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Radfahren im Winter – die ersten 20 Minuten entscheiden.

Radfahren im Winter

Nicht dass ich es verschrien habe. Vielleicht. Aber jetzt ist es wohl mehr als amtlich. Der längste Sommer meines noch so jungen Rennradlerlebens ist mit heutigem Tag wohl endgültig zu Ende gegangen. 0,8° hat mein Garmin heute angezeigt. Runden wir auf, weil die Daumen-mal-Pi-Messung von Garmin noch nie gestimmt hat, dann waren es zwischen 1,5  und 2 Grad. Im Plusbereich. Zeit umzudenken. Radfahren im Winter. Eine ganz andere Geschichte. Eine Geschichte, an die ich mich erst wieder gewöhnen muss. Aber nicht will.

Radfahren im Winter. Kopfarbeit statt Beinarbeit.

Radfahren im Winter ist Kopfarbeit statt Beinarbeit. Es ist kompliziert. Viel zu kompliziert. Es ist nicht mehr so dynamisch und lässig. Nicht mehr, Schnell-mal-aufs-Rad-steigen und eine Runde drehen. Rennradfahren im Winter ist mehr Logistik als Sport. 30 Minuten fürs Anziehen. Und wir haben erst Mitte November. Von 20 Grad zum Gefrierpunkt in weniger als einer Woche. Das ist ein geiler Schnitt. KOM verdächtig. Wer soll da noch mithalten?. Was soll da noch mithalten? Herz, Lunge, Nase? Und was ist mit dem Rest des Körpers?

Radfahren im Winter

Radfahren im Winter. Kopfarbeit statt Beinarbeit.

Rennradfahren ist ein Sommersport, der im Winter seine Grundlagen erfährt. Es hilt also kein Jammern und auch kein Zwift. Das ist ein Videospiel. Nicht Rennradfahren. Mein Rennradfahren ist die Natur. Draußen. Im Freien. Die frische Luft. Der Fahrtwind. Das ist im Sommer richtig geil. Wenn es warm ist. Jetzt im Winter ist es „arsch“. Arschkalt. In den ersten 20 Minuten. Danach weniger arschkalt. Wenn alles halbwegs in Schwung kommt und auf Betriebstemperatur steigt. Diese ersten 20 Minuten hasse ich. Sie sind ein Tod auf Raten. Zuerst stirbt die Lust an der Ausfahrt. Dann die Motivation. Danach stirbt das gesteckte Ziel. Der 100er oder mehr. Es stirbt jede Zelle, die der Luft ausgesetzt ist. Wenig später sind es die Fingerspitzen und die Zehenspitzen. Egal, welchen Schutz sie haben. Das spielt in den ersten 20 Minuten keine Rolle.

Winterzeit ist generell Ausredenzeit.

Die ersten 20 Minuten sind 1200 Ausreden. Eine pro Sekunde. Ausreden, umzukehren. Nicht weiterfahren zu müssen. Je schwächer und labiler die Psyche, desto irrsinniger und ausgefallener werden diese Alibis. Und je kälter, desto aggressiver die Selbstreflexion. Es ist eine Achterbahn des Zitterns.

Ich habe oft das Pech, den ersten Kilometer, oft auch mehr, bergab fahren zu dürfen. Von Nicht-Aufgewärmt zu Total-Erfroren ohne zu bremsen. Dass der Körper dabei komplett auskühlt, ist Tatsache. Die Außentemperatur bekomme ich dann überall zu spüren. Gesicht, Kopf, Arme, Oberschenkel, Zehen, Oberkörper und Finger. Warm bleibt nur der Hintern. Das Auftauen beschäftigt mich dann noch lange und intensiv. Da ist meistens schon ein Drittel des Tagespensums erstrampelt. Ich bin die ersten 20 Minuten doppelt gefährdet. Die Überlebenschance demnachhalb so hoch.

Radfahren im Winter

Warm anziehen.

Ein guter Grund mit dem Rennrad zu überwintern.

Radfahren im Winter. Wer hat’s erfunden? Gute Frage. Was bewegt mich eigentlich, das Rennrad im Winter nicht dem Staub zu überlassen? Nehmen wir einmal den gesundheitlichen Aspekt beiseite. Dieser ist ja wissenschaftlich nicht umstritten. Ich überlege. Es sind wohl die vielen zusätzlichen Minuten. Zusätzlich zu den ersten tödlichen 20. Es ist das Gefühl, nach dem anfänglichem Sterben neu geboren zu werden. Neues Leben eingehaucht zu bekommen. Regelrecht reanimiert zu werden. Es ist das Erwachen der Macht.

Radfahren im Winter ist rational nicht zu erklären. Kaum psychologisch zu ergründen. Es ist eine Mischung aus Wille und Charakterstärke, garniert mit einer Dosis Verrücktheit. Es ist eine freiwillige Selbstgeiselung. Radfahren im Winter ist nicht immer lustig und leicht. Es ist das, was ich nicht lassen kann. Weil ich den Sport liebe. Für Videospiele bin ich zu alt und zu ungeduldig.

ktrchts

 

Übungsleiter Rennrad – eine Ausbildung fürs Leben.

Übungsleiter Rennrad

Milde Novembersonne über dem Sportzentrum Niederösterreich. Es ist angenehm warm. Gut so. Es hätte auch anders sein können. Aus allen Landesteilen sind sie angereist. Die zukünftigen Übungsleiter Rennrad. Der LRV-NOE und der ÖRV hatten gerufen. Vor Ort und zur Stelle auch ich. Mittendrin statt faul daheim. Wieder einmal Schulbank drücken. Vier Tage lang. Der Einstieg in die Trainerlaufbahn? Keine Ahnung. Vielleicht. Warum nicht. Aber eher nein. Lernen fürs Leben. Wer nichts weiß, muss bekanntlich alles glauben. Die Truppe bunt gemischt. Ehemalige Elitefahrer a.D., Sportvereinsfunktionäre, Unternehmer, Privatpersonen. Die erste Stufe auf dem Weg zum Diplomtrainier Rennrad hat einige auf den Plan gebracht. Der  Seminarraum ist voll. Theorie und Praxis warten.

Übungsleiter Rennrad

Ohne Fleiß, kein Schweiß.

Übungsleiter Rennrad. Der Parkplatz als Spielwiese.

Rennradfahren ist mehr als nur Rennrad fahren. Das ist mein persönliches Resümee aus den vier Tagen in St. Pölten. Tage, welche wir bei Sonne im Seminarraum und bei kühlen und feuchten Temperaturen im Freien verbracht haben. Traue nie einem Wetterbericht. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Auch wenn ich immer noch der Verfechter der „möglichst oft und möglichst lange“ Rennradphilosophie bin: Ab und wann an der eigenen Koordination, Kondition und Technik zu feilen hat auch seine Berechtigung. Im Turnsaal sind mir während des Lehrgangs meine eigenen Baustellen klar und deutlich aufgezeigt worden. Ich habe neue Freunde kennengelernt. Muskeln, die ich bis dato nicht kannte. Zauberwort BlackRoll. Ein modernes Foltergerät Mir hat’s die Tränen aus den Augen getrieben. Meine Schmerzen waren unüberhörbar. Kursleiter Peter meinte, die BlackRoll gehört dazu. Außer man hat viel Geld für einen Masseur. Das der weniger schmerzt ist aber ein Gerücht.

Trotzdem hat es mir Spass gemacht. Es hat mir Spass gemacht, mich körperlich neu zu erleben. In Shirt und kurzer Hose. Fern ab vom Asphalt. Beim Memory Lauf oder bei anderen Denkaufgaben, beim Planking, den Kniebeugen oder dem Kreuzheben. Dann gab es noch diese vielen Dehnübungen. Ein Besen und ich haben einiges gemeinsam. Warum wir das gemcht haben? Die Arbeit als Trainier schließt Quälerei in Turnsälen nicht aus. Hauptsächlich in den Wintermonaten.

Schieben. Einklicken. Rollen. Bremsen. Steuern.

Besonders hilfreich, interessant und anwendbar waren die vielen Übungen am Parkplatz. Schieben, Einklicken, Rollen, Bremsen und Steuern in den unterschiedlichsten Facetten. Kurzweilig. Schon einmal probiert, mit dem linken Schuh im rechten Pedal zu fahren? Ja? Dann einmal andersrum probieren. Rechter Schuh im linken Pedal. Oder Formationsfahren mit Lenkerübergriff? Zu Zweit, zu Dritt oder mehr. Zu Dritt besonders kribbelnd, da der Mittlere keine seiner beiden Hände auf dem eigenen Rad halten darf. Da ist das Hirn ganz im Sinne von vital4brain richtig gefordert. Für einen lebendigen, geistreichen und erfrischenden Vormittag am Parkplatz reichen ein paar Hütchen, Tennisbälle, Schachfiguren und farbige Kreiden. Garniert man dies mit guten Ideen, lässt es sich eine Zeit lang gut in der Kälte aushalten.

