem jugendlichen Elan meiner Mitstreiter sowie unter meinem eigenen Übergewicht begraben. Dabei sein ist alles, aber gewinnen wäre schon schöner gewesen.


Trost fanden ich und viele andere auch zum Glück schnell bei Enio Ottaviani. Ein wirklich nettes und einladendes Plätzchen zwischen den Weinreben. Gutes Essen kann über so manche Hoffnungslosigkeit schnell hinweghelfen. Salute.

Dass der Abend auf der wohl schönsten Terrasse mit Meerblick, die Misano Adriatico zu bieten hat, endete, wäre ein eigenes Kapitel wert. Über Essen, Ausblicke, Fachgespräche, guter Musik und vor allem Renntaktik. Buona notte.

EMCC – Das Rennen

Mario Cipollini, Gianni Bugno, Claudia Chiappucci oder Maco Melandri. Klingende Namen italienischer Zweiradvergangenheit. Sie alle waren am Start der Granfondo “La Gialla”. Ich mittendrin, statt nur daheim. In erster Reihe. Ein Privileg, welches mir als persönlicher “Domestique” von Giulia di Maio zugutegekommen ist. Giulia ist Journalistin für tuttobiciweb und Moderatorin diverser Red Bull Live-Events. Sie sollte das Rennen gewinnen. Befehl von oben. Vielleicht auch mit meiner Unterstützung. Ich hatte meine Aufgabe. Dass das Rennen einen Tag nach Giulias Geburtstag stattgefunden hat und sie deshalb bis in die frühen Morgenstunden feierte, erschwerte unseren Plan. Dabei sein ist alles?

Nein. Denn trotz widrigster Bedingungen und im Kampf gegen den Schlafmangel konnte sich Giulia gegen starke Konkurrenz aus Schweden und Slowenien durchsetzen und den European Media Cycling Contest über 100 Kilometer und 1.800 Höhenmeter gewinnen. Bei den Herren setzte sich Frederik Börk vom Magazin Rennrad souverän durch. Herzlichen Glückwunsch.

Arbeiten und Rennrad fahren.

Es war ein ganz schönes Stück Arbeit. Das Rennrad fahren selbst und über das Rennradfahren zu schreiben. Im Regen, gegen den Wind, bei glühender Hitze, auf Strade Bianche. Mit vielen Eindrücken und neuen Bekanntschaften unter KollegInnen. Betriebsspionage inklusive. Von den Besten lernen, kann nicht schaden. Ganz im Gegenteil. Danke an dieser Stelle nochmals an Andrea, Nicholas und Roberto in Zusammenarbeit mit APT Servizi und Emilia Romagna. Wir sehen uns hoffentlich 2023 wieder. Nicht jünger, aber vielleicht leichter.

#ktrchts

PS: Für alle jene, die die Region Emilia Romagna kennenlernen wollen. Hier geht’s zum Saisonabschluss nach Cesenatico.

Italian Bike Festival – Viel Rad auf einem Platz.

Italian Bike Festival

Vom Triumph von Pecco Bagnaia bis zur Invasion der neuesten Fahrräder. Samt Zubehör. Eine Woche nach dem Ducati-Festival war die nach Marco Simoncelli benannte Rennstrecke von Misano Adriatico Schauplatz des dreitägigen Italian Bike Festival, einer der größten Radmessen auf europäischen Boden. Über 500 Marken aus aller Welt füllten den Ausstellungsbereich hinter dem Fahrerlager und den Boxen. Mit weit über 1000 Fahrradmodellen, die vor Ort auch getestet werden konnten. Auf jener Strecke, über die normalerweise die stärkeren, mit Treibstoff angetriebenen Zweiräder vorbeifliegen. Auch Firmen wie Ducati waren auf der Messe zu finden. Ducati präsentierte das eigene feuerrote Elektromodell. So wie auch Yamaha, das ebenfalls die Welt der E-Bikes für sich entdeckt hat.

Radsportprominenz im Überfluss.

Parade der Weltmeister mit dem Australier Cadel Evans, dem Italiener Alessandro Ballan sowie Mario Cippollini und Paolo Bettini (Olympiasieger und Doppelweltmeister Straße). Misano geizte nicht mit Radsportprominenz vergangener Zeiten. Aber auch aktuelle Stars wie Sonny Colbrelli waren anwesend. Colbrelli kann es kaum erwarten, wieder ins Renngeschehen einzusteigen. In Erinnerung sein Sieg im Schlamm auf den Kopfsteinpflastern bei Paris Roubaix.

Viel Applaus bekam Rachele Barbieri (2x Gold und 1x Silber bei den Europameisterschaften auf der Bahn und 1x Bronze auf der Straße im vergangenen Monat im München) oder Simone Avondetto, der jüngste U23-Weltmeister im XCO-Mountainbike (Olympic Cross Country). Standesgemäß auf italineischem Rad (Wilier) und italienischen Reifen (Vittoria).

Italian Bike Festival in Misano

Probieren geht über Studieren.

Nicht nur Fahrräder, nein auch Zubehör konnte auf dem Italian Bike Festival getestet werden und bewundern. Wie zum Beispiel den von der im Bergamo ansässigen Firma Kask entworfenen Weltmeisterhelm von Filippo Ganna.