Eigentlich wäre so ein Schnellkurs Pflicht. Für jeden, der sich aufs Rennrad schwingt. Quasi ein Rennradführerschein. Keine Sorge. Ich bin schon wieder ruhig und still und verwerfe diesen Gedanken. Auch wenn ich mich immer mehr damit anfreunden könnte.

 

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Learning to fly #bunnyhopp #ketterechts #coach #training #cycling #lifebehindbars #fromwhereweride #rennrad #inloveonbike

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Übungsleiter und Guide. Dürfen, können, müssen.

Natürlich waren wir nicht nur am Parkplatz. In Gruppen ging es auch in die freie Wildbahn. 1er Reihe und 2er Reihe üben. Auch nicht jedermanns Sache. Der richtige Abstand. Zum Vordermann. Seitlich. Der Wechsel. Die Windkante. Zeichen geben. Gruppe führen. Ablösen. Immer im erlaubten Rahmen der StvO. Dürfen, können und müssen. Zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit der Gruppe. Ob als Übungsleiter Rennrad oder als Rennrad-Guide. Recht haben heißt noch lange nicht Recht bekommen. Dementsprechend ist die Verantwortung groß. Umso wichtiger also das Wissen über Recht und Gesetze. Paragraph 68 der StvO regelt viel, lässt aber noch mehr Interpretationsspielraum offen.

Anhand von Beispielen wurden wir in das rechtliche Wirr-Warr eingeführt. Ausnahmen hier und dort. Infolgedessen wäre ein Auswendiglernen der Regeln hilfreich. Oder man nutzt Spickzettel. Bemühungen, die wichtigsten Passagen aus der STvO auf eine Trinkflasche zu bringen, gibt es seitens des ÖAMTC.

Übungsleiter Renrnad.

Diskussionsgrundlage. §68 STvO.

Trainingslehre. Das Radjahr braucht Ruhephasen.

Der Einblick in die Trainingslehre fällt in die Rubrik „Selbsterkenntnis als bester Weg zu Besserung“. Für mich. Wieder einmal. Periodisierung oder Trainingszyklen. Tausendmal gehört, tausend Mal ist nichts passiert. Das ist mein eigener Disput mit der Sportwissenschaft. Richtig trainieren will gekonnt sein. Jedenfalls habe ich die Theorie dazu jetzt zumindest einmal schwarz auf weiß in meinen Unterlagen. Zu wissen, wie ein Stoffwechsel funktioniert wird mir beim nächsten Naschkater-Anfall möglicherweise behilflich sein, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen.

Übungsleiter Rennrad

Soll- und Istzustand

Radfahren ist vor allem Spass. Und ganz nebenbei ein wenig Wissenschaft, Geschicklichkeit, Technik sowie Kraft, Koordination und Ausdauer. Alle Elemente haben wir bei der Ausbildung zum Übungsleiter Rennrad zu einem großen Ganzen zusammegeschraubt.  Jetzt haben wir den Überblick. Vertiefendes und weiteres Spezialwissen wird sich jeder Einzelne selbst ans Herz legen. Je nach persönlichen Vorlieben und Interessen. Viele von uns werden ihr Wissen an Kinder und Jugendliche in Vereinen und Schulen weitergeben. Andere nach höherem Streben. Rennradtrainer als Beruf? Das ist möglich und der Weg dorthin wird über den Radsportverband geregelt und über die Bundessport Organistation (BSO) und der Bundessportakademie  (BSPA) angeboten.

 

Sicherer Rennradurlaub mit ketterechts.

Mittendrin, statt stur daheim aus einem Grund. Die ketterechts Rennradreisen 2019 sollen für alle Teilnehmer ein echtes Highlight werden. Die Locations sind dementsprechend ausgesucht worden. Aber auch die Touren, die Hotels und natürlich das Miteinander sollen etwas Besonderes, Außergewöhnliches, Nichtalltägliches sein. Letzteres funktioniert nur dann, wenn die Gruppe gut harmoniert. Genau deshalb habe ich die Schulbank gedrückt. Als Praktiker wollte ich einfach wissen, wie ich meine Skills didaktisch und pädagogisch untermauern kann. Um nicht jemanden erklären zu müssen, dass es einfach so ist, sondern auch helfen zu können, es hinzubekommen. Mit dem entsprechenden Wissen. Und mit Übungen. Im Stand und am Rad.

Der tägliche Weg von A nach B ist bei so einer Rennradreise lang. Und es kann viel passieren. Darauf sollte jeder gut vorbereitet sein. Bremsen, Steuern, Kurven fahren, Gruppenfahren, Rechtliches und Technisches. Sitzpostion, runder Tritt, Kräftigungsübungen, Erste Hilfe … All das habe ich in den vier Tagen angesprochen und aufgefrischt. Danke an dieser Stelle an Peter „Schrotti“ Schrottmayer, Markus „Eibi“ Eibegger und Brigitte Stocker. Meine Gäste werden dies zu schätzen wissen. Der Parkplatz vor den Hotels wird unsere Spielwiese sein.

Viel Spass am Rennrad. Wir sehen uns lesen uns.

ktrchts

*aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

Motivation zum Training. Wer zögert, bleibt zurück.

Motivation zum Training

Die Zeit ist umgestellt. Zurückgestellt. Eine Stunde weniger Tageslicht. Seit gestern. Das tut weh und zeigt, wie gnadenlos der Sommer sein Ende gefunden hat. Gegen 1700 Uhr war und ist ein sicheres Rennradfarhen auf öffentlichen Straßen kaum mehr möglich. Bei schlechter Sicht sogar viel früher. Das rote, blinkende Licht an der Sattelstütze kandidiert sich als täglicher Begleiter. Sicher ist sicher. Da hat sich in den letzten Jahren ja sehr viel getan. Vom Equipment her gibt es keine Ausreden. Einzig die Motivation zum Training lässt zu wünschen übrig. Der Blick raus aus dem Fenster und das akkurate Studium der verschiedensten Wetter-Apps werden zum Ritual. Zumindest bei mir.

Dunkel geht die Motivation zugrunde.

Sonntag. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind die Prognosen für den heiligen Tag des Rennradfahrers leider nicht die besten. Der erste Sonntag seit langem, der ins Wasser fällt. Die Wetteranimation der Zamg zeigt über meinem Kopf ein grünes, teils blaues Band, gegen den Uhrzeigersinn drehend. Niederschlag. Es ist 9 Uhr. Winterliche Sommerzeit. Bis 13 Uhr soll und kann es regnen. Die Straßen sind noch nass. Jetzt wird gerechnet. Kopfkino. Wieviel Zeit bleibt dann noch für die verpflichtende Sonntagsrunde?

Frühstück. Dann Büroarbeit. Ein paar Dokus auf youtube. Und schon läuten die Kirchenglocken. Es ist tatsächlich bereits 12 Uhr. Je mehr Zeit vergeht, desto kürzer muss die Runde werden. laKetterechts überrascht mit einer selbstgemachten Lasagne. Mittagessen deluxe. Sie will auch raus. Wenn. Ja wenn. Die Straßen trocken werden. Wunschdenken. Das Mittagessen gesellig. Es ist unangenehm chillig. Der Kopf macht es sich schon bei einem Ruhetag gemütlich. Der „Point of no Return“ steht unmittelbar bevor.

Motivation beim Training. Denken auf Messers Schneide.

Meine Gedanken darf und will ich hier nicht veröffentlichen. Surreal. Krank. Wie jene eines Süchtigen. Es fehlen noch ein paar Kilometer auf das Wochenziel. Und die Jahreskilometer? Zögern macht unglücklich. Nachdenklich. Und dick. Übergewicht droht. Denken auf Messers Schneide. Die Jeanshose spannt schon. Die Fettreserven wachsen. Nur keine Schwäche zeigen. Resolut sein. Sich stellen. Ich muss die Tischrunde unhöflich beenden. laKetterechts kann mir nicht folgen. Sie wil. auch nicht. Vielleicht doch? Umziehen. Wegfahren. Motivation beim Training ist keine Frage des Wetters und auch keine gute Laune. Diese Motivation beim Training ist eine innere Einstellung. Aufstehen. Immer. Und immer wieder. Den Hintern hochheben. Keine Gedanken verschwenden, ob das richtig sei, oder nicht. Wobei Training? Wir schreiben immer noch Ende Oktober.

Die ersten Kilometer sind diesmal wie immer die schlimmsten. Die Hoffnung auf trockene Straßen löst sich in Luft auf. 10° plus. Es ist bedeckt. Leichtes Nieseln. Warum einfach, wenn man es auch herbstlich depressiv haben kann. Spritzwasser von unten. Dusche von oben. Vorschau auf die kommenden Wochen und Monate. Umdrehen? Die Grenze zwischen Held und Memme ist schmal. Nein. Einmal umdrehen, immer umdrehen.

Wer zögert, bleibt zurück.

Es kommen wieder harte Zeiten auf uns zu. Viele Willensprüfungen werden auf uns warten. Nässe. Kälte. Schnee. Eis. Dunkelheit. Die Motivation fürs Training befindet sich im Keller. Der Weg dorthin steinig. Er führt vorbei am Kühlschrank und vorbei am Sofa. Zögern ist fatal. Sommersportler werden im Winter geformt. Wer zögert, bleibt zurück. Jetzt und dann im Frühjahr. Wenn es bei jeder Ausfahrt wieder heißt: Feuer frei.

ktrchts

Athletics Leithaprodersdorf – der nette Nachbar nebenan.

Athletics Leithaprodersdorf

Hinter den Bergen bei den sieben Zwergen. Moment. Stop. Das ist die falsche Geschichte. Richtig muss es heißen: Hinter dem Berg, bei den Athletics Leithaprodersdorf. Genau. Dort fand nämlich die Saison-Abschlussfahrt statt. Und Familie ketterechts mittendrin, statt nur daheim. Der nette Nachbar von nebenan ist ja nur 18 km vom Wochenend-Base Camp auf der anderen Seite des Leithagebirges weit entfernt. Und außerdem lockte das anschließende Essen im Weingut Liszt. Da spart man sich auch gleich das Kochen.

Ende gut, alles traurig. Servus Rennradsommer.

Standesgemäß trifft man sich im ländlichen Raum immer dann vor der Feuerwehr, wenn man etwas Größeres vorhat. Sonntags. Eine Autosegnung zum Beispiel. Oder eine Radausfahrt. Zum Abschied des Radsommers. Also ich dort in Leithaprodersdorf ankam, standen sie schon da. Die athletischen Hausherren und die geladenen Gäste. Kurz vor neun Uhr. Leicht zu erkennen waren die Athletics in ihren auffälligen Vereinstrikots. Und an ihren durchwegs unrasierten Beinen. Ob das zum Dresscode des Vereins gehört, konnte nicht restlos aufgeklärt werden. Auf jeden Fall war trotz kühler Temperaturen, es ist immerhin schon Oktober, die kurze Hose state of the art. Mit Beinlingen und Langarmtrikot war nur ich zur Stelle. Der Italiener friert eben leichter und Temperaturwahrnehmung ist und bleibt ein subjektives Empfinden.

Athletics Leithaprodersdorf

Der Berg ruft.

Nach einer herzlichen Begrüßung durch das Duo Bernd und Bernhard ging es schon los. Irgendetwas mit 95 km und eher flach mit nur einem kleinen Berg. Eingefleischte wissen, was das heißt. Ach ja. Dass man niemanden zurücklassen wolle, wurde auch noch explizit erwähnt. Immerhin war auch eine „Newcomerin“ dabei. Ihre erste Gruppenausfahrt. Das sei noch festgehalten.

Athletics Leithaprodersdorf – die Gallier unter den Radvereinen.

Radvereine führen ein eigenes Leben. Ein Leben zwischen Statuten und Protokollen. Bei den Athletics Leithaprodersdorf scheint das nicht der Fall zu sein. Hier regiert mehr das Zwischenmenschliche. Verein bedeutet im Dorf an der Leitha vereinen. Zusammenbringen. Zusammenführen. Als Gast fühlt man sich schnell Teil des Ganzen zu sein. Zwar wird auch hier bei Fortdauer der Ausfahrt, das kompakte Feld immer mehr in die Länge gezogen. Am Ende landen aber alle gemeinsam hungrig und wohlauf beim Zielsprint an der Ortstafel.

Die Gallier unter den Radvereinen lieben es, sich der Herausforderung zu stellen. Gemeinsam. Bei den Radveranstaltungen in der Region und bei kollektiven länderübergreifenden Ausfahrten. Es geht also auch raus aus dem Burgenland. Das eine odere andere Bier noch vor dem Mittagessen ist nicht ausgeschlossen. Vielleicht sogar Standard. Die Gallier lieben es auch Feste zu feiern, wie sie fallen. Meistens fallen sie nach einer Radausfahrt an.


Ein Berg und flach. War wohl nicht ernst gemeint.

Ein Berg hat mehrere Gipfel und flach ist eine Frage der Interpretation. Das wissen alle, die sich Rennrad-Gruppen anschließen. Dazu kommt auch, dass 95 km dann doch über 100 sind. „Darf’s ein bisserl mehr sein?“ Natürlich darf es. Bei dem Wetter und der geselligen Runde war es auch kein Problem. Zudem war der Wind mehr als gnädig. So ging es stetig auf und ab, kreuz und quer, schnell und langsam durch das pannonische Hügelland. Gesittet und geordnet. So darf eine Sonntags-Ausfahrt sein. Beim netten Nachbar hinter dem Berg.

Athletics Leithaprodersdorf

Malzeit beim Liszt.

Ende gut, alles traurig. Der Radsommer endete für die Athletics Leithaprodersdorf spät aber doch bei Kümmelbraten und Semmelknödel im Weingut Liszt. Jetzt darf der Winter genau so mild bleiben bevor es im Frühjahr wieder wärmer wird.

ktrchts

Mit dem Rennrad rund um Wien – Vienna Roundabout.

mit dem Rennrad rund um Wien

Wien ist groß, Wien ist anders, Wien ist anstrengend. Nein, nicht die Stadt. Die auch. Manchmal. Es ist anstrengend, wenn man mit dem Rennrad rund um Wien fahren will. Nicht in Wien, nicht durch Wien, sondern ein Mal rundherum ohne dabei das Stadtgebiet zu betreten. Dann sind es nämlich knapp 100 Meilen oder wie am vergangenen Samstag exakt 158 km. „Roundabout Vienna“ heißt dieser Spass, den eine noch überschaubare Anzahl an „Velocisti“ über sich ergehen hat lassen. Freiwillig. Versteht sich von selbst. Von Mödling bis Mödling. Durch den Wienerwald, das Marchfeld und zwei Mal über die Donau. Bei am Ende traumhaftem Herbstwetter. Die erschöpften Gesichter strahlten am finalen Checkpoint Hofer-Filiale mit der tiefstehenden Sonne um die Wette.

Viagra für die Rennradfahrer-Seele.

Die Route rund um Wien bietet eine Vielzahl unterschiedlicher Highlights. Wie beispielsweise die zweimalige Überquerung der blauen Donau. Einmal mit der Rollfähre von Klosterneuburg Richtung Bisamberg und ein zweites Mal bei Orth an der Donau mit einem Behelfsboot nach Haslau. Erstere ist wenig spektakulär und recht solide. Nebelunfälle ausgeschlossen. Zweitere hingegen ist wohl von der Gattung „Stoßgebet“. Hier steuert der Kapitän 10 Räder samt Fahrer knapp über der Wasseroberfläche je nach Wellengang und Strömung irgendwo ans andere Ufer. Mit Spritzgarantie. Es empfiehlt sich, vorher ein schnelles Telefonat mit dem Liebsten zu führen und die eigenen Koordinaten für eine eventuelle GPS-Suche freizugeben. Man weiß nie. Blindes Vertrauen ist eine Sache. Die vielen Strudel und die aus dem Wasser herausragenden Steine eine andere.

Mit dem Rennrad rund um Wien

Testament schreiben und abschicken.

Nach drei Überfahrten und kollektivem Wandertag über Baumstamm und Stein Richtung „Austria next Top Asphalt“, war das Teilnehmerfeld wieder komplett und zur Weiterfahrt bereit. Die Wartezeit hätte für ein Lagerfeuer und saftige Steckerlfische gereicht. Statt dessen gab es eine kostenlose Apache-Hubschrauber-Show. Diese Stahldinger sind ziemlich laut. Speziell dann, wenn sie einem auf Augenhöhe begegnen.