Das Italian Bike Festival in Misano Adriatico war bereits am Freitag und Samstag mit mehr als 40.000 Besuchern ein voller Erfolg. Das große Finale bildete am Sonntag die Granfondo “LaGialla“, mit Start und Ziel im Motodrom Marco Simoncelli. Mit am Start um 7.30 Uhr, Mario Cipollini, Gianni Bugno, Davide Cassani und Claudio Chiapucci. Im Rahmen der “LaGialla” fand auch der European Media Cycling Contest (EMCC) statt. Eine inoffizielle Europameisterschaft für Rad-Blogger und Journalisten. Mit dabei klingende Namen aus vielen Nationen. Italien, Deutschland, Österreich, Holland, Frankreich, Spanien, Schweden … 100 Kilometer und 1800 Höhenmeter waren dabei zu bewältigen. Keine leichte Aufgabe, nachdem die letzten Tage kulinarischen Radsports.

#ktrchts

PS: Beim EMCC mittendrin statt nur daheim auch dieKetterechts. Bericht folgt.

Danke Ötztaler Radmarathon. Einmal und immer wieder.

Ötztaler Radmarathon

Endlich ist die Mautstelle erreicht. Die letzte Hürde ist geschafft. Das Ziel in Sölden nur mehr wenige Kilometer entfernt. Noch einmal klein machen, ducken und laufen lassen. Aber Achtung. Die Straße ist nass. Die Kurven rutschig. Immer wieder verlege ich meine Bremspunkte in den Kehren auf die wenigen trockenen Stellen. Hier noch abzufliegen, wäre eine absolute Dummheit. Es ist erstaunlich, wie gut die Beine auf einmal wieder laufen. Alle Schmerzen lösen sich auf. Der Druck auf die Pedale katapultiert mich und den Rennesel nach vorne. Sölden zieht mich magisch an. Ein Solo wird vorbereitet. Ruhm und Ehre im Ziel wollen allein genossen werden. Der Windschatten wird negiert. Nix da. Lutschen verboten. Gegenwind? Egal. Vollgas. Unterlenker. Finisher kommen mir entgehen. Menschen entlang der Straße applaudieren. Vorgeschmack auf die Einfahrt ins Ziel. Noch eine letzte Kurve. Die Zeitmatte wird überfahren. Offizielles Ende. Jetzt kommt die Kür. Ab durch den RedBull-Bogen hinein in die Menge. Zum Schluss noch irgendwas für Publikum. Genau „the Dab“ und aus. Danke Ötztaler Radmarathon. Ich bin dein Finisher.

Ötztaler Radmarathon Timmelsjoch
Super Tuck.

Ötztaler Leiden.

Zigfaches Finish. Solide und routinemäßig. Doch es wird von Jahr zu Jahr nicht einfacher. Zumindest für mich. Die Guillotine am Jaufenpass rückt immer näher. Der Spielraum wird jedes Mal enger. Das Zeitlimit ist greifbar nahe. Der Blick auf die Zwischenzeiten der letzten Jahre zeigt es schwarz auf weiß. Und das ist nicht nur den Umleitungen zu schulden. Die Zeit zehrt. Das Alter nagt. Das Gewicht bremst. Mein Gott war ich früher jung. Schnell. Und vor allem leichter. Danke Ötztaler Radmarathon, dass du mir deinen Spiegel vorhältst.

Ötztaler Übersetzungen.

Die Technik ist ein Hund. Meinen ersten Ötztaler bin ich noch mit Heldenkurbel 39/23 gekrochen. Heute reicht meine 36/32 nicht mehr aus, halbwegs schnell kurbelnd über die Berge zu kommen. Ich plagte mich und muckste mich irgendwie nach oben. Meine Stehzeiten sind nicht jene an den Labestationen. Es sind viel mehr die Versuche, in den steilsten Passagen nicht vom Rennrad zu fallen und von der Physik besiegt zu werden. Beim Anblick der leichtfüßig kletternden MitstreiterInnen weichte die anfängliche Anerkennung purem Neid, je fortgeschrittener der Radmarathon war. Wie wär’s mit einer 34/34 beim nächsten Mal?

Ötztaler Linien.

RadfahrerInnen sind gute Zeichner. Das erkennt man an den Linien, die bergab in den vielen Kurven gezirkelt werden. Teilweise. Die Kehren sind aber auch ein Tohuwabohu. Der Ötztaler Radmarathon ist nicht nur Bergfahren. Um in den Steigungen nicht zu sterben, muss man zuerst einmal die gut 100 Kilometer Abfahrten überleben. Mitten in der Meute. Wo Einlenken, Steuern und Antreten in Kurven und aus diesen nicht immer im Einklang und stilistisch einwandfrei aufeinanderfolgen. RadfahrerInnen sind nicht alle gute ZeichnerInnen. Einige mit großem Faible zu abstrakter Kunst und Linieninterpretation.

Hold the line.

Ötztaler Strategien.

Überleben. Nachdem ich es 2021 vergeigt hatte, war die Strategie für 2022 das nackte Überleben. Einfach ins Ziel kommen und in die Geschichtsbücher eingehen. Siehe letzter Punkt. Natürlich habe ich mich die Tage zuvor mit Pansy’s Marschtabelle beschäftigt und mich so “ehrlich” wie möglich einer magischen Zielzeit zu nähern. Die zusätzlichen Kilometer und Höhenmeter der Ausgabe 2022 haben daraus aber reine und unnötige Spekulation gemacht. Danke Ötztaler Radmarathon, dass du kaum Strategien zulässt und immer einen Plan B, C, D … verlangst.

Schön auch, dass ich die Kraft gefunden habe, auch mehrmals stehenzubleiben und die Landschaft zu streamen. Man wird im Alter nicht schneller, aber klüger auf der Suche nach Ausreden, nicht mehr weiterfahren zu wollen, um eine Pause einzulegen.

Ötztaler Wetter.

Wie das Wetter werden sollte, das hatte bis zuletzt niemand gewusst. Am Ende war es aber gar nicht so schlecht, wie letztendlich vorausgesagt. Trotzdem war das Wetter am Renntag wie immer schlechter als die Tage zuvor und am Montag danach. Typisch und wie bestellt (verflucht). Dass es in der Früh Richtung Ötz trocken war, kann als Vorteil gewertet werden. Auch wenn bei nasser Fahrbahn viel mehr Vorsicht das Feld begleitet hätte. Bis Ötz war ich auf jeden Fall weder zu warm angezogen, noch musste ich frieren. Perfekt. Bis in den Anstieg zum Kühtai. Hier hat sich die Wärme zuerst und dann die Hitze an meinem Körper gestaut. Zum Leidwesen meines Flüssigkeitshaushaltes.

Kalt, warm, heiß. Danke Ötztaler Radmarathon, dass du so unberechenbar bist. Dass du den Geist forderst und Entscheidungen verlangst, die ich so nie treffen kann. Weil ich einfach nicht frieren will.

Kalt, warm, heiß … Ötztaler Wetter.

Ötztaler Weisheiten.

Immer kommt es anders als man denkt. Das ist eine ganz spezielle Weisheit beim Ötztaler Radmarathon. Diesmal durfte ich das am Weg zum Brenner erleben. Ich hatte mir vorgenommen, hier nicht zu übertreiben. Das mache ich üblicherweise. Gruppe um Gruppe ließ ich vorbeiziehen. Auch den Organisator des Istria 300. Statt weiter mit ihm zu plaudern. Mein Puls war zu hoch, meine Leistung zu niedrig. Keine gute Kombination. Irgendwas passte zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr). Eine unerwartete Systemstörung. Ich musste unter der Europabrücke brutal anhalten. 155 Pulsschläge im Stehen? Und es wurde nicht besser. Brauchte über 10 Minuten für ein Systemreset. Bis ich mich wieder auf den Weg machte, war das halbe Feld vorbeigerauscht. Richtung Brenner war ich dann meine eigene schnelle Gruppe. Einsam und langsam.

Ötztaler Emotionen.

Es sind immer wenige Sekunden. Ganz kurze Augenblicke. Jene Momente, die mich beim Ötztaler Radmarathon für alles entschädigen. Wahrscheinlich spreche ich da für viele. Diese Momente brennen sich ein. Sie gehen mir tief unter die Haut. Sie können sogar Tränen auslösen. Und tun es auch. Emotionen, die nur der Ötztaler Radmarathon hervorzaubern kann. Den Ötztaler Radmarathon fährt man nicht. Man spürt ihn. Er fesselt dich und lässt dich erst Tage später wieder los. Danke Ötztaler Radmarathon. Einmal und immer wieder.

Ötztaler Gänsehaut.

Ötztaler Regeln.

Die einzige Regel, die auf den Ötztaler Radmarathon zutrifft, ist, dass er sich an keine Regeln hält. Noch schlimmer. Er macht seine eigenen Regeln. Heuer neu eine Section Control und eine neutralisierte Zone am Radweg nach der Labe am Brenner. Mit all den damit zusammenhängenden Verboten. Kein Pinkeln, kein Stehenbleiben, keine Pausen, maximal 25 km/h. Ich habe mich daran gehalten (Durchschnittsgeschwindigkeit in diesem Segment 18,7 km/h). Andere weniger. Viel weniger. Viel Platz für Diskussionen gab es auf dem sehr engen Fahrstreifen sowieso nicht.

Eine weitere Regel ist, dass kein Müll weggeworfen werden soll (darf). Nur in den eigens dafür gekennzeichneten Zonen. Das Ende der Wegwerfzone, dürfte vielen nicht einen Hauch von Interesse abgewonnen haben. RadfahrerInnen sind Schweinderln. Leider.

Ötztaler Premieren.

Als erster Mensch überhaupt habe ich den Ötztaler Radmarathon auf einem Rennesel beendet. Mein Rennrad aus Holz verleiht mir diesen Eintrag in die Geschichtsbücher. Es war hart, es war härter und es war einfach Ötztaler Radmarathon.

Danke Ötztaler Radmarathon. Für all diese und jenes. Du gibst mir die Motivation, Jahr für Jahr an mich zu glauben. Solange ich dich schaffe, gehöre ich nicht zum alten Eisen. Ich komme wieder. 9. Juli 2023. Sei mir gnädig.