Mit dem Rennrad rund um Wien.

Wessen Ideen es war, Wien so zu umrunden, weiß ich nicht. Auf alle Fälle eine gute und geniale Idee. Es war heuer meine dritte Teilnahme. Von sechs. Seit Siggi dieses „end-of-summer“ Großereignis in die Hand genommen hat, fahre ich mit. Bin quasi Wiederholungstäter-Light.

Roundabout Vienna ist kein Rennen. Dafür eine gemeinsame Ausfahrt mit Freunden. Teilweise mit Renncharakter. Wenn der Wind von hinten schiebt, geht vorne meistens die Post ab. Wind aus Nordwest ist dabei die beste Konstellation, die man sich auf dieser Runde wünschen kann. Dann vergehen die 50 km nördlich der Donau mit einem Schnitt jenseits der 30 km/h. Anders geht es auch. Bei starkem Ost- oder Südwind muss man ganz schön schwitzen, um nicht vom Rennrad zu fallen.

Diesmal war das Wind-Glück auf der Seite der Mutigen, die sich um 9 Uhr am Treffpunkt gezeigt hatten. Einige trotz kühler Temperaturen im einstelligen Bereich optimistisch (oder eher hartgesotten) im Sommer-Dresscode.

Mit dem Rennrad rund um Wien

Roundbaout Vienna – der Track.

Die Wiener Rennrad-Szenerie.

Mit dem Rennrad rund um Wien bedeutet auch, fast alles zu sehen, was die Stadt für Rennradfahrer bieten kann. Außerhalb der Stadtgrenze. Sanfte Anstiege im Wienerwald, teilweise verkehrsarm und in gutem Zustand. Den höchsten Punkt auf 525 Metern in Hochtorherd – die Cima Coppi. Die Atemberaubende Fernsicht am Tulbinger Kogel. Flache, windanfällige Passagen, Querfeldein-Spaziergänge nach den Landung in Haslau und die dortige Hölle. Keine ganz normale Berggasse, sondern die Berggasse. Sie lässt die Herzen höher schlagen und deckt unverschämt auf, wer über den Sommer gut trainiert hat. Oder wer rechtzeitig die richtige Übersetzung wählen kann. Einmal Absteigen heißt hier, Rennrad schieben.

Roundabout Vienna lässt sich in der Gruppe gut bewältigen. Die Möglichkeit sich taktisch zu verstecken und mitzurollen ist gegeben. Zum Glück gibt es immer welche, die gerne im Wind fahren wollen und sich in den Dienst der Gruppe stellen. Kritisch wird es nur, wenn da und dort das Rennfahrer-Herzblut durchgeht oder auch die Disziplin auf der Strecke bleibt. Schnell sind da ein paar „Löcher“ offen, die man schließen muss.

 

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Disziplin ist auch das Zauberwort. Wenn knapp 30 Velocisti die Straßen rund um Wien belagern, ist Ordnung geboten. Eine schöne und saubere Zweierreihe ist schon einmal der Anfang. Denn immer noch nicht ganz bei den Autofahrern durchgedrungen ist die „Erlaubnis„, dies tun zu dürfen.

Ungezwungen und miteinander Wien umrunden.

„Roundabout Vienna“ spiegelt sehr die Wiener Rennradszenerie wider. Sie ist ein ungezwungenes Miteinander. Und sie wächst. Bereits im April 2015 habe ich darüber einen Beitrag geschrieben. Seit dem hat sich vieles getan. Die Familie ist größer geworden. Aus ehemaligen „Facebook Gruppen“ sind „Racing Divisions“ geworden. Professionell. Mit Altersklassen-Staatsmeistertiteln und dergleichen. Dank der sozialen Netzwerke findet Mann und Frau sich in und rund um Wien da und dort zu einer gemeinsamen Ausfahrt. Oft auf Initiative einiger Unermüdlicher. Egal wie lange und egal wie weit: Hauptsache Rennrad fahren. Mit oder ohne Pausen für Kaffee und Kuchen.

Mit dem Rennrad rund um Wien.

Keine Ausfahrt ohne Kaffee und Kuchen.

Wien ist groß, Wien ist anders und Wien hat das gewisse Rennrad-Etwas. Glücklich, wer den Rennradsport hier leben kann. Auch wenn es manchmal nicht so einfach ist. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte. Passend zur Wiener-Melancholie eine fast perfekte „Raunzer-Geschichte“.

ktrchts

PS: Mit dem Rennrad rund um Wien – 7th Roundabout Vienna 2019, am letzten Samstag im September. Oder so. Je nach Wetter. Und Wind.

Der Ötztaler Radmarathon 2018. Für eine Handvoll Lycra.

Der Ötztaler Radmarathon

Kühtai. 2.017 Meter hoch. Es ist kurz vor 9 Uhr. Die Wolken hängen tief. Das wunderbare Bergpanorama versteckt sich hinter einem düsteren grauen Schleier. Ungetrübt ist hier oben am Berg zu diesem Zeitpunkt nur die Stimmung. Fans und Betreuer hüpfen, klatschen und schreien. Nicht wegen mir. Vielleicht wegen der knapp 5° feuchtkalten Temperaturen. Es regnet. Nein, es schüttet mittlerweile. Entgegen aller Wetterprognosen. Diese waren die vergangenen Tage eine Achterbahn der Gefühle mit Happy End in Gestalt von Wetterfee Lisa Brunnbauer. Ihre Worte bei der Fahrerbesprechung fühlten sich an wie eine hochsommerliche Brise inmitten des in Sölden heimgekehrten Winters. Die Worte „trocken“ und „Aufhellungen“ genügten, um massenweise ganze Felsbrocken von den Herzen der 4.112 auf Erlösung Wartenden fallen zu lassen. Trotzdem wird der Ötztaler Radmarathon 2018 in seiner 38. Auflage als einer der härtesten in die Mythologie eingehen.

Das einzig Sichere am Wetter ist die Unsicherheit.

Übers Wetter reden viele. Beim Ötztaler Radmarathon alle. In diesem Jahr noch mehr. Auslöser war die Großwetterlage. Seit Wochen ist die Entwicklung bekannt. Hitzeschlacht wird es keine. Der Hochsommer hatte sich pünktlich verabschiedet. Schnee? Regen? Kälte? Die verschiedensten Wetter-Apps schwanken zwischen allem, was für eine Prognose zu Verfügung stehen kann. Niemand will sich festlegen, niemand kann sich festlegen. Spannend. Speziell. Unsicher. Im kleinen Bergdorf Sölden fast am Ende des Ötztals gibt es schon Wartelisten für Regenüberschuhe und Handschuhe. Das einzig Sichere am Wetter ist die Unsicherheit. So stehen um 6:45 Uhr Optimisten, Pessimisten und ich gleichermaßen gespannt am Start. Noch ist es trocken. Irgendwo und irgendwann werden wir nass werden.

Der Ötztaler Radmarathon

Lukas Ennemoser © Ötztal Tourismus

Die Startvorbereitung wie immer ein Stelldichein Prominenter und Hobbyisten. Die einen werden persönlich begrüßt, die anderen verschwinden anonym in der Masse knalliger Regenjacken. Der frühe Vogel fängt den vordersten Startplatz. Wer zuletzt kommt, der steht hinter der 1000m Marke an der Talstation der Gaislachkogelbahn. Noch 10 Sekunden bis zum Start. Zweisprachige Moderation aus allen Lautsprechern. Der TV-Hubschrauber kreist. Ein lauter Knall und das Feld bewegt sich neutralisiert von vorne nach hinten über die Zeitnehmungsmatte bei km 0. Ab hier beginnt der Traum über 4 Pässe und 5.500 Höhenmeter.

Der Ötztaler Radmarathon. Ein ambivalenter Mythos.

Und es beginnt das Unverständnis. Darüber, was an „neutralisiert“, „StVO“, „Rechts fahren“ aber auch an „Müll wegwerfen verboten“ schwer zu verstehen ist. Vor allem dann, wenn von der Organisation und der Rennleitung eine Sperre von zwei Jahren angedroht worden ist. Bei der verpflichtenden Fahrerbesprechung in der Freizeit-Arena. Dreisprachig. Deutsch, italienisch und englisch. Schade. Das passt so gar nicht zum Mythos Ötztaler Radmarathon. Ein perfekt organisiertes Fest. Eine Traningsfahrt mit 4000 Freunden. Es ist erstaunlich, was intelligente Menschen bereit sind, beispielsweise auf den ersten 20 km eines 238 km langen Rennens zu riskieren. Gesundheit, Material, das eigene und das Leben anderer. Dieses Mal waren es nicht nur ein paar wenige schwarze Schafe, sondern eine ziemlich große Herde.