#ktrchts

Ötztaler Radmarathon 2022.

Ötztaler Radmarathon

Sag zum Abschied leise “Servus”. Der Ötztaler Radmarathon 2022 findet zum letzten Mal Ende August statt. Er verlässt den Pflichttermin für das alljährliche Familienfest im Ötztal. Bis auf ein paar wenigen Ausnahmen, so wie 2017, war der letzte Sonntag im August für viele RadsportlerInnen das Highlight ihres Radsommers. Und für das Wetter war Ende August die beste Gelegenheit, sich in und rund um Sölden vom Sommer- auf den Wintermodus umzustellen. Noch kann keiner genau sagen, was sich der Wettergott dieses Jahr einfallen hat lassen. Eines ist aber bestimmt. Der 28. August 2022 wird mit oder ohne Regen, Schnee und Hitze in die Geschichte eingehen. Es wird jener Tag sein, an dem wir uns alle zurückerinnern werden. Damals werden wir sagen. Damals wussten wir, dass es in der Höhe schneien würde. Dass alle Regenjacken im Ötztal vergriffen sein werden, die Expo laut “Sold Out” schreien würde für alles, was irgendwie mit Gore-Tex zu tun habe. Und eine Wetterfee nach der anderen, die Apokalypse bekannt geben musste. Wetterwarnungen vom Veranstalter inklusive. All das wussten wir im Voraus. 2023 wird alles gleich sein. Nur eben anders.

© Ötztal Tourismus/Fotograf Jürgen Skarwan

Das Wetter wird gleich sein. Nur anders.

Hochalpine Freiluftveranstaltungen bergen ein gewisses Risiko. Man kann sich dabei nie sicher sein. Das macht die Sache spannend bis zum Startschuss. Nicht nur im August. Womöglich, nein, ganz sicher auch Anfang Juli im nächsten Jahr. Der Reiz ist diese Ungewissheit und diese Ungewissheit reizt. Nein, sie triggert. Jahr für Jahr. Man will den Epos, scheut aber, Teil davon zu sein. Alle jene, die 2003 gestartet sind und all jene, die 2013 gelitten haben, wissen ein Lied davon zu singen. Auch wenn der Ötztaler Radmarathon Jahr für Jahr seine eigene Geschichte schreibt, diese zwei Jahre waren episch und kaum zu überbieten. Wenn, ja wenn nicht ein Jahrhundertwinter bevorsteht und das Timmelsjoch Anfang Juli noch im Restschnee versinkt. Dann wird ein ganz neues Kapitel geschrieben. Vom Mythos, von den Helden, von den Sonntagen Ende August, als es eigentlich doch ganz angenehm war.

Wir können es drehen und wenden wie wir wollen. Zu heiß, zu kühl, zu kalt, zu trocken, zu nass, zu lang und zu steil. Wir alle wissen, dass der Ötztaler Radmarathon kein Kindergeburtstag ist. Treten freiwillig an, um uns zu quälen. Haben es stets selbst in der Hand. Jede Entscheidung ist unsere eigene. Und doch suchen wir immer einen Schuldigen. Das Wetter, der Monat, die Umleitung … um nur ein paar zu nennen. Von den individuellen Ausreden und Missgeschicken wollen wir gar nicht anfangen. Dasselbe gilt für die Höhenmeter. Einmal sind es zu viele, dann wieder zu wenige. Heuer beispielsweise sind es auch wieder etwas mehr. Als erhofft.

© Ötztal Tourismus/Fotograf Rudi Wyhlidal

Der Mythos Ötztaler Radmarathon lebt.

Der Ötztaler Radmarathon wäre kein Mythos, gäbe es nicht das jährliche Murmeltier, das uns alle grüßt. Nicht nur zum Thema Wetter. Denn auch die Strecke wird schön langsam zur Diva, die gerne überrascht und sich nicht festlegen will. War es im letzten Jahr das Sattele, so beschert der Ötztaler Radmarathon 2022 allen TeilnehmerInnen gleich drei Umleitungen. Eine für immer (sofern es das gibt) und zwei temporäre. Im Sellrain schenkt eine Baustelle allen StarterInnen 5,7 Mehrkilometer und 182 Mehrhöhenmeter, die Umleitung am Brenner ist nicht der Rede wert und in Sterzing gibt es bei fast identer Streckenlänge jedoch noch einmal 111 Höhenmeter obendrauf. Das macht 2022 fast tatsächliche 5.500 Höhenmeter über die gesamte Strecke. Der Mythos lebt, denn obwohl es auf jeder offiziellen Ausschreibung steht, verursachen diese 5.500 Höhenmeter wieder einmal Chaos. Wir wollen die 5.500 Höhenmeter und prahlen damit. Fahren will sie aber niemand. So wie letztes Jahr war und so wie es die nächsten Jahre sein werden. Mitsamt dem Wetter. Warum eigentlich?

Eine Frage, die sich wohl kaum beantworten lässt. Mythen sind Mythen. Und der Ötztaler Radmarathon ist eben kein gewöhnlicher Radmarathon. Er fesselt dich, er verschlingt dich und spukt dich erst wieder aus, wenn du deine Leidensfähigkeit unter Beweis gestellt hast. Dann, wenn du am Timmelsjoch den rettenden Tunnel erreichst hast. Dich dann noch zur Passhöhe quälen konntest und mit den letzten Konzentrationstropfen die Abfahrt zum Gegenanstieg zur Mautstation überlebt hast. Diesen anschließend, egal wie, noch hochkommst, um dich dann frisch wie schon lange nicht mehr, mit den letzten freigewordenen Kräften im freien Fall nach Sölden hinunterwirfst.

Augen zu und durch, hinauf und hinunter.

Jeder Kilometer des Ötztaler Radmarathon ist es wert. Und wenn es mehr sind, gibt es eben mehr Kilometer zum selben Startgeld. Jeder Höhenmeter ist es auch wert. Und sind es mehr, dann hat man eben mehr davon zum selben Startgeld. Wenn das geklärt ist, dann können wir bitte wieder über das Wetter reden. Wie wird es am 28. August 2022 und vor allem am 9. Juli 2023?

#ktrchts

#ÖtztalerRadmarathon

Novelle der Straßenverkehrsordnung, Nummer 33.

Novelle Straßenverkehrsordnung

Nun ist sie da. Nicht ganz. Aber ab 1. Oktober 2022 soll sie in Kraft treten. Die 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung. Diese Novelle soll das Radfahren sicherer machen. So zumindest die Meinung (und Hoffnung) der gesetzgebenden VerkehrsexpertInnen. Viel hat man im Vorfeld darüber gehört und einiges war ziemlich vielversprechend und irgendwie logisch. Aus Sicht der Rennradfahrenden sogar überlebensnotwendig. Wie zum Beispiel der verpflichtende seitliche Abstand beim Überholen. Dann gelten 1,5 Meter im Ortsgebiet und zwei Meter im Freiland. Endlich, würde man sagen. Wir wären aber nicht in Österreich, gäbe es da nicht wieder Ausnahmen und zusätzliches Konfliktpotential.

Neue Regeln – halbe Sachen.

Bisher galt beim Überholen eine situationsbezogene Regelung. Wobei Regelung hier das falsche Wort ist. Sagen wir eine Empfehlung. Mindestabstand halber Meter plus Hälfte der gefahrenen Geschwindigkeit in Zentimeter. Sollte man in der Fahrschule zumindest einmal gehört haben? Was in der Praxis aber kaum wahrnehmbar ist. Den Seitenspiegel so knapp wie möglich am zu überholenden Radfahrer vorbeizubringen, war und ist ein beliebter Volkssport.

Ab 1. Oktober heißt es aber „fix“ Abstand halten. 1, 5 Meter im Ortsgebiet und zwei Meter im Freiland. Eine klare und einfach Regelung. Juhu. Könnte man meinen. Der Hund ist aber bekanntlich immer im Detail begraben. Denn die 1,5 bzw. zwei Meter seitlicher Abstand gelten bei einer Geschwindigkeit ab 30 km/h. Der Mindestabstand kann also verringert werden, wenn langsamer als 30 km/h gefahren wird.

Regeln mit Tücken.

Was heißt jetzt verringert? Um wie viel? Und schon haben wir wieder viel Platz für persönliche Interpretationen. Konfliktpotential inklusive. Warum kompliziert, wenn es einfach auch gehen würde?

Beispiel 1: Ich fahre mit 33 km/h auf einem 2,5 Meter breiten Güterweg. Freiland. Ein Auto von hinten will überholen. Mindestabstand ab 30 km/h wären zwei Meter. Das geht sich in diesem Fall nicht aus. Was jetzt? Interessant. In der Praxis wird sich der Autofahrer wohl ungeniert vorbeidrängen. Unerlaubt.

Beispiel 2: Zweispurige Landstraße. Freiland. Ich fahre wieder mit mehr als 30 km/h dahin. Es gibt einiges an Gegenverkehr. Autos von hinten dürften in diesem Fall auch nicht überholen. Wie lange sie sich hinten anstellen werden, bis der Geduldsfaden reißt? Verbotenerweise wird auch hier überholt werden.

Beispiel 3: Ich fahre diesmal mit weniger als 30 km/h dahin. Sagen wir 27 km/h. Freiland. Wieder einiges an Gegenverkehr. Ein Auto nähert sich von hinten. Um überholen zu können, fährt es auch weniger als 30 km/h. Nehmen wir an mti 28 oder 29 km/h. Der Mindestabstand von 2 Metern kann verringert werden. Das Überholmanöver dauert deshalb eine gefühlte Ewigkeit. Dabei ist das Auto kaum 20 bis 30 cm seitlich entfernt. Korrekt, aber gefährlich. Oder? Gilt auch auf einem 2,5 Meter breiten Güterweg. Von mir aus auch 3 Meter breit.

Wo bleibt die erhoffte Sicherheit?

Die 1,5 und 2 Meter seitlicher Abstand sind zu begrüßen. Die Ausnahmen verkomplizieren aber alles wieder. Diskussion über Zentimeter und Geschwindigkeiten werden wohl auf der Tagesordnung stehen. Eine klare und immer währende Regelung wäre eindeutig die bessere Lösung gewesen. Ohne wen und aber.