Das ist die Sucht nach Anerkennung. Alle wollen und müssen immer höher, schneller und weiter. Schade. Diese Entwicklung ist nicht gut. Der Ötztaler Radmarathon hat sich das nicht verdient. Wie auch nicht den ganzen Müll, der außerhalb der dafür vorgesehenen Zonen, direkt auf oder neben der Straße weggeworfen wird. Danke an all jene, die nach dem Rennen die Sauereien dieser in einer anderen Welt lebenden Esel einsammeln und richtig entsorgen.

Ricardo Gstrein © Ötztal Tourismus

Schwimmen statt Rennardfahren.

Endlich habe ich den ersten Anstieg zum Kühtai überlebt. Mit den anderen mache ich mich auf eine nasse und kalte Abfahrt durch das Sellrain gefasst. Die Optimisten fahren immer noch mit kurzer Hose. Die Pessimisten und ich sind halbwegs eingepackt. Zittern aber trotzdem. Es ist so kalt, dass mir Nacken und Kiefer steiffrieren. Die Sicht äußerst eingeschränkt. Meine Bremsen im Dauereinsatz. Links und rechts fliegen die schwarzen Schafe an mir vorbei. Der Schutzengel habe sie lieb. Ich stelle mir zu Recht die Sinnfrage. Finde aber keine Alternative, um nach Sölden zurückzukommen. Die ersten Besenwagen stehen erst am Brenner.

Die Laune des Wetters schlägt hier voll ein. Lisa Brunnbauers Worte vom Vortag klingen jetzt mehr nach PR-Gag und Einladung, doch an den Start zu gehen. Bis weit nach Innsbruck fahren wir nicht Rennrad. Wir schwimmen ohne aufzuschwimmen. Kanaldeckel, Zebrastreifen und Bodenmarkierungen werden zu natürlichen Feinden. Einige hissen bis hierher bereits die weiße Fahne. Ich fahre für eine Handvoll Lycra weiter auf den Brenner. Das Schwimmen habe ich ja bereits im Hotel dieBerge üben können.

Leiden und beißen und das Verlangen nach Schmerz.

Erinnerungen werden wach. 2003 und 2013 war es ähnlich extrem. Damals war von Schauerneigung am Nachmittag aber keine Rede. Leiden und beißen. Diesmal würde das Ende ins Wasser fallen. Und das tat es auch. Auch wenn für viele unterschiedlich. Trocken, nass, nass, trocken. Brenner, Sterzing, Jaufen, St. Leonhard, Schönau, Timmelsjoch, Sölden. Eine Willensprüfung folgt der anderen. Im Dreivierteltakt geben sich Herbst und Winter die Klinke in die Hand. Anziehen, ausziehen, überziehen. Der Ötztaler Radmarathon 2018 wird auch deshalb seinen Platz in der Hall of Fame finden. Viele nutzen das Hinterlegungsservice. Haben sich am Samstag strategisch oder einfach zockend für einen blauen, grünen, orangen oder rosa Beutel entschieden. Kühtai, Brenner, Jaufen oder Timmelsjoch. Wo soll trockene Kleidung platziert werden? Aufgrund des Andrangs am Jaufen, hat dieser das große Los gezogen. Mir ist es mittlerweile egal. Nass ist nass und wird sich auch nicht ändern.

Der Ötztaler Radmarathon

Ricardo Gstrein © Ötztal Tourismus

Am Ende sollen es knapp 600 Fahrer nicht geschafft haben, das Ziel in Sölden zu erreichen. Sie werden es wieder probieren. So wie es jeder nochmals probieren will und muss. Der Ötztaler Radmarathon macht süchtig. Fährt man von hier zurück nach Hause, gibt es immer irgendeine offene Rechnung, die man begleichen muss.

 

Jeder Ötztaler ist anders. Aber immer gleich hart.

Meine Erkenntnis nach der bereits 12. Teilnahme ist nicht überraschend. Jeder Ötztaler Radmarathon ist anders. Aber immer gleich hart. Dieses Jahr war die Abfahrt vom Jaufenpass im Nebel ein Novum. Fünf bis zehn Meter Sicht. Ein Sturzflug im freien Fall. Ohne Anhaltspunkte. Ohne Bremspunkte. Niemand kann von Langweile sprechen, wenn man sich Jahr für Jahr das freiwillig antut. Und dabei noch eine Startgebühr bezahlt. Dass jeder einzelne der 238 km diese Startgebühr wert ist, wäre eine andere Geschichte.

Der Ötztaler Radmarathon

© sportograf.de

Eine von vielen Geschichten, welche der Ötztaler Radmarathon haufenweise schreibt. Jene über die 1000 freiwilligen Helfer. Auch sie stehen stundenlang an der Strecke. Ohne zu jammern. Die Geschichten über die Exekutive, die Feuerwehr, die Sanitäter, die Rennleitung. Ohne sie wäre nichts möglich. Und natürlich die persönlichen Geschichten jedes einzelnen Teilnehmers. Von den Siegern Laila Orenos und Mathias Notgegger bis hin zum Letzten, der nach 13 Stunden und 25 Minuten Sölden wieder erreicht hat. Helden sind sie alle.

Inzwischen befinde auch ich mich auf den letzten Kehren Richtung Tunnel kurz vor der Passhöhe am Timmelsjoch. Es ist ruhig. Die Zuschauer verständlicherweise irgendwo im Warmen. Dank Livestream und Internetübertragung auch kein Wunder. Die Strecke vom Tunnel zum Pass gleicht mittlerweile einer gut ausgebauten Autobahn. Es rollt, obwohl es immer noch leicht bergauf geht. Einer der insgesamt vier Pacemaker winkt mich am höchsten Punkt auf 2.474m durch. „Locker unter 10 Stunden“. Wieder verzichte ich auf’s Umziehen, Anziehen und Überziehen. Ich will nur noch ins Tal. Abfahrt, Kompression, Gegenanstieg Mautstelle, Abzweigung Obergurgl, Zwiestelstein, Sölden, Ziel. Und dann direkt in die Badewanne, wo ich gut 20 Minuten auftaue. Auf die Sauna habe ich verzichtet. Das hätte mir mein Kreislauf übel genommen.

Der Ötztaler Radmarathon

Lukas Ennemoser © Ötztal Tourismus

Mindestens einmal sterben ist normal.

Hart. Härter. Ötztaler. Keiner schafft den Ötztaler, ohne nicht mindestens einmal an der Strecke zu verzweiflen. An sich zu zweifeln. Am Material zu scheitern. Das Thema Übersetzung kommt 365 Tage im Jahr im Zusammenhang mit dem „Ötzi“ gleich nach dem Thema Wetter. Mindestens ein Mal sterben ist hier normal. Der Ötztaler ist und bleibt eine Obsession. Das Überqueren der Ziellinie ist eine gewaltige Erlösung. Eine Explosion an Gefühlen. Ein Sprung in die Unsterblichkeit. Hier weinen gestandene Männer. Das Tragen des Finisher-Trikots ist ein Balzen auf müden Beinen. Blicke anziehen, Gratulationen entgegennehmen, vieles vergessen, um gleich neue Pläne zu schmieden. Für 2019. Denn nach dem Ötztaler ist vor dem Ötztaler. Und es gibt noch jede Menge offener Rechnungen.

ktrchts

Ergebnisse hier.
Bilder Ötztal Tourismus: hier

*aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

Bergfahren mit dem Rennrad. Gedanken eine Flachländerin.

Bergfahren mit dem Rennrad

Ich bin eine Flachländerin. Aufgewachsen und verwurzelt in der Pannonischen Tiefebene. Endlose Weiten. Sanfte Hügel. Er ist ein Bergmensch. Aufgewachsen in den Dolomiten. Hohe Berge. Karge Spitzen. Dünne Luft. So unterschiedlich wie unsere Herkunft auch unser Zugang zum Thema Berg. Zum Thema Bergfahren mit dem Rennrad. Wenn ich von Berg spreche, denke ich an den Ruster Berg. Oder vielleicht an den Leithaberg. Maximal an die Rosalia. 100 bis 500 Höhenmeter. 3 bis 7 Prozent Steigung.

Wenn er von Berg spricht, schwärmt er vom Monte Zoncolan, den Drei Zinnen, dem Col du Galibier. Ab 1000 Höhenmetern. In einem Stück. Mindestens 10% Steigung.

Höhenmeter müssten eine Faszination ausüben.

Wenn das Denken und Schwärmen aufhört und das Radfahren beginnt, sind bei uns Diskussionen vorprogrammiert. Wie viele Höhenmeter unsere nächste Ausfahrt denn hätte, stelle ich vorsichtig als Frage in den Raum. Laut Strava-Routenplanung 2000, seine Antwort. Aber das seien in Wirklichkeit ohnehin nur 1600. Ein Klacks also. Und sowieso auf 130 Kilometer verteilt. Also wirklich kein Grund zum Jammern.

Mir würden aber eigentlich schon 130 Kilometer ohne Höhenmeter reichen, werfe ich ein. Sein verständnisloser Blick sagt alles, bevor er überhaupt etwas sagt. Wie solle aus mir nur jemals eine richtige Radfahrerin werden? Höhenmeter müssten eine Faszination ausüben und meinen Ehrgeiz wecken. Der Berg rufe mich. Ob ich ihn denn nicht hörte?

Bergfahren mit dem Rennrad

Das pannonische Hochgebirge

Bergfahren mit dem Rennrad.

Bedingt, meine Antwort. Natürlich – das Ankommen hoch oben gefällt mir. Der Ausblick, der sich – manchmal sogar schon beim Hinauffahren – bietet, natürlich auch. Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, ist auch nicht schlecht. Die Aussicht auf eine lange Abfahrt sogar höchst verlockend.

Wenn ich in meinem Tempo klettern kann, macht das Bergauffahren manchmal sogar Spaß. Ich mit mir in meiner Zeit. Kein Drängen. Kein Strava-Segment. Oft erlebe ich es dann auch meditativ. Atmen. Treten. Ankommen. Das gefällt mir. Vorausgesetzt die Steigung bleibt unter 10 Prozent. Idealerweise natürlich im Schatten.

Alles darüber ist ein Kraftakt für mich. Wenn dann – wie heuer so oft – auch noch die Sonne von oben und der Asphalt von unten brennen, stelle ich die Sinnfrage. Mir und ihm. Und bevor er noch antworten kann, beginne ich damit, mir unendlich leid zu tun. Und ihn, den Bergmenschen, der mir das antut, zu verfluchen. Wenn ich dann auch noch sehe, dass mein Garmin bereits die, vor der Ausfahrt ausgemachten, 1600 gefahrenen Höhenmeter anzeigt und der Berg noch lange nicht zu Ende ist, steigert sich meine Unrundheit ins Grenzenlose. Nie wieder würde ich auf seine Routenplanung hereinfallen. Nie wieder.

 

Strava lügt. Und alle anderen auch.

Das Problem ist nur. Nicht nur seine Höhenmeterangaben davor stimmen nicht. Auch allen anderen sollte man (Frau) nicht trauen. So erlebt heuer gleich zweimal im Sommer. Die vorgeschlagenen Touren der einzelnen Tourismusverbände sind immer mit einem gewaltigen Höhenmeterplus zu Ende gegangen. Vielleicht absichtlich für Leute wie mich gemacht. Hätte ich zuvor gewusst, was mich erwartet, hätte ich wohl manchmal gestreikt und den Pool auf der Dachterrasse bevorzugt. Besonders gefährlich sind auch – wie kürzlich erlebt – Höhenmeterangaben von Einheimischen.

Wenn einem ein gestandener oberösterreichischer Rennradler sagt, dass die eine oder andere Tour wenig Höhenmeter habe und angenehm zu fahren sei, dann sollten bereits alle Alarmglocken klingeln. Denn Wahrnehmung ist relativ. Seine Wahrnehmung ist nicht meine. Und seine Beine sind schon gar nicht meine. Zum Glück hat die traumhafte Kulisse immer wieder die Mühe belohnt. Und der eine oder andere Kuchen danach hat jegliche Strapazen schnell vergessen lassen.

Bergfahren mit dem Rennrad

Freuden einer Flachländerin

Bergfahren kommt vom Bergfahren.

Was ich am Ende aber fairerweise zugeben muss: Jeder gefahrene Höhenmeter macht stärker. Im Kopf und in den Beinen. Das spüre ich aber immer erst später. Wenn ich Flachländerin dann nach einem Urlaub in den Bergen wieder die heimischen Berge emporklettere, habe ich kurzfristig sogar das Gefühl, dass der Begriff Berg für diese Erhebung vielleicht doch nicht ganz richtig gewählt ist.

laketterechts

Austria Race Across Burgenland – ein Radabenteuer.

Austria Race Across Burgenland

Sommer 2018. Heiß und schön. Mit einer Hitzeperiode nach der anderen. Perfektes Rennradwetter für alle. Doch dann patzt sich dieser Sommer einen einzigen Tag so richtig an und genau an diesem Tag findet das Austria Race Across Burgenland statt. Das Ultra Lauf- und Radevent von Kittsee nach Kalch. Burgenland von Norden nach Süden über 223 km (für die Rennradfahrer) und 217 km (für die Läufer). Als Wahl- und Wochenend-Burgenländer war es für mich heuer eine Pflicht, dabei sei zu müssen. Trotz schlechter Wetterprognosen und mitten in der Tapering Phase zum Ötztaler Radmarathon. 

Eine Sonntagsausfahrt mit offiziellem Charakter.

Das Austria Race Across Burgenland ist ein empfehlenswertes Abenteuer. Es gehört aus meiner Sicht auf die Liste jener Dinge, welche man als RennradfahrerIn gemacht haben muss. Als BurgenländerIn und nicht nur. Dieses Event hat einen ganz speziellen Charakter. Es ist wie eine Sonntagsausfahrt mit offiziellem Flair. Aufstehen, zum Start fahren, in der Ströck Filiale in Kittsee frühstücken. Mit Kaffee, Tee, Krapfen, Butter, Brot, Marmelade und Honig. Sponsored. Wenig Hektik und wenig Stress. Nicht ganz. Die Logistik ist eine Herausforderung. Denn wie kommt man nach dem Rennen von Kalch wieder retour nach Kittsee? Ein Rückholservice powered by Verwandte, Freunde, Familie ist quasi Voraussetzung.

Relive ‚Fahrt am Morgen‘

Zurück zum einzigen Wintertag im heurigen Sommer. Die Nacht davor erfüllte alle Prognosen. Der Morgen wolkenverhangen, windig und nass. Einziger Lichtblick die positiven Aussichten auf ein trockenes Ankommen in Kalch. Und der Wind aus Nordwest. Beim Start in Kittsee ist es trocken von oben. Ein Blick in die Runde. Zuversicht und Kälteempfinden sind subjektive Wahrnehmungen. Ich entscheide mich für Beinlinge, Ärmlinge und leichte Windjacke. Und für Regenüberschuhe. Doch diese werden plötzlich überflüssig. Ich stehe am Start ohne Rennradschuhe. Ja. Auch mir darf so etwas nicht passieren. DNS?

Das Austria Race Across Burgenland.

Die Liebes-Hotline rennt heiß. laketterechts wird geweckt. Wie komme ich zu meinen 55 km entfernten Rennradschuhen bzw. wie kommen diese zu mir? Die Entscheidung fällt. Sie kommen mir entgegen. Bis nach Jois. Das sind 24 km vom Start weg. Das Zweitpaar eines Teilnehmers in Größe 42 mit Look KEO hilft mir bis dahin aus. Danke Sigi. Mein Held des Tages. Mit den Überschuhen im Trikot und deutlichem Platzmangel bei Zehen und Ferse starte ich ins Abenteuer Austria Race Across Burgenland 2018.

Es geht gesittet los. Bis zum ersten Kreisverkehr. Vorne das Führungsfahrzeug. Zwei Motorradfahrer begleiten das Feld und kümmern sich um Kreisverkehre und Kreuzungen. Schnell zieht sich das Feld in die Länge. Hinten reißen die ersten ab. Wir sind vorne ca 20 Mann. Unser Bulk benötigt die ganze Fahrbahn. Ein wenig auch jene, welche für den Gegenverkehr gedacht wäre. Starker Seitenwind. Es ist Sonntag morgen, und das ist gut so. Kittsee, Gattendorf, Parndorf, Neusiedl am See. Tempo hoch. Sehr hoch. Smal Talk hier und da. In Jois verabschiede ich mich in Führung liegend auf den Parkplatz des Gut Leithaberg. laketterechts und meine Schuhe stehen schon da. Als Ex-Triathlet schwinge ich gekonnt vom Rad. Schnell sind die Schuhe gewechselt. Die Gruppe natürlich weg. Ich eine gute Minute hinterher.