Noch viel besser aber sind und bleiben jedoch der gegenseitige Respekt und die gegenseitige Wertschätzung. Von AutofahrerInnen zu Radfahrerinnen. Und umgekehrt. Aber das wäre jetzt eine ganz andere Geschichte und eine ganz andere Welt.

#ktrchts

Bikepacking im Burgenland. Der Iron Curtain Trail.

Bikepacking im Burgenland

Natürlich war es seine Idee. Seit Jahren versuchte er sie davon zu überzeugen mitzufahren. Sie zu animieren, als Burgenländerin die eigene Heimat mit dem Fahrrad zu entdecken. Von Nord nach Süd. Entlang des burgenländischen Teils des Iron Curtain Trails, dem Euro Velo 13. Von Kittsee nach Szentgotthárd in Ungarn. Viele Kilometer entlang der österreichischen und ungarischen Grenze. Natürlich hatte er es geplant. Nach ihren Wünschen und Bedürfnissen. Drei Etappen mit einer oder mehrerer Exit-Strategien. Vielleicht, eventuell, eher nicht, aber möglicherweise doch. Ihre Motivation schwankte, je näher die Abfahrt kam. Bikepacking im Burgenland war dann doch ihr Premieren-Abenteuer, bei dem am Ende alles anders kam, als gedacht.

Bikepacking im Burgenland

Ein Radabenteuer direkt vor der Haustür.

Die Originalstrecke des Iron Curtain Trails ist im Burgenland ca. 300 Kilometer lang und eignet sich perfekt zum Radwandern, oder besser gesagt fürs Bikepacking. Start ist Kittsee, das man sehr gut öffentlich erreichen kann. Von Wien zum Beispiel über Parndorf oder von Eisenstadt, mit einem Umstieg. Das war auch ausschlaggebend bei der Planung. Keine Anreise mit dem Auto und auch keine Heimreise. Klimaschonend, versteht sich. Deshalb wurde auch die Option gewählt, von Szentgotthárd in Ungarn über Sopron und dann Wulkaprodersdorf retour zu fahren. Ein ganz spezielles Abenteuer. Aber dazu später.

Radwandern mit dem Zug

Wenn er und sie verreisen, scheiden sich bei der Startzeit nicht nur die Geister, sondern viel mehr Bedürfnisse und vor allem Gewohnheiten. Sie braucht immer etwas Zeit sowie mindestens zwei Frühstücksmöglichkeiten. Da Züge selten ihre Abfahrtszeit flexibel gestalten und warten, kann es schon vorkommen, dass er (der Autor) in seiner Überpünktlichkeit in Anbetracht ihrer Lässigkeit etwas nervös wird. Vor allem dann, wenn er ihr beim Anbringen der Packtasche deshalb unter die Arme greifen muss, weil sie trotz Empfehlung und Aufforderung, es ein paar Mal vor Reiseantritt selbst zu versuchen, nicht nachgekommen ist (und nachkommen wollte). Wer schon einmal eine “Arschrakete” (Sattel-Packtasche) montiert hat, weiß, dass das unter “Druck” gerne etwas länger dauern will. Ende gut, alles fest. Es konnte losgehen. Für alle, die wissen wollen, welche Satteltasche benutzt wurde: Toppeak Backloader 10L. Auf eine Lenkertasche wurde verzichtet.

Grenzenloses Radwandern.

In Kittsee bekommt man schnell einen Vorgeschmack auf das, was der Iron Curtain Trial zu erzählen hat. Nicht unweit des Bahnhofes befindet sich der Grenzübergang zur Slowakei. Trotz Kontrollen kann man problemlos aus- und einreisen. Das war nicht immer so. Diese Freiheit ist Goldes wert und nicht selbstverständlich.

Wer in Kittsee das Bikepacking im Burgenland startet, der kann sich auf einiges freuen. Die ersten Kilometer sind eher flach. Gut zum Einrollen. Je nach Wind kann sich dieses flach ganz schön steil anfühlen. Und der Wind ist hier täglich Freund oder Feind. Auch wenn er nicht bläst. Er weht immer. Am Plan standen zuerst 80 km bis Wallern. Angedacht war eine Aufwärmetappe. Diese wurde aber rasch verlängert und mit Mörbisch am See als Etappenzielort sollte nach 135 km erst einmal Ruhe einkehren. Am Weg dorthin ging es kreuz und quer durch das pannonische Flachland. Vorbei an der östlichsten Gemeinde Österreichs (Deutsch-Jarndorf), den berühmten Pannonia Fields (Nova Rock Areal – 4 Tage nach dem Festival), patrouillierenden Grenzsoldaten mitten in der Pampas und der geschichtsträchtigen Brücke von Andau. Der erste Streckenabschnitt war ein Ausstieg aus dem Alltag und ein Einstieg in die Geschichte des Burgenlandes. Die grüne Grenze, ein Privileg, welches noch ziemlich jung ist.

Trotz des ungünstigen Windes, kamen sie und er gut voran. Einzig die Suche nach durststillender Wasserstellen oder Radlerrastmöglichkeiten gestaltete sich etwas komplizierter. Dafür waren die vielen Fronleichnam-Prozessionen eine willkommene Abwechslung. Blumenkorsi inklusive. Im Burgenland wird Tradition groß gelebt.

Das Abenteuer am Ende der Straße.

Korn, Wein, Gemüse. Der Seewinkel liefert entlang der Strecke einiges an kulinarischen Schmankerln. Namhafte Produzenten sind hier heimisch. Scheiblhofer, Zantho, Perlinger-Gemüse, Erich & Priska Stekovics Paradeiser, Biobauer Göltl, um nur einige zu nennen. Vielleicht hätte er mehr Zeit einplanen sollen, die eine oder andere Jause zu gustieren. Doch der enge Zeitplan war der Wettervorhersage zu schulden. Die Gewitter am Nachmittag waren nämlich fix angesagt, wie das Amen im Gebet.

Auf Genuss wurde trotzdem nicht verzichtet. Der ungarische Teil des Iron Curtain Trails nach der Brücke von Andau bietet nämlich grenzenloses Gravel-Feeling. Genau so stellt man sich das vor. Feinster Schotter und eine unberührte Landschaft. Dahingleiten und das melodische Knirschen des rauen Untergrundes aufsaugen. Bikepacking im Burgenland fängt oft erst am Ende der asphaltierten Straße an.

Flexibles Timing ist alles.

Der Iron Curtain Trail ist perfekt ausgeschildert. Nur in Ungarn muss man sich etwas umorientieren. Hier ist die Beschilderung anders. Die blaue 13 (Euro Velo 13) mit den gelben Sternen erleichtert die Wiedererkennbarkeit. Man soll sich aber entscheiden: GPS Track oder Beschilderung. Denn nicht immer sind beide einer Meinung.

Nach nicht einmal drei Stunden hatten sie und er den Seewinkel hinter sich gelassen. Nahe Apleton wurde nochmals Ungarn “betreten”. Bis Mörbisch. Quasi die Hausstrecke von den vielen Neusiedlersee Umrundungen. Im Winter wie im Sommer. Ein Wechselspiel zwischen perfekt glattem Radweg, Wurzel-Jumping und wieder feinstem Schotter. Danach war Mörbisch in Sicht und die schwarzen Gewitterwolken auch. Bei Kaffee und Kuchen wurden dann der ursprüngliche Plan über Bord geworfen. Warum 20 Kilometer von Zuhause entfernt übernachten? Eben. Ab nach Hause. Welches nach 154 Kilometern erreicht wurde. Duschen, essen, Wäsche waschen und schlafen. Dass sie und er 154 Kilometer weit umsonst das Gepäck mitgeschleppt haben, war zu diesem Zeitpunkt schon ein Thema. Auch der heftige Wolkenbruch, welcher um Bruchteile einer Sekunde vermieden wurde. Flexibles Timing ist alles.

Radwandern im Burgenland

Auf den Spuren der Freiheit.

Tag zwei. Wennschon, dennschon. Also, wer an einem Tag 154 Kilometer fahren kann, der sollte es auch an zwei Tagen hintereinander wollen. Etappenzielort für Tag zwei war also Deutsch-Schützen. Eine Vorreservierung der Zimmer hatte sie nicht für notwendig gehalten, weil laut booking.com ja noch genug Zimmer frei gewesen sind. Ein Irrtum, wie sich später herausstellen wird.

Der Iron Cutrain Trial wurde in der Siegendorfer Puszta genau dort wieder betreten, wo er tags zuvor verlassen wurde. Wieder Hausstrecke über Schattendorf nach Ungarn. Hier an der Grenze ist der Eiserne Vorhang noch ganz. Zumindest Teile davon. Zum Angreifen.

Sopron selbst wurde umfahren. Schade, denn die Altstadt ist sehenswert. Dafür sollte man sich auch Zeit nehmen. Unbedingt. Wer das nicht tut, ist schnell in Harka und verlässt nach wenigen Kilometern ungarisches Staatsgebiet, um nahe Neckenmarkt wieder österreichischen Boden zu befahren. Willkommen Blaufränkischland, willkommen Mittelburgenland. Ab jetzt wurde es zwischen den Weinbergen hügeliger. Horitschon, Raiding (keep on Raiding!), Kleinwarasdorf, Kroatisch Minihof, Nikitsch Lutzmannsburg und Frankenau waren schnell erreicht und bei Klostermarienberg fing ein Abenteuer im Abenteuer an.

Aufgrund einer fehlenden Beschilderung ging es auf einer gut asphaltierten Straße in den Wald. Als plötzlich die Straße zu einem schmalen Trail voller Wurzeln wurde, kam langsam das Gefühl auf, möglicherweise falsch zu liegen. Die Wette, dass hier noch nie zwei Radwanderer unterwegs waren, hätte jeder locker gewonnen. Nach einigen links rechts Kombinationen im Nirgendwo und einem laut aufschreienden Garmin war mit viel Glück und Zufall die Originalstrecke wieder gefunden. Die Abfahrt nach Köszeg nur mehr eine Draufgabe mit Downhill-Flair. Endlich eine verdiente Pause. Nur wenige Kilometer vor dem Etappenzielort. Etappenzielort, dessen Unterkunft dann doch nicht mehr buchbar war. Sie hatte sich verkalkuliert. Er war nicht erstaunt darüber.

Wenn das Herz vor Freude schottert.