Austria Race Across Burgenland

fette Ausbeute

Mein eigenes Rennen im Rennen.

Vollgas auf der B50. Ein paar hundert Meter vor mir das Feld. Dazwischen Autos. Ich drängle und schlängle mich durch und vor. Nutze da und dort den Windschatten. Der Abstand wird nicht kleiner. Der starke Seitenwind macht die Sache nicht einfacher. In Breitenbrunn geht es bergauf. Ich spüre das Frühstück hochkommen. Und ich gebe mich auf. Das wird sich nie ausgehen. Schon rechne ich mit einem Soloritt bis ins Ziel. Mache mich auf einen langen Tag gefasst. Das Feld biegt auf den Begleitweg zur B50 ab. Ich auch. Spät. Über die Wiese. Auf nicht interpretierbaren, aber wenig freundlichen Zuruf zweier dort versteckt stehenden Polizisten.

Dann taucht der weiße Mercedes Vito des Teams Mountainbiker am See auf. Vor mir. Hinter anderen Begleitfahrzeugen und dem enteilten Feld. Meine Rettung. Seitlich vom Bus ist es windstill. 300 Watt und mehr auf Anschlag. Durch Purbach durch. Eine rote Ampel. Aus. Vorbei. Sie springt aber auf gelb und dann auf grün. Weiter geht’s. Nochmals Güterweg. Nach 10 km Laktatgemetzel bin ich wieder in der Gruppe und kann endlich meine Rennradschuhe schließen.

Austria Race Across Burgenland

Ein paar Daten zum Rennen.

Das Burgenland ist nicht flach.

Inzwischen hat es zu regnen begonnen. So richtig nass es ist jetzt. Von oben. Von unten. Meine Überschuhe immer noch brav in der Trikottasche. Am ersten ernstzunehmenden Berg, dem Sieggrabner Sattel, wird die Sonntagsausfahrt zum Rennen. Die 20 Mann starke Gruppe zerfällt. Wir sind erst bei km 80. Die erste Labe spendet eine Banane und ein nicht identifizierbares Iso-Getränk bevor es mit Rückenwind ins Mittelburgenland geht. Zuerst allein. Dann wird eingesammelt. Team Mountainbiker am See mit zwei Mann. Ich und ein oder zwei Mitfahrer. Ein Motorradfahrer ist nach wie vor in unserer Nähe. Die Zeit vergeht. Die Kilometer kaum. Oberpullendorf, Piringsdorf, Hochstraß, Lockenhaus. Das Burgenland ist nicht flach. Immer wieder kurze Rampen. Und weiterhin Regen, Wind und Nässe.

Jetzt wartet der Geschriebenstein. Der höchste „Pass“ im Burgenland. 400 Höhenmeter auf knapp 9 Kilometern Länge. Maximale Steigung 12%. Es herbstelt. Nebel hängt über der Straße. Die Nadelbäume schwingen. Der Wind rauscht wie in Heidis Zeichentrickfilmen. Ich bin allein auf weiter Flur. Brauche trotz Müdigkeit und kaputten Beinen, nur 3 Minuten länger als meine PB hier hinauf. Aufgestellt noch vor ein paar Wochen. Oben wieder eine Labe. Es hat knapp 8°. Im August. Pepsi, Iso und Magnesia. Dazu ein Potpourri an Riegel und Gels. Ich nehme, was ich finde. „Beim Abfahren bitte aufpassen. Es liegt sehr viel Laub auf der Straße und es ist rutschig“. Ich nehme mir diese Worte zu Herzen und bremse mich Richtung Rechnitz. Team Mountainbiker am See bremst mir nach. Dass ich am Geschriebenstein auf 780m Seehöhe einen Kältetod hätte sterben können, ist schon paradox. Sommer 2018.

Das Südburgenland. Neues auf meiner Landkarte.

Ab hier ist mir alles fremd. Im Südburgenland war ich noch nie Rennradfahren. Schade, denn die Gegend ist ein Traum. Unendliche Weiten und Ortschaften mit klingenden Namen wie „Kohfidisch“ und „Kirchfidisch“. Dazu jede Menge Achterbahnen. Auch das Südburgenland ist nicht flach. Und es ist nicht windstill. Heute auch nicht trocken. Immer noch hängen die Wolken tief. Es graut. Die Straßen ein paar Kilometer trocken. Dann wieder nass. Meine Kette mittlerweile laut wie die Ketten eines Baustellen-Baggers. Ich suche schon die Nässe, um die Kette zu befeuchten. Das quietschende Geräusch nervt.

Austria Race Across Burgenland

Garmin Edge 1030 mit Regenverhütung.

Zu viert und ab Güssing dann zu fünft strampeln wir den Countdown herunter. Noch 60, noch 50, noch 40 … Kilometer bis Kalch. Essen, trinken und beißen. Jennersdorf ist erreicht. Irgendwo im Kopf habe ich noch die Warnung vor einem letzten Berg. Doch wann kommt der? Wir fahren entlang der ungarischen und dann entlang der slowenischen Grenze. Einmal kurz verfahren und dann sind es nur mehr weniger als 10 Kilometer. Vom Berg noch keine Spur. Inzwischen haben wir noch 3 Läufer überholt. Diese sind am Tag zuvor gestartet. Also bereits mehr als 30 Stunden unterwegs. Hut ab. Chapeau.

Alles hat ein Ende. Auch das Austria Race Across Burgenland.

Nach exakt 223,15 km laut Garmin, knapp 2.000 Höhenmetern und einer Fahrzeit von 7:00:14 erreiche ich Kalch und beende das Austria Race Across Burgenland. Das ganze Dorf ist in Festlaune. Beim Gasthof Zum-Hendlwirt hat die örtliche Feuerwehr zum Finisher-Fest geladen. Schnitzel, Pommes, Spare-Ribbs, Bratwurst und Blechkuchen inklusive Schlagermusik vom Band. 56 Männer und 4 Frauen haben Kalch erreicht. Gewonnen hat ein Ungar bei den Herren mit einem Schnitt von über 35 km/h. Jahrgang 85. Bei den Frauen eine Österreicherin mit knapp 30 km/h Schnitt. Jahrgang 64. Der letzten Teilnehmer braucht 9h33 und hat noch die Sonne genossen. 19 Personen sind gar nicht an den Start gegangen. Selber Schuld. Nur zwei Teilnehmer haben das Rennen nicht beendet.

Ich bleibe dabei. Das Austria Race Across Burgenland ist ein Rennrad-Abenteuer. Mit viel Liebe und Leidenschaft auf die Beine gestellt. Einfach. Reduziert. Urig. Ein Muss nicht nur für alle BurgenländerInnen. Finisher-Medaille, Finisher-Trikot, Essens, Trinken und eine Landschaft, die mehr bietet als den Regen, den wir erlebt haben. Das ganze für € 50,- Startgeld.

ktrchts

PS: Danke MSC Rogner Bad Blumau für den Startplatz und die tadellose Organisation. Danke auch an das Team Mountainbiker am See für die Betreuung im Rennen und für das „Bring me back“ Servcie am Ende dieses langen Tages.

Rennradregion Wels. Stadt, Land, Fluss. Im Überfluss.

Rennradregion Wels

August 2001. Der gewisse Mario Cipollini dreht in Wels mit dem Rennrad seine Runden über die Ringstraße und am Kaiser Josef Platz. Supermario, der „re leone“, braun gebrannt mit weißem Sturzring und ärmellosem Saeco-Trikot. Später folgen ihm weitere Größen des internationalen und nationalen Rennradsports nach. Zum Welser Innenstadtkriterium, immer mittwochs nach Ende der Tour de France, schmückt Wels schon seit 1999 Jahr für Jahr die Auszeichnung Rennrad-Hauptstadt. Eine Charaktereigenschaft, welche sich die Rennradregion Wels jetzt gerne ganzjährig auf ihre Fahnen heften möchte. Und kann.

Rennradregion Wels

Urbanes Flair in ländlicher Umgebung

Urbanes Flair in ländlicher Umgebung.