Plan B und C wurden diskutiert. Durchfahren oder woanders stoppen? Durchfahren barg Risiko, denn der Anschluss in Sopron würde wackeln. AB 20 Uhr fährt von hier kein Zug mehr Richtung Wien. Woanders stoppen ja, aber wo. Viel war nicht frei. Weder Bett+Bike, noch radfreundliche Unterkünfte. Einzig booking.com war gewillt, ein Doppelbett anzubieten. Weit im Süden. Sie und er mussten in die Verlängerung. Nach 157 Kilometern war Hagendorf im Süburgenland dank der perfekten Unterstützung eines wohlgesinnten Nordwindes erreicht. Für Tag drei blieben also nur mehr 40 Kilometer übrig. Ein Kindergeburtstag? Er glaubte es und sie vertraute ihm. Der Abend im Südburgenland begann mit Uhudler-Spritzer für sie und Traubensaft für ihn. Dazu regionale Schmankerl und zu guter Letzt Schomlauer Nockerln. Eine Süßspeise aus dem Nachbarland.

Die wohlverdiente Nachtruhe startete anschließend weich gefedert bei offenem Fenster und lautem Zirpen und endet von der Sonne wachgeküsst.

Das Beste kommt immer zum Schluss.

Tag 3. Die Pflicht war getan. Die Kür sollte folgen. Zuerst führte die Route durch das malerische Kellerviertel in Heiligenbrunn, dann noch ein paar Mal perfide auf und ab bis Inzenhof. Mit frischen und ausgeruhten Beinen, war das keine Hexerei. In Inzenhof endet der burgenländische (und österreichische) Teil des Iron Curtain Trail. Wer aber jetzt aufhört (oder Richtung Heiligenkreuz im Lafnitztal abbiegt) verpasst das Beste zum Schluss. Das ist anfangs der idyllische Weg zur St. Emmerichskirche und dann die Weiterfahrt nach Szentgotthárd.

Zuerst war es ein first class Gravel-Genuss durch einen schattigen Wald bei einstelligen Steigungsprozenten. Ein wahrer Bilderbuch-Streckenabschnitt. Wie aus dem Schotterlehrbuch. Dann der verlassene Grenzübergang und die Kirche selbst. An Kitsch kaum zu überbieten. Ein großes Tüpfelchen auf dem i. Ganz großes Kino. Wäre da nicht noch ein letzter Twist gewesen. Eine dramatische Wendung in Form einer steilen Abfahrt und einer anschließenden kaum enden wollenden Steigung. Auf groben Steinen im wohl abgelegensten Teil Ungarns. Nur ein kleines Euro Velo 13 Schild gab ihm die Sicherheit, hier durchzumüssen. Und sie hatte keine andere Wahl, als ihm zu folgen. Stein um Stein. Millimeter um Millimeter. Dicke und lästige Gelsen um dicke und lästige Gelsen.

Beiden ging jetzt einiges durch den Kopf. Vor allem die Gewissheit, dass es keine gute Idee gewesen wäre, die Tour am Vortag noch zu Ende zu fahren. Das wäre sich so nie ausgegangen. Wer weiß, wann man beide wieder gefunden hätte.

Ende gut. Burgenland am Rande durchquert.

So unterschiedlich beide sind, so unterschiedlich wurde die Situation angenommen. Er akzeptierte dieses Teilstück als Prüfung und Challenge, während sie etwas vorsichtiger agierte und erst am Ende dieses Irrweges ihr unverwechselbares Lächeln samt gesunder Gesichtsfarbe wiedergewinnen konnte. Ende gut, alle unten. Die letzten Kilometer bis zum Bahnhof in Szentgotthárd waren anschließend unspektakuläres, von Neugier geprägtes Rollen. Nach drei Tagen und mehr als 350 Kilometern war das Abenteuer Bikepacking im Burgenland hier zu Ende.

Der Rest der Geschichte beinhaltet eine knapp zweistündige Zugfahrt nach Sopron, ein Umstieg und eine Weiterfahrt nach Wulkaprodersdorf, um am Ende noch 10 Kilometer mit dem Rad nach Eisenstadt anzuhängen. Ein kleines Detail am Rande. In Sopron gibt es Zugtickets nach Wulkaprodersdorf nicht am gewöhnlichen Schalter, sondern am internationalen Schalter. Eine Glastüre weiter.

#ktrchts

Das war Bikepacking im Burgenland:

Iron Curtain Trail Burgenland: ca 300 km
Start: Kittsee
Ende: Szentgotthárd
Anreise: per Bahn nach Kittsee
Abreise: mit der Bahn über Sopron zurück (Wien, Wiener Neustadt, Eisenstadt …)
Unterkünfte: Bett + Bike oder gastfreundliche Unterkünfte
Burgenland Card: Ab 1 Übernachtung in ausgesuchten Betrieben – beinhaltet auch die BurgenRADland Pannenhilfe
Radauswahl. Gravel
Highlights: Schloss Kittsee, Schloss Halbturn, Brücke von Antau, Sopron, Raiding (Fanz Liszts Geburtsort), Therme Lutzmannsburg, Köszeg, Grenzerfahrungsweg Bildein, Kellerviertel Heiligenbrunn, St. Emmerichskirche