Rennradurlaub in der achtgrößten Stadt Österreich. Was anfangs sehr ungewöhnlich klingt, endet genau deshalb außergewöhnlich. Hier in Wels findet man als Rennradfahrer urbanes Flair in einer ländlichen Umgebung. Stadt, Land, Fluss. Und das im Überfluss. Kurzum: vom belebten Stadtkern mit seinen vielen kulinarischen Möglichkeiten bis zum kleinen Sandstrand samt Beach-Cafè an der Traun. Die Vielfalt könnte nicht gegensätzlicher sein. Genauso wie die Seen im Salzkammergut, die Voralpen, die Donau oder das hügelige Mühlviertel. Alles nur ein paar Kurbelumdrehungen weit entfernt. Insgesamt stehen dem passionierten Rennradfahrer von Wels aus 14 ausgesuchte und gpx-getrackte Touren zur Auswahl. In alle Richtungen. Wer diese nicht allein entdecken will, der schließt sich den vielen lokalen Rennradgruppen an, die fast täglich ihre Runden drehen. Zum Beispiel kurz und knackig als After Work oder lang und ausgedehnt zum Wochenende. Gemütlich, flott oder auch sportlich.

Franz, Chef beim Gasthof zur Kohlstatt in Thalheim, ist selbst begeisterter Rennradfahrer. Auch er opfert mit großer Freude seine Zimmerstunde und fährt mit Gästen und „Locals“ durch die Region. Oder Erwin, das Zugpferd der Hobbygruppe „Rückenwind„. Er kennt jede Seitenstraße wie seine Westentasche. Hinter ihm wird jeder Gegenwind zum lauen Lüfterl. Als Gast findet man in Wels schnell Anschluss. Unter anderem auch mit diversen Profis, die sich vor Ort gerne und oft rennradnah zeigen.

Rennradregion Wels

Mit den „locals“ unterwegs

Rennradregion Wels. Gelebte Leidenschaft.

Es hat nicht lange gedauert und wir sind mittendrin, statt nur daheim. Mittendrin in der Rennradregion Wels. Vergangenes Wochenende. Unterwegs mit den „locals“. Freitag und Samstag. „Was wollt ihr fahren?“ Schneller als jeder Routenplaner stand die Ausfahrt fest. Einheimische lassen sich nicht zweimal bitten, ihre Schätze herzuzeigen. Also ruhige Landstraßen, versteckte Güterwege, windgeschützte Geraden und gemütliche Radwege. Sogar eine „Nove Colli“ wäre im Angebot gewesen. Schon zwei davon haben gereicht, um den Reichtum der Region erlebbar zu machen. Man glaubt hier im Schlaraffenland zu sein. Die Versuchung, an den Apfel- und Zwetschgenbäumen anzuhalten und sich zu bedienen ist groß. Bio Snacks to go. Mit Verlaub der dort ansässigen Landwirte. Egal ob an der Traun, der Alm oder an den Seen. Hier ist die intakte Natur die echte Attraktion.

Anders formuliert, die Rennradregion Wels erweckt zeitweise den Eindruck, hier hätten sich Landschaftsmaler unter der Leitung von Bob Ross zu ihrer Meisterprüfung getroffen.

Rennradregion Wels

Der Traunstein bei Wels.

Wels am Traunstein. Der Traunstein bei Wels.

Allgegenwärtiger Begleiter auf allen Touren in der Rennradregion Wels ist der 1691 Meter hohe Traunstein. Der markante Fels am Traunsee ist kaum zu übersehen und bietet Orientierung. Einmal links, einmal rechts, dann wieder direkt im Blick oder als Rückendeckung. Wels liegt am Traunstein. Oder der Traunstein liegt bei Wels. Ganz bestimmt liegt die Rennradregion Wels sehr zentral gelegen. Nahe genug für einen Wochenendausflug, keine drei Stunden von Wien oder München entfernt.

Wels erfindet gerade das Rad neu. Immerhin das geliebte Rennrad. Das spürt man als Gast da und dort recht deutlich. Folglich rüsten sich die Rennradhotels in der Stadt. Zwei Nächte mit Frühstück, After-Bike-Snack und ein umfangreiches Goodie-Bag gibt es pro Person bereits ab € 149,-. Wir logierten im Boutique Hotel Hauser, wo es uns an Nichts gefehlt hat. Hier ruhen die Rennräder in einem alten Gewölbe, sanft gehalten von High-Tech Radständern. Radreinigungstools, umfangreiches Werkzeug und Motorex-Schmiermittel stehen parat. Trinkflaschen werden von den Mitarbeitern mit gekühltem Wasser gefüllt. Der Pool am Dach lockt nach jeder Ausfahrt und das reichhaltige Frühstück mit „self-made“ Charakter motiviert. Wer auf selbstgemachte Marmeladen oder Kuchen steht, und einem selbst zubereiteten warmen Müsli am Morgen den Vorrang gibt, der wird sich hier wie im Paradies fühlen. Ganz zu schweigen von den vielen alternativen Aufstrichen.

Ebenfalls besonders hervorzuheben ist die ausgesprochene Freundlichkeit und Herzlichkeit aller Mitarbeiter im Haus, beim Hauser. Und das Rückholservice. Die entsprechende Notfallkarte mit allen Kontaktdaten ist im Goodie Bag zu finden. Ein großes Plus.

Rennradregion Wels

Rennradregion Wels – Goodie Bag

Rennradurlaub in Wels. Eine pfiffige Idee.

Rennradurlaub in der achtgrößten Stadt Österreichs. Eine pfiffige und durchaus reizvolle Idee. In nicht einmal 5 Minuten ist man vom Stadtzentrum aus in der freien Wildbahn. Vorbei am Wahrzeichen der Stadt, dem Lederertrum. Von hier geht es in alle Himmelsrichtungen. Empfehlenswert sind sie alle. 347 km in drei Tagen durften wir all dies genießen. Bei traumhaftem Wetter, rauschenden Bächen, kristallklaren Seen und atemberaubenden Weitblicken. Wir waren am idyllischen Almsee, in der Keramik-Stadt Gmunden, am kaiserlichen Traunsee, hoch oben auf der Grossalm und am malerischen Attersee. Wir haben Steckerlfische gerochen und Hendl gegessen. Eine interessante Premiere für uns beim Rennradfahren. Viel haben wir gesehen. Noch mehr erlebt. Wenngleich wir viel zu kurz da waren.

Stadtaus und stadtein. Wer am Abend nicht genug haben sollte, der kann sich der vielen Möglichkeiten bedienen, die Wels nach Sonnenuntergang bietet. Vom Sommerkino (FilmFestiWels) im August, anderen kulturellen Angeboten über das Night-Life in der Fußgängerzone und die Szene-Lokale. Mit etwas Glück, trifft man hier Gleichgesinnte zum Meinungsaustausch. Böse Zungen behaupten nämlich, dass hinter jedem Welser ein Rennradfahrer steckt.

Praktische Infos im Überblick.

Anreise:
Bahn: westbahn oder ÖBB
Auto: von Süden über die A9, von Westen und Osten über die A1 (Knoten Haid) und dann die A25 (Knoten Wels) und von Norden kommend über die A8

Unterkünfte:
Boutique Hotel Hauser oder eines der weiteren Rennradhotels

Essen:
Olivi: Gute italienische Küche mit Pizza und Pasta. www.olivi.at
Gössser Bräu: Gut bürgerliche Küche, ganztägig geöffnet, großer Gastgarten. www.goesserbraeu.at
Gasthaus zur Kohlstatt: lokale Küche, hausgemachte Kuchen, spezial Erfrischungsgetränke. www.kohlstatt.at

Freizeit:
Welldorado: Hallenbad, Sauna, Freibad
Welios: Science Center. www.weilios.at

Radverleih/Radreparatur:
4sports Bike-Store-Wels. www.4sports.at

Ausfahrten:
Dienstag: 17:30 Uhr: Mauthstadion, 17:30 Uhr: Gasthaus Hofwimmer
Donnerstag: 17:30 Uhr: Gasthaus Kohlstatt, 17.30 Uhr:  Polizzeisportverein
Samstag:  9:00 Uhr: Mauthstadion
Sonntag: je nach Wetterlage
Info: Astrid Pöcherstorfer –  info@olivi.at

Auskunft Wels Info: info@wels.at;
07242/ 67722, www.wels.at

Unsere Touren:
Due Colli, Welser Umland, 85 km, 988 Höhenmeter
2 Seentour, Gmunden, Traunses, Grossalm, Attersee, 138 km, 1.388 Höhenmeter
Almsee, 114 km, 830 Höhenmeter

ktrchts

PS: Da es sich in diesem Fall um einen bezahlten Aufenthalt in der Rennradregion Wels handelt, ist der Beitrag im Sinne der Transparenz mit “Produktplatzierung” gekennzeichnet. Es handelt sich dabei trotzdem und wie immer um einen eigenen verfassten Beitrag, der meine/unsere eigene Meinung sowie meine/unsere persönlichen Erfahrungen widerspiegelt.

*aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.